Читать книгу Herzrasen 2.0 - Elmar Sprink - Страница 13

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Ich wurde am 26. Dezember 1971 in der Kleinstadt Salzkotten in Ostwestfalen als Sohn von Elfriede und Heinz-Erhard Sprink geboren. Mit meiner fünf Jahre älteren Schwester Gudrun waren wir nun zu viert. Meine Kindheit verlief unspektakulär. Ich besuchte den Kindergarten und ging ab 1978 für vier Jahre auf die Grundschule in Salzkotten. Ich liebte die Bewegung, verbrachte bereits in der Grundschulzeit jede freie Minute damit, mit den Nachbarn Fußball zu spielen oder mit dem BMX-Rad über selbst gebaute Rampen zu springen. Stillsitzen, lesen oder gar ein Instrument erlernen war nichts für mich, was meine Eltern allerdings ganz anders sahen. Sie versuchten es immer wieder, kauften sogar ein Klavier.

Mit Widerwillen ließ ich den Unterricht bei einer Nachbarin einmal pro Woche über mich ergehen. Zu allem Übel musste ich dabei eine Art Umhang tragen, der verhinderte, dass man seine Hände sehen konnte. Die Stunde war noch nicht ganz um, da bolzte ich schon wieder mit dem Fußball vor unserem Haus.

Nach der Grundschule wechselte ich 1982 auf das neun Kilometer entfernte Gymnasium in Geseke. Ich war nur in den Fächern gut, die mir Spaß machten, genau genommen nur in einem: In Sport hatte ich immer eine Eins. Die Noten in den anderen Fächern waren meistens sehr lang und endeten mit dem Buchstaben »d« oder gar schlechter. Zugegeben, eine Sechs hatte ich nie, und die Note Mangelhaft nicht öfter, als dass sie die Versetzung gefährdet hätte. Dafür wimmelte es von Ausreichend.

In der zehnten Klasse wusste ich dann nicht mehr so wirklich, wo der Weg hinführen sollte. Weiter zur Schule und Abitur? Danach eventuell ein Studium oder doch eine Ausbildung machen?

Ich entschied mich zunächst für die Höhere Handelsschule in Salzkotten, die ich im Jahr 1990 abschloss; somit hielt ich mir die Möglichkeit offen, doch noch zu studieren. Im Sommer 1990 begann ich eine dreijährige Lehre als Groß- und Außenhandelskaufmann bei der Westfälischen Textilgesellschaft in Salzkotten. In dieser Zeit war mir jedoch mehr daran gelegen, am Wochenende mit Freunden in unsere StammDisco »Zoo« zu gehen, in meiner Lieblingskneipe »Walli« abzuhängen oder mich auf Schützen- oder Stadtfesten der Region zu verlustieren. Im »Zoo« lernte ich dann auch meine erste wirklich feste Freundin Katja kennen. Wir hatten ein tolles Jahr zusammen. In diesem Alter legt man sich wohl noch nicht fürs Leben fest, zumindest bei uns lief es so. Da Katja sehr gut Tennis spielte, stellte ich mich zu dieser Zeit gern als Sparringspartner zur Verfügung. Jedoch sollte ich Tennis in meinem späteren Leben eher von der Couch verfolgen als auf dem Tennisplatz. Katja und ich trennten uns nach circa einem Jahr, verloren uns aber nie ganz aus den Augen. Sie sollte in meinem Leben zu einem späteren Zeitpunkt plötzlich wieder auftauchen.

Ab meinem 18. Lebensjahr versuchte ich mich dann auch in unserem Schützenverein, der St. Johannes Schützenbruderschaft (bei der ich übrigens nach der Transplantation eine Medaille für 25 Jahre Mitgliedschaft bekommen habe – noch heute marschiere ich bei den Umzügen mit). Vielleicht können nicht alle etwas mit dem Begriff »Schützenfest« anfangen, darum sei an dieser Stelle noch einmal klargestellt: Es geht dort nicht wirklich um die Schießkunst. Nein, hier werfen sich alle Mitglieder des Vereins die Uniform über und marschieren vier Tage lang mit einem Holzgewehr durch die Stadt. Am Samstag wird dann auf einen Vogel aus Holz geschossen, und der jenige, der das letzte Stück herunterschießt, ist für drei Tage der »König« vom Dorf. Konkret bedeutet das, viel Zeit mit Freunden zu verbringen und dabei das ein oder andere Bier zu trinken. Diese Freunde sollten im Verlauf meines Lebens noch sehr wichtig für mich werden.

Trotz der ganzen Feierei und zahlreicher Fehlstunden in der Berufsschule konnte ich die Lehre nach drei Jahren erfolgreich abschließen, womit ich auch die Qualifikation für ein Studium in der Tasche hatte. Zu dieser Zeit herrschte in Deutschland jedoch noch die Wehrpflicht. Jeder gesunde junge Mann musste für zwölf Monate zur Bundeswehr. Da ich aber nur mit dem Holzgewehr gut umgehen konnte, entschied ich mich für den Zivildienst. In meinen Augen hatte das Ganze nur Vorteile: Man bekam mehr Geld als bei der Bundeswehr, musste sich nicht in einer Kaserne mit anderen eine kleine Stube teilen und konnte vielleicht noch etwas Sinnvolles anstellen, das einen persönlich weiterbrachte. Da mein Vater bei der Kongregation der Franziskanerinnen angestellt war und zu dieser Zeit für die Ordensschwestern mehrere Krankenhäuser und andere Einrichtungen betreute, konnte ich meinen Zivildienst bei den Franziskanerinnen ableisten. Ich war ein bisschen Mädchen für alles: Ich half dort in der Buchhaltung, im Garten oder als Fahrer aus. Der Dienst machte mir Spaß. Diese Nähe zu Gott sollte in meinem späteren Leben ebenfalls noch eine zentrale Rolle einnehmen. Zu diesem Zeitpunkt habe ich das natürlich noch nicht ahnen können, ich genoss einfach diese Lebensphase. Ich hatte einen Führerschein, mein eigenes Geld und führte ein Leben, das in meinen Augen stressfrei und perfekt war. Ich hatte mir ein Motorrad gekauft, eine Honda CBR 600F, und verbrachte in den Sommermonaten viel Zeit mit diesem Hobby. Anfang der 1990er-Jahre fuhr ich sogar mit zwei Freunden bis nach Spanien, ein Trip, über den wir bis heute reden.

Im Sommer 1994 begann ich mein BWL-Studium an der Fachhochschule Bielefeld, und ein komplett neues Kapitel in meinem Leben nahm seinen Anfang. Hier zählte es jetzt wohl. Mein Vater hatte mir direkt zu Beginn des Studiums sehr deutlich gemacht, dass die Regelstudienzeit für diesen Studiengang sieben Semester sei und ich exakt sieben Semester plus ein Semester Zeit hätte. Nicht mehr und nicht weniger. Es ging ihm darum, dass ich nicht zum ewigen Studenten mutieren sollte.

Das erste Semester pendelte ich noch mit dem Auto. Da ich kein eigenes hatte, musste ich mich schweren Herzens von meinem Motorrad trennen und übernahm den Wagen von meiner Mutter. Vielleicht war es am Ende auch der gefahrlosere Weg zur Uni.

Ab dem zweiten Semester entschied ich mich, gemeinsam mit meiner damaligen Freundin Sonja nach Bielefeld zu ziehen. Sie war bereits am Ende ihres Lehramtsstudiums und konnte ihr Studium auch in Bielefeld beenden. Da ich zu dieser Zeit in Geseke Fußball spielte und Sonjas Familie dort wohnte, fuhren wir während der Fußballsaison fast jedes Wochenende nach Hause. Wir wohnten in einer kleinen Wohnung in der Innenstadt von Bielefeld. Das Studium war ziemlich anspruchsvoll, aber ich hatte den Ernst der Lage erkannt und bestand – nach und nach – alle Klausuren. Im Sommer 1995 ging ich für zwei Monate in die USA, um in der Nähe von Chicago ein Praktikum bei einer Krankenhauskette zu machen. Es war für mich nicht die erste Reise in die Staaten. Mit zwölf Jahren war ich mit meinen Eltern und meiner Schwester bereits in den USA gewesen, und später hatte ich noch zweimal für vier bis fünf Wochen mit Freunden die gesamte Westküste und deren Nationalparks abgeklappert. Dieses Mal war ich also zum Arbeiten da. Ich wohnte in einer Gastfamilie und verbrachte einen tollen Sommer. Auf der Rückreise flog ich noch nach Vancouver und besuchte dort Annelore, die beste Freundin meiner Mutter, und ihren Mann Heinz. Es war mein zweiter Besuch in Vancouver, und es sollte auch nicht der letzte gewesen sein.

Nach fünf Semestern bewarb ich mich für ein Auslandssemester in den USA und bekam die Gelegenheit, meinen Schwerpunkt Marketing im Bundesstaat Arkansas zu absolvieren. Ich flog also im Sommer 1997 wieder in die USA, und Sonja kehrte nach Geseke zurück, wo sie eine Stelle als Lehrerin bekommen hatte.

Sonja und ich entwickelten uns leider in dieser Zeit in unterschiedliche Richtungen, weshalb wir uns ein paar Monate nach meiner Rückkehr trennten. Ich ging noch einmal zurück nach Bielefeld und beendete mein Studium im Sommer 1999. Während ich parallel an meiner Diplomarbeit schrieb, begann ich schon ein Traineeprogramm im Krankenhausbereich und arbeitete in Krankenhäusern in Düren und Wiesbaden. Ich merkte jedoch schnell, dass das Thema Marketing in Krankenhäusern zu dieser Zeit noch nicht von zentraler Bedeutung war, und fing an, mich woanders zu bewerben. Der Liebe wegen war ich in der Zwischenzeit nach Meerbusch gezogen, hatte mich dort toll eingelebt und war auch vom ansässigen Fußballverein gut aufgenommen worden.

Einige Wochen und einige Bewerbungen später erhielt ich einen Arbeitsvertrag bei einem Internet-Start-up namens GesundheitScout24 in Köln. Ich fing als Marketingassistent an und verließ das Unternehmen nach zwei Jahren als Marketingmanager. Die Firma wuchs in dieser Zeit auf über 200 Mitarbeiter an. Ich hatte dort nicht nur sehr viel gelernt, sondern auch Freundschaften fürs Leben geschlossen.

Meine damalige Beziehung endete für mich leider völlig unerwartet, also brach ich meine Zelte in Meerbusch ab und zog nach Köln. Ich lebte so näher an meinem Arbeitsplatz, aber auch die Wege zu Kneipen und Klubs waren kürzer. Irgendwie kam ich mit der Trennung nicht wirklich zurecht, weshalb ich häufiger abends ausging, was nicht ohne Auswirkungen auf meine Arbeitsweise blieb. Mein damaliger Chef Markus (wir sind bis heute sehr gute Freunde) beschloss, dass das Programm »Laufen statt Saufen« für mich die deutlich bessere und gesündere Alternative wäre. Nachdem ich also das Nachtleben von Köln erkundet hatte, begann ich mit dem Laufen. Markus hatte sich und mich für den Hamburg Marathon im April angemeldet. Somit hatte ich auch gleich ein Ziel vor Augen. Um mir den Frust von der Seele zu laufen, rannte ich jeden Tag von meiner Kölner Wohnung bis zur Rodenkirchener Brücke und zurück. Das waren hin und zurück so circa zwölf Kilometer.

Da ich gerade sowieso dabei war, mein Leben umzukrempeln, hatte ich mich in der Zwischenzeit beworben und eine neue Stelle in Neuss bei der Firma Imation im Marketing gefunden. In diesem Unternehmen sollte ich dann von Juli 2002 bis 2011 bleiben. In den fast zehn Jahren veränderte sich meine Tätigkeit zusehends, ich übernahm erste Vertriebsaufgaben. Zum Ende hin betreute ich als Key Account Manager die komplette Distribution sowie die Reseller in Deutschland, der Schweiz und in Österreich.

Hamburg sollte nicht nur sportlich gesehen mit meinem ersten Marathon ein Highlight im Jahr 2002 werden, sondern auf einem Stadtfest in Paderborn lernte ich im August 2002 auch meine jetzige Frau Karin kennen, die zu diesem Zeitpunkt in Hamburg lebte und arbeitete. Wir pendelten fünf Jahre lang jedes Wochenende zwischen Hamburg und Köln hin und her und trafen uns auch sehr häufig in Paderborn, da wir beide unsere Familien und Freunde dort hatten. Die Jahre flogen nur so dahin, wir hatten eine tolle Zeit, auch wenn die Fernbeziehung sich nicht immer ganz einfach gestaltete. 2007 fassten wir einen Entschluss: Karin zog zu mir nach Köln. Mein Leben hätte zu diesem Zeitpunkt nicht schöner sein können. Ein Jahr später fanden wir eine neue Wohnung in einer ganz besonderen Nachbarschaft, die wir in den nächsten Jahren noch schätzen lernen sollten.

Sport und Bewegung haben in meinem Leben immer eine sehr wichtige Rolle gespielt. In der Kindheit versuchte ich mich in verschiedenen Sportarten: Basketball, Schwimmen in der DLRG, Skifahren, Leichtathletik und Fußball. Die Leidenschaft zum Fußball sowie zum Wintersport und den Bergen sollte sich aber durchsetzen. Später probierte ich auch noch Wellenreiten. Im Fußball hat es sportlich gesehen bis zur Bezirksliga gereicht, feiertechnisch bewegten wir uns aber immer auf Bundesliganiveau. Ich habe in all der Zeit eine Menge toller Menschen kennengelernt und Freundschaften geschlossen, die teilweise bis heute bestehen.

Die Leidenschaft zum Wintersport sah so aus, dass ich über viele Jahre mit Freunden ein- bis zweimal pro Jahr zum Skifahren oder Snowboarden nach Österreich fuhr. Das waren immer besonders lustige und feuchtfröhliche Touren, an die wir uns heute noch gern zurückerinnern, wann immer wir uns irgendwo treffen.

Das wirkliche Hochgebirge lernte ich bei einer Reise nach Nepal zum Basislager des Mount Everest kennen und lieben – ein Wahnsinnsabenteuer. Gleich im darauffolgenden Jahr machte ich einen Kurs namens »Fels und Eis« und bestieg die Wildspitze, den zweithöchsten Berg Österreichs.

Meine Fußballlaufbahn endete im Jahr 2000 beim ASV Lank. Da ich in der Zwischenzeit mit Rückenproblemen zu kämpfen hatte, empfahl mir ein Orthopäde Schwimmen und Radfahren. Also kaufte ich mir ein Rennrad und fuhr nach der Arbeit ab und an eine kleine Runde über 30 Kilometer; einmal pro Woche ging ich schwimmen.

Wie im Kapitel zuvor schon erwähnt, lief ich 2002 mit meinem damaligen Chef Markus meinen ersten Marathon in Hamburg. Ich hatte vom Laufen und speziell vom Lauftraining zu diesem Zeitpunkt überhaupt keine Ahnung. Ich lief halt zur Frustbewältigung – wegen dem überraschenden Ende meiner damaligen Beziehung – immer meine zwölf Kilometer: sechs Kilometer bis zur Rheinbrücke in Rodenkirchen und sechs Kilometer zurück. Markus und ich beschlossen als Vorbereitung auf den Marathon, beim Osterlauf in Paderborn am Halbmarathon teilzunehmen. Es war mein erster Lauf mit einem Zeitchip und einer offiziellen Zeitmessung. Ich benötigte für die Strecke zwar respektable 1:37 Stunden, fand die ganze Schinderei ansonsten aber äußerst anstrengend. Viel weiter hätten mich meine Beine nicht mehr getragen. Doch zum Marathon war es nicht mehr lange hin. In der Zwischenzeit hatte ich mich etwas schlau gemacht. Lange Trainingsläufe waren die Zauberformel. Ich machte mich die verbleibenden Wochenenden bis zum Hamburg Marathon daran, 25 bis 27 Kilometer am Stück zu laufen. Da ich in Köln aber wenig Läufer kannte, fand ich das ausgesprochen langweilig. Markus pendelte zwischen Hamburg und Köln, er verbrachte die Wochenenden immer bei seiner Frau in Hamburg und fiel als Laufpartner für die langen Läufe leider aus.

Der Marathon lief für uns beide dann aber sehr gut. Ich hatte mich vorab informiert und wusste, dass es Tempomacher gibt, die – mit Luftballons gekennzeichnet – eine ganz bestimmte Geschwindigkeit einhalten. Ich wollte unter vier Stunden ins Ziel kommen, doch genau an dem Wochenende gab meine Uhr den Geist auf, also musste ich halt ohne starten. Nach einiger Zeit merkte ich, dass der Vier-Stunden-Mann mit dem Ballon irgendwie für mich zu langsam unterwegs war, also überholte ich die Gruppe. Im Ziel stellte ich dann fest, dass ich dem 3:30-Stunden-Pacemaker gefolgt war. Ich kam nach 3:26 Stunden ins Ziel, Markus war 20 Minuten schneller als ich, hatte jedoch gezielt dafür trainiert (was ich aber erst später erfuhr). Ich kann mich eigentlich nur noch daran erinnern, dass mir Markus’ Frau Maria im Ziel die Schuhe aufbinden musste, da ich nicht mehr dazu in der Lage war.

Meine Arbeitskollegin Sandra von Imation wohnte auch in Köln und lief ebenfalls, endlich hatte ich durch den Wechsel zu meinem neuen Arbeitgeber auch eine Laufpartnerin gefunden. Sie besuchte zudem auch einen Fitnessklub, den ASV Köln. Hier lernte ich schnell ein paar Gleichgesinnte kennen. Der ASV verfügte über eine Lauf- und eine kleine Triathlongruppe.

Im Oktober 2003 startete ich bei meinem zweiten Marathon, dieses Mal quasi vor der Haustür in Köln. Karin kam an jenem Wochenende zu Besuch, um mich anzufeuern. Ich verbesserte meine Marathonzeit um zwölf Minuten auf 3:14 Stunden. Die neue Saison startete traditionell für viele Läufer in Köln mit dem Pulheimer Staffellauf, bei dem es gilt, in einer Gruppe von fünf Personen die Marathonstrecke zu absolvieren. Ich meldete mich 2004 aber nicht nur für den Staffelmarathon an, sondern auch gleich beim ASV Köln Triathlon. Ich ging regelmäßig zum Training auf der Tartanbahn, um Intervalle zu laufen; wenn es die Zeit erlaubte, nahm ich auch am Schwimm- und Radtraining teil. Eigentlich hatte ich gedacht, Triathlon sei eine Sportart für Solisten, aber auch hier lernte ich eine Menge sehr netter Menschen kennen, mit denen ich mittlerweile schon lange gut befreundet bin.

Im Juni 2004 war es schließlich so weit: Mein erster Triathlon in Gütersloh stand auf dem Programm. Mein Start ging über die sogenannte Sprintdistanz, also 500 Meter Schwimmen, 20 Kilometer Radfahren und fünf Kilometer Laufen. Ich hatte mir kurz vorher noch eine Triathlonhose und ein Oberteil gekauft. Beides sehr eng und damit sehr gewöhnungsbedürftig, aber so trug Triathlet das halt. Im Nachhinein war es modisch gesehen absolut kein Highlight. Ich schaute mich am Morgen des Wettkampftages in der Wechselzone zunächst um, was die anderen Teilnehmer so machten, und versuchte es dann irgendwie zu kopieren. Sie legten ein Handtuch auf den Rasen und stellten die Laufschuhe darauf ab. Einige befestigten die Radschuhe, die bereits in den Pedalen eingeklickt waren, mit Gummibändern am Rad. Mir war jedoch nicht ganz klar, warum sie das machten, und warum einige Babypuder in die Schuhe schütteten, war mir noch weniger klar. Da ein paar Athleten im Vorfeld Bananen aßen, tat ich das einfach auch mal. Startnummer, Helm, etc. waren am Rad vorbereitet, nun konnte es losgehen. Mein erster Triathlon! Das Schwimmen fand in einem 50 Meter Becken statt. Ich bekam mit einem wasserfesten Stift meine Startnummer auf meinen Oberarm geschrieben und durfte dann ins Wasser. Ich schwamm mich nur zwei Bahnen ein, denn ich hatte schon Respekt vor den zehn Bahnen, die noch kommen sollten, und wollte möglichst keine Kraft verschwenden. Nach dem Startzeichen schwamm ich auf meiner Bahn zunächst irgendwo im Mittelfeld, aber nach und nach zogen alle anderen Athleten vorbei. War das anstrengend! Irgendwann hielt ich Kraul nicht mehr durch und wechselte auf Brust. Ich kann mich an Folgendes erinnern, als wäre es erst heute passiert: Als ich das Becken verließ, schwamm nur noch ein älterer Herr im Becken, der mit einer Lesebrille(!) unterwegs war. Am Rad angekommen, traf ich zumindest noch auf einige Teilnehmer, die sich auch gerade zum Radfahren fertig machten. Ich war nur in der Hose geschwommen und sollte jetzt gefühlte fünf Minuten damit verbringen, das Oberteil über meinen nassen Oberkörper zu ziehen. Dann ging es mit dem Rennrad auf die Radstrecke. Karin, meine Schwester Gudrun und meine Cousine Doris waren mitgekommen, um sich das Schauspiel anzugucken. Das Radfahren klappte sogar ganz gut und ich konnte einige Mitstreiter überholen. Ich fuhr immer schneller, angetrieben von diesem Glücksgefühl und dem Frust, den ich noch vom Schwimmen hatte. Es ging zwei Runden durch die Felder rund um Gütersloh, und schwupps war man schon wieder am Schwimmbad – runter vom Rad und rein in die Laufschuhe. Der Wechsel klappte dieses Mal bedeutend schneller. Auch wenn ich die Schuhe noch zubinden musste und nicht wie fast alle anderen Teilnehmer Schnellverschlüsse an den Schuhen hatte. Das Laufen fühlte sich die ersten zwei Kilometer an wie auf Eiern, und es wurde zunehmend anstrengender. Nach 1:12 Stunden kam ich dann aber sehr glücklich als 57. ins Ziel. Durfte ich mich jetzt Triathlet nennen? Na ja, ich denke schon. Ich war ja schließlich auch in einem Triathlonverein. Jetzt hatte mich der Ehrgeiz gepackt, und ich meldete mich umgehend für die Olympische Distanz (1,5 Kilometer Schwimmen, 40 Kilometer Radfahren, 10 Kilometer Laufen) in Hamburg und für eine Mitteldistanz in der Nähe von Köln, dem traditionsreichen Hückeswagen. Dort sollte ich auch gleich einmal lernen, was es mit dem Begriff DNF (did not finish) auf sich hat. Der Tag fing schon nicht gut an. Ein Freund vom ASV holte mich zu Hause ab. Ich war nie ein Pflanzenfreund und hatte nur einen Kaktus in meinem Einzimmerapartment. Karin verbrachte das Wochenende bei mir, aber ich wollte sie nicht wecken und schlich mich leise mit dem Rad aus der Wohnung. Mit dem Hinterrad blieb ich am Kaktus hängen: Plattfuß. Na ja, besser jetzt als während des Rennens, dachte ich mir. Ich zog schnell einen neuen Schlauch auf, und ab ging es nach Hückeswagen.

Nach einer Stunde Fahrt waren wir da. Der Platten hatte etwas Zeit gekostete, aber wir waren noch früh genug dran, um alles einzuchecken. Das Schwimmen lief für meine Verhältnisse sogar ordentlich. Nach dem Schwimmausstieg mussten die Athleten einen sehr steilen Berg hinauf zur Wechselzone laufen. Beim Hochlaufen machten meine Oberschenkel schon dicht, ich stieg aber dennoch aufs Rad und fuhr los. Nach ein paar Kilometern folgte ein sehr steiler Anstieg, der durch ein Wohngebiet verlief. Meine Beine waren so übersäuert, dass ich mich schnell auf dem Sofa eines Anwohners wiederfand. Zu meinem Glück war die Tochter Physiotherapeutin und massierte mir meine verkrampften Beine. Der Vater des Hauses erbarmte sich im Anschluss und fuhr mich dann mitsamt meinem Fahrrad wieder zum Start. So hatte also meine erste Mitteldistanz ausgesehen, die zudem auch noch die Vereinsmeisterschaft des ASV Köln Triathlons war. Ich ging in der Woche darauf zum Arzt und ließ mich untersuchen, bis auf ein kleines Rückenproblem war ich aber anscheinend kerngesund. Also Mund abputzen und weitermachen. Im Spätsommer fuhr ich zu Karin nach Hamburg und nahm dort am Holsten City Man über die Kurzdistanz teil. Da dort in der Außenalster geschwommen wurde, streifte ich mir meinen Neoprenanzug über, den ich sonst zum Wellenreiten nutzte. Der Wettkampf lief problemlos, und nach 2:29 Stunden kam ich glücklich und zufrieden ins Ziel. Karin und ich genossen gemeinsam ein schönes Wochenende. Wir schauten uns noch die Profirennen der ITU World Tour an, die jedes Jahr in Hamburg Station machte. Am Sonntagabend fuhr ich dann wieder zurück nach Köln.

Das sollte es mit meinem Sportjahr 2004 gewesen sein. Beim ASV Köln befanden sich jedoch zu diesem Zeitpunkt schon viele Athleten, die auch über die Ironman-Distanz (3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren, 42,2 Kilometer Laufen) starteten. Das war schon ein schwerer Brocken, dachte ich mir, aber wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg. Ich meldete mich also für das nächste Jahr beim Ironman Germany in Frankfurt an; wenn einer meiner besten Freunde als ersten Triathlon gleich die Langdistanz in Roth schaffte, musste ich das auch irgendwie hinbekommen – ich hatte ja noch ein Jahr Zeit. Im Oktober schaute ich mit Freunden noch die Ironman-Weltmeisterschaften auf Hawaii im Onlinestream auf dem Rechner. Für dieses Rennen müssen sich die Teilnehmer weltweit bei verschiedenen Rennen der Ironman-Serie qualifizieren. Hier starten nur die besten Profis und die besten Athleten ihrer Altersklasse. Sportlich gesehen war ich zu diesem Zeitpunkt von einem Startplatz genauso weit entfernt wie Köln von Hawaii, aber ich wollte ja erst 2005 ein Ironman werden.

Ich fing schon im Dezember 2004 an, mich intensiv vorzubereiten, und ließ mich von einem Trainer beraten, der mir Trainingspläne schrieb. Ich dachte, alleine ist die Distanz nicht zu schaffen. Ich wusste ja gar nicht, was ich so trainieren sollte. Bisher war ich einfach zum Training in den Verein gegangen, bin etwas geschwommen und geradelt. Wie man einen Marathon schaffte, wusste ich zum Glück ja schon, nur hatte ich davor nicht 3,8 Kilometer schwimmen und 180 Kilometer Rad fahren müssen. Als ich Weihnachten zu meiner Familie nach Salzkotten fuhr und zu Hause auf den Tacho schaute, waren das circa 180 Kilometer. Ganz schön weit. Auch über die Feiertage trainierte ich fleißig. Ich ging sogar am 26.12. (an meinem Geburtstag) morgens in Paderborn schwimmen, was später sogar zu so etwas wie einer Tradition werden sollte.

Die ersten Wochen gingen sich prächtig an, und über Karneval flog ich mit Jens, einem guten Freund, nach Lanzarote ins Trainingslager. Jens war beim Ironman in Neuseeland angemeldet, der ebenfalls sein erster Ironman war. Wir trainierten die Woche fleißig, ließen aber die ein oder andere Trainingseinheit aus und tranken abends auch mal ein oder zwei Bierchen. Sein Ironman in Neuseeland fand schon im März statt, ich hatte zum Glück noch bis Juli Zeit.

Ostern lief ich in Paderborn wieder den Osterlauf. Ich hatte mich über die Halbmarathonstrecke angemeldet und diesen Lauf fortan als eine Art Standortbestimmung für meine Saison bestimmt. Ich verbesserte meine personal best auf 1:28 Stunden und freute mich, dass mein Training bereits Früchte getragen hatte.

Einige Wochen später stand noch das Trainingslager des ASV Köln Triathlon auf Mallorca an. Es war wirklich krass, wie viel der ein oder andere trainierte. Am Ende stand die sogenannte Königsetappe (längste Ausfahrt des Trainingslagers) über 240 Kilometer an. Mir war das jedoch zu lang, und so fuhr ich mit einem guten Freund das erste Mal in meinem Leben 180 Kilometer. Okay, genau genommen waren es nur 178,5 Kilometer, aber Andreas hatte eine Idee: Da wir nicht immer ums Hotel fahren wollten, drehten wir einfach so lange auf dem Zimmerbalkon am Vorderrad, bis 180 Kilometer auf meinem Tacho standen. Ich blieb noch eine weitere Woche auf Mallorca. Meine Eltern hatten Karin und mich noch auf eine Finca eingeladen. Hier trainierte ich noch fleißig, und wir erkundeten die Insel. Ich war zwar schon über zehn Mal auf Mallorca gewesen, kannte aber nur Cala Rajada von meinen Mannschaftsfahrten mit meinen Fußballvereinen. So viel bewegt wie in diesen zwei Wochen hatte ich mich auf Mallorca, ja vielleicht in meinem ganzen Leben bisher noch nie.

Zu Hause in Köln angekommen, stand für mich gleich der Triathlon in Buschhütten auf dem Programm, der für viele Triathleten ein erster Formtest für die kommende Saison ist, weshalb sich hier jedes Jahr viele Profis die Ehre geben. Das Wetter war an diesem Tag absolut grauenhaft. Als ich in Köln am Wettkampftag mit dem Auto losfuhr, zeigte meine Temperaturanzeige nur 11 °C an. Aber ich wollte ja kein Weichei, sondern lieber Ironman werden. Auf der Fahrt Richtung Siegerland wurde es immer kälter. In Buschhütten angekommen, ging an meinem Audi die Anzeige für Frost an. 5 °C. Ich sah Menschen zitternd im strömenden Regen auf ihren Rädern an mir vorbeifahren. Ironman hin oder her, das hier war total bescheuert in meinen Augen. Ich stieg nicht einmal aus, fuhr direkt zurück zum ASV nach Köln und setzte mich dort in die Sauna.

In diesem Jahr flog ich noch einmal mit Karin und drei weiteren Pärchen aus Salzkotten nach Mallorca. Wir hatten dort eine Finca gemietet. Während ich trainierte, machten sich die anderen einen Lenz am Pool und vertrieben sich die Zeit mit einer Poololympiade und anderen Aktivitäten. An dem ein oder anderen Tag dachte ich morgens, ich bleibe auch einfach am Pool liegen und trinke mal ein Bier. Aber der Ironman in Frankfurt fand bereits einen Monat später statt.

Zurück aus Mallorca, fuhr ich zwei Wochenenden später zu meinen Eltern und startete bei der Mitteldistanz in Harsewinkel über zwei Kilometer Schwimmen, 88 Kilometer Radfahren und 20 Kilometer Laufen. Das Schwimmen fand hier in einem 50-Meter-Becken statt. Ich erinnere mich noch genau, wie ich beim Atmen immer wieder die Schwimmbaduhr im Auge hatte und diese Minute für Minute vor sich hin tickte, ohne dass mir jemand ein Zeichen gab, dass ich das Becken verlassen könne. Irgendwann war es dann endlich so weit, und meine schwächste Disziplin lag hinter mir – das Radfahren und der anschließende Lauf klappten hingegen super. Nach 4:52 Stunden war ich im Ziel. Geschafft! Der Ironman in Frankfurt konnte kommen. Nach Harsewinkel fuhr ich mein Training runter, und am Freitag vor dem Wettkampf ging es per Auto mit Karin nach Frankfurt.

Das Procedere vor einem Ironman ist doch etwas ganz anderes als vor einer Mittel- oder Kurzdistanz. Ich holte am Freitag noch meine Unterlagen ab. Die beinhalteten meine Startnummer, die Nummer für mein Rad und meinen Helm sowie Wechselbeutel für alle Dinge, die ich nach dem Schwimmen und später nach dem Radfahren benötigen sollte. Wir konnten bei meiner Arbeitskollegin und ihrem Freund in Wiesbaden übernachten. Dort angekommen, packte ich meine Wechselbeutel und beklebte mein Rad und meinen Helm mit der Startnummer. Am Samstag fuhren wir zum Langener Waldsee. Hier sollte am Sonntag das Schwimmen gestartet werden, ehe es per Rad über zwei Radrunden mit insgesamt 180 Kilometern Richtung Frankfurt ging. Die zweite Wechselzone befand sich direkt am Main in Frankfurt. Von hier aus musste jeder Athlet dann vier Runden á 10,5 Kilometer laufen, bevor am Frankfurter Römer die Ziellinie Erlösung versprach. Vom ASV Köln waren auch noch weitere Freunde am Start. Für einige war es, wie für mich, der erste Ironman, andere suchten hier die Chance, sich für die Weltmeisterschaft auf Hawaii zu qualifizieren. Mein Ziel war es, zu finishen, im Idealfall unter zwölf Stunden. Ich hatte mir vorgenommen, um die 1:15 Stunden zu schwimmen, sechs Stunden Rad zu fahren und dann noch 4:30 Stunden zu laufen. Der Wecker klingelte früh, geschlafen hatte ich vor Aufregung so gut wie gar nicht. Das Frühstück fiel auch eher klein aus. Ich war zu nervös und brachte keinen Bissen runter.

Wir fuhren zum Langener Waldsee, ich begab mich in die Wechselzone und traf letzte Vorbereitungen. Dann zog ich meinen Neoprenanzug an und ging mit zwei Freunden vom ASV runter zum See. Für uns drei war es der erste Ironman, und wir waren alle keine guten Schwimmer. Also harrten wir, solange es ging, am Ufer aus. Zuerst ertönte die Nationalhymne und kurz danach der Startschuss. Wir machten uns keine Hektik und starteten nicht im Pulk. Nach 1:15 Stunden kam ich dann auch aus dem Wasser. Vom See aus führt die Strecke noch einen kleinen Berg hinauf, bevor es zum Wechsel aufs Rad geht. Ich versuchte, mich zu Beginn nicht von den anderen Athleten anstecken zu lassen, fuhr eisern mein Tempo und aß (oder versuchte es zumindest) jede Stunde einen Energieriegel. Nach gut zweieinhalb Stunden überholte mich dann Thomas, einer der beiden Freunde vom ASV. Ich fragte ihn, ob das Tempo nicht zu hoch sei. Wir beschlossen, auf dem Rad zusammenzubleiben, hielten uns jedoch strikt an die Regeln und immer zehn Meter Abstand voneinander. Wir hatten zu viel Angst davor, eine Zeitstrafe zu bekommen.

Bei einem solchen Event hält kein Athlet auf der Radstrecke an, um zu pinkeln. Wir allerdings schon, sogar ganze zwei Mal. Auch wenn der andere gar nicht musste, stoppte der ebenfalls und hielt das Rad fest. Nach 5:53 Stunden waren wir schließlich in der zweiten Wechselzone am Main angekommen und zogen uns die Laufschuhe an. Thomas musste noch aufs Dixi-Klo und ich wartete artig. Eine Helferin am Verpflegungsstand schaute mich etwas eigenartig an und fragte, warum ich nicht loslaufen würde, ich sähe doch noch super aus.

Thomas und ich liefen dann wirklich, sozusagen fast Hand in Hand, den ganzen Marathon. Ein Teamkollege, der uns bei jeder Laufrunde entgegenkam, scherzte, ob er uns die Eheringe bringen solle. Außerdem sollten wir nicht die ganze Zeit quatschen, dies sei ein Ironman. Doch es war ein super Gefühl, jemanden an seiner Seite zu haben, und wenn es bei dem einen Mal zwickte, beruhigte der andere ihn wieder. Wir benötigten 4:05 Stunden für den Marathon und liefen zusammen nach 11:27 Stunden am Römer überglücklich ins Ziel. Karin hatte extra ein T-Shirt drucken lassen, auf dem mein Konterfei abgebildet war, und wartete bereits am Finish, um mich ausgelassen zu umarmen. Hey, Thomas und ich waren Eisenmänner. Wir amüsierten uns noch darüber, dass nicht jeder von uns die (sehr teuren) Fotos vom Rennen kaufen musste, denn wir waren ja auf allen Fotos immer beide zu sehen. Meine Freunde Simon und Christoph waren fast eineinhalb Stunden schneller im Ziel, hatten aber auch so ihre Probleme an diesem Tag gehabt. Es war ein aufregender Tag gewesen, und alle Beteiligten hatten eine Menge zu erzählen. Ich sagte zu mir selbst: Das war ein tolles Erlebnis, aber das muss ich echt nicht noch mal haben! Doch aus dem Ausrufezeichen wurde schon zwei Stunden nach dem Rennen ein Fragezeichen, und am nächsten Tag überlegte ich bereits, wo ich im nächsten Jahr teilnehmen könnte.

Knapp einen Monat später startete ich dann das erste Mal für den ASV Köln Triathlon in unserer Ligamannschaft auf der Kurzdistanz in Rheine. Mit dem Hochgefühl des Ironman im Gepäck, belegte ich mit 2:10 Stunden den 19. Platz von 80 Startern, als Mannschaft fuhren wir den zweiten Platz ein. Zwei Wochen später gingen wir in gleicher Besetzung noch einmal in Leverkusen an den Start und belegten wieder Platz 2 mit der Mannschaft – damit waren wir aufgestiegen! Natürlich wurde später auch ausgiebig gefeiert. Das hatte schon etwas mehr von der Gemeinschaft, wie ich es vom Fußball her kannte, weshalb ich von dem Zeitpunkt an unwahrscheinlich gerne bei den Rennen der Ligamannschaft teilnahm.

Wie es in (Ausdauer-)Sportlerkreisen so üblich ist, beendet man sein Sportjahr mit einem Silvesterlauf. Ich hatte mich für den Lauf von Werl nach Soest entschieden. Da Karin und ich Weihnachten sowieso in Salzkotten verbrachten und den Jahreswechsel mit Freunden in Köln feiern wollten, lagen Werl und Soest auf dem Weg. Mein Kumpel Gert kam aus Köln mit dem Zug, und wir nahmen ihn nach dem Lauf wieder mit nach Köln. Mit ihm und seiner Freundin Nicole ließen wir dann auch das Jahr feuchtfröhlich ausklingen.

2006 planten Gert, Christoph und Stefan (ein sehr guter Freund aus Köln, der mich später in Bad Oeynhausen am Tag der Entlassung aus der Herzklinik abholte) und ich den Ironman in Nizza. Wie sich später noch herausstellen sollte, blieb es nicht der einzige Ironman in diesem Jahr. Dazu später aber noch mehr.

Ich entschied mich aus Budgetgründen für ein Trainingslager zu Hause. Gert machte es jedes Jahr so, und seine Ergebnisse waren immer fantastisch, auch ohne spezielle Vorbereitung in der Sonne. Im März hatten wir beide eine Woche gemeinsam Urlaub genommen und trainierten in Köln und bei meinen Eltern in Salzkotten. Als Schwerpunkt fuhren wir Rad, und von Sonne über Regen bis hin zu etwas Schnee war alles dabei.

Meine Saison startete zu Hause in Paderborn mit dem Osterlauf, bei dem ich meine Halbmarathonzeit auf 1:23 Stunden verbessern konnte. Das Trainingslager schien gefruchtet zu haben. In diesem Jahr hatte ich sogar meine Schwester angesteckt, die sich auf die zehn Kilometer wagte. Ihr erster offizieller Lauf! Das weitere Training in diesem Jahr verlief sehr gut, und Mitte Juni flogen wir dann nach Nizza.

Nachdem wir das Hotel bezogen hatten und die Räder aufgebaut waren, nutzten Gert und ich noch die verbleibende Zeit und fuhren einen Teil der Radstrecke ab. Dass die Radstrecke ein paar Höhenmeter hatte, war allgemein bekannt, was jedoch nach den ersten 25 Kilometern auf die Teilnehmer wartete, war schon ein Schock. Gut, dass ich mit Gert nur eine kurze Runde gedreht habe, denn ansonsten wäre ich wohl erst gar nicht mehr gestartet.

Das Procedere vor dem Rennen ähnelte Frankfurt und sollte sich auch bei den weiteren Rennen nahezu gleich abspielen: zwei Tage vorher Kohlehydratspeicher füllen, Wechselbeutel packen, Rad einchecken und so weiter sowie die letzte Nacht meistens nicht gut schlafen. Meine Eltern und meine Schwester waren zu meiner Freude auch nach Nizza geflogen, um mich anzufeuern. In Nizza sollte ich das erste Mal bei einem Ironman auch im offenen Meer schwimmen. Der Start erfolgte am Strand. Ich hatte mich als schlechterer Schwimmer auch wieder eher hinten eingereiht, daher lief für mich alles sehr gut. Nach einer Weile spürte ich jedoch etwas Heißes an meinem Fuß, als würde sich jemand mit einem Feuerzeug daran zu schaffen machen. Feuerquallen! Ich hatte noch Glück und war mit dem Fuß mehr als gut bedient, andere Athleten hatte es im Gesicht erwischt. Als ich das Wasser verließ, zeigte meine Uhr 1:03 Stunden an. 1:03 Stunden? Wow, dachte ich, super Schwimmzeit. Ich duschte mich anschließend mit Süßwasser ab. Als ich in der Wechselzone an meinem Rad stand und mir Karin zurief, dass Gert, Christoph und Stefan schon alle weg seien, sah ich mich kurz um. Für 1:03 Stunden standen hier doch noch recht wenig Fahrräder, doch ich ließ mich nicht beirren und fuhr los. Am ersten Verpflegungsstand gab es leider kein Wasser, da dieser Stand noch gar nicht richtig aufgebaut war. Schlecht! Aber ich versuchte, nicht nervös zu werden. Nach 20 Kilometern ging es dann in den nicht mehr endenden Anstieg. Irgendwann hatte ich Stefan eingeholt, dessen Kopf unter seinem Zeitfahrhelm feuerrot leuchtete. Er hatte sich das hier wohl auch alles ganz anders vorgestellt. Gert kam mir an einer Stelle in den Bergen entgegen, an der eine Schleife zu fahren war. Als wir in die Abfahrt gingen, setzte plötzlich ein Gewitter ein, und die Straßen wurden extrem rutschig. Es war wirklich gefährlich und ich am Ende froh, auf diesem Abschnitt ohne Sturz davongekommen zu sein. Christoph war so schnell gefahren, dass ihn der Regen erst auf den letzten 20 Kilometern überraschte, die wiederum flach Richtung Küste verliefen. Nach 6:02 Stunden hatte ich den Radpart hinter mich gebracht, saß nun völlig ausgepumpt im Wechselzelt und fragte mich ernsthaft, wie ich jetzt noch einen kompletten Marathon laufen sollte. Nicht lange überlegen, dachte ich mir – einfach anfangen. Die Strecke in Nizza ist allerdings extrem nervig, man muss dort insgesamt viermal fünf Kilometer zum Flughafen und zurück laufen. Hinzu kam, dass es in Nizza kaum jemanden interessierte, dass da über 2.000 Menschen an der Strandpromenade hin- und herliefen. An Schatten war auch nicht zu denken. Das war hier mal ganz anders, als ich es vor einem Jahr beim Ironman Germany am Main erlebt hatte, wo die Sportler von Tausenden Zuschauern ja förmlich Runde für Runde und Kilometer für Kilometer über die Strecke getrieben wurden. Hier hingegen war meine einzige freudige Ablenkung, wenn mir Gert, Christoph oder Stefan entgegenkamen oder ich wieder den Start der Laufrunde passierte und dort meine Familie, Karin und Freunde sah. Die ersten zwei Runden gestalteten sich noch als akzeptabel, aber danach setzten immer wieder Wadenkrämpfe ein. Als mir in der dritten Runde Stefan begegnete, dachte ich mir: So schlecht geht es dir gar nicht, denn er war in keinem guten Zustand mehr und hatte Magenprobleme. Wir unterhielten uns sogar kurz, aber ich weiß wirklich nicht genau, ob er davon noch etwas mitbekam. Im Ziel erfuhr ich, dass er beim Laufen ausgestiegen war. Bei einem Ironman weiß niemand, ob Profi oder Agegrouper, was so ein langer Tag am Ende bringt. Als ich in meine letzte Laufrunde abbog, waren Gert und Christoph bereits auf dem Weg ins Ziel und wiesen im Ziel gut eine Stunde Vorsprung auf mich auf. Ich finishte mit einer Zeit von 11:24 Stunden. Was für ein hartes Stück Arbeit – nach meinem zweiten Ironman wollte ich nur noch auf eine Liege und mich ausruhen. Ich hatte mir etwas mehr ausgerechnet, was die Zeit betraf, aber bei dieser extrem anstrengenden Radstrecke und den Temperaturen war einfach nicht mehr drin. Wir blieben alle noch ein paar Tage an der Côte d’Azur, lümmelten uns gemütlich am Strand und entspannten. Ich erinnere mich heute immer noch sehr gerne an eine Begebenheit, wenn ich am Strand bin und irgendwo am Horizont Menschen sehe, die an einem Fallschirm hängen und von einem Boot gezogen werden: Meine Mutter kam auf die Idee, es auch einmal zu versuchen, um ihre Flugangst zu überwinden. Meine Beine fühlten sich nach dem Wettkampf nicht ideal an, aber ich tat ihr gern den Gefallen. Mit Schwimmwesten ausgestattet, ging es los. Meine Mutter verkrampfte total und klammerte sich panisch an mir fest. Als ich ihr dann erklärt hatte, dass sie sich in den Sitzgurt hängen lassen muss, wurde unser Flug erheblich entspannter. Gegen Ende der Fahrt ließ man uns dann nicht – wie eigentlich abgesprochen – langsam zu Wasser, sondern uns regelrecht abstürzen, sodass wir beide komplett unter Wasser tauchten. Meine Mutter ist leider überhaupt keine gute Schwimmerin, und ich blieb eine gefühlte Ewigkeit unter Wasser, weil sie mich immer wieder runterdrückte. In der Panik hatte sie vergessen, dass die Schwimmweste sie vor dem Ertrinken bewahrte. Noch heute müssen wir über diese Aktion lachen.

Im Jahr darauf traf ich mich wieder mit Karin zu Hause in Paderborn und ging bei meinem Lieblingswettkampf, dem Osterlauf, über die Halbmarathonstrecke an den Start. Ich war gut vorbereitet und hatte die Woche vorher extra weniger trainiert, um hier besonders schnell zu sein. Ich befand mich zu Beginn in einer recht flotten Gruppe, die ich aber bereits nach gut fünf Kilometern ziehen lassen musste, als ich erfuhr, dass die Läufer der Gruppe eine Zeit von 1:17 bis 1:18 Stunden anpeilten. Das war für mich viel zu schnell, und ich wollte meine Bestzeit von 1:23 Stunden gerne verbessern. Die letzten zwei Kilometer wollten irgendwie nicht vorbeigehen. Im Ziel standen dann 1:21 Stunden auf meiner Uhr. Das war großartig. Meine Beine fühlten sich tatsächlich auch nach einer persönlichen Bestzeit an. Wir feierten noch die Ostertage und meine neue Bestzeit im Halbmarathon.

In diesem Jahr hatte ich mich für den Ironman Canada angemeldet. Wir flogen zunächst nach Vancouver und mieteten uns dort einen Mietwagen für drei Wochen. Vom Flughafen aus fuhren wir circa 45 Minuten in Richtung der amerikanischen Grenze. Hier wohnt Annelore, die beste Freundin meiner Mutter, mit ihrem Mann Heinz. Die zwei waren nicht zu Hause, hatten uns aber den Schlüssel hinterlegt.

Am nächsten Tag ging ich eine kleine Runde laufen, bevor Karin und ich nach Downtown Vancouver fuhren und ein wenig Sightseeing machten. Ich kannte Vancouver, denn ich hatte Annelore und Heinz bereits zweimal besucht. Als die beiden am dritten Tag immer noch nicht auftauchten, machten wir uns langsam Gedanken. Am Abend kamen sie dann aber schließlich doch noch von ihrem Kurztrip nach Hause.

Wir verbrachten dort noch ein paar schöne Tage, bevor wir uns auf dem Weg nach Penticton machten, wo am 26. August der Ironman Canada stattfinden sollte. Der Ort liegt in einem Weinanbaugebiet zwischen zwei Seen. Es wird dort im Sommer sehr warm und eignet sich ideal, um sich vor dem Wettkampf noch ein paar Tage an einem der Seen Abkühlung zu verschaffen.

Ab Donnerstag ging ich dann vor wie bei jedem Ironman, Unterlagen abholen etc. Der Wettkampf war mit über 2.900 Teilnehmern mehr als ausgebucht. Am Wettkampfmorgen bot sich am Strand des Sees ein gewaltiger Ausblick. Es gab nur eine Startgruppe und eine Boje nach 1,9 Kilometern, um die alle Teilnehmer herummussten. Der Schwimmsplit wurde daher sehr unruhig, und ich war froh, als ich nach 1:15 Stunden auf dem Rad saß. Doch gleich auf den ersten Radkilometern bekam ich muskuläre Probleme, eine Art Krampf nach fünf Kilometern. Zum Glück legte sich das später, und die Radstrecke fing an, mir Spaß zu machen. Sie bestand, wie auch die Schwimmstrecke und die anschließende Laufstrecke, nur aus einer Runde. Nach 5:23 Stunden konnte ich mein Rad dann in der Wechselzone wieder abstellen. Das Laufen klappte auch wunderbar. Als ich nur noch fünf Kilometer zu absolvieren hatte und den Sprecher im Ziel schon hören konnte, bekam ich plötzlich starke Schmerzen am Knie. An Weiterlaufen war nicht zu denken. Ich bewegte das Knie vorsichtig, und tatsächlich – nur bei der Laufbewegung tat es weh. Ich versuchte es immer wieder, brauchte jedoch für die letzten fünf Meilen eine Ewigkeit, die ich abwechselnd im Gehen, Laufen und Humpeln hinter mich brachte. Nach einem Marathon von 3:44 Stunden blieb die Uhr bei 10:23 Stunden stehen. Für diese Strecke war es ein tolles Ergebnis, nur leider lagen zwischen einem Qualifikationsplatz für Hawaii und mir noch einige Plätze. Besonders ärgerlich: Ohne die Knieprobleme hätte es wohl gereicht, aber der Marathon besteht nun einmal aus 42,195 Kilometer und nicht nur aus gut 37. Ich war trotzdem zufrieden, und über Whistler ging es wieder zurück nach Vancouver. Dort besuchten wir noch einmal Annelore und Heinz, bevor wir ein paar Tage später wieder zurück nach Deutschland flogen.

Ein weiterer Ironman sollte die Langdistanz in Arizona im Jahr 2008 werden, also ein Jahr später. Mit Karin sowie meinen Trainingskollegen Jochen und Stephan. Auf der Triathlonmesse traf Jochen auf Jan Raphael, einen Triathlonprofi aus Deutschland. Während die beiden sich unterhielten, redete Stephan mit einem Trainingskollegen von Jan. Wie das bei Langdistanzrennen so ist, ging es dabei unter anderem auch um die Anzahl der Rennen, die man bestritten hatte. Als Antwort bekam Stephan, es sei seine erste Langdistanz. Daraufhin gab er ihm den Tipp, er solle es genießen und es nicht zu schnell beim ersten Mal angehen.

Im Anschluss an den Besuch der Messe schauten wir uns die Rad- und die Schwimmstrecke an. Geschwommen wurde in einem künstlich angelegten See, an dem auf einer Seite Bürogebäude standen. Um diesen See wurde später dann auch der Marathon gelaufen. Die Radstrecke bestand aus drei Runden à 60 Kilometer, die jeweils ein Stück durch den Ort führten, bevor es circa 20 Kilometer leicht bergauf und schließlich wieder hinunter ging.

Mein Schwimmen lief am Renntag ganz okay. Da das Wasser aber sehr kalt war, zog ich mich nach dem Schwimmen komplett um, was mich reichlich Zeit kostete. Das Radfahren lief von Anfang bis Ende perfekt. Auf dem letzten Teilstück Richtung Wechselzone hatte bei der dritten Durchfahrt leider der Wind etwas gedreht. Ich hatte zwischenzeitlich mit einer Radzeit von unter fünf Stunden geliebäugelt, doch nach immer noch respektablen 5:05 Stunden blieb die Uhr dann stehen. Der zweite Wechsel ging etwas schneller. Ich kam gut in meinen Rhythmus. Karin sagte mir in der zweiten Laufrunde, dass Jochen gar nicht mehr weit entfernt sei. Ich hatte schon beim Rad gesehen, dass er nicht weit vor mir lag (Jochen war normalerweise ein ausgezeichneter Radfahrer, er hatte an diesem Tag wohl einige Probleme). Stephan war ein paar Minuten hinter mir. Die Hitze machte mir später aber zu schaffen, und ich konnte mein Anfangstempo nicht mehr halten, kam aber dennoch mit 10:14 Stunden und damit neuer Bestzeit ins Ziel. Jochen war unter zehn Stunden geblieben, und auch Stephan hatte seine Bestzeit steigern können. Jedoch waren wir alle nicht so wirklich glücklich mit dem Erreichten, denn jeder hatte insgeheim auf die Qualifikation für die Ironman-Weltmeisterschaft auf Hawaii gehofft. Für Jochen war die Enttäuschung wohl am größten, er war bereits einige Mal dort gewesen und hatte sich erheblich mehr ausgerechnet, denn in den Vorjahren konnte man sich mit knapp über zehn Stunden hier noch qualifizieren. Stephan und ich waren hingegen in diesem Jahr beide weit davon entfernt. Ich war mit meiner Zeit dennoch sehr zufrieden, auch wenn ich bei den beiden Wechseln wirklich sehr viel Zeit liegen gelassen hatte und mit einem etwas schnelleren Marathon an diesem Tag 9:59 Stunden drin gewesen wären. Im Rückblick bin ich aber sehr happy über das Geleistete. Zum Abschluss der Reise fuhren wir mit dem Auto noch ein wenig durch die Nachbarstaaten und schauten uns Las Vegas, den Grand Canyon und weitere Sehenswürdigkeiten an.

Einen interessanten Punkt möchte ich aber nicht verschweigen: Der Bekannte von Jan Raphael gewann das Rennen. Er hatte sich die Tipps von Stephan wohl nicht so recht zu Herzen genommen, Zeit hatte er sich schon gar keine gelassen. Es war der erste Sieg über die Langdistanz von Andreas Raelert, dem er in den nächsten Jahren noch weitere folgen lassen sollte.

Natürlich nahm ich auch 2009 noch an diversen Wettkämpfen teil, darunter eine Langdistanz, doch die verhängnisvolle Saison begann ein Jahr später, also 2010, mit dem Pulheimer Staffelmarathon. Ich lief in einer ASV-Staffel die zehn Kilometer um die 40 Minuten. Im Februar folgte ein Fünf-Kilometer-Lauf in 18:54 Minuten. Da ich mich auch in diesem Jahr für einen Ironman angemeldet hatte, ließ ich mich im Februar gründlich durchchecken. Anfang Februar wurde eine Ultraschalluntersuchung an meinem Herzen durchgeführt, am Tag darauf machte ich ein Belastungs-EKG. Beim Ultraschall zeigten sich keine Auffälligkeiten, und beim Belastungstest schaffte ich immerhin 400 Watt.

Anfang März flog ich dann mit Freunden ins Trainingslager nach Fuerteventura. Schon beim Training fiel mir auf, dass mir die Belastung nicht ganz so leicht fiel wie üblicherweise. Ich hatte aber keine wirklichen Beschwerden und führte es auf das neue Aufgabengebiet in meinem Job zurück. Ich hatte neue und umfangreichere Aufgaben übernommen, weshalb sich die ersten Monate des Jahres doch recht stressig gestalteten. Die Folge: Ich hatte weniger Zeit für das Training, kein Wunder, dass es mir an Power fehlte, dachte ich. Anfang April bekam ich heftige Probleme mit meiner Allergie. In diesem Jahr war von einem Tag auf den anderen die gesamte Pflanzenwelt aufgeblüht, so schien es mir. Bei meinem Start am 25. April in Köln beim Severinslauf brach ich nach fünf Kilometern ab, weil ich so schlecht Luft bekam.

Drei Tage später hatte ich einen Termin bei einem Pulmologen in Salzkotten, bei dem ich einen Leistungstest inklusive Belastungs-EKG absolvierte. Ich erkundigte mich auch danach, was ich wegen meiner Allergieprobleme beim Laufen tun könne. Die Ergebnisse der Spirometrie und des EKGs waren gut, die Allergietests eher unauffällig. Ich reagierte auf gewisse Pollen und bekam für alle Fälle ein Spray gegen Asthma verschrieben. Anfang Mai flog ich mit Karin für zwei Wochen nach Sardinien, in denen ich gut trainieren konnte. Die italienische Insel ist wahrhaft ein Paradies zum Radeln. Im Juni hatten wir einen Liga-Start in Harsewinkel, ich musste allerdings bereits beim Schwimmen aussteigen. Ich hatte wieder extreme Allergieprobleme. Diese wurden im Verlauf des Junis besser, also entschied ich mich für einen letzten Test am 20. Juni auf der Mitteldistanz des Indeland Triathlon. Das Ergebnis mit 4:52 Stunden war für mich in Ordnung und ich für den Start beim Ironman in Klagenfurt recht guter Dinge, auch wenn ich ab und an immer noch unter Allergieproblemen litt.

Anfang Juli fuhren wir mit dem Auto nach Österreich und nahmen uns eine schöne Pension direkt am Wörthersee. Ich fuhr im Vorfeld Teile der Radstrecke ab und freute mich auf den Wettkampf. Wir waren mit mehreren Leuten vom ASV aus Köln vor Ort und schauten uns am Abend vor dem Wettkampf das Spiel der deutschen Mannschaft gegen Argentinien an. Der hohe Sieg sollte aber kein gutes Omen für mich sein.

Am Renntag herrschte herrlicher Sonnenschein, es wurde ein heißer Tag. Das Schwimmen im Wörthersee machte wirklich Spaß, aber irgendwie lief es bei mir nicht so wirklich rund. Schon nach der ersten Disziplin blieb ich hinter meinen Erwartungen zurück und versuchte, auf dem Rad gleich etwas Druck und damit verlorene Zeit wiedergutzumachen. Doch Pustekuchen: Ich fühlte mich saft- und kraftlos und lag am Ende der Radstrecke mit über 5:30 Stunden fast 30 Minuten hinter meiner geplanten Zeit zurück. Also ging ich auf die Laufstrecke und dachte mir, einfach nur finishen heute. Aber auch der Lauf war nur Quälerei. Nach der Hälfte der Laufstrecke entschied ich mich, auszusteigen. Auch die Anfeuerungen der Vereinskameraden blieben erfolglos. Mir ging es so schlecht, dass mein Freund Andreas vom ASV sogar mein Rad auschecken musste. Ich fragte mich am Tag nach dem Rennen, was da eigentlich passiert war. Irgendwie war der Wettkampf von Anfang an nicht so gelaufen, wie ich mir das vorgestellt hatte – aber solche Tage gab es halt ganz einfach, und mein Pech war, dass ich ausgerechnet am Vortag scheinbar einen von ihnen erwischt hatte. Es waren an dem Tag nicht einmal die Atemprobleme gewesen, mit denen ich mich im Vorfeld rumgeplagt hatte, sondern dieses Mal hatte mein Magen gestreikt, und beim Marathon war mir übel geworden. Wegen der großen Hitze war ich natürlich nicht der Einzige, der den Ironman abgebrochen hatte, dennoch war die Enttäuschung riesengroß. Alles in allem kein gutes Gefühl. Karin und ich beschlossen daher, den Urlaub etwas früher abzubrechen und nach Salzkotten zurückzufahren, wo ich mich am Dienstag noch einmal gründlich durchchecken ließ. Die Lungenfunktion war tatsächlich eingeschränkt, weshalb ich ein anderes Inhalationsspray verschrieben bekam. Das nahm ich dann an den Folgetagen ein und versuchte, mich mit der Fußballweltmeisterschaft abzulenken. Leider schied das deutsche Team im Halbfinale aus.

Der Alltag hatte mich wieder. Der Urlaub war vorbei, und den Ironman Austria hatte ich mir wirklich anders vorgestellt. Am Sonntag fuhr ich noch mit einer Freundin eine kleine Runde auf dem Rad, bevor der Tag kam, der mein Leben drastisch verändern sollte.

Herzrasen 2.0

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