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TEIL II: Der Umgang mit einem Tick im Allgemeinen

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Nun, nachdem Du festgestellt hast, dass dort ein Mensch aus Fleisch und Blut vor dir steht, beginnt der Prozess des Denkens. Realistisch betrachtet hat er womöglich bereits einen großen Schritt vorher begonnen. Du aber warst so klug und emotional vorbereitet, den Denk-Prozess für den Teil I dieses Buches zu unterbrechen. Was aber ist eigentlich vorher passiert? Wurde eine Konfrontation begonnen? Realistisch gesehen muss ich mir als Autor hier eingestehen, dass es unrealistisch ist, dass du mein Buch in der Hosentasche bei dir trägst und mitten in einer Auseinandersetzung darin blätterst. Somit müssen wir uns auf das theoretische Beleuchten von Konfliktsituationen beschränken.

Meist beginnt solch eine Konfrontation mit einem Auslöser-Satz oder einer Frage, die der ein oder andere stellt, um die Fronten zu klären. Die Pandemie und der allgemeine Umgang mit der Pandemie hat uns hier einige einfache Werkzeuge in die Hand gegeben: Bist du geimpft? Geht dein Kind in die Schule und wie findest du das? Gehst du wählen?

Jeder dieser Sätze – und es gibt von dieser Art auch einige weitere Beispiele – birgt das volle Konfliktpotential, dass sich dann in wüsten Diskussionen entlädt. Diesen Konflikt hast du bestenfalls für eine kurze Beobachtung deiner eigenen Gefühle unterbrochen und dich an Teil I dieses Buches erinnert – das Mensch-Sein. Du hast deine Mentalen Waffen zurück in die Scheide gesteckt, kurz den Tiraden zugehört und Argumente gesammelt. Damit bist du einen großen Schritt weiter gegangen, als es vielen Menschen möglich ist.

Vielleicht hast du dich auch selbst beobachtet, bemerkt, wie nah dir Worte kommen können und wie sehr du auf Hass mit Hass, auf Wut mit Wut und auf Gewalt mit Gewalt reagieren möchtest. Dann hast du dich vielleicht für einen Moment aus der Konversation zurückgezogen und bist in dich gegangen, mit Gebet, Meditation oder einfach einer kurzen Stille. Alles ist erlaubt, solang du bei dir bleibst.

Dir ist in solchen Momenten ganz klar, dass du dich in einer Konfrontation befindest und wie in jeder solchen Auseinandersetzung ist dies auch immer die Chance, mit dir selbst in eine Auseinandersetzung zu gehen. Ich kann dir nur empfehlen, jede dieser Chancen zu nutzen und an ihr zu wachsen.

Bevor es los geht und wir gemeinsam mental durch Situationen gehen, die im Außen stattfinden, hier noch ein kleiner Hinweis zu offensichtlich gewalt-schwangeren Situationen und gewaltbereiten Charakteren: Bei allen Aufzählungen und Beobachtungen, die ich im weiteren Verlauf dieses Skriptes schildere, gehe ich von reflektierten, wachen Menschen aus – und wach bedeutet hier ansprechbar. Sie sind bereit für die Aufnahme des Wortes. Ganz deutlich distanzieren möchte ich mich darum hier von der Bewältigung offener Konflikte. Deutlich gesagt: Wenn dein Gegenüber die Ebene des Wortes verlässt und in die niederen Ebenen der physischen Gewalt eintritt, gelten seltsame Dynamiken, die ich hier nicht beschreiben kann. Wenn dir ein bewaffneter Staatsbediensteter mit der Hand am Pfefferspray oder ein linksradikaler Megafon-Schwinger mit schwarz-maskierten Freunden im Hintergrund gegenüberstehen, oder wenn dein Gegenüber mitten im Satz beginnt, sich aufzurichten, die Fäuste zu ballen und in die Tasche zu greifen. Wenn bereits das Brüllen und zittern in der Stimme deines Gegenübers begonnen hat. Dann ist es zu spät für Reflexion – zumindest für dein Gegenüber. Dann halte dich an das, was Kampfsportler in den ersten Lektionen schon von Kindesbeinen an lernen: Die beste Auseinandersetzung ist immer die, die nicht stattfindet. Beende die Situation, signalisiere die Aufgabe und den Rückzug und dann ab durch die Mitte. Meide Menschen, die diesen tiefen Konflikt für grobe Gewalt missbrauchen – diese Menschen sind nicht für eine reflektierte Herangehensweise geschaffen, sie verstehen allenfalls den Justizvollzug als höhere Instanz aber in keinem Fall werden sie dein Mensch-Sein erkennen oder gar anerkennen. Hier gibt es nichts zu lernen oder etwas woran du wachsen kannst.

Und schließlich hier noch ein kurzer Überblick über meine Herangehensweise an den folgenden Abschnitt:

Zunächst möchte ich jeweils den Typus beschreiben. Was genau geht in dem Menschen vor, der da vor dir steht? Ist er sich seiner selbst bewusst? Was sind die Merkmale, an denen du ihn erkennen kannst?

Dann gilt es etwaigen Missbrauch zu erkennen. Das meint: Wurde der Typus dieses Menschen bereits instrumentalisiert? Soll heißen: Gibt es jemanden, der einen Vorteil aus diesem Typus herausschlägt? Kennen wir den- oder diejenige bereits, der den Missbrauch ausführt, und wissen, welche Muster hier bereits gezüchtet wurden?

Danach können wir auf die etwaigen Stärken und Schwächen deiner eigenen Psyche eingehen und reflektieren, inwiefern auch in dir hier etwas ausgelöst wird. Bist du mit diesem Typus im Reinen und kannst respektvolle Distanz einnehmen? Hast du hier sogar eine Stärke in dir, die besonders hilfreich ist?

Hast du deine Schwächen oder sogar Stärken in diesem Moment erkannt, brauchst du auch einen Umgang mit deinen Stärken und Schwächen. Möchtest du deine Stärken einsetzen? Kannst du deine Schwächen schützen? Musst du die Situation verlassen, weil du mit deinen Stärken einen Missbrauch auslösen oder durch deine Schwächen einen Missbrauch erleiden kannst?

Und zu guter Letzt kannst du dem Gegenüber die richtige Behandlung zugute kommen lassen, um auf ihn einzugehen.

Bitte bedenke, dass ich Projektleiter bin, kein Psychologe. Was ich dir also für die drei letzten und auf dich bezogenen Teile anbieten kann, wird dir oftmals nicht gerecht werden. Du bist vielschichtig und hast mit Sicherheit eine große Menge weitere Herangehensweisen parat, um dich durch die beschriebenen Situationen zu bringen. Ich kann dir hier nur Anregungen mitgeben.

Corona ist das Symptom einer Gesellschaft

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