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Fünf

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Der nächste Tag brachte durch die Geburt von Henrietta Elizabeth einen Wirbelwind der Aktivitäten mit sich. Ihre ältere Schwester Millicent war in keinster Weise erfreut über den Neuankömmling, und der ganze Haushalt war damit beschäftigt, sie abzulenken, damit sie nicht nach ihrer Mutter jammerte. Ihr Kindermädchen kümmerte sich um das Baby und Jolie bot ihre Hilfe an, da sie keine anderen Aufgaben hatte. Jolie liebte Kinder, aber sie hatte noch nie so schwer daran gearbeitet, ein Kind glücklich zu machen - nicht, dass sie viel Erfahrung damit hatte. Glücklicherweise kam Andrew, um sie von der kleinen Millie zu befreien, bevor sie jedes Spiel, jeden Trick und jedes Lied, das sie kannte, angebracht hatte. Sie konnte sich endlich entspannen und hatte die Füße hochgelegt, als Olivia zur Türe hereingeschossen kam.

„Oh! Jolie. Wo sind denn alle?“, fragte die muntere, junge Dame.

„Schön dich zu sehen, Livvy.“ Jolie stand auf und umarmte ihre Cousine. „Gwen hat heute früh ihr Baby bekommen. Elly und das Kindermädchen waren fast den ganzen Tag bei Gwen, und Andrew hat mich gerade eben erst bei Millie abgelöst. Verzeih mir, aber ich bin völlig erschöpft“, erklärte sie, als sie sich wieder unelegant auf das Sofa warf.

„Ist das Baby gesund?“, wollte Olivia wissen.

„Sie scheint es zu sein, aber ich habe sie nur einen kurzen Moment gesehen“, sagte Jolie.

„Noch ein Mädchen?“

„In der Tat. Sie haben sie Henrietta Elizabeth genannt.“

Olivia lachte. „Oh, der Dowager wird das nicht gefallen. Sie hasst ihren Namen.“

„Ich bin der Meinung, dass es eine wunderbare Ehre ist, wenn jemandem nach einem benannt wird. Meine Mutter gab uns allerdings die Namen ihrer Lieblingsorte in Frankreich“, fügte sie hinzu.

„Zumindest sind eure Namen einzigartig. In der Schule gab es noch zwei weitere Olivias und ein halbes Dutzend Elizabeths.“

„Ja, das kann sein. Wie war die Schule? Gefällt es dir dort?“, fragte Jolie.

„Ich werde meine Freunde natürlich vermissen, aber es ist immer schön, wieder nach Hause zu kommen. Adam sagte, Vater ist schwach und er wünscht, dass ich jetzt nach London gehe“, sagte sie stirnrunzelnd.

„Möchtest du nicht gehen?“

„Ich möchte Vater nicht verlassen. Ich würde es bereuen, wenn ich nicht viel Zeit mit ihm verbringen könnte. Ich wäre aus der Schule zurückgekommen, hätte ich gewusst, dass es ihm wieder schlechter geht“, sagte Olivia traurig.

„Ich verstehe. Ich glaube, sie machen sich Sorgen darum, dass dein Debüt verschoben würde, falls das Schlimmste eintritt“, sagte Jolie liebevoll.

„Wie kann ich darüber nachdenken, wenn dies meine letzten Tage mit Vater sein könnten?“ Ihre honigfarbenen Locken sprangen, als sie den Kopf schüttelte.

„Vielleicht sollte keiner von uns gehen“, überlegte Jolie laut.

„Das wird nicht nötig sein“, sagte Easton, als er das Zimmer betrat und seine Schwester umarmte, die ihm sehr ähnlich sah.

„Warum nicht?“, wollte Olivia wissen.

„Vater besteht darauf, dass du jetzt gehst.“

„Oh je, Adam. Meinst du, dass das das Beste ist?“ Sie sah ihn vorsichtig an.

„Es ist unwichtig, was ich denke. Er hat es sich in den Kopf gesetzt. Wir glauben, dass ihm noch etwas Zeit bleibt, aber genau weiß man das natürlich nicht. Wir hatten uns überlegt, dass wir dich zusammen mit Charlotte auf einer kleinen Party vorstellen werden. Vielleicht kannst du dort ein paar Bekanntschaften knüpfen, die sich entwickeln können, trotz der Umstände.“

„Nun gut. Wenn du das für das Beste hältst, dann tu ich, was du sagst.“

Er lächelte seine kleine Schwester liebevoll an, dann wandte er sich an Jolie. „Ich bekam heute einen Brief von meinem Onkel.“

„Geht es meinen Eltern gut?“

„Sie schreiben, dass sie sicher in Schottland angekommen sind, aber sie wissen noch nicht, wie lange sie bleiben werden. So, wie es aussieht, ist Margaux immer noch fest entschlossen, ihr Vorhaben durchzuziehen.“

„Natürlich ist sie das“, stimmte Jolie zu, die wusste, dass ihre Schwester unglaublich störrisch sein konnte.

„Ich hatte eine Anfrage für mehrere unserer Veteranen, die auf einem Landsitz arbeiten sollen, daher wäre ich erst später in London, aber ich verspreche dir, dass ich zur Party da sein werde.“

„Das sind hervorragende Neuigkeiten“, sagte Jolie.

„Ich werde einen Tanz für dich reservieren, Adam“, sagte Olivia. „Aber jetzt werde ich zu Vater gehen und ihn begrüßen.“


Zwei Tage später erhielt Benedict die Nachricht, dass Mrs. Abbot von einem weiteren, gesunden Mädchen entbunden worden war und der gesamte Easton Haushalt innerhalb einer Woche nach London umziehen würde. Lady Easton hatte Wort gehalten und eine Nachricht für seine Mutter beigelegt.

„Mutter“, sagte Benedict, als er am Frühstückstisch vom Lesen seiner Korrespondenz hochblickte, „Lady Easton hat einen Brief adressiert an dich und Charlotte.“

„Wie reizend von ihr“, sagte die Duchess, als sie den Brief von ihrem Sohn in Empfang nahm und ihren Finger unter das Siegel schob.

Er hatte kein Wort des Planes verlauten lassen, für den Fall, dass sich etwas ändern würde.

Seine Mutter sprach laut vor sich hin, während sie las. „Sie wird Lady Olivia früher vorstellen als geplant und sie hat Charlotte eingeladen, zusammen mit ihr zu debütieren.“

„Das ist sehr entgegenkommend von ihr“, bemerkte Benedict. Der Ausdruck auf dem Gesicht seiner Schwester drückte keine Zustimmung aus.

„Ich halte eine kleine Veranstaltung nicht passend für die Tochter eines Earls oder eines Dukes“, sagte seine Mutter, während sie ein Gesicht zog, das nicht beleidigt war, aber auch nicht erfreut.

„Ich möchte überhaupt nicht debütieren“, mischte sich Charlotte ein.

„Verstehst du jetzt, mit was ich zu kämpfen habe, Benedict? Kannst du ihr bitte erklären, dass sie schon bald ein Mauerblümchen und eine alte Jungfer sein wird? Deine Jugend dauert nicht ewig und was wird dann aus dir?“ Den letzten Satz richtete sie direkt an Charlotte.

Benedict konnte sich gerade noch zurückhalten, und nicht die Hände vor den Kopf schlagen. Am liebsten würde er die ganze Situation ignorieren.

„Charlotte, wieso bist du dagegen zu debütieren? Wenn du zustimmst, dass du zusammen mit Olivia debütierst, wird es eine wesentlich kleinere Angelegenheit sein, als deine Mutter sie planen würde, das kann ich dir versichern. Glücklicherweise“, fügte er leise murmelnd hinzu.

„Das habe ich gehört“, sagte seine Mutter mit ernstem Blick.

„Ich stehe nicht gerne im Mittelpunkt allgemeinen Interesses. Ich bin nicht schön, ich bin nicht schlagfertig, ich bin noch nicht einmal modern. Hast du eine Ahnung, wie meine Figur in der derzeitigen Mode aussieht?“

Benedict sah sie ausdruckslos an. Er wusste, dass es darauf keine passende Antwort gab.

„Wie ein Zelt!“, rief sie aus.

„Ich würde nicht sagen, dass du wie ein Zelt aussiehst, aber wenn du dich in so einem Kleid nicht wohlfühlst, kann dir die modiste doch ein anderes machen“, schlug er vor.

„Aber dann ziehe ich erst recht die Blicke auf mich!“, sagte Charlotte frustriert.

„Lady Easton hat mir versichert, dass es nur eine kleine Gesellschaft sein wird. Als die Tochter eines Dukes kannst du deine eigene Mode präsentieren. Wenn du dich wohl in dem fühlst, was du trägst, gefällt es dir bestimmt besser. Ich werde dich nicht noch einmal fragen, ob du in die Stadt gehst, wenn dir dieser Ausflug so sehr widerstrebt. Aber ich kann dir nicht versprechen, dass ich noch einmal in die Stadt gehen werde, solltest du in der Zukunft eine Begleitung benötigen“, hörte er sich überraschend sagen. Die Rolle als Vermittler gefiel ihm nicht.

„Du gehst in die Stadt?“, fragte seine Mutter erstaunt.

„Das werde ich.“

Er sah, dass seine Schwester mit sich kämpfte. Aber ohne bessere Alternative entschied sie sich dafür, die Aufmerksamkeit lieber zu teilen, als allein im Mittelpunkt zu stehen.

Benedict würde sie nicht zwingen zu heiraten. Er würde für sie sorgen und ihr ihre Unabhängigkeit ermöglichen, wenn sie diese wollte. Seine Mutter bestand darauf, dass sie eine Saison durchstehen müsste, bevor er Charlotte darüber informieren könnte. Charlotte war unmodern und sonderbar, und ein wenig üppiger als es der aktuellen Mode entsprach, aber Benedict glaubte, dass die Gesellschaft sie akzeptieren würde, wenn sie sich endlich einmal darauf einlassen würde. Sie war glücklich genug, diesen Luxus zu haben.

„Ich nehme an, dass ich dann wohl gehen muss, wenn du hier bist. Aber sei nicht enttäuscht, wenn nichts dabei herauskommt“, sagte sie mit einem Anflug von Trotz.

„Gutes Kind. Ich werde dich zu nichts zwingen, Charlotte.“

Die Duchess stand abrupt und mit uncharakteristischem Eifer auf. „Wir müssen uns beeilen!“ Sie ging zur Tür.

„Warum die Eile?“, fragte er kühl.

„Wir müssen sofort nach London aufbrechen und eine modiste bestechen!“, sagte sie ungeduldig, bevor sie das Zimmer verließ und nach ihrer Zofe rief.

„Und so fängt es an“, sagte er mitfühlend zu seiner Schwester. Hatte sie überhaupt eine Ahnung, wie sehr der Ruf der Familie vor zehn Jahren gelitten hatte? Er hoffte, dass sie es nicht herausfinden würde.


Benedict fuhr noch vor seiner Schwester und seiner Mutter nach London. Letztere suchte frenetisch nach einer passenden Garderobe für ihre Tochter und bekam von allem anderen so gut wie nichts mehr mit. Er war entschlossen, sich von diesem Chaos zu verabschieden und sich um seine eigenen Angelegenheiten zu kümmern. Und sich, vielleicht, erst einmal umzuhören, bevor er seine Absichten öffentlich machte - falls es nicht schon in der Stadt die Runde gemacht hatte durch Ashburys Bemerkung. Er war fälschlicherweise davon ausgegangen, dass jede der Damen auf Hughs Liste seinen Antrag annehmen würde. Bevor er sich noch weiter blamierte, würde er Hughs dazu erst befragen.

Er wollte innerhalb von zwei Wochen auf dem Weg zurück zu seinem Landsitz sein. Er würde Hughs bitten dafür zu sorgen, dass alle Namen auf der Heiratskandidatinnen-Liste eine Einladung zur Debütparty bekämen, sofern Lady Easton damit einverstanden war. Er wollte die Sache so effizient wie nur möglich angehen und seine Anwesenheit in der ton auf ein Minimum reduzieren. Warum sie so ungewöhnlich fasziniert von seiner Familie waren, konnte er sich nicht erklären. Er zog seine Hosen an wie jeder andere Mann auch. Würde es aber auch jemanden wie Miss Winslow interessieren?

Benedict erinnerte sich an die Musik, die er an dem Tag gehört hatte, als er nach Wyndham aufbrach. Er hatte es gewagt, einen vorsichtigen Blick in den Drawing Room zu werfen und fand sie dort vollkommen versunken in Mozarts Musik. Er hätte beim Zuhören ebenfalls versinken können. Sie spielte nicht nur einfach das Piano - sie brachte es zum Leben. Er fühlte sich zu dieser Frau hingezogen und er wusste, dass er sich deshalb auf jeden Fall von ihr fernhalten musste. Das würde eine schwierige Aufgabe werden, da auch sie in die Stadt mitkommen würde. Sie würde überall dort sein, wo die Eastons waren. Er konnte wohl kaum seinen ältesten Freund meiden, und er wollte es auch nicht. Aber er hatte sich zu sehr geschämt, um Easton über sie auszufragen.

Er musste sich mit seinem geschäftlichen Vorhaben beeilen. Wenn er in ihrer Nähe war, würde er sicher einen weiteren Fehltritt begehen und ständig um sie herum sein. Er konnte die Klatschspalten schon jetzt sehen. „Der einsiedlerische Duke hat seine Lektion beim ersten Mal noch nicht gelernt“. Oder es würde eine Karikatur in der Zeitung geben, wie sie ihn an einer Leine hinter sich herzieht, während ihm die Zunge zum Hals heraushängt und er wie ein anhänglicher Hund sabbert, so dass alle Passanten anhalten und über ihn lachen.

Der Klatsch und sein Vater hatten ihn beim ersten Mal davon getrieben. Benedict würde die Erinnerung an diese Karikatur und die Schande niemals aus seinem Gedächtnis löschen können. Es war nicht der ideale Weg gewesen, um herauszufinden, dass seine Frau sich umhertrieb. Sein Vater hatte sich von der Schande nie erholt. Er hatte die Ehe verboten gehabt und kurz darauf dann das Duell und die Scheidung erleben müssen. Das Duell hatte in Frankreich stattgefunden, wo Benedict nach Lillian gesucht und sie dann mit ihrem Liebhaber gefunden hatte. Er hatte den Mann nicht tödlich verwundet, der später dann aber an einer Infektion starb. Benedict hatte sich geweigert, die Ehe weiterzuführen und letztendlich die Scheidung vom Parlament genehmigt bekommen. Lillian starb weniger als ein Jahr später an einer Krankheit. Soll sie doch verrotten, dachte er verbittert.

Seine Mutter hatte ihm versichert, dass der Skandal schon lange vorbei war, aber er war sich dessen nicht so sicher, jetzt, da die Ashbury -Tochter ihn abgelehnt hatte.

Schmelzendes Eis

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