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KAPITEL II

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„Er muss kürzertreten, sonst bringt es ihn noch um“

Fisher und sein Neffe Stanley reisten am 18. August 1925 ab. Sie fuhren auf der SS Aquitania, einem komfortablen Ozeandampfer der Reederei Cunard, der als besonders formschön galt und den Spitznamen „The Ship Beautiful“ trug. Nach zwei Wochen gingen sie in Alexandria von Bord. Sie machten in Kairo, Jerusalem und Haifa Station, um Versorgungsgüter einzukaufen und Arbeiter anzuheuern, sodass sie schließlich Mitte September in Megiddo eintrafen.

Higgins und Familie sowie DeLoach verließen New York am 29. August auf der SS Canada und kamen ungefähr zehn Tage nach Fisher in Beirut an. Nachdem Higgins seine Familie dort untergebracht hatte, erreichten er und DeLoach Ende September Megiddo. Fisher, Stanley und 17 ägyptische Arbeiter erwarteten sie.

Sowohl in Haifa als auch in Beirut waren die Teammitglieder von Sonne, blauem Himmel und milden Temperaturen empfangen worden, zugleich aber von ohrenbetäubendem Lärm, Staub und Schmutz. Im Falle von Haifa kam hinzu, dass die Stadt noch keine 50 Jahre alt war. Sie war seither enorm gewachsen, aber wenn man durch ihre Straßen ging, bekam man immer noch eine Ahnung davon, wie es im Wilden Westen zugegangen sein mochte.

Die Straße nach Megiddo war nicht asphaltiert, und man benötigte mehrere Stunden für die Strecke. Wer hierherkam, tat dies ganz bewusst – es war kein Ort, an dem man unterwegs Halt machte. Sogar das kleine arabische Dorf Ledschun in der Nähe bot sich eher als Reiseziel an als der antike Hügel Tell el-Mutesellim.

Schafe und Ziegen streunten durch die Gegend, hin und wieder sah man einen Hirten, der sich um die Tiere kümmerte. Über den Wassertümpeln im sumpfigen Marschland der Ebene schwebten Schwärme von Malariamücken. Es war malerisch, wunderschön und potenziell tödlich. Die jüngeren Amerikaner – und zweifellos auch die älteren – waren aufgeregt und hatten Heimweh; sicherlich bereuten einige bereits, sich auf dieses Abenteuer eingelassen zu haben. Dennoch waren die Briefe, die DeLoach nach Hause schrieb, voll von begeisterten Beschreibungen seiner neuen Heimat.

In der Zwischenzeit hatten die internationalen Medien Wind von der Suche bekommen. Ausgerechnet die St. Louis Post-Dispatch brachte mehrere Berichte über die Expedition, vielleicht weil Stanley Fisher aus St. Louis stammte. Schon Mitte Juli, einen Monat bevor das Team die USA verließ, brachte die Zeitung einen Artikel mit der Überschrift „Archäologen wollen Armageddon ausgraben“. Mitte September, als das Team an der Ausgrabungsstelle ankam, erschien in der Sonntagsbeilage der Zeitung ein weiterer ausführlicherer Artikel.1


Gleich nach ihrer Ankunft in Megiddo machten sich die vier Teammitglieder an die Arbeit. In den ersten Wochen wurde wie geplant der Hügel vermessen, gleichzeitig nahm man den Bau des Grabungshauses in Angriff, in dem sie in den kommenden Jahren leben und arbeiten würden.2

Ein Vertreter der Altertumsbehörde besuchte die Ausgrabung, um den Amerikanern bei den Verhandlungen mit den örtlichen Grundbesitzern zu helfen.3 Fisher erfuhr, dass es „rund neunzig separate Eigentümer mit unterschiedlichen Anteilen“ gab, die alle im nahe gelegenen Dorf Umm el-Fahm lebten. Aufgrund der großen Zahl an Eigentümern konnten sie erst knapp einen Monat später die Verhandlungen mit Hassan Saad abschließen, der behauptete, von allen am meisten Land zu besitzen, und sich daher zu ihrem Repräsentanten aufgeschwungen hatte. Fisher bezahlte ihn im Voraus und unterzeichnete einen Pachtvertrag, der die Ausgräber berechtigte, an der östlichen Hälfte des Hügels zu graben. Man versprach, das Land nach drei Jahren im ursprünglichen Zustand zurückzugeben, bereit zur Kultivierung.4

Fisher fand es nun an der Zeit, mit den Probegrabungen zu beginnen, doch Higgins intervenierte sogleich und behauptete, „die drüben in Chicago“ – also Breasted und Luckenbill – hätten darum gebeten, in den ersten Wochen zunächst nur eine Vermessung durchzuführen und das Grabungshaus zu bauen. Es war der erste, aber keineswegs der letzte Streit zwischen den beiden Männern.5

Tatsächlich waren sich Fisher und Higgins in fast allem uneins, sogar darin, wann man frühstücken solle. Higgins wollte um Punkt 5:30 Uhr aufstehen und um 6 Uhr frühstücken, Fisher wollte erst um 7 Uhr frühstücken. Infolgedessen aßen sie morgens jeder für sich, und die anderen schlossen sich dem einen oder dem anderen an. Higgins bestand auch darauf, jeden Sonntagvormittag einen Gottesdienst abzuhalten – immerhin hatten er und seine Frau zuvor als Missionare in Korea gewirkt –, woraufhin Fisher sich zu der abschätzigen Bemerkung hinreißen ließ, man sei ja wohl hier, um Archäologie zu betreiben, und nicht, um eine christliche Missionsstation zu leiten.6

Man sollte annehmen, dass die Bedingungen, unter denen das Team in den ersten Monaten an der Ausgrabungsstätte hauste, recht primitiv waren; immerhin musste man in Zelten wohnen, während das Grabungshaus gebaut wurde (Abb. 5).7 Doch die sechs Zelte waren alle sehr luxuriös eingerichtet: Die Betten waren mit weißer Bettwäsche ausgestattet, auf dem Boden lagen fein gewebte Grasteppiche, und jeder der Amerikaner verfügte über einen eigenen kleinen Waschtisch. Auch die Verpflegung war besser als in den meisten Hotels, wie der junge DeLoach seiner Mutter verriet: Täglich werde zum Lunch ein Fünf-Gänge-Menü und zum Abendessen ein Sieben-Gänge-Menü aufgetischt, hinzu komme um 16 Uhr der Nachmittagstee.8

Zuerst schlugen sie die Zelte in der Jesreelebene nördlich des Hügels nahe der Quelle Ain el-Kubbi auf. Eines der Zelte diente als Speisezimmer, Büro und Schlafraum für das Personal, in einem wohnten die Arbeiter aus Ägypten, und das kleinste war für den Koch und die Küche vorgesehen. Der Standort war geradezu malerisch: Vom Lager aus konnte man Nazareth, die Berge von Gilboa und den Berg Tabor sehen sowie in der Ferne – an klaren Tagen – den Berg Hermon. DeLoach schrieb seiner Mutter, sie könnten sogar bis über den Jordan schauen, doch das ist wohl ein wenig übertrieben.9

Leider bekamen sie ständig Besuch von Schafen und Ziegen, und es gab viel zu viele Stechmücken. So beschlossen sie schon bald, den Standort zu wechseln und ihr Hauptquartier direkt am unteren Ausläufer des Hügels aufzuschlagen. Dort bauten sie auch ein weiteres großes Zelt auf, das als Büro und Speisezimmer dienen sollte, damit sie das erste Zelt fortan ausschließlich zum Schlafen nutzen konnten. Außerdem bekam Higgins ein eigenes Zelt, das ihm zugleich als Büro und als Wohnraum diente; immerhin war er für die gesamte Ausrüstung verantwortlich, die sie für die Vermessung des Hügels benötigten.10

Abb. 5: Zelte des Chicagoer Teams in Megiddo, erste Woche der Grabungssaison 1925

Der Umzug änderte leider nichts an dem Problem mit den Malariamücken. Mitte Dezember 1925, drei Monate nach seiner Ankunft, erkrankte Fisher an Malaria, und binnen vier Wochen waren auch alle anderen Teammitglieder infiziert. „Dr. Fisher hatte wieder Fieber, als wir das Lager verließen“, teilte DeLoach Breasted mit. „Es dauert nie länger als zwei Wochen und auch nur selten so lange. Für gewöhnlich dauert ein Schub drei oder vier Tage, immer mit Schüttelfrost und 38,9 Grad Fieber … Ich selbst hatte zwei Anfälle, seit ich Ihnen das letzte Mal schrieb, aber ich befolge die Behandlung mit Chinin, die die Regierung aufgrund einer kürzlich durchgeführten Umfrage verabreicht, und sie scheint gut anzuschlagen.“11

Garstang schrieb ein paar Tage später das Gleiche und endete mit einer düsteren Warnung: „Mein lieber Breasted, ich bin gerade nach einer abenteuerlichen Fahrt von Megiddo zurückgekehrt … Fisher ist krank, und als wir dort eintrafen, war keiner seiner Mitarbeiter anwesend. Higgins [ist] in Beyrout, nachdem er einen bösen Malariaanfall hatte, & die anderen beiden in Haifa. Alle hatten Malaria: Ich kann mir das nicht erklären. Fisher ist sehr schlimm dran, es kommt und geht, etwa 6 Wochen war er im Krankenhaus. Er ist in einem schlechten Zustand & wenn er nicht aufhört zu arbeiten, wird er zusammenbrechen … Er muss kürzertreten, sonst bringt es ihn noch um.“12 Breasted bemerkte später, als der britische Hochkommissar Lord Plumer die Ausgrabung besucht habe, hätten „alle Mitarbeiter mit Malaria im Bett gelegen, und niemand war da, um ihn zu empfangen“.13

Es dauerte eine ganze Weile, bis Fisher sich überreden ließ, sich zur Genesung nach Jerusalem zu begeben. Als er nach zwei Wochen nach Megiddo zurückkehrte, machte er einen viel besseren Eindruck. Doch er sollte sich nie mehr ganz erholen.14


Im Januar traf ein anonymer Brief in Chicago ein, der in Nazareth abgestempelt worden war. Der Absender beschwert sich, dass Higgins noch immer nicht aus Beirut zurückgekehrt sei, obwohl er sich längst von seiner Malaria erholt habe. Des Weiteren habe er geologische Arbeiten im Libanon durchgeführt, anstatt an den Aktivitäten in Megiddo teilzunehmen und dort beispielsweise mitzuhelfen, den Bau des Grabungshauses zu überwachen.

Die resultierenden Probleme seien, so der anonyme Absender, nicht nur auf Higgins’ Abwesenheit zurückzuführen, sondern auch darauf, dass er vor seiner Abreise die Anweisung erteilt hatte, weder an dem Teil des Hauses weiterzuarbeiten, der etwas mit seiner Arbeit zu tun hatte, noch – warum auch immer – im Haus elektrische Leitungen zu verlegen. Der Verfasser des Briefes (der nur Fisher, Stanley oder DeLoach gewesen sein kann), merkt an, aufgrund dessen habe man auch die anderen Räume nicht fertigstellen können, da man erst die Leitungen verlegen müsse, bevor die Decken eingezogen werden könnten.15

Bald darauf kehrte Higgins nach Megiddo zurück, und der Bau des Grabungshauses konnte wieder aufgenommen werden. Ende Januar war es fast fertig; das Team wohnte bereits in einem Teil, während am Rest noch gebaut wurde (Abb. 6). Es gab Schlafräume für die Teammitglieder sowie eine Küche, einen Essbereich und einen Gemeinschaftsraum. Außerdem waren Räumlichkeiten vorhanden, wo man Architekturpläne zeichnen und die Artefakte untersuchen und aufbewahren konnte, und es gab einen großen Innenhof, wo man Keramikscherben reinigen und zusammensetzen konnte, sobald sie vom Hügel heruntergebracht wurden. DeLoach erzählt aber auch, dass sich erst wenige Wochen zuvor ihre Befürchtungen bewahrheitet hatten, was die Standhaftigkeit der Zelte betraf: „Vor einigen Wochen wurden bei einem stürmischen Unwetter all unsere Zelte niedergerissen … Wir wurden klitschnass, und viele Dokumente und Bücher wurden beschädigt, und das Geschirr ging kaputt.“16

Abb. 6: Grabungshaus von Megiddo

Breasted, zweifellos alarmiert von diesen Neuigkeiten, beschloss, Megiddo im Rahmen seiner bevorstehenden Nahostreise zu besuchen. Doch als er Anfang März eintraf, begrüßte ihn Fisher mit guten Nachrichten. Als die Arbeiter auf dem Tell Steine für das Fundament des neuen Grabungshauses gesammelt hatten, hatten sie ein Steinfragment gefunden, in das ägyptische Hieroglyphen eingemeißelt waren, die aussahen wie ein Pharaonenname in einer Kartusche (Abb. 7a–c).

Die Chicagoer Arbeiter fanden das Fragment in einer Schutthalde, die Gottlieb Schumacher bei seiner Ausgrabung 20 Jahre zuvor zurückgelassen hatte.17 Dass Schumachers Team es übersehen hat, ist wenig verwunderlich – obwohl es 24 Zentimeter groß und ziemlich dick war, waren die Hieroglyphen sehr abgenutzt und kaum lesbar.18

Schumacher, der von 1903 bis 1905 in Megiddo gegraben hatte, hatte bis zu 200 Arbeiter gleichzeitig beschäftigt, die (neben mehreren kleineren Gräben) von Nord nach Süd über den gesamten Hügel einen riesigen Graben ausgehoben hatten, der später als der „Große Graben“ bezeichnet wurde. Er war mehr als 20 Meter breit, in mindestens einem Bereich sogar 30 Meter, erstreckte sich über eine Länge von mehr als 250 Metern und war stellenweise 12 Meter tief.19

Damit war Schumacher der Strategie gefolgt, die Heinrich Schliemann wenige Jahrzehnte zuvor in Troja angewendet hatte. Natürlich gab es dabei zahlreiche Probleme, nicht zuletzt, dass die Arbeiter viele kleinere Gegenstände nicht erkannten und achtlos wegwarfen. Möglicherweise richtete Schumacher in Megiddo genauso viel Schaden an wie Schliemann in Troja. Ebenfalls wie zuvor Schliemann veröffentlichte auch Schumacher umgehend die stratigrafischen Ergebnisse seiner Ausgrabungen; es dauerte allerdings 20 Jahre, bis endlich die Funde publiziert wurden. Das besorgte 1929 ein anderer Gelehrter, Carl Watzinger. Schumacher war zu dieser Zeit bereits vier Jahre tot.20

Breasted übersetzte die königliche Kartusche und erkannte sofort, dass sie den Namen Scheschonq nennt, den libyschen Pharao, der etwa 945–920 v. Chr. in Ägypten regierte und die 22. Dynastie begründete.21 Er erkannte auch, dass das Fragment Teil einer viel größeren Inschrift sein musste, möglicherweise einer ursprünglich an die 3 Meter hohen Stele, und hoffte, dass sie vielleicht noch weitere Teile dieser Stele finden würden.22 Breasted hielt den Fund für ein sehr gutes Omen dafür, dass sich innerhalb des Hügels Schichten aus der Zeit des ägyptischen Neuen Reiches befanden, die nur darauf warteten, entdeckt zu werden.


In allen späteren Berichten des Chicagoer Teams heißt es, man habe das Scheschonq-Fragment erst kurz vor Breasteds Besuch im März 1926 entdeckt. In seinen privaten Notizen hielt Higgins jedoch fest, dass es bereits vier Monate zuvor aufgetaucht war; Luckenbill schrieb er: „Breasted schien nicht allzu erfreut zu sein, dass es seit letztem November hier lag, ohne dass er davon erfahren hatte!“23

Abb. 7: (a) Breasted in Megiddo, vor sich das Scheschonq-Fragment; hinter dem Truthahn: DeLoach; (b/c) Foto und Umzeichnung des Scheschonq-Fragments

Dennoch hielt Breasted den Fund für ein gutes Zeichen, zumal die Ausgrabung zu diesem Zeitpunkt ja noch gar nicht offiziell begonnen hatte. Von seinem Hotel in Haifa aus sandte er Fisher eine kurze Notiz und bat ihn, die Entdeckung fürs Erste geheim zu halten, bis man ein Telegramm an Rockefeller senden konnte. Erst dann sollte die Presse informiert werden.24 Solche Überlegungen spiegeln wider, wie sehr die Ausgrabung in finanzieller Hinsicht von ihrem Sponsor abhängig war, was auch heute oft noch der Fall ist.

Vier Tage später schrieb Breasted, der inzwischen nach Kairo weitergereist war, an Luckenbill und berichtete hocherfreut über den Fund.25 Außerdem informierte er Garstang in Jerusalem darüber, dass Fisher ihm einen Bericht über das Fragment senden würde, und bat ihn, „die Angelegenheit für eine Weile vertraulich zu behandeln“. Er behauptete, er habe Rockefeller, „dessen Interesse an der biblischen Geschichte so groß ist, dass er den Wert dieses Fundes sofort zu schätzen wissen wird“, noch nichts von dem Fund verraten, vermutete aber: „Ein erster Bericht darüber wird zweifellos sein Interesse an solchen Forschungen in Palästina wecken.“26

In Wirklichkeit hatte Breasted Rockefeller längst geschrieben: „Dies ist ein erster Gruß von dem großen Hügel, der die Festung von Armageddon bedeckt“, beginnt sein Brief. „Unsere große Aufgabe, den gewaltigen Hügel freizulegen, fängt gerade erst an.“27

Neuigkeiten verbreiteten sich in der archäologischen Welt auch damals schon sehr schnell, vor allem wenn jemandem eine bedeutsame Entdeckung gelungen war. Auch Garstang hatte bereits von der Entdeckung des Fragments gehört und schrieb Breasted, Fisher möge ihn doch bitte in Zukunft über „alles, was er geheim halten möchte, auf dem Laufenden halten, damit ich weiß, wie ich reagieren soll, wenn mich entsprechende Gerüchte erreichen“.28

Auch der Altertumsbehörde blieb die Bedeutung des Fundes nicht verborgen. Als die Funde aus der Grabungssaison zwischen der Behörde und der Expedition aufgeteilt wurden – wie es jedes Jahr geschah, kurz bevor die Ausgrabung für den Winter geschlossen wurde –, übernahm die Altertumsbehörde das Fragment und brachte es nach Jerusalem, wo es sich heute noch befindet, im Rockefeller Archaeological Museum (ehemals Palestine Archaeological Museum) in Ostjerusalem.29

Warum die Behörde es haben wollte und was so bedeutend an dem Fragment ist, ist leicht erklärt. Laut einer sehr langen Inschrift, die Pharao Scheschonq in einem Tempel in Ägypten in eine Wand meißeln ließ, hatte er viele Städte der Region überfallen und eingenommen, darunter Megiddo. Wie wir wissen, war das einige Jahre vor dem Ende seiner Regierungszeit um 930 v. Chr. Das Scheschonq-Fragment bestätigt die Behauptung des Pharaos, dass er die Stadt erobert hatte. Noch wichtiger für eine Reihe von Gelehrten und Teile der Öffentlichkeit waren aber die biblischen Implikationen: Allgemein wird Scheschonq mit dem biblischen Pharao Schischak gleichgesetzt, der laut Altem Testament kurz nach dem Tod von König Salomo Jerusalem und andere Städte angegriffen hat – auch das müsste ungefähr 930 v. Chr. gewesen sein.30

Schließlich wurde auch die Weltöffentlichkeit informiert. Ende Juni 1926 brachte die St. Louis Post-Dispatch auf Seite 2 ihrer Sonntagsbeilage eine Reportage über den Fund, mit Bildern vom Fragment und von Megiddo, Scheschonqs Inschrift an der Wand in Luxor in Ägypten und einem Foto von Breasted, auf dem er besonders elegant und kultiviert aussah. Der Artikel ist voller fehlerhafter Informationen, doch das Beste daran ist ein Zitat von Breasted, das lautet: „Es war purer Zufall, dass wir auf diesen Stein gestoßen sind. Er war von einer früheren Expedition, die ich namentlich nicht nennen möchte, auf den Müllhaufen geworfen worden.“31

Breasted versuchte auch zu erklären, wie sie bei der Grabung im Einzelnen vorgingen, und bemühte sich, die Beschaffenheit des antiken Hügels in Begriffen zu beschreiben, die die Leser verstehen würden. „Mit dem Schischak-Stein wurde ein unbezahlbarer Fund fortgeworfen. Das zeigt, wie vorsichtig der Ausgräber sein muss, wenn er dies oder jenes als wertlos erachtet“, sagte er. „Wir versuchen, so etwas zu vermeiden, indem wir jeweils nur eine dünne Schicht der Oberfläche des Hügels entfernen und jeden Quadratzoll davon aussieben. Wie Sie vielleicht wissen, besteht der Hügel von Megiddo oder Armageddon aus Schichten, so wie eine riesige Torte. Jede Schicht steht für die Ruinen einer Stadt oder einer Epoche … Niemand weiß, wie viele Städte auf dem Gelände von Megiddo blühten und untergingen. Das und vieles mehr möchte diese Armageddon-Expedition des Oriental Institute herausfinden. Aber wir stehen mit unserer Arbeit noch ganz am Anfang.“

So bedeutsam die Entdeckung des Scheschonq-Fragments auch war, sie wäre noch bedeutsamer gewesen, wenn das Chicagoer Team den Stein mit der Inschrift in seinem ursprünglichen Kontext (oder sogar in eine spätere Mauer verbaut) gefunden hätte – oder wenn bereits Schumachers Arbeiter es bemerkt hätten. Wie sowohl Fisher als auch Guy in ihren späteren Berichten über ihre Ausgrabungen in Megiddo festhielten, hätte man in einem solchen Fall möglicherweise feststellen können, welche Stadt in Megiddo in die Zeit von Scheschonq datiert. Und dann hätte man auch hochrechnen können, welche Stadt in Megiddo diejenige war, die unter Salomo gebaut wurde.

In seinem Buch über Megiddo aus dem Jahr 2004 vermutet Tim Harrison, dass die Fundstelle höchstwahrscheinlich in der Nähe der heutigen nördlichen Aussichtsplattform der Ausgrabungsstätte lag.32 2014 grub das Team aus Tel Aviv in diesem Bereich, fand jedoch keine weiteren Fragmente der Inschrift. Trotz Breasteds optimistischer Aussage gegenüber Luckenbill – „es [ist] nicht unmöglich, ja sogar wahrscheinlich, dass der Rest, der von seinem [Scheschonqs] Palästinafeldzug erzählt, noch im Hügel liegt und darauf wartet, dass wir ihn ausgraben“ – wurde bislang kein weiteres Teil dieses Monuments entdeckt.33

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