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Kapitel 4 - Oktober – Dezember 08 - Goldene OKTOBERGRÜßE.

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Obwohl vor zwei Wochen die Gegend von schlimmen Unwettern be-troffen war. Da war gar nichts golden. Ihr habt Euch ja richtig Sorgen um uns gemacht. Ist daher bei Euch durch die Presse gegangen, nehme ich an. Besonders hat es Nîmes und Umgebung erwischt. In der Zeitung war eine Fotobeilage, die die schlimmen Überschwemmungen vor 20 Jahren zeigte. Es sah aus wie in Venedig. Kommentar dazu: sowas passiert alle 20 Jahre! Genau so war es. Es ist wieder passiert und war heftig. Eine Nacht und einen Tag lang hat es wie aus Kübeln geschüttet. Kommt dann noch ein Wind dazu, können wir Eimer und Lappen schon bereitlegen. Das Dach ist an zwei Stellen undicht, die Wände sind porös, das Wasser kommt unter der Tür rein. Der marode bauliche Zustand zeigt sich in so einem Extremwetter natürlich.

Kommentar von IHM: es sei halt ein altes Haus, und von außen einpaar Löcher zu stopfen und etwas verputzen würde doch dem Haus seinen Charme nehmen. Und als das Wasser in der Ankleide die Wände runterlief, gab er den wertvollen Tipp, doch einfach die Schränke von der Wand zu ziehen! Da fällt einem natürlich die Kinnlade runter und nichts mehr ein!

Unser Städtchen war durchaus auch vom Unwetter betroffen. B. hat ja nicht nur seinen Hafen und den Kanal, sondern liegt an der Rhône, hier kurz vor der Mündung ins Mittelmeer schon ein mächtiger Fluss.

Bei Hochwasser, so wie neulich, werden wirklich die Schotten, die in die Stadtmauer eingelassen sind, dicht gemacht. Das Gelände zwischen Mauer und Fluss war gänzlich überflutet. In ruhigen Zeiten ist das ein riesiger Parkplatz. Mittwochs und sonntags finden dort Trödelmärkte statt, oder ein Zirkus kommt, Reitturniere werden veranstaltet, und nun hätte man rudern können. Einige Schlauköpfe hatten leider vergessen, ihre Autos rechtzeitig wegzufahren. Das Spektakel haben wir uns tags drauf angeschaut. Das Bootshaus vom Ruderclub war bis zum Dach überflutet!

Wenn es hier regnet dann richtig. Kommt zum Glück nicht zu oft vor. Eigentlich wissen wir gar nicht mehr, was das so ist, ein fieser grauer Himmel, der Sturzbäche zulässt.

Drinnen essen – ganz furchtbar!

Ich werde jetzt in den Garten gehen und mich dransetzen, die vielen Tulpenzwiebeln in die Erde zu bringen, jetzt wo sie schön weich ist.

Bei der Gelegenheit könnt Ihr gleich mitkommen, dann kennt Ihr auch den Garten. Im Haus wisst Ihr ja schon bestens Bescheid.

Von der Südterrasse aus gehen wir durch ein kleines Eisentörchen und dann genau 90 Schritte durch den Park, zu dem nur ER und wir Zu-gang haben. Da ist er, unser Garten. Die Längsseiten sind schon durch hohe Hecken dicht, zum Haus hin müssen wir noch was machen, nach Süden ist der Bach die natürliche Grenze, und weil gegenüber die Weinfelder liegen, ist ein Sichtschutz dort nicht nötig.

Der Herbst hält auch hier Einzug. Die Weinfelder, die in ihrer rot-gelb-goldenen Färbung so wunderschön waren, sind abgeerntet. Drei Wo-chen ratterten die Erntemaschinen Tag und Nacht durch die Felder. Der Ertrag, laut Zeitung, sei schlechter als im Vorjahr. Erst zu kalt, dann zu trocken, irgendwas war immer. Dafür sei die Qualität aber gut. Auch hier schreien die Bauern sofort nach staatlicher Hilfe, bloß weil ein paar Liter weniger rauskommen.

Herbstnähe bedeutet leider auch Ende der Badesaison. Seit Ende September ist das Wasser abgepumpt. Zuletzt hatten wir wach-machende 17°. Kann man aber hinkriegen, wenn die Sonne scheint und der blaue Himmel blitzt. Dieses morgendliche Ritual vermissen wir jetzt schon, hoffen aber nahtlos den Übergang zur Jacuzzi-Saison zu schaffen, Der müsste jeden Tag geliefert werden, steht dann dicht am Haus und wird andere Wasserfreuden bescheren.

Aber der Rosengarten ist immer noch ganz wunderbar. Im Laufe des Sommers sind etliche dazugekommen. Wir können einfach nicht wi-derstehen und schauen jedes Mal bei der Rosentante in Arles rein, und schleppen was weg. Sie lacht schon immer, wenn wir kommen. „Ob denn überhaupt noch Platz wäre…“ aber sicher, irgendein Plätzchen findet sich schon noch.

Der Lavendel ist geschnitten und findet jetzt als Antimottenmittel Verwendung. Zudem liegt auf jeder Fensterbank ein Bündel Lavendel, um die Skorpione fern zu halten. Beim ersten Mal hab ich mich ganz schön erschrocken, als da einer rumkroch.

Steht auf der „Hausordnung“ als Hinweis für unsere Gäste:

Nicht barfuß gehen im Garten und im Poolbereich! Skorpione! Was steht da noch? Achtung: Kanalisation spätes 18.Jhdt.! Seid sparsam mit Papier! (Hängt im goldenen Rahmen im Gäste-WC).

Ein Traum war natürlich der alte Feigenbaum, der ab August Früchte trug und eine nicht zu bewältigende Ernte brachte. Wir konnten Freunde und Nachbarn damit beglücken, ein bisschen was habe ich eingefroren, Marmelade gekocht, aber es waren solche Mengen! Zwei schwere Zweige hängen über der Poolmauer, da kommt man aus dem Wasser, greift nach oben und verputzt die Köstlichkeit.

Wenn man da nicht schon wieder ans Paradies denkt….

Das mit kleinen Fehlern. Hatte ich erwähnt. ER war schon dran.

Mitte August sind ein paar Burschen, mindestens zwei denken wir, hinten im Garten eingedrungen, haben den Zaun runtergedrückt, sind über die Poolmauer geklettert, an der Stelle waren nämlich die Pflanzen zertrampelt und haben sich dann ein paar Kissen, zwei Lie-gestühle und zwei Korbstühle geschnappt. Einen Blick in den Eis-schrank haben sie auch noch geworfen und – das fand ich jetzt ober-frech – haben zwei einsame Flaschen Bier mitgenommen! Das waren sicher keine Profis, denn viel Wertvolleres haben sie liegengelassen. Da brauchte einfach jemand was für seine Terrasse.

Egal, ärgerlich war das allemal, trotz des geringen Schadens. Auf diese Weise wissen wir jetzt auch, wie eine französische Provinz-Gendarmerie-Dienststelle von innen aussieht.

Der Gatte hat daraufhin die Zaunecke, wo die Burschen eingestiegen waren, mit Stacheldraht gesichert und einen fetten Bewegungsmelder angebracht. Schreckt vielleicht doch etwas ab.

Wir leben halt ziemlich einsam auf dem Lande. Das ist der Preis.

* * *


Ich nehme Euch jetzt mit auf eine kleine Reise, damit Ihr dieses auf-dem-Land-leben vor Euch seht.

Stellt Euch vor, wir haben grade am Hafen einen Rosé oder Pastis ge-trunken – „bloß kein Wasser“, sagt unser Freund Christian immer, „Wasser brauch ich unter der Dusche!“ Kann man vertreten.

Jetzt steigt Ihr zu mir ins Auto , und wir fahren in westlicher Richtung stadtauswärts, am Friedhof vorbei, weiter, weiter, am grottenhässli-chen Zementwerk vorbei, noch zwei Kilometer, dann biege ich links ab von der Kreisstraße auf ein landwirtschaftliches Sträßchen – eben deshalb ist es für Elvis nicht gefährlich – und schon steuern wir auf das Mas zu.

Ihr seht ein großes, ein sehr großes u-förmiges Gebäude. Grauer Stein und völlig verschachtelt. Hier dreistöckig, daneben zweistöckig, noch ein Anbau, ein Vorbau, unser Turm drangepappt.

Wir bewohnen die linke, untere Ecke vom U. Aus dem einstmals hochherrschaftlichen Besitz eines wohlhabenden Bürgers von B., hat der jetzige Besitzer, ER, sieben unabhängige Wohneinheiten gemacht, die er nun vermietet. Die Idee, die Mieter durchzunummerieren, die ich Euch vorstellen will, macht mir wirklich Sinn.

Ein großes U-Gebäude also, zu allen Seiten hin umgeben von Wein-feldern. Ein Traum.

Auf der anderen Seite des Sträßchens wohnt ein älteres Ehepaar mit einer Schwester, das ist die sehr bibelfeste Madame Dijolle, die noch erwähnt werden muss. Später.

Außer den Anrainern fahren da nur Frau Post und ansonsten Trecker und Co. Selbst die Müllabfuhr darf nicht weiter geradeaus fahren, weil das Brückchen über unseren Bach zu schmal ist.

Dann wäre auf der Seite noch der „Grattlerhof“ von Joseph, dem Bauern. Ihm gehören große Teile des Landes, das uns umgibt. Er be-stellt nicht nur seine Felder, sondern hat auch noch einen Job im Ze-mentwerk, wahrscheinlich käme er sonst nicht klar. Er macht keinen eigenen Wein, sondern liefert an die Kooperative. Da bekommt er sein Deputat, und das scheint nicht zu reichen.

Joseph wohnt in einem Wohnwagen auf dem Grattlerhof.

Alle wohnen da in Wohnwagen, auch Lori und ihr „copain“, Manu, Portugiese. Es gibt einen Wohnwagen für die Hühner. Für die Nacht, damit der Fuchs sie nicht holt. Es gibt einen Wohnwagen für die Waschmaschine, einen für die Karnickel usw.usw… eine unglaubliche Wirtschaft ist das da, deswegen auch mein „Grattlerhof“. Ich würde wirklich gerne mal aufräumen bei denen.

Dass zum Ensemble noch mehrere Hunde gehören versteht sich von selbst. Keine Katzen. Lori hasst Katzen. Das wären dann schon drei!! Lori, Elvis und ich…

* * *


Zementwerk. Gutes Stichwort, das muss ich noch erzählen.

Nochmal zurück zu unserem ersten Abend in B., also 16.12.2007. Das Zauberbett war für die Nacht gerichtet, wir hatten Hunger und fuhren in eine Kneipe am Hafen und bestellten irgendwas. Da geht die Tür auf und fünf Herren treten ein, setzen sich an den Nebentisch und fangen an zu reden – auf deutsch! Wir natürlich schon die Ohren gespitzt und kurz drauf, na klar, sind wir in der Unterhaltung mit drin. Ich muss vorher noch erwähnen, dass wir in einer westfälischen Kleinstadt gewohnt hatten, und in einer Nachbarstadt befand sich ein – ebenso grottenhässliches Zementwerk, wie das hier in B. Und nun stellt sich heraus, dass die Herren von einer westfälischen Firma abbeordert waren, um im hiesigen Zementwerk Ingenieursarbeiten zu tätigen. Da waren wir schon am ersten Abend länger als geplant umtriebig. Hatten viel Spaß!

Und hört mir auf mit Zufall!

Die allgemeine Wohnsituation habt Ihr jetzt klar: bisschen außerhalb, inmitten von Weinfeldern, einsam, aber einpaar direkte Nachbarn.

Hier kommt ein neuer Mieter. Der Gefängniswärter ist nach Nîmes versetzt worden. Der Neue (No.5) hat eine Vertretung für Hundefutter. Will eine Hundepension mit -schule aufmachen. Hier! Hat zwei große Hunde, Rottweiler! Wird man sehen, was das gibt.

Besuch von unserer Pariser Freundin Chantal. Sie hat als erstes unse-ren Hund umgetauft. Er heißt jetzt „Louis Quattorze“, weil er sich auf den Sofas breitmacht und die feinsten Schnürzelchen vom Kalbsbraten erschleicht. Durch seinen herzerweichenden Blick. Ich glaube, ihm gefällt der Name, wenn er dann mit „Majestät“ angeredet, ins Körbchen geschickt wird, leistet er sich durchaus subtile Knurrungen.

* * *


Die unendliche Geschichte mit der Autoummeldung ist schließlich auch ausgestanden. Wir haben jetzt ein französisches Kennzeichen! Beim 7. Anlauf (!!) hat es endlich geklappt. Sieben Mal ist der Gatte zur Préfecture nach Nîmes gefahren, immer mit Nummern ziehen, warten, jedes Mal saß eine andere Maus hinter dem Schalter. Wieder fehlte irgendeine Unterlage, von der die vorherige Angestellte nichts gesagt hatte. Einmal hatte der Gatte gebeten, doch etwas langsamer zu sprechen, denn schnell reden zusammen mit dem für uns noch ungewohnten provenzalischen Argot, das ist nicht so leicht. Da hat die Dame dem Gatten doch wirklich den unverschämten Vorschlag gemacht, er möge beim nächsten Mal einen Dolmetscher mit-bringen. Auf sein Ansinnen, einen Vorgesetzten sprechen zu wollen, hat sie kühl entgegnet, dass dieser erst nachmittags käme. Grrr. Ihr könnt Euch vorstellen, wie angefressen der arme Mann jedes Mal nach Hause kam.

Unsere Erfahrung: die französische Bürokratie übertrifft die deutsche um Längen!

Bei dieser Aktion in Nîmes hat der Gatte einen neuen Vornamen ver-passt gekriegt. Er hat einen sehr deutschen Rufnamen, der auch noch mit „H“ beginnt, den kriegt hier keiner ausgesprochen. Dann wäre da noch ein „Ernst“ im Angebot, aber auch der ging dem Amtsschimmel noch nicht leicht genug über die Lippen. Und so taucht nun überall ein „Ernest“ auf, na bitte, meinetwegen. Dass unsere deutsche Kran-kenversicherung erstmal die Rückzahlung einer Arztrechnung verwei-gert hat, weil ein „Ernest“ nicht bekannt sei, war da schon zu erwarten.

* * *


Ich bin in Gedanken noch immer im Sommer. Da war so viel los, von dem ich Euch noch nicht erzählt habe. Darf ich das noch einschieben, bitte? Im Hochsommer ist hier in jedem kleinsten Nest was los. „Fête Votif“, Fête de la Musique“, Internationale Tanzgruppen, Klassik nachts unter Platanen. Donnerstags abends in Nîmes! Da gibt es Musik an jeder Ecke, hier Jazz, dort Flamenco, Country oder Tango. Überall Wein-stände, Imbissbuden, man lässt sich treiben durch das Gewusel, trinkt hier ein Schlückchen, isst ein Häppchen, schaut zu, hört hin.. und alles im leichten Sommerkleidchen. Und ich rede von „Sommerkleid ohne Jacke“!!

In B. am Hafen und in der Stadt ist freitags Remmidemmi. Kirmesbu-den, Bands an jeder Ecke, eine Mischung aus ländlichem Krammarkt, Oktoberfest und Schleswig-Holstein-Festival. Die Straße, die um den Hafen führt, ist dann autofrei, und die Kneipen weiten sich mit ihren Tischen aus, rappelvoll alles, gute Gelegenheit sich mit Freunden zu treffen und gemütlich zusammen zu spachteln und einen warmen Sommerabend zu genießen. Im Sommerkleid! Und nein, freitags im Sommer regnet es nicht.

Kulturelle Seiten der Stadt B. haben wir klar auch schon kennen- ge-lernt. Haben an Führungen, historischen Rundgängen teilgenommen, die Burg besichtigt… wenn Gäste kommen, muss man doch was er-zählen können, und Vorschläge machen können, zu dem was se-henswert ist.

Dieses B., nunmehr unsere Heimatstadt, war mal eine sehr wohl-habende Handelsstadt. Sie hatte nämlich über einen Zeitraum von 400 Jahren (ca. 1460 – 1860) jedes Jahr in der letzten Juliwoche eine Art Messe, die „Fête de la Madelaine“, Madeleine ist die Schutzheilige der Stadt.

In dieser Woche sind die Händler aus ganz Europa gekommen, um hier Handel zu treiben. Im 19. Jhdt., sagt die Stadtchronik, kamen sogar Kaufleute aus Übersee. Sie mieteten Häuser in der Altstadt oder präsentierten ihre Waren in Zelten, die auf dem riesigen Platanenareal an der Rhône standen. Grad da, wo vor kurzem noch die Autos geschwommen sind.

Nicht Wenige aus B. sind über diesen Handel zu Reichtum gekommen und konnten sich davon – für die Sommerfrische – ein Mas vor den Toren der Stadt leisten. Siehe Monsieur Roustan von „unserem“ Mas Roustan. Ich habe mich inzwischen bei der Gesellschaft für Stadtfor-schung von B. kundig gemacht, weil mich die Geschichte vom Mas interessiert. M. Roustan war tatsächlich ein überaus wohlhabender Kaufmann, der hier draußen eine Pferdezucht betrieben hat. Gewohnt hat er, wie schon bekannt, im Haus, das wir jetzt bewohnen, und die Stallungen fingen direkt neben der Küche an. Da ist jetzt ein zugemauerter Rundbogen, wo früher sicher eine Tür war. Diese Rundbögen setzen sich nebenan fort bis in den rechten Arm vom U. In diesen Rundgewölben (vôutes, fr.) waren die Stallungen untergebracht. An den Wänden sind heute noch, hier und da, die dicken Eisenringe zu sehen, an denen die Pferde angebunden werden konnten.

Das Archiv gibt leider nicht mehr her zum Thema „Roustan“. Man möchte doch gern mehr wissen, war er verheiratet, hatte er Nach-kommen, was passierte nach seinem Tod mit dem Mas. Aber das Ar-chiv hat mehr nicht hergegeben.

Der Handel in B. gedieh natürlich auch prächtig durch die Rhône und den Kanal. B. galt als Hafen von Nîmes, von hier wurden die Trauben bis Bordeaux verschifft. Gepanscht – nein versetzt – wurde schon immer!

Mit Beginn der Eisenbahnzeit war das Alles zu Ende, B. fiel in einen Dornröschenschlaf, aus dem es bis heute nicht erwacht ist. Die Stadt ist eher arm, vieles verfällt, so viele Ladenlokale stehen leer. Es gibt durchaus Initiativen, um das Geschäftsleben wieder auf den Weg zu bringen, aber es ist mühsam. Zudem hatte sich die Bevölkerungs-struktur nach dem Ende des Algerienkrieges grundlegend geändert. Nein, B. ist nicht mehr annähernd in der Blüte, wie zu Zeiten der „Madeleine-Messe“:“

Es ist zynisch, wenn ich sage:“ gut für uns“, denn dadurch ist B. kein hochpreisiges Touristennest wie z.B. St. Remy um die Ecke, wo reiche Pariser (und Caroline von Monaco) Besitz haben und damit die Preise hochtreiben.

Gut also für uns, obschon teuer genug. Aber wir wollten ja partout hier hin!

Letzte Neuigkeiten vom „Unhold“. Ein „Etablissement“ hat er doch eher nicht. Den Gedanken haben wir verworfen. Wir tippen jetzt eher so auf „Waschsalon“. Das ist doch nicht normal, fünf bis sechs Trom-meln pro Tag bei zwei Personen. Der älteste Sohn wohnt nicht mehr hier. Irgendwann im Sommer ratterte dann die Waschmaschine mor-gens um halb fünf; da hat der Gatte ihn gefaltet! Er, der „Unhold“, sagte, er würde nicht für sich waschen – kann ich mir auch nicht vor-stellen, ich kenne ihn in zwei unterschiedlichen T-Shirts, darüber seine Lederweste, ob August, ob Januar,… er würde für seine geschiedene Frau waschen. Sicher! So ein Guter! Schleppt nach wie vor die Säcke rauf und runter.

Seit vier Wochen sind neue Mieter im Haus, was sich nach Süden an-schließt. Da hat Eric gewohnt mit seiner Frau (No.6) und der französi-schen Bulldogge Suzette. Der hatten wir vor kurzem das Leben geret-tet. Ich war im Garten und höre vom Bach her so ein Rumoren und Schnaufen. Suzette! Sie war da wohl reingerutscht und kam nun mit ihren kurzen Stummelbeinchen den steilen Rand nicht mehr rauf. Ich bin losgespurtet und habe so ein Holzgitter für die Rosen geholt. Das haben wir die Fuhr runtergeschoben, und so konnte Suzette über die Querstreben nach oben klettern. Abends hat der Gatte die Geschichte Eric erzählt, der sich natürlich herzlich bedankt hat und nur meinte, er habe sich schon gewundert, dass seine Suzette klatschenass vor der Tür stand, wo sie doch so wasserscheu sei.

Ich bin sicher, in die Nummer hat Elvis sie geritten; der heckt ja a. immer Unsinn aus und geht b. im Sommer, wenn es heiß ist, und hier ist es im Sommer immer heiß, gerne in diesen Bach. Zum Abkühlen, Frösche gucken, Biber treffen, mal schaun.

Er kommt aber von alleine wieder die Fuhr hoch, wenn zwar in grauli-chem Zustand. Schlamm! Da muss der Schlauch her, bevor er sich wieder in royaler Manier in die Betten haut!

Die neuen Mieter heißen Ann-Marie und was war´s doch noch gleich…kommen später dran. Sind aber No. 7.

Rechts von uns sind auch neue Mieter eingezogen (No.8), Estelle und Francois, in den Teil, wo vor 200 Jahren die Pferde des Monsieur Roustan in den herrlichen Gewölbekellern gestanden haben. Francois könnt Ihr gleich wieder aus dem Register nehmen, ist nicht lange ge-blieben. War Schmuckdesigner, und es war ihm zu dunkel in den Ge-wölben. Das ist mal ein guter Grund, um eine Frau zu verlassen.

So, jetzt musste ER natürlich mit Frau und Sohn woanders hin. Gut, dass zeitgleich Julie, die Rap-Maus ausgezogen war. Die sitzen also jetzt oben rechts von uns. Hat gleich eine Terrasse angebaut (schwarz). Einfach ran geklatscht. Er verhunzt das altehrwürdige Gebäude regelrecht, mit jeder Anbauaktion wird es mehr verschandelt. Sagt auch die Besitzerin vom „Mas de Tourelles“, gegenüber der Kreisstraße. Das Mas hat eine ähnliche Geschichte hinter sich wie un-seres. Zur gleichen Zeit gebaut von einem reichen Menschen aus B., dann runtergekommen, aufgekauft, und heute ist das eine Weindo-mäne vom Feinsten. Sie hat die „Bricolierarbeit“ von IHM über all die Jahre verfolgt…

ER hat uns nach seinem neuerlichen Umzug erzählt, dass er keine Lust mehr habe auf diese Sommergäste, wo man sich ständig kümmern müsste,- klar, da sind auch die Dächer nicht dicht und die Duschen defekt und was sonst noch – und er würde jetzt auf Reisen gehen, Indien, Thailand oder so,- aber der erzählt eben einfach jeden Tag was Anderes und bis jetzt ist er noch da.

Seine Frau Isabelle hat wohl keinen Wäschetrockner mehr, es hängen die Wäscheteile auf Wäscheständern vor der Haustür. Manchmal lange. Tagelang. Auch sieht sie immer ein bisschen abwesend aus.

Ich hasse diese französischen Wäscheständer: ein winziger falscher Handgriff, und das ganze Gelumpe liegt Parterre.

Ach Isabelle!

Neulich war eine Stunde Technomusik bei offenem Fenster (ich darf erinnern: U-Form, Mauern, Schall, Krach!!!), wir dachten, es sei der Sohn – sie haben einen Sohn, Isabelle und ER, aber der muss jetzt warten, der Sohn- es war aber nicht der Sohn, es war sie. Der Gatte ist dann hochgegangen, um darum zu bitten, die höllische Lautstärke etwas zu dimmen, oder vielleicht die Fenster zu schließen…kurz, Isa-bellchen war benebelt, high, haschmäßig…

Kurz bevor Eric, der mit der Dogge Suzette, auszog, hat er noch ge-meint, unseren Ludwig d.IV. aus einer misslichen Lage befreien zu müssen. Wir hatten doch kurz vorher Suzette aus dem Graben gefischt. Eric hat sein Bellen im Park gehört, ist hingegangen, wir hatten es nicht mitgekriegt, und finden also unseren Jack-Russell in etwa 10m Höhe in einer Tuja. Weil er hinter einer Katze her war.

Elvis hasst Katzen, wie Ihr schon wisst!

Er hasst Mäuse, Ratten, Schlangen, Staubsauger, Gewitter, aber be-sonders Katzen!

Wenn er sie stellen kann, sind die Herrschaften erledigt!

Eric hat uns dann geholt, weil er nicht mehr weiter wusste, wir konn-ten ihn beruhigen. Irgendwann springt die Katze runter und huscht davon, denn in jedem Fall ist sie dann schneller als der Hund, der ja erst mühsam sehen muss, wie er sich wieder runterlaviert.

Auf dem Rückweg zum Haus haben wir noch Emile zugewunken. Der saß ganz gemütlich auf der Mauer und guckte so rum.

Bis zum nächsten Mal. Nein, Langeweile kommt hier nicht auf.

Émile, Étienne und all die Anderen

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