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Kapitel 5 - Dezember 08 – Februar 09

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Heute gibt es „SPEKULATIUSGRÜßE“, weil doch in 2 Wochen schon Weihnachten ist, was bedeutet, dass wir schon ein ganzes Jahr hier wohnen. Und die Wünsche vom Père Nôel darf ich nicht vergessen.

Die Zeit ist geflogen im Herbst, der noch so schön war. Gartentage, sogar Strandtage waren noch drin, Ausflüge in die Umgebung, immer mit Picknickzubehör dabei, versteht sich. Ich liebe Picknicks.

Fressmärkte, Blumenmärkte, Trödelmärkte. Irgendwo in der Umge-bung finden immer welche statt. Der Franzose liebt seine „brocantes“

Viel Besuch, den man auch durchaus für Gartenarbeiten heranziehen konnte.

So flogen die Wochen dahin. ER haute Ende November wieder ab nach Indien. Gut so.

Oh, um die Drehe hat sich das Fiasko mit der Lammkeule ereignet. Nachts hatten wir Beide irgendein Geräusch gehört vom Südhof, unter unserem Schlafzimmerfenster. Als wenn was runtergefallen wäre. War auch. Eine blöde Katze hatte solange am gusseisernen Topf, der auf dem Tisch stand, rumgeschoben, bis der runterfiel, und dann hatte sie freie Bahn, meine schöne, würzig eingelegte Lammkeule zu verspeisen. Können wir bitte mal wieder daran denken, dass wir auf dem Lande leben!!!

* * *


Wieder mal ein böser Mistral-Tag. Mistral bedeutet in der provenzali-schen Sprache „Meister“, und tatsächlich beherrscht er sein Metier meisterlich. Er ist ein kalter, ruppiger Geselle, der von den Abhängen des Mont Ventoux kommt – DER Schicksalsberg der Provence – und dann das Rhônetal runterfällt. Und da unser B. nun an der unteren Rhone liegt, tobt er sich hier besonders aus.

Im Sommer bringt er Kühlung bei Hitze, im Winter ist er schneidend, und ein Spaziergang ihm entgegen ist nicht zu empfehlen. So wie Schwimmen mit Gegenstromanlage.

In jedem Fall bedeutet Mistral immer: blankgeputzter, blitzeblauer Himmel. Wir unterschätzen ihn immer noch, - etliche Töpfe sind schon zu Bruch gegangen, und empfindliche Pflanzen haben wir in den Südhof umgesiedelt. Die zerlegt er.

Heute rappelt er wirklich schlimm an den Läden, heult ums Haus und bringt draußen meine Weihnachtsdeko durcheinander.

Dann gibt’s nur eins: einigeln, schmökern vor dem Kamin, ein Fläsch-chen Rotwein, das Menu besprechen. D.h. ich riskiere, hier und da mal ein paar Vorschläge zu machen. In der Regel schwingt der Gatte die Pfannen. Liebt keine Einmischungen. Ich darf bei Schlichtgerichten wie Kartoffelsalat o.ä. einsteigen.

Ich verfahre ja sowieso nach der Devise „ der Platz einer Frau ist in der Küche, wo sie mit einem Glas Wein in der Hand, die Füße hochgelegt, dem Gatten bei der Arbeit zuschaut“.

Wir genießen das festlich geschmückte Haus, auch der Baum steht schon seit zwei Wochen. Das gute Stück wurde in einem Garten-center in Nîmes gekauft, die Tannenbaumlieferung war gerade ein-getroffen, und da in der Ecke für „große“ nur drei Exemplare standen, brauchte es nur einen Blick, einen Griff, und er war unser. Ein Verkäufer half uns, ihn auf´s Autodach zu wuchten und wünschte uns noch viel Spaß mit dem „Monster“. Na ja, 3 m ist er schon, wir haben ja hohe Decken. Und ausgesprochen schön gewachsen.

Man kennt das: Weihnachtsbaumkauf ist nicht so einfach, da ist er hier etwas krumm, und da fehlt eigentlich ein Ast. Man dreht und wendet, vergleicht.. und kommt so oft zurück zu Nr. 1.

Lori jedenfalls meint, er sei sowieso der allerschönste in ganz B.

Ist aber auch nicht schwer, hier einen Schönheitspreis für die Weih-nachtsdeko einzuheimsen. Hier herrscht eher der Glitzer-Blinkel-Schrill- und Plastikkitsch. Andere Geschmacksrichtung.

Der diesjährige Renner beim Carrefour, dem großen Supermarkt, war ein weißes, verhungertes Plastikmodell, mit lila Leuchtröhren um-wickelt, die dann auch noch unregelmäßig blinkeln. Ich kann nicht begreifen, wie man sowas angucken kann, ohne irre zu werden. Ich bin mit Absicht mal stehengeblieben an der Stelle, wo die Dinger auf-gebaut waren, um die Kommentare der Kunden zu erlauschen. Da hab ich das eine oder andere „très ravi“ rausgehört. Entzückend, hin-reißend…

Anfang Dezember war Weihnachtsmarkt in Tarascon, die Nachbarstadt auf der anderen Seite der Rhône, und da ging´s munter zu: Holzbuden, wo allerlei Kram verkauft wurde, eine kleine Eislauffläche aus Kunststoff für die Kinder, schneebesprühte Tannenbäume. Und dann tanzt da eine verkleidete Gruppe, Frauen, Männer, Kinder in den abenteuerlichsten Aufzügen. Es gab Weihnachtsmänner und Weihnachtsfrauen. Gestandene Männer in rosa Schweinchenanzügen, Mickey Mouse neben King Kong, der Zauberer von Oz mit einem Plüschkrokodil. Alle schwangen das Tanzbein nach „Jingle Bells“, machten dabei aber ernste Gesichter. Würde ich auch, wenn ich mich in diese neonfarbenen Polyacrylteile zwängen müsste. Es war eher Disneyland.

Und in einer Ecke des Marktes hatte sich ein Shantychor aus Elmshorn versammelt, schön in Seemannshemden, die Prinz-Heinrich Mützen, kantige Gesichter, wie es sich gehört, wenn du von der Waterkant bist. Elmshorn und Tarascon haben eine Städtepartnerschaft. Daher. Die gesamte Szenerie war – surreal.

Da es ein Sonntag war, haben wir auf dem Heimweg am Stand im Ha-fen von B. unsere Austern gekauft (ein Dutzend für 4.80 Euro)…ich erinnere mich an unseren letzten Besuch in Berlin, da hat man sich an der Austernbar im KaDeWe schon überlegt, wie viele man sich denn gönnen dürfte!

Das schrille, für uns so gar nicht adventliche Treiben, haben wir drau-ßen (!) im Südhof bei Austern und einem feinen Picpoul verdaut. Schöner, feiner, spritziger Weißwein, kommt aus einem kleinen An-baugebiet etwas weiter westlich von hier.

Kontrastprogramm am Montag: ein Ausflug nach Montpellier, einfach mal so. Bei 15° und strahlender Sonne haben wir wieder mittags draußen gegessen.

Wer die Stadt kennt, wird mir beipflichten: ein Schmuckstück. Groß-städtisch, Häuserzeilen.. schließ die Augen, mach sie wieder auf, und es könnte auch Paris sein. Universitätsstadt, also junges Publikum. Wir haben uns ohne Plan treiben lassen, sind große Boulevards hoch-geschlendert, durch Seitengässchen zurück… wird wiederholt, dann im Sommer. Ist zudem nur 1 Stunde Fahrt von B.

Danach noch ein langer Spaziergang am Meer, damit unser Louis auch auf seine Kosten kam. Tat ihm gut. Irgendwie ist der im Winter-schlaf-Modus, liegt den ganzen Tag am Ofen und dreht sich demonstrativ zur Wand, wenn er mich morgens in Laufschuhen sieht. Gut – er wird im März oder April schon wieder wach werden.

Wenn es nur schon so weit wäre. Wenn die schöne Weihnachtszeit erst vorbei ist, die ich auf gar keinen Fall missen möchte, könnte es allerdings für mich nahtlos in den Frühling übergehen.

Ich bin so gespannt auf die Tulpen im Garten. Wenn nicht irgendeine gemeine, provenzalische Wühlmaus (rattus provenzalus vulgaris) ihr Unwesen getrieben hat, müsste es prächtig werden. Am Haus stehen die Tulpen in Kübeln, da passiert nix.

Wetterfazit 2008:“ lausig“, sagt der Friseur, die Zeitung, der Masseur. Zu nass, zu kalt der Winter, zu nass, zu kalt der Mai, und so ging es weiter. Haben wir natürlich nicht so empfunden.

Aber bitte, es darf 2009 besser werden.

* * *


Ich merke, Ihr wollt noch schnell Neuigkeiten vom „Unhold“. Ist witzig, dass von Eurer Seite kaum mal die Frage kommt, wie geht´s, was macht der Hund, habt ihr mal wieder ein neues Rezept… Nein,- direkt immer, was macht der Gnom von oben?

Ach, er hat eine neue Waschmaschine. Ich weiß, dass ist jetzt nicht so spannend für Euch. Ihr wollt mehr die „juicy“ Einzelheiten. Aber für uns spielt es eine Rolle, denn die neue (Waschmaschine) läuft bedeutend leiser, und das spielt bei acht Trommeln pro Tag eine erhebliche Rolle.

Ansonsten rückt er immer noch Stühle und hustet vor sich hin.

Ich bleibe jetzt noch ein wenig in der Bibliothek sitzen und genieße den geschmückten Raum. Was waren da wieder für Schätze in den Kisten zum Vorschein gekommen, die haben ja im letzten Jahr verpackt geschlummert. Ich hab gar nicht mehr gewusst, was alles so da ist.

Danach gehe ich aber noch in den Jacuzzi. Er ist seit ein paar Wochen in Betrieb; also abends das Handtuch übergeworfen und hinein-steigen bei 37°. Sprudelfitz aus allen Düsen, im Sitzen und im Liegen. Und am schönsten ist der Sternenhimmel über uns; zur Zeit parkt da oben der „Große Wagen“.

Einmummeln, noch ein bisschen abhängen, einen letzten Schluck, und danach wird tief und fest geschlafen!




Émile, Étienne und all die Anderen

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