Читать книгу Funkelpony Bundle. Bände 1 - Emily Palmer - Страница 10
ОглавлениеKapitel 4
Funkeln im Bauch
Fionas Bauch fühlte sich an, als würde Sunnys Goldstein darin glitzern, leuchten und Funken sprühen. Ihr Kopf dagegen war merkwürdig leer und ihr Mund ganz trocken. Sie sah nur Sunny vor sich und den funkelnden Stein in ihrer Mähne. Dazu fühlte sie eine Wärme um ihr Herz, die ihr ganz eindeutig sagte: Sunny war für immer und ewig ihr Lieblingspony.
Aber bedeutete das auch, dass sie ein Funkelmädchen war? War sie tatsächlich Sunnys ganz besondere Reiterin und Freundin? Konnten nur sie beide zusammen demjenigen helfen, der sie gerade so dringend brauchte? Und wenn ja, wie sollten sie das anstellen?
„Was ist denn Sunnys besondere Fähigkeit?“, fragte Fiona.
Aurelia sprang von ihrem Sitzplatz auf dem Holzstoß auf. „Glaubst du, die Funkelponys kommen mit einer Gebrauchsanleitung daher? Du musst schon selbst herausfinden, was du mit Sunny leisten kannst. Falls sie ein Funkelpony und du ihre Funkelreiterin bist, heißt das.“
Jana lächelte Fiona freundlich an. „Aurelia hat recht, auch wenn sie gerade nicht besonders nett ist. Nicht wahr, Lia?“ Fiona staunte, als Aurelia sich bei Janas ruhiger, freundlicher Ansprache wieder hinsetzte.
„Sorry“, murmelte sie. „Ich will bloß vorsichtig sein.“
„Opal und ich geben Mut zu Veränderungen und ersten Schritten“, erzählte Jana weiter. „Das ist ganz nützlich, wenn jemand zum Beispiel in eine neue Schulklasse kommt.“
Fiona machte große Augen. „So wie ich nach den Ferien!“, sagte sie. „Könnt ihr mir dabei helfen?“
„Unsere Funkelsteine leuchten aber nicht“, meinte Jana bedauernd. „Du brauchst keine Hilfe. Ich glaube, du schaffst es alleine.“ Sie lächelte so nett, dass Fiona das auch sofort glaubte.
Aurelia schnaufte ungeduldig. „Können wir beim Thema bleiben?“, fragte sie. „Ich habe nicht ewig Zeit, ich will Luna noch die Mähne einflechten.“
Jetzt schaltete sich Leni wieder ein. „Tiger und ich sind die Experten für knifflige Rätsel und Probleme. Wann immer ein Mensch in Schwierigkeiten steckt und unsere Steine funkeln, legen wir los.“
„Wow“, machte Fiona nur. „Und ich gehöre dazu.“
„Vielleicht dazu“, sagte Aurelia.
Leni verdrehte die Augen. „Beachte sie einfach nicht“, sagte sie zu Fiona. „Ihr werdet es schon herausfinden. Aber eins ist ganz wichtig: Du darfst niemandem ein Wort verraten. Deinen Eltern nicht, deiner besten Freundin nicht, deinen Geschwistern nicht. Außer Leo und uns dreien weiß kein Mensch von den Funkelponys!“ Fiona nickte. Natürlich würde sie das wunderbare Geheimnis für sich behalten!
Leni, Aurelia und Jana nahmen Fiona noch einmal mit zu den Ponys. Fiona lehnte sich an Sunny und streichelte sie. Das Pony hielt ein Weilchen ganz still. Danach verabschiedete es sich mit einem Freudenhüpfer.
Fiona ging zu ihrem Fahrrad. Nach einiger Zeit fiel ihr auf, dass sie immer noch nicht losgefahren war. Die vielen Fragen, die durch ihren Kopf tanzten, hatten die Zahlenkombination für das Schloss verdrängt.
Seufzend sah sie sich um. Leonore Lichtenberg kam gerade mit Mila und einem fremden Mann über den Hof.
„Alles klar, Fiona?“, fragte sie. „Das hier ist übrigens Till, mein wunderbarer Ehemann. Mila kennst du ja schon. Sie ist natürlich auch wunderbar.“
Till Lichtenberg, ein kleiner Mann mit Brille, schüttelte Fiona die Hand. „Noch ein junger Pferdefan?“, fragte er. „Du siehst aus wie die anderen: Reithosen, Stroh im Haar und Ponys im Kopf. Manchmal denke ich, ich muss euch alle auf eine Sucht testen: die Ponysucht!“ Er lachte herzhaft.
Leonore stimmte mit ein. „Till ist Arzt“, erklärte sie, „und hat mit Ponys wenig am Hut. Aber Schatz, ihr müsst jetzt wirklich los, wenn ihr noch vor Ladenschluss ins Eiscafé wollt.“
„Oha, denn mal los. Komm, Mila!“ Till und Mila stiegen in das Auto, das Fiona vorhin aus dem Stall heraus gesehen hatte, dann fuhr er mit Mila davon.
Fiona hatte von der Unterhaltung nicht viel mitbekommen. Ihr Kopf und ihr Herz waren immer noch voller Fragen.
„Ist bei dir wirklich alles in Ordnung?“, fragte Leonore noch einmal. „Aurelia hat dir doch nicht das Leben schwer gemacht? Sie ist eigentlich viel netter, als sie selbst weiß. Oder hat Leni dich schwindelig gequasselt?“ Fiona schüttelte den Kopf und sah in das freundlich lächelnde Gesicht der Reitlehrerin. Außer Leo und uns dreien weiß kein Mensch von den Funkelponys, das hatte Leni gesagt. Es musste also okay sein, ihre vielen Fragen Leonore Lichtenberg zu stellen. Und das tat sie auch. Die Hofbesitzerin hörte aufmerksam zu.
„Soso“, sagte sie schließlich. „Du hast also von den Funkelponys erfahren. Und jetzt glaubst du, Sunny ist auch eins.“
„Wieso glauben?“, fragte Fiona. „Sie hat doch den Stein in der Mähne.“
Leonore zog Fiona zu einer Bank vor dem Haus. „Setzen wir uns“, sagte sie. „Wir haben viel zu besprechen.“ Aber zunächst schwieg sie. Die Elster, die Fiona inzwischen schon so gut kannte, landete in einem Blumenkübel neben der Haustür und machte es sich dort gemütlich.
„Der Vogel ist so zahm!“, meinte Fiona staunend.
„Hm“, machte Leonore abwesend. Sie schaute die Elster an. Täuschte sich Fiona oder blickte die Elster tatsächlich zurück? Es sah aus, als würden die beiden sich stumm unterhalten. Wieder fiel Fiona auf, dass Leonore an ihrem Fingerring mit dem schwarzbunten Stein drehte. Endlich riss sie sich aus ihren Gedanken und wandte sich Fiona zu.
„Sunny hat einen Funkelstein in der Mähne“, wiederholte die Hofbesitzerin, was Fiona vorhin gesagt hatte. „Aber das hat noch nichts zu sagen. Schließlich habe ich den Pyrit dort befestigt. Und wie jeder Mensch kann auch ich mal Fehler machen. Bei Sunny habe ich einen Fehler gemacht, da bin ich mir inzwischen fast sicher.“
Das Feuerwerk in Fionas Bauch verpuffte. „Warum?“, fragte sie.
„Ich muss das wohl etwas ausführlicher erzählen, jetzt, wo du sowieso Bescheid weißt“, erwiderte Leonore. „Weißt du, schon meine Großmutter hat hier auf Hof Lichtenberg Ponys gehalten. Erst waren es ganz normale Reitponys. Doch dann kaufte sie einen hübschen Palomino-Wallach namens Monsieur Soleil. Das ist Französisch und bedeutet Herr Sonne.“
Fiona musste kichern. Der Name klang lustig! Dann fiel ihr etwas auf. „Sonne … Sunny“, murmelte sie.
„Ganz richtig“, meinte Leonore mit einem Nicken. „Sunny ist eine der Nachkommen von Monsieur Soleil. Er war nämlich ein ganz besonderes Pony. Meine Großmutter stellte fest, dass er spezielle Fähigkeiten hatte. Zusammen mit ihr konnte er Menschen helfen, die traurig und niedergeschlagen waren. Oma Meta besaß damals schon einen magischen Stein, den sie in der Nähe des Hofes gefunden hatte. Eines Tages zerbrach er. Als Zeichen ihrer Freundschaft knüpfte sie Monsieur Soleil eine Hälfte davon in die Mähne, den anderen trug sie selbst als Schmuckstück. Die Wirkung des Steins verstärkte die Fähigkeiten des Ponys noch. Wann immer jemand Hilfe brauchte, begannen die Steine der beiden zu funkeln. So lernte Oma Meta nach und nach alles über die Funkelmagie. Einige Jahre lang fand meine Großmutter immer mehr Funkelponys. Sie entdeckte auch immer mehr Funkelsteine, die sie Pony und Reiterin als Erkennungszeichen gab. Sie fand sie an einem geheimen Ort.“
Herr Elch kam herbei, sprang auf die Bank und ließ sich zwischen Leonore und Fiona nieder. Abwesend streichelte die Hofbesitzerin über seinen Rücken. Fiona wartete mit angehaltenem Atem darauf, dass sie weitersprach. Doch über diesen geheimen Ort wollte sie anscheinend nichts mehr sagen.
„Oma Meta hat mir schon als kleines Mädchen beigebracht, wie man die Funkelponys erkennt. Ich fahre immer wieder auf Auktionen und stöbere in Verkaufsanzeigen. Wann immer ich ein Funkelpony finde, kaufe ich es und bringe es hierher. Ich suche nach dem passenden Funkelstein und befestige ihn in seiner Mähne. Und dann warte ich darauf, dass das Funkelpony eine innige, ganz besondere Freundschaft zu einem Reiter oder einer Reiterin schließt. Nur zusammen können die beiden die Fähigkeiten des Funkelsteins nutzen. Als Sunny ein Fohlen war, habe ich geglaubt, dass sie ebenfalls ein Funkelpony ist, so wie ihr Vorfahr Monsieur Soleil. Deswegen habe ich ihr einen Funkelstein gegeben. Doch inzwischen ist so viel passiert …“ Leonore machte eine Pause, ganz in ihre Gedanken versunken. „Ich kann einfach nicht mehr daran glauben, dass Sunny ein Funkelpony ist“, sagte sie bestimmt.
„Aber der Stein hat hell gefunkelt, ehrlich!“, widersprach Fiona. „Das muss doch etwas bedeuten.“
„Eine Spiegelung der Stalllampe“, schlug Leonore vor. „Oder ein Widerschein von draußen. Selbst wenn Sunny doch ein Funkelpony sein sollte, kennt ihr euch noch nicht lange genug. Der Stein würde niemals nach so kurzer Zeit das erste Mal funkeln.“
Fiona schluckte. Sie selbst hatte ja das Auto gesehen, das kurz vorher auf den Hof gefahren war. Vielleicht hatte sich wirklich nur ein Lichtstrahl in Sunnys Stein gebrochen.
„Ich möchte dir und Sunny gern eine Chance geben“, sagte Leonore nun. „Deswegen habe ich auch erlaubt, dass du zum Reiten zu mir kommst. Wir warten also noch ein paar Tage. Aber mein Hof ist nur für Funkelponys und ihre Reiterinnen gedacht. Sonst darf niemand hier reiten. Wir sind eine kleine, verschworene Gemeinschaft, eine magische Funkelinsel: die Mädchen, die Ponys und ich. Till und Mila wissen nichts davon, und das soll auch so bleiben. Ich wünschte wirklich, Aurelia, Jana und Leni hätten dir noch nichts von alldem erzählt. Ich muss wohl mal ein ernstes Wörtchen mit ihnen reden.“
Fiona war das Ganze plötzlich furchtbar peinlich. Wie hatte sie nur glauben können, dass sie ein Funkelmädchen sein und ihren eigenen Funkelstein bekommen könnte? Dass sie mit Leni, Jana und Aurelia anderen helfen würde? Sie gehörte nicht in diese geheimnisvolle, magische Welt. Doch der Kloß in ihrem Hals, der bei diesem Gedanken in ihr aufstieg, verschwand schnell wieder. Leo wollte ihr noch eine Chance geben – ihr und Sunny! Die mussten sie unbedingt nutzen.