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Christian Bauer Mitglied der Schriftleitung

Liebe Leserin, lieber Leser,

Menschen feiern die Freundschaft. Freundschaften sind symmetrische Beziehungen, die auf gegenseitiger Sympathie beruhen. Sie bereichern das Leben und tragen durch schwierige Zeiten. Auch jene Freundschaften, die ich gerne als Espresso-Freundschaft bezeichne – lange nicht gesehen, kurzer aber dichter Kontakt und es ist, als ob keine Zeit vergangen wäre: „Ein Freund ist ein Mensch, der dich an die Melodie deines Lebens erinnert, wenn Du in der Gefahr bist, sie zu vergessen“ (Rolf Zerfaß).

Theodor W. Adorno zufolge ist Freundschaft, wenn „du dich schwach zeigen darfst, ohne Stärke zu provozieren“. Und für Georges Bataille wird sie überhaupt erst durch einen „Fehler in der Rüstung“ möglich: „Sie erfordert eine Koinzidenz von zwei Rissen, in mir selbst und im anderen.“ Aristoteles geht sogar noch weiter und definiert Freundschaft gleich als „eine Seele in zwei Körpern.“

Aber vielleicht ist es auch nur so, wie Albert Camus schreibt: „Freundschaft ist die Kunst des freien Menschen.“ In dieselbe Richtung weist Dietrich Bonhoeffer, wenn er sie eine „schöne Kornblume“ im Weizenfeld des Zweckrationalen nennt: „Schutzlos wächst sie in Freiheit und heiterer Zuversicht, dass man das Leben unter dem weiten Himmel ihr gönne. Neben dem Nötigen will auch das Freie leben.“

Und was ist mit Theologie und Kirche? Gleich zwei ihrer Heiligen Schriften sind an ‚Theophilus‘ adressiert – an einen unbekannten Gottesfreund. Und sie handeln von Gott als einem freilassenden und mitgehenden Menschenfreund. Ziemlich aktuell in einer Zeit, in der für viele Freundinnen und Freunde die neue Familie sind. Kirche als jesusbewegte ‚Wahlverwandtschaft‘ wäre dann eher freigewählter Freundeskreis denn schicksalhafte Pfarrfamilie: „Netzwerk statt Fachwerk“ (Martin Hecht).

Vielleicht gilt für sie dann ja auch das Lied Gute Nacht, Freunde, in dem Reinhard Mey bei einer letzten Zigarette dankt: für den freien Platz am Tisch seiner Freundinnen und Freunde, für die Geduld bei verschiedenen Meinungen, für die im Kommen und im Gehen jederzeit offene Tür, für die Freiheit, die als Dauergast bei ihnen wohnt – und dafür, dass sie bei alldem nie nach ihrem eigenen Nutzen fragen. Genau deswegen scheint in ihren Häusern auch das Licht wärmer zu leuchten als anderswo.

Das wär doch was, auch in der Pastoral – meint Ihr


Prof. Dr. Christian Bauer

Lebendige Seelsorge 5/2020

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