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Back in the 90’s

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George R. R. Martin, der Autor der literarischen Serienvorlage A Song of Ice and Fire begann Fantasy zu schreiben, weil in diesem Genre alles größer sein könne als in der Realität. Doch selbst er dürfte überrascht sein, wie groß Fiktion werden kann. 1996 kam das erste Buch A Game of Thrones mit einigen Tausend Exemplaren auf den US-amerikanischen und mit gerade mal 1500 Exemplaren auf den englischen Markt. Danach wuchs die Leserschaft stetig an, bis sich das fünfte und bislang letzte Buch A Dance with Dragons in den USA 300 000-mal verkaufte – allein an dem Tag, als es rauskam. Weltweit setzte die Verlagsgruppe Random House mehr als 58 Millionen Exemplare des Romanzyklus um, Stand 2015. Die Zeiten, in denen Martin sich freute, wenn ein paar Dutzend Menschen zu seinen Lesungen kamen, sind lange vorbei, heute müssen Fans stundenlang Schlange stehen, wollen sie ein Buch signieren lassen. Und nicht mehr als ein Exemplar, sonst wird der Meister nie fertig! (»Fertigwerden« ist für die leiderprobten Fans, die sehnsüchtig auf die zwei letzten der geplanten sieben Bücher warten, ohnehin das Stichwort schlechthin!)

Mit einer Verfilmung seines Opus magnum hatte der als Drehbuchschreiber und Serienentwickler mit dem Filmbusiness vertraute Martin nie gerechnet und Anfragen auch abgelehnt – zu aufwendig, zu teuer. Doch David Benioff und D. B. Weiss überzeugten ihn als begeisterte Leser von A Song of Ice and Fire im Laufe eines fünfstündigen Essens, ihnen den Stoff anzuvertrauen. Die Zusage gab Martin allerdings erst, nachdem sie sein Rätsel, wer die Mutter des Helden Jon Schnee sei, gelöst hatten.

Dass Benioff und Weiss Texte zu dechiffrieren vermögen, ist wenig erstaunlich. Beide haben nicht nur creative writing und am Trinity College in Dublin Irische Literatur studiert (wo sie sich kennenlernten), sondern auch als Autoren und Drehbuchschreiber gearbeitet. Zwar konnte David Benioff, 1970 in New York geboren, erst mit seinem dritten Roman The 25th Hour reüssieren, dafür wurde dieser aber 2002 von Spike Lee verfilmt, der sich mit Spiderman-Darsteller Tobey Maguire die Rechte gesichert hatte. Benioff verfasste das Drehbuch, ebenso wie zu Blockbustern wie Troja oder X-Men Origins: Wolverine. Daniel Brett Weiss, 1971 in Chicago geboren, veröffentlichte nach seinem Studium 2003 den Roman Lucky Wander Boy, der von Videospielen handelte. Anschließend wirkte er an Filmprojekten im Themenkreis Science-Fiction und Fantasy mit.

Dass A Song of Ice and Fire kein Projekt für eine Kinofilmadaption war, wurde schnell deutlich; nur eine Serie würde die Stoff- und Handlungsmassen einigermaßen umsetzen können. Benioff und Weiss gewannen den Kabelsender HBO für ihr Projekt, 2007 wurde mit der Entwicklung von Game of Thrones begonnen, am 17. April 2011 hatte die Serie in den USA Premiere, Deutschland folgte am 2. November 2011. Benioff und D. B. Weiss fungierten als Showrunner, die große Mehrzahl der Drehbücher schrieben sie gemeinsam. Verstärkung fanden sie in Bryan Cogman, dem »dritten Drachenkopf« (so Martin) im writers room, der von beider Assistenten zum Produzenten der fünften Staffel avancierte. Zu den ersten vier Staffeln hatte Martin noch je ein Drehbuch beigesteuert, danach wollte er sich auf das Schreiben seiner Bücher konzentrieren.

Mit Game of Thrones betraten Benioff und Weiss Neuland: Für beide war es die erste Fernsehproduktion. Und tatsächlich floppte der erste Pilot – in dem George R. R. Martin einen Cameo-Auftritt hatte – und musste überarbeitet werden. Unter der Regie von Timothy van Patten, der Tom McCarthy ersetzte, wurden über neunzig Prozent neu gedreht. Auch zwei Schauspielerinnen wurden ausgetauscht: Nicht mehr Jennifer Ehle, sondern Michelle Fairley spielt Lady Stark, und zu Daenerys Targaryen wurde nicht Tamzin Merchant, sondern Emilia Clarke, die erst zwei kleinere Rollen gespielt hatte. Für die als Arya Stark gecastete Maisie Williams war es die erste Rolle überhaupt. Skepsis beim Vorsprechen erzeugte Kit Harrington – weniger aufgrund des Veilchens, Resultat einer vorabendlichen Prügelei, sondern weil er für die Rolle des im Buch vierzehnjährigen Jon Schnee zu alt schien. Man entschied, auch aufgrund der Sex- und Heiratsszenen, einige sehr junge Figuren älter darzustellen. Nur zwei Besetzungen hatten in der von britischen und irischen Schauspielern dominierten Serie für Weiss und Benioff vorab festgestanden: Peter Dinklage sollte den kleinwüchsigen »Gnom« Tyrion Lennister spielen; er nahm unter der Bedingung an, keinen Bart und keine spitzen Schuhe tragen zu müssen, um nicht dem Klischee des Filmzwergs zu entsprechen. Und mit Sean Bean – Boromir in Der Herr der Ringe – wurde für die Rolle des Ned Stark Prominenz aus dem Fantasygenre gewonnen.

Auch die Titelsequenz wurde unter Federführung von Creative Director Angus Wall geändert: Zur Musik von Ramin Djawadi bauen sich die Orte der Handlung wie Uhrwerke auf, dreht sich das von Sonnenstrahlen erhellte Astrolabium, das auf seinen Bändern Teile der Vorgeschichte zeigt. Die Sequenz erhielt noch im gleichen Jahr einen Emmy, ebenso wie Peter Dinklage als bester Nebendarsteller.

Dies waren die zarten Anfänge einer globalen Erfolgsgeschichte, die sich von Staffel zu Staffel steigerte. Die Serie wird in über 180 Ländern ausgestrahlt, 17,4 Millionen Zuschauer sahen – legal! – die erste Folge der achten Staffel in den USA, wohl Hunderte Millionen verfolgten die Serie weltweit, sie wurde vielfach ausgezeichnet und prämiert. Game of Thrones erfreut sich prominenter Zuschauer und Bewunderer – nicht zuletzt aus der politischen Sphäre, in der die Serie spielt: Die Queen besuchte den Eisernen Thron (setzte sich aber nicht drauf, da das Protokoll ihres Herrschaftshauses dies verbietet), und Barack Obama durfte, damals noch US-Präsident, als Einziger Staffel 6 vorab sehen, worauf eine Journalistin einen Antrag auf Herausgabe dieses Geheimwissens stellte – schließlich ging es um die Frage, ob Jon Schnee wirklich tot war! (2017 wurden auf anderem Wege Geheimnisse bekannt: HBO wurde gehackt und erpresst, Dokumente und TV-Folgen wurden gestohlen und teilweise geleakt.) 2016 memorierte Obama in einem Clip die Namen der bis dato gestorbenen Serienfiguren – schwieriger, als sich zum Wählen registrieren zu lassen! Nachfolger Donald Trump machte sich hingegen unbeliebt, als er im Game of Thrones-Schriftzug verkündete »The Wall Is Coming« und damit das zur Redewendung avancierte Hausmotto »Winter is coming« der Familie Stark, eines großen Adelshauses von Westeros, zitierte. HBO schrieb: »Wie sagt man Markenrechtsmissbrauch auf Dothraki?« Das hielt Trump nicht ab, im Januar 2019 das gegen den Iran gerichtete Plakat »Die Sanktionen kommen« zu produzieren. Sofort wiesen Nachrichtenbeiträge nach, dass Mr. President Game of Thrones nie gesehen noch begriffen haben konnte, denn »Winter is coming« ist zur Chiffre für eine globale Bedrohung avanciert. In diesem Sinne hatte Die Welt zuvor mit der Winterwarnung den Amtsantritt eben dieses Donald Trump betitelt.



Game of Thrones. 100 Seiten

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