Читать книгу Wie die Gorillas - Esther Becker - Страница 13
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ОглавлениеDie Toilette ist geräumig, Frauen und Behinderte. Neben der Kloschüssel ragen Metallgriffe aus der Wand, es gibt einen Wickeltisch zum Ausklappen.
Ich kann nicht hinsehen, also sehe ich nicht hin, sondern betrachte die Seifenränder auf dem Waschbecken. Ich halte Papiertücher unter den Wasserhahn, um Olga, Svenjas Cousine, das Gesicht abzuwaschen.
Olga kotzt sich die Seele aus dem Leib, Svenja tätschelt ihr den Rücken. Das ist normal, wissen wir, Übelkeit, aber schön ist es nicht. Ich muss selbst ein Würgen unterdrücken, Svenja hält Olga, so gut es geht, die Haare aus dem Gesicht. Ich stehe mit den nassen Tüchern herum und lese den Putzplan, der an einem Klemmbrett neben dem Waschbecken hängt, die Unterschriften sind alle blau und nach rechts geneigt. Olga hat aufgehört, sich zu übergeben, ich reiche ihr die Tücher, Svenja schaut auf die Uhr und flucht. Es sind noch keine drei Stunden seit der Einnahme vergangen, wir müssen also noch einmal in die Apotheke zurück.
Sie könnten uns ohne Rezept leider nicht weiterhelfen.
Wir haben das Rezept erst vor zwei Stunden hier abgegeben.
Der Apotheker, der jetzt Dienst hat, will nichts davon wissen und auch nicht danach suchen. Einmal eingelöst, sei es wertlos.
Wir brauchen einfach nochmal dasselbe, Svenjas Stimme kippt.
Sie hat sich erbrochen.
Svenja zeigt dem Apotheker die betreffende Stelle auf dem Beipackzettel, sie muss die Einnahme wiederholen.
Olga steht stumm dabei, sie sieht sehr mitgenommen aus.
Der Apotheker bleibt hart, dann müsse sie sich ein neues Rezept besorgen.
Die Notaufnahme war vorhin schon gerappelt voll. Das dauert zu lang!
Svenja raschelt mit dem Beipackzettel, sie will ihm den Abschnitt über die Notwendigkeit einer zeitnahen Einnahme zeigen, Innerhalb von zwölf Stunden!
Ihre Stimme ist gefährlich hoch.
Mit einem Ich-weiß-was-da-steht wischt der Apotheker den Zettel weg, das sei nicht sein Problem, wenn wir zu blöd seien, vernünftig zu verhüten. Olga kann nicht vernünftig verhüten, ihre Familie ist sehr gläubig.
Meine Familie interessiert sich nicht für Religion.
Ich rufe meinen Vater an, der nicht da ist. Alles in Ordnung?, fragt meine Mutter, die nicht arbeitet, weil Samstag ist.
Nein, sage ich und überlege, ob das klug ist.
Ihr wartet draußen, sagt meine Mutter, als sie aus dem Auto steigt. Olga sieht immer noch sehr blass aus und trinkt Cola aus der Dose, Svenja hat rote Flecken im Gesicht. Ich würde jetzt gerne rauchen, aber das geht nicht mit meiner Mutter. Es nieselt auf uns herab, wir warten, wie Hunde, die vor Supermärkten angeleint sind. Unsere Haare kräuseln sich, es wird kalt. Vor den Läden ringsherum werden die Werbetafeln und Ständer hereingeholt. Ich wollte noch im Drogeriemarkt Ringe anprobieren.
Meine Mutter kommt aus der Apotheke, die weißlila Packung in der Hand, eine große Verpackung für eine einzige Tablette, Olga ist sichtlich erleichtert und schluckt sie sofort mit dem Rest Cola herunter.
Im Auto sucht meine Mutter eine Plastiktüte aus dem Handschuhfach und hält sie Olga hin. Für alle Fälle. Sie darf vorne sitzen.
Diesmal bleibt alles drin.
Meine Mutter wird bei ihrer Gynäkologin einen Termin für mich ausmachen, um mir etwas Vernünftiges verschreiben zu lassen. Dabei habe ich gar keinen Sex. Auch keine Aussicht darauf.