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August 1988

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Frühmorgens am Strand war der Wind kaum zu spüren. Er wehte leicht von Westen her, der Wasserspiegel war schon hoch, aber glatt. Der Rügenradio-Seewetterbericht hatte Windstärke 4 bis 5 angekündigt. Als sie ablegten, ging gerade die Sonne auf. Ihr Ziel lag südlich von Bornholm. Sie wollten Dorsch fangen, fuhren deshalb mit dem großen Boot. Mit dem kleinen durften sie nur drei Seemeilen hinaus auf die Ostsee. Meist fischten die Brüder Ansgar und Boto Thor allein, heute brauchten sie einen dritten Mann. Cuno Thor, Cousin der beiden, war an diesem Morgen mit an Bord, weil er wie sie Fischer und Mitglied der Fischereigenossenschaft war. Irgendjemanden mit aufs Boot zu nehmen, war verboten, musste man sich doch mit Namen und Kennnummer, Ziel, Beginn und voraussichtlichem Ende der Fahrt bei der Grenzbrigade Küste abmelden.

Acht Stunden fuhren sie in nördliche Richtung. Boto stand im Ruderhaus und steuerte das Boot. Cuno hatte es sich auf den Netzen bequem gemacht. Er war müde, hätte gern noch ein bisschen geschlafen, bevor sie mit der schweren Arbeit beginnen würden, aber Ansgar knurrte ihn an, er solle Anker und Steurer fertig machen. Wenn sie im Fanggebiet ankämen, müsse es schnell gehen.

Gereizt steckte Cuno sich eine Zigarette an. Es war inzwischen windig geworden, das Feuerzeug ging mehrmals aus, bis sie endlich brannte. Er nahm einen tiefen Zug und fuhr zusammen, als sein Cousin ihm die Zigarette aus dem Mund schlug. »Du bist hier nicht auf Vergnügungsfahrt!«, brüllte er. »Mach deine Arbeit!«

In Cuno stieg Wut heiß auf, er wäre am liebsten auf Ansgar losgegangen, aber der war größer und stärker und er war der Kapitän auf diesem Kutter. »Das war das letzte Mal, mein Freund, dass ich mich von dir schikanieren lasse«, schwor er murmelnd, als er sich wegdrehte.

Kurz vor Bornholm drehte der Wind auf Nordost und frischte auf. Sie beeilten sich, die Netze auszulegen. Die Wellen wurden höher, schneller, kräftiger. Das Boot schwankte heftig. Cuno saß auf der Hock, einem schmalen Steg hinter dem Ruderhaus. Mit der rechten Hand ließ er das schwere Netz über die Bordwand gleiten, mit der linken musste er sich festhalten. Plötzlich gab es einen Ruck, er konnte seinen Arm gerade noch vom Netz befreien, sonst hätte es ihn über Bord gezogen. Es hatte sich in der Schiffsschraube verfangen. Der Motor verstummte. Die Wellen waren meterhoch, niemand konnte hier ins Wasser gehen.

Ansgar band ein Messer an einen der Bootshaken, den er Cuno reichte. Der versuchte damit, das Netz aus der Schraube zu schneiden. Es dauerte. Trotz der schwarzen Stiefelhosen und der schweren Gummijacken, die die Männer trugen, waren sie durchnässt. Die Wellen schlugen über Bord, das Wasser kam von allen Seiten. Cuno wollte eine Pause machen, er war völlig erschöpft. Aber Ansgar spornte ihn an, weiterzumachen. Er hielt Cuno fest, während der sich weit hinausbeugte.

Dann, endlich, war es geschafft. Sie zogen das kaputte Netz ins Boot.

Boto ging ins Ruderhaus, um den Motor anzulassen. ›Nur weg hier, in den Windschatten von Bornholm‹, dachte er. Nach Hause würden sie es jetzt nicht schaffen, denn der Sturm wurde noch stärker. Er hörte nur das schwere Rauschen der Brandung, nicht den Schrei. Dann sah er entsetzt, dass einer der Männer wie in Zeitlupe über Bord ging und zwischen den Schaumkämmen der hohen Wellen verschwand. Er wusste, dass sich die brusthohe Hose des Fischers in Sekundenschnelle mit Wasser füllen und das Gewicht ihn unbarmherzig in die Tiefe ziehen würde. Es gab keine Rettung.

Bansiner Fischertod

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