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Ägypten und Mitanni
ОглавлениеThutmosis’ III. Feldzüge führten ihn auch nach Nordsyrien, gegen das Königreich Mitanni, das um 1500 v. Chr. in jener Gegend entstanden war, als sein Vorfahre Thutmosis I. dort Krieg geführt hatte.44 Das Reich Mitanni wuchs immer weiter und verleibte sich sämtliche angrenzenden Gebiete ein, zum Beispiel das hurritische Reich Ḫabingalbat. Folglich trug das Königreich unterschiedliche Namen – je nachdem, wer wann darüber schrieb. Die Ägypter nannten es im Allgemeinen »Naharin« oder »Naharina«, die Hethiter das »Land der Hurri« und die Assyrer nannten es »Ḫabingalbat«; die Könige selbst nannten ihr Reich »Mitanni«. Seine Hauptstadt hieß Waššukanni, doch man hat sie noch immer nicht entdeckt – sie ist eine der ganz wenigen Hauptstädte des alten Orients, deren Standort die Archäologie trotz interessanter Hinweise in den archäologischen Befunden und antiken Texten bis heute nicht ermitteln konnte. Einige glauben, sie könnte in den Hügeln des syrischen Tell Fakhariyeh gelegen haben, östlich des Euphrat; bestätigen konnte man dies bislang nicht, doch das liegt nicht daran, dass man es nicht versucht hätte.45
Verschiedene Texte geben an, die Bevölkerung dieses Königreiches habe zu etwa 90 Prozent aus ortsansässigen Hurritern, wie man sie nannte, bestanden, die von den restlichen 10 Prozent regiert wurden; dies waren die Herren von Mitanni, die, wie es scheint, von indoeuropäischer Herkunft waren. Diese kleine Gruppe war offenbar von irgendwo anders eingewandert, hatte sich der indigenen hurritischen Bevölkerung bemächtigt und das Königreich Mitanni gegründet. Die militärische Elite von Mitanni nannte man marjannu (»Wagenkrieger«); diese Männer waren berühmt dafür, dass sie geschickt mit Streitwagen und Pferden umgehen konnten. Ein Text, den man in Hattuša, der Hauptstadt der anatolischen Hethiter, entdeckt hat, enthält eine um 1350 v. Chr. von einem Pferdeausbilder namens Kikkuli verfasste Abhandlung darüber, wie man über einen Zeitraum von 214 Tagen ein Pferd ausbildet. Es ist ein ziemlich aufwendiger Text, der sich über vier Tontafeln erstreckt. Dabei beginnt er ganz einfach: »So (spricht) Kikkuli, der Pferdetrainer aus dem Lande Mitanni.«46
In seinem achten Feldzug in seinem 33. Jahr (ca. 1446 v. Chr.) griff Thutmosis III. das Reich Mitanni an, und zwar zugleich zu Land und zu Wasser, genau wie vor ihm sein Großvater. Wie berichtet wird, fuhr er mit seinen Streitkräften den Euphrat hinauf, obwohl er dabei nicht nur gegen den Strom, sondern auch gegen den Wind segeln musste. Vielleicht war der Angriff eine Strafaktion, als Vergeltung für die mutmaßliche Beteiligung von Mitanni am Aufstand der Kanaaniter im ersten Jahr seiner Herrschaft.47 Er besiegte die Mitanni und ließ zur Erinnerung an seinen Sieg nördlich von Karkemiš am Ostufer des Euphrat eine beschriftete Stele aufstellen.
Doch Mitanni ließ sich nicht unterkriegen. Innerhalb von nur 15 bis 20 Jahren begann der mitannische König Sauštatar, die Grenzen des Reiches noch einmal im großen Stil zu erweitern. Er griff Aššur, die Hauptstadt der Assyrer, an und erbeutete dabei eine kostbare Tür aus Gold und Silber, mit der er seinen Palast in Waššukanni schmückte (wie wir aus einem späteren Text in den hethitischen Archiven in Hattuša wissen), und es könnte sogar sein, dass er die Hethiter angriff.48
Binnen eines Jahrhunderts, bis in die Zeit von Pharao Amenophis III. Mitte des 14. Jahrhunderts v. Chr., herrschten so gute Beziehungen zwischen Ägypten und Mitanni, dass Amenophis gleich zwei mitannische Prinzessinnen heiratete.
Mitanni, Assyrien, Ägypten. Die Welt wuchs immer mehr zusammen, wenn auch manchmal nur als Ergebnis blutiger Kriege.