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Kapitel 1

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Violetta saß am Küchentisch, aß einen Stuten mit Marmelade und blätterte in einer Zeitschrift. Möglichst unauffällig linste sie über den Rand der Zeitschrift zu Oskar, der ihr gegenüber am Tisch saß und seine Hand kühlte. Seine braunen Haare waren kurzgeschnitten und er trug einen Drei-Tage-Bart. Ein schwarzes T-Shirt spannte sich über seinem muskulösen Oberkörper. In seinen Augenbrauen zeichneten sich einige Narben ab und seine Nase war etwas schief. Oskar bemerkte, dass sie ihn anschaute. “Ist irgendwas?“ Sie runzelte die Stirn. “Könntest du mir bitte nochmal erklären, wo du gerade warst? Und wie es dazu gekommen ist, dass deine Fingerknöchel aufgerissen und geschwollen sind?“ “Sagte ich doch schon“, erwiderte er. “Ich hatte was geschäftliches zu erledigen. Jemand hat mich beauftragt eine Schuld einzutreiben. Der Schuldner war mit seinen Raten im Rückstand... da musste ich ihn etwas auf die Sprünge helfen.“ “Und dafür hast du ihn verprügelt?“ Oskar verdrehte die Augen. “Wie lange wohnen wir jetzt schon zusammen? Du kennst doch meine Geschäftsmethoden, oder nicht?! Natürlich habe ich mein Anliegen verdeutlicht. So Leute darf man nicht vom Haken lassen und schon gar nicht nachsichtig sein! Ansonsten kriegt man das Geld nie!“ “Schon gut, schon gut“, sagte Violetta. “Du bist der Experte! Ich meine ja nur... Ist ja auch egal. Mal was anderes: Wann steht deine nächste Verwandlung an?“ Oskar verzog das Gesicht. “Noch zwei Nächte, dann ist wieder Vollmond. Da komme ich nicht drum herum. Warum fragst du?“ “Nur so“, antwortete sie. “Ich will nur Bescheid wissen, wenn du über Nacht außer Haus bist, um Karnickel zu jagen und nackt durch den Wald zu rennen.“ Er nickte. “Dann bist du ja jetzt informiert.“ Oskar war ein Werwolf. Alle 7 bis 10 Tage und in jeder Vollmondnacht ging er in den Wald und verwandelte sich in einen Wolf, um sich am Hintern zu schnuppern und im Dreck zu wälzen und was Werwölfe sonst noch so tun. Bei dem Gedanken musste Violetta kichern. Er runzelte die Stirn. “Was ist denn jetzt so komisch?“ “Nicht so wichtig“, sagte sie. “Ich habe nur darüber nachgedacht, was du in deinen Wolfsnächten so machst. Mehr nicht.“ “Interessant“, sagte er. “Ich kann dir sagen, dass es ziemlich nervig ist, im Wald aufzuwachen und erst mal die eigenen Klamotten suchen zu müssen. Einmal ist mir eine besonders eifrige Morgenjoggerin begegnet, bevor ich meine Hose wieder hatte. Das war ziemlich peinlich.“ Violetta lachte los. “Ich kann es mir bildlich vorstellen! Deinen Gesichtsausdruck hätte ich zu gerne gesehen!“ Oskar inspizierte seine ramponierte Hand. “Schön, wenn du dich gut amüsierst. Ich fand das damals nicht so toll.“ “Habe ich mir schon gedacht“, sagte sie lächelnd. “FKK wäre auch nicht so dein´s, oder?“ Er verzog das Gesicht. “Mit Sicherheit nicht. Mal abgesehen davon, kann ich mit meinen vielen Narben nicht mal ins Freibad. Da kriegt irgendeiner Angst und ruft die Polizei.“ Da ist was dran, dachte Violetta. Das Leben als Werwolf war nicht spurlos an Oskar vorbeigegangen. Sein Körper war übersät mit Narben. Seufzend erhob sich Oskar und reckte sich. “Genug davon. Langsam wird es spät. Ich mache mit bettfertig. Wenn noch irgendwas ist, sag mir Bescheid.“ “Sicher“, sagte sie. “Schlaf gut.“ “Danke, du auch“, sagte er, tätschelte ihre Schulter und verließ die Küche. Eine Weile saß Violetta noch am Küchentisch und las ihre Zeitschrift, dann stand sie auf und wollte hoch in ihr Zimmer gehen, doch da hörte sie die Türklingel. Sie runzelte die Stirn. Wer kann das sein, um diese Uhrzeit? Neugierig lief sie zur Haustür und schaute durch den Türspion. Eine Frau stand draußen und klingelte erneut an. Überrascht öffnete Violetta die Tür. Die fremde Frau sah aus, wie eine Mischung aus Schwimmerin und Gewichtheberin. Sie hatte breite Schultern, muskulöse Arme und kräftige Beine. Trotz der maskulinen Statur fehlte es ihr nicht an Weiblichkeit. Ihre Haare waren dunkel, wild gelockt und steckten in einem praktischen Zopf. Ihre Haut war gut gebräunt. Sie trug Lederhosen, Stiefel und eine graue Armee Jacke. Die Unbekannte schaute Violetta irritiert an. “Entschuldigung, wer sind Sie? Wohnt hier nicht >Oskar Weidmann<?“ “Doch. Der wohnt hier“, antwortete Violetta. “Aber wer sind Sie? Ich kenne Sie nicht und Oskar hat nichts von einem Besuch erwähnt...“ Da bemerkte sie einen blutigen Verband, der unter der Jacke der Fremden hervorragte. Möglichst unauffällig wich Violetta zurück. Die Frau schwankte leicht. Schweißperlen standen auf ihrer Stirn. “Ich bin eine alte Freundin“, erklärte sie. “Mein Besuch ist eher spontaner Natur. Kann ich reinkommen? Ich hätte gerne ein Glas Wasser.“ Violetta dachte fieberhaft nach. Eigentlich wollte sie so schnell, wie möglich die Tür zuschlagen und zu Oskar rennen, doch wohl möglich war die Frau hier wirklich eine alte Freundin und sie würde sich mit ihrem Ausraster zum Affen machen. Gezwungen lächelte sie. “Moment, bitte. Ich hole Oskar.“ Doch da kam er auch schon. Verwirrt schaute er Violetta an. “Was ist denn hier los? Ich habe die Türklingel und Stimmen gehört...“ Da fiel ihm die Frau vor der Tür ins Auge. “Livia, was machst du denn hier? Und warum rieche ich dein Blut?!“ Die Frau lächelte. “Ich war aus beruflichen Gründen in der Gegend und dachte, ich statte dir mal einen Besuch ab. Kann ich reinkommen?“ “Sicher“, sagte Oskar. “Komm rein. Wie schwer bist du verletzt? Ich nehme an, es ist ganz sinnvoll, wenn ich meinen Verbandskasten hole.“ Livia ging an Violetta vorbei durch die Tür. Ihre Knie zitterten. “Das wäre, glaube ich, ganz angebracht. Danke!“ Er nickte. “Okay. Dann komm mit in die Küche, da flicke ich dich zusammen. Warum hast du nicht vorher angerufen?“ “Mein Handy hat den Geist aufgegeben“, erwiderte sie. “Ansonsten hätte ich mich angekündigt.“ “Verstehe“, sagte Oskar. “Ist jetzt auch egal.“ Violetta starrte ihn fragend an. Er bemerkte ihren Blick und sagte: “Ich erkläre es dir später.“ Eilig führte er Livia in die Küche, setzte sie auf einen Stuhl und suchte seine Erste-Hilfe Ausrüstung zusammen. Er desinfizierte sich die Hände. “Also, dann lass mal sehen. Was hast du denn?“ Unter Schmerzen zog sich Livia die Jacke aus und legte damit den Blick auf einen schlecht angelegten Verband frei, der um ihre Schulter und um ihren Brustkorb gewickelt war. Violetta stand etwas abseits und beobachtete alles. Oskar runzelte die Stirn. “Wie schlimm ist es? Hast du schon genäht?“ Livia schüttelte den Kopf. “Der Verband ist nur, um die Blutung in Grenzen zu halten. Nähen musst du.“ “Kein Problem“, erwiderte Oskar. “Kannst du den Arm heben?“ “Nein“, sagte sie. “Die Schulter ist ausgekugelt.“ “Oh“, sagte Oskar, trat an sie heran und begutachtete den Unterarm, des verletzten Armes. “Fühlt sich deine Hand oder dein Unterarm kalt an? Kribbelt irgendwas oder fühlt sich taub an?“ “Nein“, antwortete sie. “Alles bestens. Nur die Schulter ist im Arsch.“ “Gut“, sagte er. “Blau ist auch nichts. Das heißt schon mal, dass keine Blutgefäße verletzt sind!“ Er seufzte. “Ich denke, dass beste ist, wenn du dich jetzt auf den Boden legst und ich erst mal die Schulter wieder einrenke, bevor ich anfange zu nähen. Wenn wir es andersrum machen, reiße ich hinterher nur wieder die Naht auf.“ Livia nickte und stand auf. “Lass es uns hinter uns bringen!“ Sie legte sich flach auf den Fußboden. Oskar wandte sich an Violetta. “Kannst du schon mal einen großen Eisbeutel vorbereiten? Das wäre mir eine große Hilfe.“ Sie war etwas käsig um die Nase. “Klar. Mache ich.“ Oskar bedankte sich, bevor er seine Aufmerksamkeit wieder auf Livia richtete. Behutsam nahm er ihren verletzten Arm und bewegte ihn bis er seitlich in einem 90 Grad Winkel von ihrem Körper Abstand. Gelassen setzte er sich neben sie auf den Boden und stemmte seine Füße gegen ihren Oberkörper, um die Hebelwirkung zu verbessern. Er atmete tief durch. “Auf drei fange ich an zu ziehen.“ Livia nickte und schloss die Augen, doch da fing Oskar schon an kräftig zu ziehen. Sie stöhnte auf vor Schmerz. Ihre Augenlider flatterten. Einige Momente passierte nichts, dann knirschte und knackte es laut. Vorsichtig legte Oskar den Arm wieder ab. Die Schulter war wieder eingerenkt. Keuchend krümmte Livia sich zusammen. “Du verdammter Bastard!“ Er lächelte. “Bitte gern gesehen! Hat doch alles wunderbar geklappt. Jetzt kühlst du die Schulter kurz und danach nähe ich alles nötige.“ Er nahm Violetta, die absolut entsetzt wirkte, den Eisbeutel ab, und legte ihn auf die ramponierte Schulter. “Entspann dich für den Moment und sammle deine Kräfte. Gleich geht es weiter. Wenn ich irgendwas für dich tun kann, sag es einfach.“ Livia zischte. “Gib es doch zu! Dir macht das doch Spaß!“ Oskar verdrehte die Augen. “Da sprechen doch nur die Schmerzen aus dir. Du weiß, dass ich das nicht gerne tue, aber es muss getan werden! Wäre es dir lieber, wenn ich jetzt zu einem nervlichen Wrack werde, anfange zu heulen und eine Panikattacke kriege? Oder soll ich lieber ruhig, kompetent und freundlich bleiben?“ “Halt´s Maul!“, knurrte sie. “Und komm mir jetzt nicht mit Logik!“ Entschuldigend hob Oskar die Hände. “Verzeihung! Kommt nicht wieder vor!“ Er stand auf und sortierte seine Ausrüstung. “Wie auch immer. Gleich geht es jedenfalls weiter.“ Langsam schlenderte er zu Violetta, die ziemlich schockiert aussah. Er legte ihr eine Hand auf die Schulter. “Du kannst ruhig gehen. Es gibt keinen Grund, warum du dir das ansehen musst.“ “Ich bleibe“, sagte sie mit fester Stimme. “Mit so etwas muss ich umgehen können!“ “Na gut“, erwiderte er. “Ich respektiere deine Entscheidung, aber nur damit du es weißt, gleich wird es blutig.“ Sie nickte. “Ich komm schon klar. Konzentriere dich lieber auf deine Patientin!“ Oskar schmunzelte und wandte sich wieder an Livia. “Der Arm kommt jetzt für´s erste in eine Schlinge, um die Schulter zu entlasten, danach entferne ich den alten Verband und fange an zu nähen. Ich glaube, dafür muss dein Oberteil weg, damit ich vernünftig arbeiten kann.“ “Das mein Shirt es nicht überlebt ist aktuell nicht mein größtes Problem“, grummelte sie. Oskar ging neben ihr in die Hocke und legte ihr vorsichtig die Schlinge an, dann half er ihr behutsam hoch und sie setzte sich wieder auf den Stuhl. Nun zog er sich Latexhandschuhe über und nahm sich eine Verbandsschere. Violetta beobachtete, wie er Livias T-Shirt und den Verband aufschnitt. Nun saß sie nur noch in BH und Hose da. Eine breite Schnittwunde zog sich über ihre Schulter und über ihren Brustkorb, bis einige Zentimeter unter dem Schlüsselbein. Violetta konnte sehen, dass Livia nicht zum ersten mal verwundet wurde. Auf ihrem Oberkörper waren einige Narben zu sehen, wenn auch bei weitem nicht so viele, wie bei Oskar. Was hat es auf sich mit dieser Frau?, fragte sich Violetta. Und woher kennt Oskar die?! Unruhig trat Violetta von einem Fuß auf den anderen. Oskar reinigte nun die Wunde und begann zu nähen. Mit flicken Fingern verschloss er die Wunde und legte einen Verband an. Der Mann war vom Fach. Anschließend führte er einige weitere kleinere Untersuchungen durch, die aber alle ohne Befund blieben. Livia fehlte nichts weiter. Oskar atmete tief durch. “Geschafft! Soweit ist alles versorgt. Kann ich sonst noch was für dich tun?“ “Kann ich die Nacht über hier bleiben?“, fragte Livia. “Ich möchte mir jetzt ungern noch ein Hotelzimmer suchen müssen oder im Auto übernachten...“ “Natürlich kannst du bleiben“, erwiderte Oskar. “Du kannst mein Schlafzimmer nehmen. Ich beziehe dir eben das Bett frisch.“ Livia runzelte die Stirn. “Was ist mit deinem Gästezimmer?“ “Das gehört jetzt Violetta“, erklärte er. “Also ist das keine Option.“ Livia musterte Violetta. “Interessant... Danke, Oskar.“ Er winkte ab. “Nicht der Rede wert. Komm mit. Du brauchst den Schlaf.“ Sie erhob sich schwerfällig. Gemeinsam verließen sie die Küche. Violetta blieb alleine zurück und starrte vor sich hin. Fragen kreisten durch ihren Kopf. Sie wusste gar nicht, welche sie zuerst stellen sollte. Einige Zeit verging, dann kam Oskar zurück in die Küche. Besorgt musterte er Violetta. “Tut mir leid, dass du das jetzt mitangesehen hast.“ “Wer ist diese Frau?“, fragte sie. “Ist die auch eine Werwölfin?!“ Er machte große Augen. “Nein. Wie kommst du denn darauf?“ Sie zuckte mit den Schultern. “Die Frau ist muskelbepackt, hat Narben und irgendwoher kennt ihr euch. Da ist es naheliegend, dass sie eine Werwölfin ist, oder nicht?!“ “Da ist was dran“, erwiderte er lächelnd. “Aber nein, wie gesagt, Livia ist keine Werwölfin, sondern eine Amazone.“ “Eine was?!“ “ Eine Amazone“, wiederholte Oskar. “Kennst du nicht die Legenden von den weiblichen Kriegerstämmen?“ “Doch, doch. Die kenne ich schon“, grummelte sie. “Aber ich dachte nicht, dass da irgendetwas wahres dran wäre.“ “Tja, da hast du dich wohl vertan“, sagte er lächelnd. “Die Amazonen sind überaus real und Teil der übernatürlichen Welt.“ “Und was haben die für Fähigkeiten?!“ “Im Prinzip sind sie, wie Menschen auf Super-Anabolika“, sagte Oskar. “Schneller, stärker und ausdauernder. Verletzungen heilen leichter und ihr Alterungsprozess ist verlangsamt.“ “Aha“, sagte sie. “Also im Endeffekt, wie du nur ohne den haarigen Wolfskram?“ “Nicht ganz, aber so ähnlich“, sagte er. “Werwölfe sind stärker, außerdem sind die Sinne eines Werwolfes deutlich besser.“ “Hmmm“, machte sie. “Verstehe. Und woher kennst du eine Amazonenkriegerin?“ Er lächelte. “Du bist aber neugierig. Ich habe sie vor ein paar Jahren bei der Arbeit kennengelernt. Seitdem stehen wir in losem Kontakt.“ “Aber trotzdem so eng, dass sie dich spät Abends aufsucht, wenn sie schwer verletzt wurde!“, sagte sie. “Was ist ihr überhaupt passiert?!“ “Keine Ahnung“, sagte er. “Ich habe ihr Blut und das Blut von Trollen an ihr gerochen. Wahrscheinlich hatte sie irgendeinen Auftrag. Ich werde sie morgen danach fragen. Heute war sie schon zu müde.“ “Was für einen Auftrag?!“, fragte sie alarmiert. “Ist sie etwa eine Auftragskillerin?!“ “Ich frage sie morgen, worum es dabei ging“, erwiderte er. “Mach dir keine Gedanken.“ “Das war nicht das, was ich hören wollte!“, sagte Violetta. “Hast du gerade auf subtile Art und Weise bestätigt, dass deine Amazonenfreundin eine Auftragsmörderin ist?!“ Er grummelte. “Nein. Ist sie nicht... Zumindest nicht immer.“ “ Nicht immer ?! Willst du mich verarschen?!“ Er seufzte. “Ihr Stamm hat einen strengen Ehrenkodex, der ihnen vorschreibt, was für Aufträge sie annehmen dürfen und welche nicht. Das ist nicht so einfach zu erklären, dafür weiß ich darüber einfach zu wenig.“ “Das beruhigt mich nicht wirklich“, murmelte Violetta. “Klingt für mich ziemlich zwielichtig!“ Oskar zuckte mit den Schultern. “Entspann dich. Sie wird nicht für lange bleiben.“ Er rieb sich die Augen. “Genug davon. Es ist schon spät. Geh du ruhig ins Bett. Ich räume hier noch auf und bleibe wach, nur für den Fall, dass irgendwas mit Livia ist.“ Sie seufzte. “Na gut.“ Oskar lächelte und begann aufzuräumen. “Gute Nacht.“ “Bis Morgen“, sagte Violetta und ging.

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