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Kapitel 02: Der Ausbruch des Krieges und die Sezession Virginias

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Ich reiste also zum Tagungsort und erreichte Richmond am 03. Februar, dem Vortage der ersten Versammlung. Die Stadt befand sich in heller Aufregung und die Menschen in den Straßen fieberten den kommenden Ereignissen entgegen. Niemals zuvor hatte ich etwas Vergleichbares gesehen. Am folgenden Morgen begab ich mich zur ersten Sitzung, die im Institut für technische Mechanik, einem Gebäude in der 9th Street unweit der Main Street, abgehalten wurde. (Dieses Gebäude diente als Tagungsort, da im Kapitol zeitgleich eine außerordentliche Sitzung der Legislative stattfand. In der Folgezeit beherbergte das Institut das Kriegsministerium der Konföderierten Staaten, bis es im April 1865 im Zuge der Evakuierung Richmonds niedergebrannt wurde.) In der unteren Eingangshalle drängte sich eine große Gruppe örtlicher Damen. Wir mussten den Raum durchqueren, um zum Sitzungssaal im ersten Stockwerk zu gelangen, doch es war unmöglich, uns unseren Weg durch die Menge zu bahnen. Ich bat die Damen inständig, mich passieren zu lassen und erklärte ihnen, dass ohne uns Abgeordnete keine Sitzung stattfinden könne. Eine der Frauen fragte mich: „Sind Sie ein Sezessionist?“, worauf ich entgegnete: „Gute Frau, wenn es nach mir ginge, würde Virginia bereits morgen vor dem Frühstück nach einer kurzen Abstimmung die Union verlassen.“ Hierauf rief sie aus: „Meine Damen, lassen Sie den hier durch! Der ist brauchbar!“ Sie bildeten eine schmale Gasse und ich eilte in den Sitzungssaal.

Ich habe oft darüber nachgedacht, wie vorteilhaft es gewesen wäre, hätten wir bereits am nächsten Morgen den Austritt aus dem Staatenbund beschlossen. Stattdessen verschwendeten wir die Zeit vom Februar bis zum 17. April mit nutzlosen Debatten. Wie gut hätten wir jene Monate dafür nutzen können, uns auf den kommenden Sturm vorzubereiten! Doch es sollte nicht sein und es ist müßig, sich im Nachhinein darüber zu grämen.

Die Abgeordneten kamen also zusammen und wählten Mr. John Janney aus Loudoun County, Virginia mit 70 zu 54 Stimmen zum Sitzungspräsidenten. Sein unterlegener Konkurrent war Mr. V. W. Southall aus Albemarle County. Sie beide waren Unionsanhänger, aber die Sezessionisten unter uns bevorzugten Mr. Southall, da er dem Gedanken der Sezession etwas zugänglicher zu sein schien als Mr. Janney. Die Tagung wurde von Anhängern der alten Whig-Partei dominiert und die meisten von ihnen wollten der Union die Treue halten. Die Demokraten hingegen, die im Staate Virginia bereits seit mehreren Jahren politisch tonangebend waren, sprachen sich mit überwiegender Mehrheit für eine sofortige Sezession aus. Die Whigs vertraten eine gemäßigtere Haltung. Sie waren Befürworter der Union und wollten sie nach Möglichkeit erhalten, würden sich jedoch für einen Austritt aussprechen, falls die Entwicklung der Dinge diesen in ihren Augen erforderlich machen sollte. Sie glaubten nicht an eine bevorstehende Sezession Virginias und hofften, der Whig-Partei wieder Leben einhauchen zu können, nachdem diese im Staate Virginia nun schon seit einiger Zeit am Rande der Bedeutungslosigkeit stand. Die Partei wurde auf jener Tagung durch ihre einflussreichsten Mitglieder vertreten, welche zu den geachtetsten Bürgern des Staates zählten. Unter ihnen befanden sich John Janney aus Loudoun County, Robert E. Scott aus Fauquier County, Robert Y. Conrad aus Frederick County, John B. Baldwin und A. H. H. Stuart aus Augusta County, Jubal A. Early aus Franklin County und viele weitere verdiente Männer. Das beschwichtigende Gebaren dieser Gentlemen erboste mich über alle Maßen, denn ich war überzeugt, dass wir in unseren Sitzungen Tag für Tag nur Zeit verschwendeten, welche wir besser dazu genutzt hätten, uns auf das Kommende vorzubereiten. Leider war dies nicht zu ändern, denn die Herren zeigten sich unseren Argumenten nicht zugänglich.

Die Gruppe der Sezessionsbefürworter bildete nur eine vergleichsweise kleine Minderheit. Sie wurde angeführt von einigen der fähigsten Männer des Staates Virginia, unter ihnen der ehemalige Präsident John Tyler, Professor James P. Holcombe, Vizegouverneur Robert L. Montague, Henry A. Wise, John Goode und Jeremiah Morton. Wir sprachen uns geschlossen für die sofortige Sezession aus. Henry A. Wise äußerte die Ansicht, man solle versuchen, unsere Ziele „innerhalb der Union zu erkämpfen“. Er sprach mehrfach zu uns über diesen Kampf „innerhalb der Union“, aber zumindest ich verstand nicht so recht, wie genau dieser Kampf vonstattengehen sollte. (Jefferson Davis äußert in seinem Werk „Rise and Fall of the Confederate States” auf Seite 255 dasselbe Unverständnis für diese Vorgehensweise. John Marshall hingegen sprach die Möglichkeit einer ähnlichen Vorgehensweise an, als er im Jahre 1788 in Virginia für die Ratifizierung der Verfassung warb.) [Anm. d. Übers.: Im Dezember 1860 fasste Henry A. Wise sein Konzept des „Kampfes innerhalb der Union“ in einem offenen Brief an die New York Times in sechs Punkten zusammen: 1.) Die Einzelstaaten sind befugt, rechtswidriges Verhalten anderer Landesteile festzustellen und gegebenenfalls zu ahnden. 2.) Rechtswidriges Verhalten einzelner Staaten ist nicht durch den Staatenbund, sondern konkret durch die geschädigten Staaten zu ahnden. Dabei können rechtswidrig handelnde Staaten nicht im Namen der Union handeln; sie stellen sich durch den Rechtsbruch automatisch außerhalb der Union. 3.) Die Union ist kein rein abstrakter Gedanke, sondern eine konkrete Sache in Gestalt aller Gelder und Besitztümer der Zentralregierung. Diese Güter dürfen nicht einfach dem politischen Gegner überlassen werden, indem man sich selbst aus der Union ausschließt. Es ist moralische Feigheit, sich von den Freiheiten der Verfassung abzuwenden, nur um das Recht der Sklaverei zu schützen. 4.) Sezession bedeutet Abkehr von der Verfassung und dieser Abkehr wird die Mehrheit der südstaatlichen Bevölkerung nicht zustimmen. Um die Bevölkerung hinter einer gemeinsamen Sache zu einen, sollte der Süden sich zum Bewahrer der Verfassung und des Staatenbundes erklären. Der Norden ist nicht die Union, er bedroht die Union. 5.) Die Einzelstaaten haben das verfassungsmäßige Recht, ihre eigenen Truppen zu unterhalten und im Angriffsfalle oder in akuten Bedrohungslagen mit diesen Truppen Krieg zu führen. Der Rechtsbruch des Nordens stellt einen Angriffsfall dar und somit sind die Einzelstaaten notfalls zur Kriegsführung berechtigt. 6.) Diese Vorgehensweise macht einen Krieg zugegebenermaßen nicht weniger wahrscheinlich, aber der Süden sollte einen etwaigen Krieg als Vertreter und Bewahrer des Staatenbundes führen, nicht als dessen Feind.]

Unmittelbar vor der ersten Sitzung unserer Tagung hatte in Washington auf Virginias Bestreben hin ein Friedenskongress stattgefunden, um die Streitigkeiten zwischen Nord und Süd womöglich auf einvernehmlichem Wege beizulegen. Auf diesen Kongress wurden die fähigsten Männer des Nordens und des Südens entsandt und doch musste sein Ergebnis als kläglicher Fehlschlag bezeichnet werden. Als unsere Tagung in Richmond begann, waren die Abgeordneten des gescheiterten Friedenskongresses, unter ihnen der ehemalige Präsident John Tyler aus Charles City County sowie George W. Summers aus Kanawha County (im heutigen West Virginia), gerade erst nach Virginia zurückgekehrt.

Zu Beginn der Tagung hielt George W. Summers eine Rede, in welcher er sich dafür aussprach, den Zudringlichkeiten des Nordens nachzugeben, um eine Sezession zu vermeiden. Hierauf antwortete John Tyler mit einer gewaltigen Rede und er gestand mir danach, er habe befürchtet, seine Rede womöglich nicht zu überleben, da ihm seine angeschlagene Gesundheit arg zu schaffen machte. Tyler sprach drei Sitzungstage lang und mit jedem Tag wurde seine Rede mitreißender und wortgewaltiger. Sie bildete eine der hervorragendsten Verteidigungen des Südens und seiner Entscheidung zur Sezession, die ich jemals gehört habe.

Nach Mr. Tyler hielt auch Professor James P. Holcombe aus Albemarle County eine Rede, in welcher er zur Sezession aufrief. Mr. Holcombe war seit neun Jahren Professor der Rechtswissenschaften an der University of Virginia und seine Rede war eine der besten, die jemals im Staate Virginia vorgetragen wurden. Die sezessionistisch gesinnten Abgeordneten im Saale sowie die Zuhörer auf den Emporen brachen in donnernden Applaus aus und Abdrucke der Rede stießen bei den Einwohnern Richmonds und den Sezessionisten des gesamten Staates auf große Begeisterung. Die Damen der Stadt ließen noch tagelang die prächtigsten Blumenbouquets an Holcombes Sitzplatz liefern und er wurde eine Zeit lang als der große Held der Tagung gefeiert. Ihm folgte die Rede von John B. Baldwin, einem der fähigsten Männer unter den Unionsbefürwortern. Es muss gesagt werden, dass es eine gute Rede war, in der er die Ansicht vertrat, dass ein Sezessionsrecht nicht existiere und der Süden, sollte es jemals zum Ärgsten kommen, nur durch eine Revolution, nicht jedoch durch Sezession, für seine Rechte kämpfen könne. Diese Sicht der Dinge entsprach ganz den Überzeugungen der virginischen Whig-Partei. Die Rede stieß bei den Unionisten im Saale auf großen Beifall, wurde jedoch von der Bevölkerung Richmonds ausgesprochen kühl aufgenommen. Keine einzige Dame in ganz Virginia hatte auch nur ein Blümlein für Mr. Baldwin übrig. Lediglich drei Damen aus Massachusetts, welche zu jener Zeit in der Stadt verweilten und im Exchange Hotel logierten, konnten sich für Baldwins Worte ausreichend begeistern, um ihm Blumen zukommen zu lassen.

Auch nach Beginn der Tagung blieb es noch einige Zeit lang zweifelhaft, ob die Vereinigten Staaten Krieg gegen die sezessionistischen Südstaaten führen würden. In Teilen der nordstaatlichen Bevölkerung und selbst in Lincolns Kabinett fanden sich Anhänger der Vorgehensweise, „den irregeleiteten Bruder in Frieden seiner Wege ziehen zu lassen“. Dann wurden jedoch die Gouverneure der nordwestlichen Staaten unter der Führung von Oliver P. Morton in Washington vorstellig, um auf einem Krieg zur Wiederherstellung der Union zu bestehen. Die Regierung schwenkte schließlich auf diesen Kurs ein.

Am 15. April rief Lincoln die unionstreuen Staaten auf, 75.000 Kriegsfreiwillige anzuwerben, um die Südstaaten zur Rückkehr in die Union zu zwingen. Diese Maßnahme stellte unsere Tagung vor die dringliche Frage, ob der Staat Virginia seine Quote dieser 75.000 Soldaten zur Bekämpfung des Südens bereitstellen solle oder ob nun der Zeitpunkt der eigenen Sezession gekommen sei, um sich den Südstaaten anzuschließen. Angesichts der aktuellen Ereignisse hatten sich die Ansichten der Abgeordneten stark zugunsten der Sezession Virginias gewandelt. Die vernünftigen und patriotischen Whigs, welche zuvor einen Austritt so vehement abgelehnt hatten, zogen ihn nun ernsthaft in Betracht und nach intensiven Beratungen wurde am 17. April 1861 in geheimer Wahl mit einer Mehrheit von 88 zu 55 Stimmen die Sezessionserklärung des Staates Virginia verabschiedet. Die Erklärung wurde von sämtlichen Abgeordneten unterzeichnet, mit Ausnahme jener aus dem nordwestlichen Teile des Staates, welcher heute West Virginia bildet. Diese Herren verließen die Tagung kurz nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses und schlugen sich im kommenden Kriege auf die Seite des Nordens.

Die verabschiedete Sezessionserklärung lautete wie folgt:

SEZESSIONSERKLÄRUNG

Es ist dies eine Erklärung der Außerkraftsetzung der Ratifizierung der Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika durch den Staat Virginia zum Zwecke der Wahrung all jener Rechte und Freiheiten, die dem Staate unter jener Verfassung zustehen.

Die Bevölkerung des Staates Virginia erklärte im Zuge ihrer Ratifizierung der Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika am 25. Juni im Jahre des Herrn 1788, dass alle in jener Verfassung der Zentralregierung übertragene Rechtsgewalt vom Volke ausgehe und jederzeit durch dieses wieder entzogen werden könne, falls besagte Gewalt pervertiert und missbraucht werden sollte. Da nun nicht nur der Staat Virginia, sondern sämtliche sklavenhaltenden Südstaaten im Namen jener Verfassung unterdrückt werden, erklärt die Bevölkerung Virginias hiermit folgendes:

Die am 25. Juni im Jahre des Herrn 1788 durch die Bevölkerung dieses Staates verabschiedete Erklärung, in welcher die Ratifizierung der Verfassung der Vereinigten Staaten verlautbart wurde sowie sämtliche Beschlüsse der Legislative des Staates Virginia hinsichtlich der Ratifizierung von Zusätzen zu besagter Verfassung sind hiermit außer Kraft gesetzt und für nichtig erklärt. Die unter besagter Verfassung etablierte Union zwischen dem Staate Virginia und den übrigen Bundesstaaten ist hiermit aufgelöst und der Staat Virginia hat die volle und einzige Gewalt zur Ausübung aller Hoheitsrechte, welche einem freien und unabhängigen Staate zustehen.

Weiter erklärt die Bevölkerung Virginias, dass besagte Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika für keinen Einwohner des Staates Virginia mehr bindend ist.

Diese Erklärung soll an jenem Tage Wirksamkeit und Gesetzeskraft erlangen, an dem sie von der Mehrheit der Wähler des Staates in einer Wahl am vierten Donnerstage des kommenden Monats Mai gemäß einem noch zu verlautbarenden Ablauf ratifiziert wird.

Vorliegende Erklärung ergeht durch die Abgeordneten der Tagung in der Stadt Richmond am 17. Tage des Monats April im Jahre des Herrn 1861, dem 85. Jahr des Commonwealth of Virginia.

Gezeichnet:

W. M. Ambler; E. M. Armstrong; W. B. Aston; John B. Baldwin; George Baylor; Miers W. Fisher; Wm. Hamilton Marginborg; Hugh M. Taylor; Johnson Orrick; Logan Osburn; Sam M. Garland; George W. Richardson; Henry A. Wise; J. T. Martin; Alfred M. Barbour; James Barbour; Ed. N. Chambers; George Blow, Jr.; James Boisseau; Peter B. Borst; Wood Bouldin; William W. Boyd; James C. Bruce; Benjamin W. Byrne; Thos. Stanhope Fleming; William M. Forbes; John T. Seawell; Geo. P. Taylor; Wm. M. Tredway; Benj. F. Wysor; Hervey Deskins; Geo. W. Hull; W. T. Sutherlin; Jas. W. Hoge; Robert C. Kent; R. C. Grant; Richard H. Cox; Stephen A. Morgan; James Marshall; A. F. Caperton; William C. Parks; Wm. Ballard Preston; Wm. Campbell Scott; W. M. Speed; John T. Thornton; Sam’l Woods; John I. Kindred; Harry L. Gillespie; F. M. Cabell; S. L. Graham; Thos. Maslin; Edw. D. McGuire; John A. Robinson; C. J. P. Cresap; James B. Dorman; Jubal A. Early; Napoleon B. French; Colbert C. Fugate; Peyton Gravely; Fendall Gregory, Jr.; Addison Hall; Cyrus Hall; J. B. Miller; Horatio G. Moffett; Donald Pugh; Peter Saunders, Jr.; V. W. Southall; John Tyler; Ro. H. Whitfield; James G. Holladay; Henry H. Masters; Jeremiah Morton; Thomas F. Goode; George William Brent; Wm. H. B. Custis; W. T. Cooper; Robt. E. Cowan; Wm. L. Goggin; John Goode, Jr.; Fielden L. Hale; Thos. Branch; W. P. Cecil; John A. Campbell; John B. Chambliss, Sr.; Saml. A. Coffman; R. M. Conn; C. B. Conrad; John Cutchen; Saml. Price; Timothy Rives; Charles R. Slaughter; Alex. H. H. Stuart; Robert H. Turner; James H. Cox; Samuel G. Staples; James W. Sheffey; Geo. W. Randolph; James Lawson; Andrews Parks; John Janney (Sitzungspräsident und Abgeordneter von Loudoun County); Leonard S. Hall; Lewis E. Harvie; Peter C. Johnston; Paul M. Noel; Edmund Taylor Morris; John Q. Marr; Edward Waller; Marmaduke Johnston; Algernon S. Gray; Angus R. Blakey; Burwell Spurlock; James P. Holcombe; John N. Hughes; Lewis D. Isbell; Walter D. Leake; Chas. K. Mallory; I. B. Mallory; John L. Marye; R. E. Scott; J. D. Sharp; James MacGruder Strange; Wm. C. Wickham; Wm. H. Dulany; John Armistead Carter; M. R. H. Garnett; Manilius Chapman; G. W. Berlin; Thomas Sittington; Franklin P. Turner; J. M. Heck; Eppa Hunton; Allen C. Hammond; Alpheus F. Heymond; John I. Kilby; Robert L. Montague; S. W. D. Moore; Wm. S. Neblett; Saml. C. Williams; Wm. White; Jas. V. Brooke; Jno. Echols; J. B. Young.

143 Abgeordnete der Tagung unterzeichneten diese Erklärung. Mit Ausnahme jener Herren aus dem Nordwesten des Staates unterschrieben sämtliche Abgeordneten, Sezessionisten wie einstmalige Unionsanhänger, das Dokument und es war dies de facto die Abkehr der Whig-Partei von ihrer einstigen Überzeugung, dass den Einzelstaaten kein Sezessionsrecht zustünde. Als diese patriotischen Whigs, die zuvor eine Sezession abgelehnt hatten, ihre Feder unter jene Erklärung setzten und somit anerkannten, dass Virginia ein Sezessionsrecht besaß und dass der Norden mit seinem Verhalten die Ausübung dieses Rechtes notwendig gemacht hatte, galt in Virginia das Bestehen eines Rechtes der Einzelstaaten zum Austritt aus der Union als eine allgemein anerkannte Tatsache. Es ist undenkbar, dass diese ehrbaren Männer eine Erklärung unterzeichnet hätten, deren Inhalt ihren politischen Überzeugungen zuwiderlief. Gelegentlich treffe ich noch heute einen Virginier, der behauptet, ein Sezessionsrecht hätte in der Tat nicht bestanden. Ich kann diese Leute nur auf jene Sezessionserklärung hinweisen und entgegnen, dass es müßig ist, dieses Recht infrage zu stellen, nachdem die klügsten Köpfe des Staates sich nahezu geschlossen für dieses Recht aussprachen und es danach in die Tat umsetzten.

Gerne hätte ich an dieser Stelle eine detaillierte Schilderung der Sitzungen unserer Tagung zu Papier gebracht, doch tatsächlich ereignete sich bis zur Ausarbeitung der Sezessionserklärung kaum etwas Erwähnenswertes und wir vergeudeten lediglich kostbare Zeit mit endlosen Reden und Debatten. Etwaige persönliche Erlebnisse, die zumindest von leidlichem Interesse sein könnten, sind im Laufe der Jahre leider aus meinem Gedächtnis entschwunden.

Obgleich die alte Whig-Partei sich mehrheitlich gegen eine Sezession ausgesprochen hatte, erwies sie sich mit der Unterzeichnung der Sezessionserklärung als ebenso patriotisch und dem Wohle Virginias ergeben wie jene von uns, welche sich bereits seit Beginn der Krise für eine Sezession ausgesprochen hatten. Im gesamten Staate gab es diesbezüglich nur wenige Ausnahmen und nahezu alle Männer, Frauen und Kinder waren in ihrer Unterstützung Virginias und ihrer Verdammung der nordstaatlichen Invasoren geeint. Die Sezessionserklärung, welche die Abgeordneten unterzeichnet hatten, musste nun auch von der Bevölkerung des Staates Virginia ratifiziert werden. Die entsprechende Wahl fand inmitten der Unruhen der Kriegsvorbereitungen des Staates statt und etliche der Stimmen wurden in provisorischen Feldlagern abgegeben, da die jungen Männer sich bereits zu den Fahnen gemeldet hatten. Am 23. Mai 1861 wurde die Sezessionserklärung schließlich mit überwältigender Mehrheit ratifiziert.

Als Abgeordneter der Tagung in Richmond schloss ich Freundschaften mit einigen der bedeutsamsten Männer des Staates. Es war mir eine große Ehre, als ihr Freund angesehen zu werden und ich erinnere mich ihrer stets mit Freude und Dankbarkeit. Unter ihnen befanden sich Mr. Tyler, William Ballard Preston, Allen Caperton, Vizegouverneur Montague (welcher Mr. Janneys Nachfolge als Sitzungspräsident antrat, als dieser von seinem Posten zurücktrat), John Baldwin, John Goode, Thomas F. Goode, Professor Holcombe, Jeremiah Morton und einige weitere Herren.

Meine Frau und mein Sohn begleiteten mich auf jene Tagung und wir logierten im Exchange & Ballard Hotel. Im gleichen Hotel waren auch die bereits erwähnten Damen aus Massachusetts untergebracht und zu ihrer Gruppe gehörte ein junger Knabe, der ein wenig älter und größer als mein Sohn war. Der kleine Bursche war ein lautstarker Unionsanhänger und mein Sohn ein nicht minder lautstarker Sezessionist. Die beiden gerieten täglich aneinander, wobei Eppa meist die Oberhand gewinnen konnte, doch einmal überquerte ich gerade den brückenähnlichen Zwischengang, welcher über die Straße hinweg zwischen den beiden Gebäuden des Hotels verlief, als ich Zeuge einer erneuten Rangelei zwischen den beiden Knaben wurde. Eppa hatte nach dem kleinen Yankee getreten, wobei dieser seinen Fuß zu fassen bekommen hatte und ihn nun festhielt, während Eppa einigermaßen hilflos auf einem Bein hüpfte. Ich beschloss, weiterzugehen und mich nicht in ihre Rauferei einzumischen und sah schon bald, dass Eppa sich zu befreien vermochte und nun seinerseits den anderen Burschen in arge Bedrängnis brachte.

Nun, da allenthalben Freiwilligenregimenter für die konföderierte Armee aufgestellt wurden, wollte ich nicht weiter in der Miliz dienen und so übersandte ich dem damaligen Gouverneur John Letcher kurz nach der Ratifizierung der Sezessionserklärung mein Rücktrittsgesuch. Es stellte sich heraus, dass gegen Ende der Tagung jeder zu jenem Zeitpunkt noch anwesende Abgeordnete (die Herren aus dem Nordwesten hatten uns bereits verlassen) eine Petition an den Gouverneur unterzeichnet hatte, in der um meine Ernennung zum Colonel in der konföderierten Armee gebeten wurde. Dieser Vertrauensbeweis erfüllte mich mit größter Dankbarkeit.

(Anm. v. Eppa Hunton IV.: Während ich meinem Vater bei der Ordnung seiner Notizen für diese Memoiren half, wurde der Vorschlag an mich herangetragen, in der Staatsbibliothek Virginias im schriftlichen Nachlass von Gouverneur Letcher nach dieser Petition zu forschen, da sie sich womöglich unter den Papieren befinden mochte. Mehrere Stunden lang durchsuchte ich die Briefe und Dokumente des Gouverneurs aus jener Zeit, doch das gesuchte Schriftstück blieb unauffindbar. Binnen eines Monats nach meinen fruchtlosen Bemühungen wurde meiner Mutter im Dezember 1929 von einer ihrer Freundinnen (der Gattin von William R. Castle, Jr.) aus Washington, D.C. das Originalexemplar der Petition übersandt. Meine Mutter und Mrs. Castle hatten einige Jahre zuvor während eines Aufenthaltes bei den heißen Quellen der Ortschaft Hot Springs Bekanntschaft geschlossen. Der Petition lag folgende Note bei:

Ich hoffe, das beigefügte Dokument wird dir Freude bereiten. Wir fanden es an unerwarteter Stelle und denken, es gehört rechtens Mr. Hunton und eurem Sohn. Es bereitet mir großes Vergnügen, dir diese Gefälligkeit erweisen zu können.

Gezeichnet, Margaret Castle.“

Mr. Castle war im Laufe seiner Karriere Botschafter in Japan und dient heute (im Jahre 1932) als Staatssekretär im Außenministerium, wo er unter den Präsidenten Coolidge und Hoover bereits zuvor gearbeitet hatte.

Besagte Petition an Gouverneur Letcher lautet folgendermaßen:

Richmond, 01. Mai 1861.

Gouverneur Letcher:

Sehr geehrter Herr: Die Unterzeichner vorliegender Petition haben Kenntnis erlangt, dass Freunde von General Eppa Hunton aus Prince William County Ihnen im Zuge der kürzlich verabschiedeten Erklärungen Mr. Hunton für einen militärischen Posten im Felde anzuempfehlen gedenken. Wir möchten Mr. Hunton hiermit ebenfalls herzlichst Ihrer gütigsten Beachtung anempfehlen. Nachdem wir auf der virginischen Sezessionstagung seine Bekanntschaft geschlossen haben, hegen wir nicht den geringsten Zweifel daran, dass Mr. Huntons Dienst an entsprechender Stelle dem Wohle unserer Sache ganz außerordentlich zuträglich wäre.

Es zeichnen mit vorzüglicher Hochachtung:

Jeremiah Morton; R. B. Borst; George Wm. Brent; John Q. Marr; G. W. Randolph; W. P. Cecil; Thos. G. Fleming; Lewis E. Harris; John Goode, Jr.; Samuel G. Staples; John T. Seawell; Wm. L. Goggin; Wm. H. Macfarland; Saml. A. Coffman; Henry Deskins; Robert H. Turner; C. R. Slaughter; Jas. M. Speed; W. C. Scott; G. W. Richardson; Ro. L. Montague; R. E. Scott; J. R. Chambliss; Alfred M. Barbour; Sam M. Garland; F. M. Cabell; Thomas F. Goode; Jno. Echols; Geo. P. Taylor; Wm. M. Forbes; B. Wilson; L. D. Isbell; W. M. Ambler; F. Gregory, Jr.; A. S. Gray; Jas. Lawson; Edm’d T. Morris; J. M. Strange; W. D. Leake; Jas. G. Holladay; John T. Thornton; John Tyler; A. R. Blakey; Sam’l Woods; Wm. Ballard Preston.”

In einem späteren Brief erklärte mir Mr. Castle, dass er im Katalog eines Autogrammhändlers geblättert hatte und dabei auf das Angebot einer Signatur von Präsident Tyler gestoßen war. Castle las die Beschreibung des Artikels, erfuhr, dass es sich dabei um besagte Petition an Gouverneur Letcher handelte und erstand das Dokument, um es uns zu überlassen.)

Mein guter Freund Ballard Preston legte die Petition im Laufe der Tagung jedem der anwesenden Abgeordneten vor. Der Gouverneur ließ mir daraufhin eine Nachricht zukommen, dass ich als Brigadier-General der Miliz von überaus großem Nutzen sei und er deswegen mein Rücktrittsgesuch nicht bewilligen könne. Hierauf sandte ich ihm ein erneutes Gesuch, dieses in unmissverständlichen Worten: Würde er mich nicht zu einem Colonel der konföderierten Armee ernennen, so würde ich mein Amt als Brigadier-General der Miliz niederlegen und mich als einfacher Soldat in einem Freiwilligenregiment verpflichten. Einige Tage später schlenderte ich über das Jahrmarktgelände (den heutigen Monroe Park) und setzte mich schließlich auf einen Zaun, um eine Drillübung zu beobachten, welche die Kadetten des Virginia Military Institute gerade mit einigen frischen Rekruten abhielten. Ich war über alle Maßen enttäuscht, dass meinem Gesuch nicht stattgegeben worden war und brütete in trübe Gedanken versunken vor mich hin, als Mr. Ballard Preston zu mir kam, vor mir stehen blieb und mit den Worten: „Colonel Hunton!“ zackig salutierte. Gouverneur Letcher hatte mich zum Colonel der 8th Virginia Infantry ernannt. Die Neuigkeit erfüllte mich mit größter Freude und Erleichterung.

Auf die Bekanntgabe meiner Ernennung hin bat ich sogleich um die Bewilligung meines Rückzuges aus dem Tagungsbetrieb, welche mir auch erteilt wurde. Ich verließ Richmond und eilte ins nördliche Virginia nach Leesburg, Loudoun County, wo ich mein Regiment organisieren sollte.

Zum Zeitpunkt der Ratifizierung der Sezessionserklärung hatte ich in Leesburg bereits acht Kompanien aufgestellt und zwei weitere sollten folgen. Sechs meiner Kompanien stammten aus Loudoun County, unter der Führung der Captains William N. Berkeley, Nathaniel Heaton, Alexander Grayson, James Simpson, J. Morris Wampler und Mandley Hampton, eine Kompanie unter Captain Edmund Berkeley kam aus Prince William County, zwei unter den Captains Richard H. Carter und Robert T. Scott kamen aus Fauquier County und eine unter Captain James Thrift kam aus Fairfax County. Captain Thrift stieß erst am 23. Juli mit seiner Kompanie zu mir und Captain Scott etwa weitere zehn Tage später, sodass mein Regiment in der Ersten Schlacht von Manassas über lediglich acht Kompanien verfügte.

Am 24. Mai, dem Tage nach der Ratifizierung der Sezessionserklärung, marschierte am Abend ein Regiment US-Soldaten in Alexandria ein. Das Marshall House, eines der Hotels jener Stadt, wurde von einem glühenden Sezessionisten namens James Jackson geleitet und auf dem Dach des Gebäudes wehte eine große Sezessionsflagge. Jackson hatte geschworen, einen jeden Mann zu töten, der versuchen würde, diese Flagge einzuholen. Als das Unionsregiment (die 11th New York Infantry, ein Zouavenregiment) die Stadt besetzte und von der großen Flagge auf dem Hotel erfuhr, eilte Elmer E. Ellsworth, der Colonel des Regiments, mit drei Soldaten auf das Dach des Gebäudes und riss die Fahne von ihrem Mast. Auf seinem Rückweg die Treppe hinab wurde Ellsworth von Jackson gestellt und erschossen, woraufhin dieser von einem der Soldaten getötet wurde. Es war dies das erste Blut, das in jenem Kriege auf dem Boden Virginias vergossen wurde.

Neben meinem eigenen Regiment unterstand mir in Leesburg zudem die Loudoun Cavalry, eine kleine Einheit unter dem Kommando von zuerst Captain Shreve und später Captain Meade sowie eine Geschützbatterie aus Loudoun County unter Captain Rodgers. Kurze Zeit später wurde Captain George Gaither mit einer Kompanie Soldaten aus Maryland bei mir vorstellig und wurde vorübergehend ebenfalls ein Teil meines Kommandos. Diese Burschen aus Maryland waren prächtige Soldaten, aber ihr Captain war leider ein vollkommen nutzloser Offizier. Er ereiferte sich beim geringsten Anlass, war generell überaus emotional und seine Berichte und Meldungen an mich waren so unzuverlässig, dass sie nahezu wertlos waren. Ich widmete mich nach dem Antritt meines Kommandos sogleich mit größtem Eifer der Bewaffnung, Ausrüstung und Ausbildung meiner Männer und es stellte sich bald heraus, dass ich im gesamten Staate Virginia keine besseren Rekruten hätte finden können.

Nachdem ich mich nach Leesburg begeben und dort mein Regiment aufgestellt hatte, dauerte es nicht allzu lange, bis Unionstruppen unter dem Kommando von Colonel C. P. Stone aus Washington heranmarschiert kamen und am Nordufer des Potomac River Stellung bezogen. Es oblag mir nun, die Einfallswege nach Virginia zu bewachen und so musste ich Posten an sämtlichen Furten und Fährstationen über den Potomac River in Loudoun County aufstellen. Colonel Stone war ein bewundernswerter Mann, gesegnet mit großer Intelligenz und militärischem Sachverstand. Er war ein vollendeter Gentleman und führte seine Soldaten auch entsprechend. Seinen Männern gestattete er nicht, überfallartig über den Fluss zu setzen, um sich am Eigentume der Einwohner von Loudoun County zu vergreifen und wenn er von derartigen Vorkommnissen Kenntnis erhielt, ließ er das Diebesgut zurückgeben. Diese besonnene Vorgehensweise erregte den Unmut des hitzköpfigen Teiles der nordstaatlichen Bevölkerung sowie der militärischen Führung und Colonel Stone verlor folglich beträchtlich an Popularität und Rückhalt.

In den frühen Tagen des Monats Juni entbrannte über den Fluss hinweg ein Feuergefecht zwischen meinen Männern und Stones Soldaten, ohne dass eine der beiden Seiten versucht hätte, an das andere Ufer zu gelangen. Das Geplänkel ereignete sich eine beträchtliche Strecke flussaufwärts von Leesburg und sobald ich das Prasseln der Musketen hörte, bestieg ich mein Pferd und ritt zum Orte des Geschehens. Es zeigte sich, dass wir keine Verluste zu beklagen hatten und es sich lediglich um planlose und vereinzelte Schusswechsel handelte, weswegen ich sogleich nach Leesburg zurückkehrte. Ich fühlte mich ein wenig erschöpft, denn meine Gesundheit war zu jener Zeit sehr angeschlagen. In meinem Amtszimmer legte ich mich auf das Sofa und kurz darauf begann meine Kehle ernstlich zu bluten. Ich hustete mehrmals Blut, einige Male in beträchtlicher Menge.

Als die Unionsarmee Alexandria einnahm, erbeutete sie sämtliche Waggons und Lokomotiven der Bahnlinie zwischen Alexandria und Leesburg, mit Ausnahme eines einzigen Zuges. Dieser stand zu jener Zeit gerade im Bahnhof von Leesburg und bestand aus einer prächtigen Lokomotive und etlichen Güterwaggons. General Lee, der zu jener Zeit einen Posten in Richmond bekleidete, wies mich an, die Waggons zu verbrennen und die Lokomotive unbrauchbar zu machen, sodass sie den Unionstruppen nicht in die Hände fallen konnte, falls diese in meinen Landstrich einfallen sollten. Ich beschloss auf eigene Verantwortung, die Waggons von der Lokomotive abzukuppeln und so zu präparieren, dass sie im Ernstfalle rasch zerstört werden konnten, während ich die Lokomotive selbst auseinandernehmen und die wichtigsten Teile ihrer wertvollen Maschinerie in die Berge schaffen ließ. Dies meldete ich prompt General Lee und er hieß mein Vorgehen gut. Als die Unionsarmee schließlich in diese Gegend vorstieß, hatte man die Lokomotive bereits in Sicherheit gebracht und sie fuhr fürderhin auf der Manassas Gap Bahnlinie bei Piedmont (der heutigen Ortschaft Delaplane). Der Transport der zerlegten Lokomotive erforderte ein Gespann von 24 Ochsen, aber sie blieb für die gesamte Dauer des Krieges im Einsatz. Ich war sehr froh, sie nicht zerstört zu haben.

Captain Gaither war mit seiner prächtigen Kompanie aus Maryland bei Edward’s Ferry stationiert, um eine feindliche Flussüberquerung an jener Stelle zu verhindern. Eines Nachts im Monat Juni erhielt ich gegen 00.00 Uhr eine eilige Meldung von Gaither, dass der Feind bei Edward’s Ferry Vorbereitungen zu einer baldigen Überquerung des Potomac River in beträchtlicher Stärke treffe. Ich wies Gaither an, in höchstem Maße wachsam zu bleiben und mir unverzüglich Bericht zu erstatten, sobald die Yankees ihre Vorbereitungen in die Tat umsetzen würden. Von diesem Zeitpunkt an erhielt ich nahezu jede halbe Stunde eine aufgeregte Meldung von ihm, in welcher er beteuerte, dass der Feind eine regelrechte Streitmacht herangeführt hätte und seine Flussüberquerung nun unzweifelhaft unmittelbar bevorstünde. Schließlich ließ der Captain mich wissen, der Feind käme nun in großer Zahl über den Fluss und seine eigene Kompanie würde mit Sicherheit umzingelt und gefangen genommen werden. Bei aller Theatralik wäre es fahrlässig gewesen, die gesamte Meldung rundheraus als unwahr abzutun und so bereitete ich mein Kommando darauf vor, im Ernstfalle je nach Lage der Dinge den Yankees einen Kampf zu liefern oder einen geordneten Rückzug anzutreten. Ich ließ gemäß General Lees Anweisungen die Güterwaggons anzünden und marschierte mit meinen Männern kurz vor Tagesanbruch an den Ortsrand in Richtung Edward’s Ferry. Von einer Gegenwart des Feindes war nichts zu sehen oder auch nur zu hören und schon bald kam Captain Gaither mit seiner gänzlich unversehrten Kompanie heranmarschiert. Ich war nun überzeugt, dass all seine Meldungen Hirngespinste gewesen waren, also sandte ich einige Kundschafter zum Flussufer und erfuhr von ihnen, dass der Feind in der Tat nicht den geringsten Versuch einer Flussüberquerung unternommen und offenbar auch keine entsprechenden Vorbereitungen getroffen hatte. Nichts sprach dafür, dass sich Colonel Stone auch nur mit dem Gedanken eines Vorstoßes trug. Ich war überaus verärgert und zutiefst empört und so sandte ich Gaither mit seiner Kompanie nach Harpers Ferry, um sich dort bei General Joseph E. Johnston zur weiteren Verwendung zu melden. Hierauf führte ich mein Kommando in sein Lager zurück und widmete mich wieder meinen Aufgaben.

Ich wurde später für diesen Vorfall herb kritisiert, besonders von den „Armsessel-Generälen“ der zivilen Führungsriege, welche behaupteten, ich wäre bei Leesburg in Panik verfallen und hätte aus Furcht die Güterwaggons anzünden lassen. Von der militärischen Führung wurde ich hingegen bezeichnenderweise nicht gerügt. Ein jeder Offizier, ganz gleich, wie klein sein Kommando auch sein mag, ist verpflichtet, den Meldungen seiner vorgelagerten Posten Gehör zu schenken. Es bestand zu jenem Zeitpunkt kein Anlass, ernstliche Zweifel an Captain Gaithers Worten zu hegen und ich hatte ihn bis dato als einen verlässlichen Mann erachtet.

Um den 01. Juli traf das 4th South Carolina Regiment und mit ihm Colonel N. G. Evans aus South Carolina in Leesburg ein. Das Regiment wurde von Colonel Sloane befehligt. Evans, der ihn begleitete, hatte den Auftrag erhalten, das Kommando über sämtliche Truppen in Loudoun County zu übernehmen. Diese Soldaten aus South Carolina gebärdeten sich über alle Maßen prahlerisch und verkündeten, sie seien nach Virginia gekommen, um den Krieg für uns auszufechten und einen Siegfrieden zu erzwingen. Wir Virginier sollten nicht in die Kämpfe eingreifen, sondern uns darauf beschränken, diese Helden zu beobachten und sie mit Brot und Fleisch zur Stärkung ihrer Kräfte zu versorgen. Die Unabhängigkeit der Konföderation würde von South Carolina errungen werden. Die außenstehenden Zivilisten zeigten sich von diesem Gerede überaus beeindruckt. All die jungen Damen, welche zuvor den jungen Burschen meines Regiments ihre volle Aufmerksamkeit geschenkt hatten, liefen nun in Scharen zu den Helden aus South Carolina über. Wir wurden schließlich sogar als das „Maisstängel-Regiment“ verspottet, aber obgleich diese Häme meine Jungs betrübte, bewahrten sie ihren Stolz. Sie blieben besonnen, meisterten ihre Drillübungen und waren begierig, der Sache der Konföderation als Soldaten zu dienen.

Um den 15. Juli erhielt Colonel Evans Order, das South Carolina Regiment zurück nach Manassas zu verlegen, woraufhin ich erneut das Kommando über die Truppen in Loudoun County übernahm.

Mein Leben für Virginia

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