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Tag 2 - Montag

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Nach einem sehr guten Frühstück, es gibt frisch gebackenes Brot, Wurst, Käse, Eier, Joghurt und viel frisches Obst, für jeden müßte also etwas dabei sein, packen wir alles in den Bus und wir beide setzen uns wieder ganz hinten hin. Erich muß nun, bevor wir losfahren, das für mich eben bei Busfahrten, ach so üble Thema der Sitzplatzverteilung ansprechen. Wie stets wollen alle vorne und noch weiter vorne sitzen und nur Lausi und ich bestehen auf unseren Plätzen hinten, die bei diesen Mitreisenden sowieso keiner möchte.

Lediglich unsere Adligen wollen ebenfalls nicht „Rollieren“ und setzen sich deshalb weit nach hinten, direkt in unser Blickfeld. Ihr Anblick, vor allem ihr „Outfit“ ist auch heute schon wieder einen zweiten Blick meinerseits wert. Nachdem Mutter Siglinde gestern ja noch in Edelgarderobe und Edelschuhchen aufgetreten war, Jüüürgen in Edelkombi, also dunkles Sakko mit Ärmelflecken aus Leder, Goldknöpfen und passender Gabardine Hose, wohingegen Claudia in einem recht unauffälligen Kostüm reiste, so ist man heute allesamt tatsächlich im gepflegten Safari Look unterwegs. Alles grünlich beige von oben bis unten und vermutlich auch ganz frisch und neu aus der Fabrik!

Wir und wie es scheint auch der Rest der Gruppe können da nur neidisch oder vielleicht auch amüsiert schauen, denn wir haben uns ganz normal angezogen, die Damenwelt natürlich in langen Hosen trotz der Hitze. Lediglich wir zwei haben noch etwas festere Schuhe an den Füßen, man kann nie wissen!

Als also alles oder fast alles geregelt ist, kann Erich endlich losfahren. Im gut klimatisierten Bus geht es Richtung Otjiwarongo. Dies bedeutet in der Hererosprache „schöner Platz der fetten Rinder“. Die Landschaft durch die wir fahren könnte dazu sogar passen. Hier wächst überall sehr viel doch sehr grünes Büschelgras. Zudem gibt es rundherum grüne Bäume und Sträucher und sogar die Hügel oder besser die Berge in einiger Entfernung schimmern grün. Also alles bestens geeignet für Rinder. Nur die vielen Zäune, die man nicht nur entlang der Straße sieht, schrecken mich etwas ab und ich frage mich, ob die den Rindern wohl gefallen, mir gefallen sie nicht! Je weiter wir uns von Windhuk entfernen, desto flacher wird das Land, bis schlußendlich die Hügel und Berge der Hauptstadt weit hinter uns zurückbleiben.

Der erste Stop in Okahandja findet bei dem angeblich berühmten Holzschnitzermarkt statt, vor den Toren der Stadt, wo in Hütten, unter vielen grünen Bäumen, dutzende Stände untergebracht sind. Die teils aus Holz, Blech und grüner Plane bestehenden Stände wirken so früh am Morgen noch menschenleer und es finden sich auch nur wenige Verkäufer. Die wenigen reichen jedoch aus, um uns daran zu erinnern, daß wir tatsächlich in Afrika sind, denn sie machen sich wie Fliegen über uns Touris her. Wir bekommen in einem Mischmarsch aus Englisch, Deutsch und Afrikaans die vielen, kostengünstigen und einzigartigen Kunstwerke angeboten.

Ich bin hier und gerade heute etwas überfordert, denn gleich zu Beginn der Reise kann ich mich noch nicht so ganz für etwas Souveniriges entscheiden, vor allem auch, weil doch irgendwie alles etwas gleich aussieht. Im Moment fehlen mir einfach der Überblick und auch die Wertschätzung der Dinge, die da angeboten werden. Da Lausi und ich uns für nichts entscheiden oder auf Anhieb so richtig begeistern können, setzen wir uns auf der gegenüberliegenden Straßenseite in ein Café und trinken etwas Kaltes, denn es ist bereits wieder recht heiß. Von unserem Sitzplatz aus können wir unsere Mitreisenden nun auch sehr gut beobachten und uns darüber amüsieren, was von den einzelnen so eingekauft wird. Alles nicht so ganz das Meinige!

Die Fahrt geht weiter über eine breite, bebaumte Allee nach Otjiwarongo hinein. Wir kommen durch mit frischem Grün bewachsene Wohngebiete, total anders als ich mir die Landschaft und die Orte hier vorgestellt habe. Als Erich an einer Tankstelle gegenüber einem Supermarkt hält, können wir dort unser Mittagessen einkaufen, denn das ist fast jeden Tag nicht im Programm dabei. Ganz gut so und vor allem gut für die Figur.

Wenn wir schon von dem Supermarkt in der Hauptstadt überrascht waren, so überrascht uns dieser hier noch viel mehr, denn er steht dem in nichts nach. Auch wenn wir in unserem Heimatort Gettlingen nicht gerade in der Großstadt leben, so dachten wir eigentlich immer, daß wir dort und in der naheliegenden Kreisstadt eigentlich alles bekommen würden, was man für das täglich Leben so braucht.

Hier hingegen gibt es tatsächlich alles und noch viel mehr, was man sich nur wünschen kann:

Neben der riesigen Obsttheke gibt es eine Bäckerei mit Brot, Brötchen und Süßigkeiten und direkt anschließend einen Metzger. Bei beiden kann man sich aber auch hinsitzen und etwas essen und trinken. An einer Salatbar kann man sich Salate und Obstsalate selbst zusammenstellen, und wem das alles nicht reicht, findet auch noch eine Warmtheke mit verschiedenen Gerichten zum hier essen oder zum Mitnehmen.

Wir entscheiden uns, auch figurbedingt, für ein paar lecker aussehende Brötchen, belegt mit Schinken und Käse. Alles frisch von einer der vielen Theken. Natürlich erstehen wir auch noch einige Flaschen Wasser, denn das ist bei den derzeit hier herrschenden Temperaturen überlebenswichtig! Zu unserem Glück gibt es hier auch Sprudel, also Mineralwasser mit Kohlensäure und nicht nur das sonst im Ausland so übliche „stehende“ Wasser.

Otjiwarongo ist heute nicht mehr der Platz der fetten Rinder sondern Verwaltungssitz, Haupt- und Kreisstadt zugleich und schon 1906 bekam der Ort sogar bereits einen Eisenbahnanschluß an die Otavibahn. Vor dem Bahnhof können wir tatsächlich noch die alte, recht guterhaltene Dampflok betrachten, die 1912 von der Firma Henschel & Sohn in Kassel gebaut wurde und die zwischen Swakopmund und Otavi bis 1960 eingesetzt wurde, wie auf einer Tafel zu lesen ist.

Auf der Weiterfahrt durch das weiterhin flache Land zur nächsten Lodge, die einem der reichsten, schwarzen Namibier, Frans Aupa Indongo gehört, vertilgen wir unser Mittagessen und genießen nicht nur dieses, sondern auch den Blick aus den Fenstern.

Überall sind herumstreifende Tiere zu beobachten, die derzeit nach einigen Regenfällen ringsherum, einen gut gedeckten Tisch vorfinden. Immer wieder hält Erich an und wir sehen Strauße, Spießböcke, Kudus, Oryxantilopen, Gnus, Kronenducker und viele andere Antilopenarten nebst vielen Vögeln in den Bäumen, einfach alles so neben der Straße. Auch tolle Blumen mit blaugrünen Blättern und vielen hell- bis dunkelvioletten Blüten sind in großen Flächen direkt an der Straße einen Halt und viele Fotos wert.

Frans Indongo, der Besitzer der Farm, hat eine beispielslose Karriere hinter sich. 1936 geboren und aufgewachsen in Namibia, begann er mit der Herstellung und dem Verkauf von Backsteinen. Dann eröffnete er eine Schneiderei und noch einen Allgemeinwarenladen und daraus entwickelte sich dann eine Supermarktkette. Später erwarb er zahlreiche Wirtschaftsbetriebe, engagierte sich nicht nur als Politiker, sondern war und ist in vielen Sozialprojekten tätig. Er bekam die Ehrendoktorwürde und ist heute Vorsitzender der nach ihm benannten Geschäftsgruppe.

Die Lodge und Farm ist mehr als nur sehr schön und riesig. Auf dem Gebiet dieser Farm kümmert man sich heute, wie Erich berichtet hat, vor allem um den Erhalt des Wildbestandes.

Die eigentliche Lodge ist auch noch sehr stilvoll in der Art eines einheimischen Dorfes, eines Krals, angelegt, mit dicken Holzpfählen als Umzäunung. Die einzelnen Hütten sind großzügig und geschmackvoll eingerichtet und sowohl das Hauptgebäude mit Speise- und Aufenthaltsbereich, wie auch die Bar und der riesige Freisitz, um die Tiere an der nahegelegenen Wasserstelle zu beobachten, laden zum Verweilen ein. Im Hintergrund ist ein Hochplateau zu erkennen, auf dem es Nashörner geben soll, in der flimmernden Hitze wirkt es allerdings wie meilenweit entfernt. Auch der Swimmingpool mit seinen Liegen und dem daran angrenzenden hölzernen Aussichtsturm fügen sich in das Gesamtbild der Anlage sehr gekonnt ein.

Gleich nach unserer Ankunft wird noch eine Geländewagentour über das Farmgelände angeboten und Lausi nimmt daran teil, während ich ihn nur zum Geländewagen begleite. Ich möchte altersbedingt einmal wieder nichts tun, also faulenzen.

Auch Jürgen hat sich, schwer mit Fotoapparaten behängt, auf einen Sitz in dem Wagen gezwängt, während Claudia nur dasteht und so aussieht, als wenn sie nicht hierhergehöre. Kein liebendes Eheweib, oder bilde ich dies mir nur ein. Sie weicht mir auch aus, als ich sie nach Abfahrt des Geländewagens frage, ob sie sich schon den Shop angesehen habe, der sehr schöne Ketten und Tücher im Angebot habe. Eigentlich wortlos stürmt sie davon.

Na ja, jedem das Seine. Ich sehe mir den Shop etwas näher an und bekomme aus dem Hintergrund des Häuschens mit, wie der vermeintliche Manager mit einer Frau laut darüber diskutiert, wie man mal wieder mit solchen Leuten verfährt, die unbedingt selbst hier zur Jagd gehen wollen und er dies doch wohl nicht zulassen kann, denn wie jeder wissen sollte, ist das hier sicherlich keine Jagd Lodge. Ich hoffe, daß ich das alles falsch verstanden habe, denn das geht doch gar nicht! Ich frage mich dabei, wer hier zur Jagd gehen möchte, doch sicherlich niemand aus unserer Gruppe!

Es gibt hier in Namibia also demzufolge anscheinend auch ganz spezielle Lodges die Jagden anbieten. Damit hatte ich gar nicht gerechnet. Höchstwahrscheinlich bin ich einfach zu dämlich, denn sonst hätte ich darüber viel früher nachdenken müssen.

Natürlich! Überall dort, wo es Tiere gibt und dann noch ganz spezielle wie hier, müssen diese schieß- und trophäenwütigen Zweibeiner doch ihre Gewehre ausführen und benutzen. Dafür geben sie viel Geld aus und die armen Tiere werden immer weniger und viele Arten sind ja vom Aussterben bedroht, wie man von den Nashörnern weiß.

Deren Hörner sind, wie allseits bekannt, bei so manch einem asiatischen Völkchen als Potenzmittel hochgeschätzt und hochbezahlt obwohl eindeutig feststeht, daß das Nashornpulver dafür keinesfalls auch nur ansatzweise taugt. Nur wer irgendwo etwas zu wenig hat, der versucht vermutlich alles, um doch wenigstens da an Größe zu gewinnen. Getötet werden die Nashörner trotzdem oder besser einfach abgeschlachtet, ob ihr Horn nun nützt oder nicht. Das Geschäft boomt!

Laut einem recht neuen TV-Bericht gibt es zum Schutz der Nashörner wenigstens einige Initiativen in Südafrika, bei denen man die Nashörner fängt, ihnen die Hörner in Narkose immer wieder kürzt und sie damit vor dem sinnlosen Töten zum Hornklau schützt oder zu schützen versucht. Die dabei gewonnenen Hörner, die in Tresoren liegen, haben einen Millionenwert.

Was man damit anfängt ist noch nicht ganz spruchreif, aber anscheinend will man damit den Schwarzmarkt irgendwann unterwandern und das Töten somit nicht mehr lukrativ machen. Das Horn der Tiere wächst schließlich nach und auf diese Weise könnte man stets nachwachsenden Rohstoff haben, ganz ohne zu töten! Einfach und genial! Nur derzeit noch sehr teuer und arbeitsintensiv und nur wenige Farmer sehen die Nashornjagd so und setzen sich dafür ein!

Vermutlich hat man mich bei meinen tiefgreifenden Gedankengängen auf meinem Gang durch den Shop doch gehört und plötzlich ist es ganz still.

Ich verlasse leicht unbefriedigt, da ich nichts gekauft habe oder kaufen konnte, dann das Gebäude und sehe mich langsam noch genauer auf dem Gelände um. Alles ist sehr ansprechend und man staune oder nicht, als Dächer hat man hier auf den Häusern so etwas wie die norddeutschen Reetdächer verwendet und diese Gräser auf unseren Häuschen sind im Inneren auch noch sichtbar. Unsere Hütte ist generell sehr stilvoll und schön eingerichtet und wir haben sogar ein recht großes Bad mit einer Superdusche!

Alleingelassen beschließe ich also zuerst einmal zu duschen und dann verlasse ich unser Haus und versuche, einen kalten Drink zu bekommen, denn es ist doch sehr warm, für mich also immer noch recht ungewohnt. Auf dem Weg zur Bar kommt mir Claudia entgegen. Sie sieht verweint aus und ich bemerke noch aus den Augenwinkeln heraus, wie ihre Schwiegermutter das Haus der „Kinder“ gerade verläßt. In der Hand hält Siglinde diese riesige Golftasche oder was auch immer dieses komische Gepäckstück darstellen soll. Na ja Adel verpflichtet, nur nicht immer und wozu auch immer, selbst das ist meist nicht ganz klar!

Irgendwann, gegen Essenszeit, ist wieder die gesamte Gruppe im Haupthaus versammelt und man unterhält sich lautstark hin und her und sowohl die Personen, wie auch die richtigen Namen, wir reden uns mit Vornamen an, finden nun einen ersten klareren Zusammenhang in meinem hohlen Haupte. Das heißt, ich weiß nun endlich ziemlich sicher oder doch nicht, wer wer ist und zu wem welcher Name gehört!

Das Abendessen verläuft, entgegen meinen Befürchtungen, in recht guter Stimmung und wir sitzen alle an einem langen, sehr geschmackvoll gedeckten Tisch in dem nach einer Seite offenen Speiseraum. Vorgesetzt bekommen wir ein ausgesprochen leckeres Abendessen mit gegrilltem Eland als Hauptgang, also Wildfleisch von der Elenantilope, das sogar ich einmal mit Genuß esse, da es einfach köstlich schmeckt. Auch der dazu bestellte Wein läßt nichts zu wünschen übrig. Tatsächlich scheint das Verhältnis der Gruppe untereinander doch allgemein recht stimmig. Nein, unken will ich nicht, aber vielleicht ist es auch nur der Eindruck der ersten Tage!

Nach dem doch recht lauten Abendessen, machen wir, also Lausi und ich, noch einen kurzen Rundgang über die Anlage und genießen den Blick in den Sternenhimmel, der ohne die ganze Lichtverschmutzung wie in unseren Breitengraden, einen wirklich fantastischen Abschluß des Tages darstellt. Aber die Müdigkeit treibt uns dann doch, schneller als uns lieb ist, in unser Zimmer und nach wenigen Minuten sind wir auch eingeschlafen.

Tatort Namibia

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