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Оглавление2. | Grundlagen der Evolution der Arten |
Als wichtigstes Grundlagenwerk der Evolutionsbiologie gilt Darwins „On the Origin of Species“ (Über die Entstehung der Arten), welches 1859 veröffentlicht wurde. Evolution braucht Zeit. Entscheidend für Darwins Einsichten war eine Zeitausdehnung hinsichtlich der Vorstellungen über die Erdvergangenheit. Noch bis ins 19. Jahrhundert wurde das Alter der Erde auf religiösen Schriften beruhend nur auf Tausende von Jahren geschätzt. Der Naturforscher Edmund Halley schloss aus dem Salzgehalt von Flüssen und Meeren, dass die Erde deutlich älter sein müsse als 6.000 Jahre, begnügte sich aber im 18 Jahrhundert mit dieser Feststellung, ohne dass er selbst eine Zahl angab (3). Zu Darwins Zeiten war also das Alter der Erde noch unbekannt. Unabhängig von externen Lehrmeinungen hatte wohl aber Darwin selbst schon erkannt, dass die auf der Erde existierenden Arten wesentlich länger als 6.000 Jahre Zeit gehabt haben mußten, wenn seine Evolutionstheorie plausibel sein sollte. In „On the Origin of Species“ schätzte Darwin das Alter der Erde auf 300 Millionen Jahre. Vor 300 Millionen Jahren war die Übergangszeit zwischen Perm und Karbon. Die reiche Wald- und Sumpfflora der Karbonzeit bildet die Grundlage heutiger Kohlelagerstätten. Im Tierreich entwickelten sich immer mehr Amphibien, die mehr und mehr vom Wasser unabhängig wurden. Heute wird das Alter unseres Planeten auf etwa 4,6 Milliarden Jahre geschätzt.
Darwinismus und Lamarckismus
Der französische Naturforscher Jean Baptiste de Lamarck (1744-1829) formulierte bereits die Idee der Höherentwicklung von Arten. Darwins Ideen lagen somit gewissermaßen in der Luft. Alfred Russel Wallace (1823-1913) hätte wohl die in „Origin of Species“ von Darwin formulierten Konzepte ebenfalls entwickelt, wenn es Darwin nicht gegeben hätte. Zweifellos gibt es auch viele Übereinstimmungen mit Darwin in den Ansichten Lamarcks, weshalb, wenn vom Lamarckismus die Rede ist, im Wesentlichen die Unterschiede betont werden. So wird im Lamarckismus die Vererbung erworbener Eigenschaften betont. Solch eine Vererbung erworbener Eigenschaften wäre prinzipiell auch in kürzeren Zeitspannen denkbar als die durch natürliche Selektion erfolgende, sich über viele Generationen erstreckende Evolution.
Ein Musterbeispiel, um die Unterschiede zwischen Darwins und Lamarcks Theorie zu illustrieren, ist die Giraffe: Ihr langer Hals ermöglicht es ihr, das Laub in Baumhöhen zu fressen, an die keine anderen Pflanzenfresser der Prärie herankommen. Nach Lamarck hätten Giraffen vergangener Generationen sich immer wieder nach oben gestreckt und den Hals lang gemacht, wodurch dieser zu Lebzeiten allmählich länger wurde. Die durch das Verhalten im Leben ausgelöste Verlängerung würde demnach an die nächste Generation weitergegeben worden sein. Nach der darwinistischen Sicht entstand der lange Giraffenhals jedoch nicht durch Weitergabe eines antrainierten langen Halses an die nächste Generation. Vielmehr haben Giraffen mit langem Hals bessere Überlebens- und Reproduktionschancen und vererben somit häufiger ihre Eigenschaften an die nächste Generation als Giraffen mit kurzem Hals. Lamarck postulierte also, dass die Weitergabe erworbener, antrainierter Eigenschaften an die nächste Generation die Triebkraft der Evolution sei. Darwin hingegen postulierte, dass unterschiedliche Reproduktionswahrscheinlichkeiten von Individuen mit bestehenden Eigenschaften entscheidend seien.
Was heist eigentlich erfolgreich in der Evolution?
Die der Evolution zu Grunde liegende natürliche Selektion auf „Survival of the Fittest“ zu reduzieren greift zu kurz. Im Sozialdarwinismus wurde hieraus schlimmstenfalls ein natürliches Recht des Stärkeren abgeleitet. Dieses wurde z.B. von den Nationalsozialisten ideologisch instrumentalisiert und führte zu grässlichen, rassistisch mit vermeintlicher Überlegenheit der eigenen Rasse gerechtfertigten Greueltaten. Natürliche Selektion bedeutet lediglich, dass es Eigenschaften gibt, die es wahrscheinlicher machen, dass das Genom eines Organismus vollständig (asexuelle Vermehrung) oder zu 50% (sexuelle Vermehrung) an die nächste Generation weitergegeben wird. Diese Eigenschaften müssen nicht unbedingt solche sein, die wir gemeinhin als vorteilhaft ansehen (z.B. Stärke, Intelligenz). Massgeblich für „evolutionären Erfolg“ ist lediglich die Weitergabe des Genoms an die nächste Generation. Zuweilen hört man, dass sich in der Evolution die Eigenschaften durchsetzten, welche die Überlebenschancen erhöhten. Dies mag oftmals der Fall sein, insbesondere, wenn die Überlebenszeit mit der Zahl der Nachkommen assoziiert ist. (Ein Saisonbrüter der jedes Jahr Nachkommen hat ist evolutionär erfolgreicher, wenn er länger lebt). In einigen Fällen kann Verhalten das Überleben des Individuums verlängern, jedoch auf Kosten der Reproduktionsmöglichkeiten. Für Bienendrohnen ist die Paarung mit der Bienenkönigin tödlich, da das die Samen enthaltenden Geschlechtsorgan in der Bienenkönigin verbleibt und beim Paarungsakt der Hinterleib der Drohne tödlich verletzt wird. Drohnen, die sich nicht paaren, leben also länger (bis zum nächsten Herbst). Sie vermehren sich aber nicht.
Entscheidend für evolutionären Erfolg sind also Eigenschaften, die die Reproduktionswahrscheinlichkeit erhöhen. Demnach wäre „Generation-persitance of the reproductively successful“ treffender gewesen als „Survival of the Fittest“. Der Begriff „Survival of t he Fittest“ wurde von dem englischen Sozialphilosophen Herbert Spencer (1820-1903) geprägt. Spencer war wohl einer der ersten, der Darwins Erkenntnisse gezielt auf menschliche Gesellschaften anwendete und somit den Sozialdarwinismus entscheidend mitbegründete.