Читать книгу Pia-Lotta - Elissa Grossa - Страница 4

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Pia-Lotta und Emil waren eine Weile am See entlang gelaufen und hatten nach Oskar gerufen. Da begann es leicht zu regnen. Die Kinder schauten sich um, aber sie konnten keinen Unterschlupf für den Regen entdecken.

„Oskar! Oskar!“ riefen Pia-Lotta und Emil weiter. Es wurde am Himmel immer dunkler und der Regen wurde langsam stärker.

„Na, klasse!“ schimpfte Emil. „Lass uns ein bisschen schneller laufen. Wir werden sonst ganz nass.“

Pia-Lotta rief weiter nach Oskar.

„Vielleicht finden wir ja hinter der nächsten Kurve was zum Unterstellen!“ rief Pia-Lotta Emil zu und lief immer schneller. „Komm, sonst werden wir noch richtig nass.“

Emil lief nun auch los. Die Kinder waren jetzt in den kleinen dunklen Wald gelaufen.

„Jetzt werden wir wenigstens nicht mehr so nass.“ Pia-Lotta blieb stehen.

„Ich kann nicht mehr“, stöhnte sie und war völlig aus der Puste.

„Nicht schlapp machen!“ forderte Emil seine Freundin auf. „Stell dir vor, es fängt gleich noch an zu blitzen und donnern, dann wird es hier richtig gefährlich für uns.“

„Wieso, wir sind doch unter Bäumen. Da kann uns doch gar nichts passieren!“ Pia-Lotta schaute ihren rothaarigen Freund an und dachte, dass jetzt wahrscheinlich wieder eine seiner klugscheißerischen Predigten mit erhobenem Zeigefinger kommen würde.

Und tatsächlich!

„Pia-Lotta!“ Emil hatte sich umgedreht und vor Pia-Lotta aufgebaut. Er schaute das Mädchen streng an. „Habt ihr das denn nicht in der Schule gelernt?“ Beide Kinder waren zehn Jahre und gingen auf das Gymnasium.

„Was?“ fragte Pia-Lotta angestrengt. Natürlich hatten sie in ihrer Schule schon über Gewitter gesprochen. Aber was wollte Emil denn jetzt von ihr hören.

„Na, dass Verhalten bei Gewitter.“ Emil schaute seine Freundin fragend an.

„Wir haben mal gelernt ... Moment wie war dieser Spruch noch.“ Pia-Lotta überlegte. „Ach ja, vor den Eichen sollst du weichen und die Weiden sollst du meiden ... Äm, ich glaube Buchen sollst du suchen, oder so ähnlich...“

„Lebensgefährlich! Vergiss es! Wie gut, dass du dir das nicht so recht gemerkt hast!“ Emil war entsetzt. „Das ist lebensgefährlich!“ wiederholte er.

„Hast du noch nie gehört, dass man bei Gewitter offene Gelände, Hügel, offene Gewässer, Türme, Höhlen und so weiter meiden soll? Dazu gehören natürlich auch Bäume.“ Emil hob seinen Zeigefinger und sagte nun mit Nachdruck: „Und zwar alle Bäume.“

Pia-Lotta schüttelte schüchtern den Kopf. Aber so dumm war sie dann doch nicht.

„Emil, dann lass uns weiter laufen und einen geeigneten Schutz suchen. Wir stehen doch hier im Wald unter lauter Bäumen.“ Sie nahm seine Hand und zog ihn aus dem Wald.

Am Waldrand blieb Pia-Lotta plötzlich stehen.

„Und nun?“ Sie schaute sich um. „Da ist ein Strommast. Vielleicht ...“

„Denk nicht mal daran. Alles was besonders hoch und direkt mit der Erde verbunden ist, ist bei Gewitter absolut tabu“, stoppte Emil sie.

„Warum das?“ wollte Pia-Lotta nun wissen.

„Blitze schlagen besonders häufig in hohe Objekte ein, gerade, wenn sie frei stehen. Wenn die Grundfläche des Objekts klein ist, ist die Potentialdifferenz des Bodens in seiner unmittelbaren Nähe besonders groß und die mögliche Schrittspannung besonders hoch.“

„Und was heißt das jetzt für mich normalsterbliches Stadtkind, Albert Einstein?“ Pia-Lotta hatte ihre Hände in die Hüften gestemmt.

„Ach Pia-Lotta! Muss ich dir denn alles erklären?” Emil wurde ein bisschen ärgerlich.

„Nur wenn du dich immer so kompliziert ausdrückst, als hättest du ein Chemiebuch verschluckt!“

„Physik!“ entgegnete Emil. „Es ist Physik und nicht Chemie!“

„Ist doch auch egal!“

„Ist es nicht! Wenn nämlich die Leitfähigkeit des Objekts eingeschränkt ist z.B. wie bei Bäumen, besteht die Gefahr durch umherschleudernder abgesprengter Teilchen und der Austritt des Blitzes in Bodennähe.“

„Ach Emil, ich verstehe immer noch nicht, was du mir sagen willst.“

„Der Blitz, der elektrisch aufgeladen ist, schlägt an der höchsten Stelle in den Baum ein, sprängt eventuell Teile ab, die herumfliegen und dich treffen können. Die sind natürlich auch elektrisch aufgeladen und können dich verletzen. Der Baum kann aber auch Feuer fangen. Oder der Blitz trifft nicht den Stamm, sondern nur die äußeren Äste und tritt dann neben dem Stamm aus dem Baum heraus und kann dich dann ebenfalls verletzen oder sogar töten.“

„Und was machen wir jetzt?“

Emil fuhr fort: „Stichwort: Faradayscher Käfig? Klingelt es jetzt?“

„Aha, Fara ... was?“ Pia-Lottas Gesichtzüge entglitten ihr jetzt völlig. Donnergrollen war in der Ferne zu hören.

„Faradayscher Käfig! Fahrzeuge mit geschlossener Metallkarosserie, also keine Cabrios, und viele Gebäude mit Blitzschutzsystem wirken so. Sie bieten dir also optimalen Schutz.“ Emil holte tief Luft und wollte gerade zu einem Vortrag ansetzten, da winkte Pia-Lotta ab.

„Ich frage besser nicht mehr, sonst stehen wir morgen noch hier oder uns hat der Blitz schon erschlagen. Lass uns lieber überlegen, was wir jetzt machen.“

„Naja, uns muss schon bald was einfallen!“ Emil schaute sich um. Weit entfernt blitzte es einmal auf.

„Also, lass mich mal zusammenfassen. Wir sollen hier draußen alles meiden, uns aber auch nicht auf freien Flächen aufhalten. Ein Gebäude ist weit und breit auch nicht zu sehen und naja, tut mir ja leid, aber ein Auto habe ich auch nicht dabei.“

Pia-Lotta grinste. „Naja, das Gewitter ist ja noch ein bisschen weg.“

„Ne, ne! Das Gewitter ist schneller da, als uns lieb ist. Blitz und Donner kommen schon ziemlich schnell aufeinander. Ich schätze so fünf oder sechs Kilometer. Wir sollten uns beeilen.“

„Um Himmels Willen, Emil, da muss es doch noch etwas geben, was wir tun können, wenn es über uns blitzt. Der Weg nach Hause ist wohl zu weit und außerdem müssen wir Oskar finden“, rief Pia-Lotta Emil zu.

„Pia-Lotta, nun beruhige dich mal. Wenn wir also jetzt nichts finden, müssen wir folgendes beachten: Nicht hinlegen, sondern die Standfläche auf dem Boden klein halten. Also, Füße zusammenstellen und in der Hocke verharren“, erklärte Emil der aufgebrachten Pia-Lotta und fügte mit Nachdruck hinzu: „Und nicht mit den Händen abstützen. Aber, lass uns weitergehen.“

Während sie noch ein wenig am Waldesrand unter dem Schutz der Bäume weitergingen, erzählte Emil seiner Freundin, dass sie beide durch ihre Turnschuhe mit den Gummisolen zum Boden abisoliert seien.

Pia-Lotta atmete tief durch und grinste vor sich hin. Endlich hatte sie mal ein wirklich wichtiges Argument gegenüber ihrer Großmutter, die immer schimpfte, wenn sie ihre Turnschuhe anzog. Die seien nicht gut für ihre Füße. Aber bei Gewitter könnten sie vielleicht Leben retten.

„Alles klar?“ fragte Emil und musste lachen, als er in das Gesicht von Pia-Lotta sah.

„Alles klar“, antwortete Pia-Lotta.

Es wurde immer dunkler am Waldesrand. „Ob Oskar Angst hat so ganz alleine hier draußen“, fragte Pia-Lotta. Jetzt erst dachte sie wieder an den Hund von Lukas.

„Wahrscheinlich hat er sich irgendwo verkrochen und hat es jetzt kuschelig warm“, meinte Emil

„Aber, wir sollten endlich etwas unternehmen, sonst finden wir Oskar heute nicht mehr!“

Emil schaltete seine Taschenlampe an und leuchtete am Waldrand umher.

Die Blitze wurden immer häufiger und das Donnern immer lauter.

„Das Gewitter ist schon ziemlich nahe.“ Emil schaute besorgt zum Himmel. Der Regen wurde immer stärker. Dicke Hagelkörner fielen vom Himmel herab.

Plötzlich sah Emil durch die Bäume etwas Helles schimmern und gab Pia-Lotta ein Zeichen, ihm unter dem Blätterdach des Waldrand in Richtung des hellen Fleckes zu folgen.

Nach einer Weile sahen sie, dass es sich um ein Licht handeln müsse. Pia-Lotta und Emil traten unter den Bäumen hervor und standen vor einer kleinen Kapelle.

„Schau mal, eine Kapelle“, sagte Pia-Lotta bei dem Anblick der hell erleuchteten Kapelle.

„Lass uns mal den Eingang suchen. Vielleicht ist die Kapelle ja offen“, schlug Pia-Lotta vor. Die Kinder gingen um die Kapelle herum und fanden auf der Rückseite eine Tür. Emil drückte die Türklinke herunter und tatsächlich. Die Kapelle war offen. Eine kleine Lampe und brennende Kerzen erleuchteten den kleinen Kirchenraum.

Pia-Lotta und Emil traten vorsichtig herein und schauten sich um. Das Kirchlein war winzig, aber hier drinnen war es wenigstens warm und trocken.

Die Kinder zogen sich ihre nassen Jacken aus und hängten sie über eine Kirchenbank, die neben der kleinen Orgel stand. Emil packte aus seinem Rucksack einen dicken Wollpullover aus und gab ihn Pia-Lotta.

„Hier, zieh an! Damit du nicht frierst.“ Er selber zog aus seinem Rucksack noch eine kleine Decke heraus und legte sich diese um die Schultern. Pia-Lotta staunte, was Emil so alles aus seinem Rucksack zauberte.

„Meine Mutter hat mir noch eine Thermosflasche mit heißem Tee gemacht“, sagte Emil.

Pia-Lotta freute ich über die Wärme des Tees und zog ihre Brötchen aus dem Rucksack.

„Ich habe auch noch Kekse, Äpfel und Milch“, fügte Pia-Lotta hinzu. „Die sparen wir uns für später auf.“

Während sie so beisammen saßen, fragte Pia-Lotta: „Eigentlich darf man in einer Kapelle doch überhaupt nicht essen. Sagt jedenfalls meine Oma immer.“

Aber Emil entgegnete, dass der liebe Gott sicher damit einverstanden wäre, denn schließlich sei dies ein Notfall und dann darf man auch in einer Kapelle essen.

Nachdem sie gegessen hatten, kuschelten sich Emil und Pia-Lotta aneinander, um sich zu wärmen.

„Schließlich sind wir hier in einem deiner Faradingsda Käfige“, sagte Pia-Lotta und legte ihren Kopf auf Emils Schultern.

„Du hast ja heute richtig was gelernt“, antwortete Emil dem kleinen Mädchen.

„Hm“, antwortete Pia-Lotta nur noch. Aber da waren ihr schon vor lauter Müdigkeit die Augen zugefallen und sie war eingeschlafen.

Pia-Lotta

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