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1.1.3.3. Wärmestrahlung

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Über die bisher beschriebenen Arten der Wärmeleitung hinaus kann Wärmeenergie auch durch Strahlung übertragen werden. Grundlage hierfür ist die Tatsache, dass jeder Stoff mit einer Temperatur über 0 K (absolute Nulltemperatur, -273,15°C) elektromagnetische Strahlung aussendet, z.B. Radiowellen, Licht und Wärmestrahlung. Besonderheit zu den anderen Übertragungsformen: es bedarf hierfür keines Übertragungsmediums.

Entstehung der Wärmestrahlung

Das Entstehen der Wärmestrahlung lässt sich mittels des bereits erwähnten Bohrschen Atommodells leicht erklären: Diesem Atommodell entsprechend bewegen sich die Elektronen auf Bahnen mit dem der Stofftemperatur entsprechenden Energieniveau. Verlässt ein Elektron seine derzeitige Bahn auf ein niedrigeres Energieniveau, dann wird der Energieunterschied als elektromagnetische Welle (entsprechend klassischer Wellenlehre) oder als Wellen- und Massencharakter besitzendes Photon (nach der modernen Quantenphysik) abgegeben. Insofern sich das diesen Bahnwechsel absolvierende Elektron an der Oberfläche (Grenze) des Stoffes befand, dann wird die Welle (Photon) in den umgebenden Raum abgegeben. Deren weitere Ausbreitung bzw. Bewegung geschieht dann geradlinig - im Vakuum mit maximaler, also Lichtgeschwindigkeit.

Wärmestrahlungsabgabe in Abhängigkeit von der Temperatur

Das mit den Namen zweier Physiker benannte Stefan-Boltzmann-Gesetz beschreibt für den idealen Strahler (den sogenannten schwarzen Körper), das dessen alle Wellenlängen umfassende Gesamtstrahlung direkt proportional zur vierten Potenz der Temperatur ist. (Den Zusammenhang fand bereits im Jahr 1879 Jožef Stefan. Die theoretischen Grundlagen schuf Ludwig Boltzmann im Jahr 1884.)

Gl. 14

Legende:

M ... Gesamtstrahlungsleistung (alle Wellenlängen umfassend) [W/m2]
σ ... Stefan–Boltzmann-Konstante (σ = 5,67108 W/m2K4)
T... absolute Temperatur [K]

Abb. 13: Jožef Stefan, österreichischer Physiker (slowenische Nationalität) (1835 - 1893) (Wikipedia, gemeinfrei [A5])

Zahlenbeispiel zum Stefan-Boltzmann-Gesetz

Die Strahlung eines schwarzer Körpers mit ϑ = 0 °C (T = 273 K) beträgt M = σ· 2734 K4 (M = 5,67· 10-8· 5,57· 109 W/m2 = 316 W/m2)

Eine Verdopplung der der Temperatur auf ϑ = 273 °C (T = 2· 273 K = 546 K) erhöht die Strahlung des schwarzen Körpers auf:

M = σ· (2· 273)4 K4 = σ· 24·2734 K4 = σ· 16· 2734 K4 (M = 5,67· 10-8· 89,1· 109 W/m2 = 5050 W/m2)

Die elektromagnetische Strahlung (Strahlungsintensität) beträgt demnach bei 273 °C das 16-fache der Strahlung bei 0 °C. Schon bei einer Temperatur von ϑ = 52 °C verdoppelt sich die Strahlungsintensität gegenüber der bei einer Objekttemperatur von ϑ = 0 °C!


Abb. 14: Ludwig Boltzmann, österreichischer Physiker und Philosoph (1844 - 1906) (Wikipedia, gemeinfrei [A6])

Dieser mathematische Zusammenhang müsste eigentlich (gerade wegen seiner Einfachheit) die Idee für die berührungslose Temperaturmessung darstellen: durch Erfassung der Strahlungsdichte, derer Division mit der Stefan-Boltzmann-Konstante und der nachfolgenden Wurzelziehung (zur 4. Potenz natürlich) ergibt sich doch die absolute Objekttemperatur! Oder?

Es ist leider in der Realität nicht so einfach. Zum Einen ist das obige Gesetz nur für ideale Strahler (sogenannte schwarze Körper) gültig, zum Anderen ist die Detektion aller Wellenlängen von 0 ... ∞ technisch keine einfache Aufgabe, da Sensoren und Messgeräte typischerweise in ihrer Sensibilität Wellenlängenbereichsgrenzen aufweisen. Und obendrauf ist die Übertragungsstrecke - also das Medium zwischen Messobjekt und Detektor - praktisch nie ein ideales Fenster, welches alle Wellenlängen verlustfrei hindurch lässt (wie es beispielsweise bei Vakuum der Fall wäre). Dementsprechend sind bei der berührungslosen Temperaturmessung die Strahlungseigenschaften des Messobjektes, sowie die Transmissionseigenschaften der Übertragungsstrecke und die Kennlinie des Messsystems ebenfalls in Betracht zu ziehen.

Infrarot-Strahlung (Wärmestrahlung) im Spektrum der elektromagnetischen Strahlung

Als Infrarot-Strahlung (Wärmestrahlung) wird nur ein relativ schmaler Bereich aus dem Spektrum der elektromagnetischen Strahlung genannt, welcher zwischen dem tiefroten sichtbaren Licht bei 760 nm und den 1 mm Wellenlänge überschreitenden Mikrowellen liegt.


Tabelle 5: elektromagnetisches Spektrum

Aus Sicht der technischen Verwirklichung der berührungslosen Temperaturmessung ist der Wellenlängenbereich bis 20 µm von Bedeutung, der folgendermaßen weiter untergliedert wird:

Tabelle 6: Untergliederung des infraroten Wellenlängenbereiches

Wellenlänge Teilbereich der Infrarot-Strahlung
0,8 µm ... 2 µm kurzwellige Wärmestrahlung = nahes Infrarot (short wave infrared = near infrared)
2 µm ... 6 µm mittelwellige Wärmestrahlung (middle wave infrared)
6 µm ... 20 µm langwellige Wärmestrahlung = fernes Infrarot (long wave infrared = far infrared)

Hinweise:

 Die Synonyme „nahes” und „fernes” Infrarot sind wahrscheinlich auf die durch die Übertragungseigenschaften der Atmosphäre begründeten praktischen Aspekte der infrarot-basierenden Temperaturmessung zurückzuführen. Die detaillierte Behandlung der Eigenschaften der Atmosphäre erfolgt im Kapitel 1.4.4. „Einfluss der Übertragungsstrecke”.

 Die Wellenlängenbereiche nach der obigen Unterteilung stimmen nicht mit den Grenzen der atmosphärischen Fenster und damit auch nicht mit den Wellenlängengrenzen der allgemein üblichen thermografischen Systeme überein.

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