Читать книгу In der Vertikale - Engelbert Guggenberger - Страница 6

Einleitung

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Bücher entstehen manchmal durch Zufall, oft gibt es aber auch einen konkreten Anlass. Habe ich mein erstes Buch1 über das Lesachtal, das Tal meiner Herkunft, eher zufällig geschrieben, so verdankt sich mein zweites einem besonderen Ereignis. Am 23. Juli 2015 erlitt ich am Heiligkreuzkofel in den Dolomiten einen schweren Kletterunfall, bei dem ich mir einen Trümmerbruch im rechten Unterschenkel zuzog. Mehr als ein Jahr dauerte die Zeit der Rekonvaleszenz, die Gott sei Dank mit einer Heilung abgeschlossen werden konnte. In den langen Monaten der Verunsicherung und des Zuwartens wandte sich mein Blick nach innen und auf dem Grund meiner Seele begannen sich Fragen rund um das Klettern zu formulieren. War der Stellenwert angemessen, den das alpine Klettern in meinem Leben einnahm? Bleibt es bei dieser Bewertung oder hat sich durch meinen Unfall daran etwas geändert? Muss ich meine Einstellung zum Alpinismus und zu seiner Bedeutung für mein Leben revidieren? Bedeutet das Klettern für mich vor allem Bewegung und Abenteuer oder vollzieht sich darin etwas, das über den Sport hinausgeht?

Je eindringlicher ich diesen Fragen nachging, desto mehr spürte ich, dass mir das alpine Klettern etwas vermittelt, was ich mir auf keine andere Weise im Leben aneignen könnte. Mit der Zeit wuchs auch die Überzeugung, diesen Mehrwert des Kletterns benennen und beschreiben zu können. Als mir dann auch noch von meiner Mitwelt signalisiert wurde, dass die Darstellung dieses Hintergrundes von allgemeinem Interesse wäre, fand ich die nötige Motivation, um meine Überlegungen niederzuschreiben und damit für andere zugänglich zu machen. Doch wo sollte ich bei diesem weitläufigen Thema beginnen? Mir war bald klar, dass ich eine möglichst natürliche Verbindung finden musste zwischen dem, was sich im Kopf, in der Psyche und in der Seele des Menschen, der klettert, abspielt, und dem Geschehen in der Wand. Die Brücke fand ich in Einstellungen und Haltungen, die sowohl beim Klettern wie auch im Alltag und nicht zuletzt im Glauben eine Rolle spielen und die uns bei der Lebensbewältigung helfen. Um sie aber zu konkretisieren und zu zeigen, wo wir sie brauchen und wie sich ihr Vorhandensein förderlich auf unser Dasein auswirkt, verband ich die Schilderung dieser Einstellungen und Haltungen mit Berichten von extremen klassischen Klettertouren in den Dolomiten, den Karnischen oder den Julischen Alpen, die ich in den letzten Jahren und Jahrzehnten unternommen hatte.


Auf diese Weise ist das vorliegende Buch entstanden. Es schildert meine Erfahrungen in sehr persönlicher Sicht, die Gedanken, die mir durch den Kopf gehen, wenn ich mich mit der Vertikalen in ihren verschiedenen Dimensionen auseinandersetze. Die damit verbundene Subjektivität schränkt das gedankliche Spektrum zwar ein, hat aber auch ihre Vorteile: Der Leser gewinnt auf diese Weise Anteil am Auf und Ab meiner Gefühle, erfährt von meinen Freuden und Ängsten, meinen Hoffnungen und Enttäuschungen, aber auch von jenen wertvollen Menschen, die mich auf meinen schwierigen Wegen begleitet haben: meinen Kletterpartnerinnen und -partnern, ohne die ich diese Abenteuer nicht hätte bestehen können.

Unterstützt werden die Gedanken und Berichte durch Fotos, die wir unterwegs gemacht haben. Angefertigt wurden sie alle mit einem Handy oder einer kleinen Kamera, die wir in der Wand mitführten. Nicht alle Touren sind optisch gleichermaßen dokumentiert. War das Wetter schlecht, hatten wir Eile oder fehlte uns die nötige Motivation, so unterblieb das Fotografieren. In diesem Fall werden stellvertretend Bilder aus anderen Touren herangezogen. Um auch den mit der alpinen Fachsprache nicht Vertrauten das Lesevergnügen zu erhalten, findet sich am Ende des Buches ein Glossar, in dem die klettertechnischen Fachausdrücke erläutert werden. So wünsche ich viel Freude an der Lektüre!

In der Vertikale

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