Читать книгу Mindful2Work - Das Übungsbuch - Esther de Bruin - Страница 8
ОглавлениеBewusste aktive Bewegung, Yoga und Achtsamkeit
WAS SIE DARÜBER WISSEN SOLLTEN
»Die beste Möglichkeit Momente einzufangen, ist aufmerksam zu bleiben. So kultivieren wir unsere Achtsamkeit. Achtsamkeit bedeutet wach zu bleiben. Es bedeutet zu wissen, was du gerade machst.«
JON KABAT-ZINN
Bewusste aktive Bewegung
Sport oder bewusste aktive Bewegung ist eine körperliche Aktivität, bei der über die physische Bewegung Kraft, Schnelligkeit und Geschicklichkeit sowohl des Körpers als auch des Denkvermögens trainiert werden. Jeder weiß, dass uns körperliche Bewegung guttut, vor allem um körperliche Gesundheit zu erlangen und aufrechtzuerhalten. Sport liefert uns Energie, hält uns fit und verringert das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes, stärkt Muskeln und Knochen und reguliert unser Gewicht (Center for Disease Control, 2015).
Die Vorteile von körperlicher Bewegung
Sport ist eine gute Möglichkeit, zu entspannen, und sorgt für bessere Laune.
Körperliche Bewegung hat neben diesem gesundheitlichen Aspekt noch weitere Vorteile. Sport kann das psychische Wohlbefinden steigern und Stress vermindern. Eine halbe Stunde Fitnesstraining, ein flotter Spaziergang oder ähnliche aktive Bewegung können für bessere Laune sorgen oder für angenehme Entspannung nach einem stressigen Tag. Verschiedene Untersuchungen haben gezeigt, dass Endorphin – auch bekannt als das Glückshormon – ausgeschüttet wird, wenn man sich bewegt (Chu, Koh, Moy, Müller Riemenschneider, 2014; Stathopoulous, Powers, Berry, Smits, Otto, 2006). Dank des Endorphins sind Menschen, die Sport treiben, glücklicher und entspannter. Sport liefert Energie und reduziert Stress, scheint aber auch wirksam zu sein, wenn es darum geht, Angst und Depressionen zu verringern (Conn, 2010a; Conn, 2010b; Cooney, Dwan, Greig, Lawlor, Rimer, Waugh u. a., 2013; Josefsson, Lindwall, Archer, 2014; Stonerock, Hoffman, Smith, Blumenthal, 2015; Webster, 2015). Die positiven Effekte von körperlicher Betätigung lassen sich vor allem im Zusammenhang mit Symptomen von Depressivität gut belegen. Das lässt sich auch daran ablesen, dass aktive Bewegung inzwischen als ein Bestandteil bei der Behandlung von Depressionen in die Richtlinien des National Institute for Health and Care Excellence (NICE, 2009) aufgenommen wurde. Seit 2010 ist körperliche Betätigung/Aktivität bzw. eine Lauf-Therapie für Patienten mit einer leichten Depression, die nicht länger als drei Monate besteht, auch Bestandteil der multidisziplinären Richtlinien »Depression« des Trimbos-Instituts (Spijker, Bockting, Meeuwissen, Van Vliet, Emmelkamp, Hermens u. a., 2013).
Der Erschöpfung vorbeugen
Nur Sie selbst können Ihren Körper wirklich spüren.
Intensive physische Aktivität kann jedoch auch zu Erschöpfung führen. Wenn wir Sport treiben, werden auch Hormone wie Adrenalin und Dopamin ausgeschüttet, die Stress verursachen können. Wenn wir also schon extrem gestresst und müde sind, gibt uns Erholung oder Bewegung mit niedriger Intensität oft mehr Energie zurück als intensiver Sport. Wir sollten bei körperlichen Aktivitäten wie Laufen, Fahrrad fahren oder Fitnesstraining also darauf achten, dass das Tempo auf uns zugeschnitten ist. Wenn wir unter großem Stress stehen und/oder sehr müde sind, ist es wichtig, dass Geschwindigkeit und Intensität zu Anfang etwas unter unserem Niveau liegen. So verhindern wir, dass wir über unsere Grenzen gehen und uns noch größerem Stress aussetzen, sodass sich die Erschöpfung noch verstärkt oder wir unseren Körper sogar überbelasten. Denn das kostet wiederum Energie und die Erschöpfung nimmt eher weiter zu. Wenn Sie herausfinden möchten, welches Tempo für Sie angemessen ist, ist es unerlässlich, den eigenen Körper gut wahrzunehmen. Daher üben wir während des Mindful2Work-Trainings, uns bewusst aktiv zu bewegen. Die Übungen sind sportbetont, werden jedoch in einem ruhigen Tempo ausgeführt, sodass Sie Körper und Atmung dabei bewusst wahrnehmen können. Nur Sie selbst können Ihren Körper wirklich spüren, und genau darum geht es, wenn Sie sich sportlich betätigen oder sich aktiv bewegen. Wir raten Ihnen daher auch, Sport oder aktive Bewegung zufrieden und vitalisiert zu beenden und nicht völlig erschöpft.
Yoga
Yoga hilft uns, Körper und Geist ins Gleichgewicht zu bringen.
Das Wort Yoga stammt aus dem Sanskrit und bedeutet »Einheit« oder »Vereinigung«. Yoga hat eine jahrtausendealte Tradition, deren Wurzeln in Indien liegen. Damals diente Yoga der Vertiefung der Meditation, und auch heute noch kann man dies als das eigentliche Wesen von Yoga betrachten. Yoga ist eine Form der körperlichen Betätigung, bei der die Übungen und Atemtechniken in Achtsamkeit ausgeführt werden. Yoga führt so unter anderem zu einer Verlangsamung des Herzschlags und Senkung des Blutdrucks, dient der Mobilisierung des Körpers, verringert das Stressniveau und die Muskelspannung und aktiviert das Immunsystem (Cramer, Lauche, Haller, Steckhan, Michalsen, Dobos, 2014; Wolever, Bobinet, McCabe, Mackenzie, Fekete, Kusnick u. a., 2012). Yoga hilft bei (arbeitsbezogenen) Stresssymptomen wie Schulter- und Nackenschmerzen, dem CANS-Syndrom (Complaints of Arm, Neck and/or Shoulder), dem RSI-Syndrom (Repetitive-Strain-Injury-Syndrom) sowie bei Kopf- und Rückenschmerzen (Cramer, Lauche, Haller, Dobos, 2013; Li, Goldsmith, 2012). Yoga lehrt uns, Körper und Geist ins Gleichgewicht zu bringen. Es wird auch oft als Medizin für Körper und Geist bezeichnet und häufig als nicht-medikamentöse Therapie für einen besseren Umgang mit Stress empfohlen, da die Übungen die körperlichen Auswirkungen von Stress auf den Körper reduzieren.
Stressreduzierung
Unter Stress wird Cortisol – das Stresshormon – ausgeschüttet. Verschiedene Untersuchungen haben gezeigt, dass Yoga unterstützend bei der Regulierung des Cortisolspiegels wirkt (Granath, Ingvarsson, Von Thiele, Lundberg, 2006). Neben der Stressreduzierung kann regelmäßiges Yoga auch die eigene Achtsamkeit fördern (Gard, Brach, Hölzel, Noggle, Coboy, Lazar, 2012). Durch die meditative Ausrichtung wird die Aufmerksamkeit geschult, sodass man lernt, im gegenwärtigen Moment anwesend zu sein. Der Geist kommt zur Ruhe und das Körperbewusstsein verstärkt sich.
Achtsamkeit
Achtsamkeit hat ihren Ursprung im Buddhismus, ist vor ungefähr 2500 Jahren in Indien entstanden und bezeichnet eine Qualität der Vipassana-Meditation. Vipassana bedeutet so viel wie »klar sehen«. Achtsamkeit zielt darauf ab, die Wirklichkeit um uns herum wahrzunehmen, so wie sie ist, ohne durch eine emotional, gesellschaftlich und/oder religiös getrübte Brille zu blicken. Achtsamkeit definiert sich als das Bewusstsein, das entsteht, wenn wir auf eine bestimmte Weise aufmerksam sind: gezielt, im gegenwärtigen Moment und ohne Urteil (Kabat-Zinn, 2013).
Aufmerksamkeit für Körper und Geist
Ein Leben im Hier und Jetzt erzeugt Ruhe und größeren Lebensgenuss.
Achtsamkeit lehrt uns, im Hier und Jetzt Aufmerksamkeit für Körper und Geist zu entwickeln. Oft sind wir mit unseren Gedanken in der Zukunft oder in der Vergangenheit. Wir denken ununterbrochen an das, was kommen wird, oder sind noch mit dem beschäftigt, was gewesen ist. Nur selten sind wir im gegenwärtigen Moment anwesend – und das, obwohl es nur diesen Moment gibt. Nur im Heute kann das Leben wirklich gelebt werden. Achtsamkeit hilft uns, unseren Kopf zu verlassen und die Erfahrung im jeweiligen Moment intensiver wahrzunehmen. Im Hier und Jetzt anwesend zu sein, heißt, ruhiger zu werden, besser zu spüren, wie es uns geht, besser für uns sorgen zu können und intensiver zu genießen. So werden Stress, Angst und Depression vermindert, wie auch viele wissenschaftliche Studien zu diesem Thema belegen (Gotink, Chu, Busschbach, Benson, Fricchione, Hunink, 2015; Vøllestad, Nielsen, Nielsen, 2011). Ebenso wie aktive Bewegung hat auch Achtsamkeit positive Effekte auf die Verminderung von depressiven Symptomen (Hofmann, Sawyer, Witt, Oh, 2010; Khoury, Lecomte, Fortin, Masse, Therien, Bouchard u. a., 2013; Piet, Hougaard, 2011), sodass eines der bekanntesten Mindfulness-Programme, die Mindfulness-Based Cognitive Therapie (MBCT), inzwischen in die Behandlungsrichtlinien für Depressionen des Trimbos-Instituts (Spijker u. a., 2013) sowie in die internationalen NICE-Richtlinien (NICE, 2009) aufgenommen wurde.
Unsere innere Welt
Achtsam zu sein heißt auch, dass wir den inneren Vorgängen (Gedanken, Emotionen, körperlicher Wahrnehmung und der Absicht unserer Handlungen) größere Aufmerksamkeit schenken, sodass wir mehr darüber erfahren, wie unsere innere Welt funktioniert. Mithilfe der Achtsamkeit lernen wir, diese internen Prozesse aus einem Abstand heraus zu betrachten. Das gibt uns die Möglichkeit, zu entscheiden, wie wir uns dazu verhalten und darauf reagieren wollen. (Oder ob wir überhaupt darauf reagieren wollen.) Oft suchen wir außerhalb von uns selbst nach Antworten und Lösungen, obwohl die Lösung doch in uns selbst liegt. Denn wir haben keinen Einfluss darauf, was uns das Leben bringt, nur wie wir uns dazu verhalten.
Synergie
Im Mindful2Work-Training werden drei wirksame Komponenten kombiniert: bewusste aktive Bewegung, Yoga und Achtsamkeit. Der Schwerpunkt liegt auf der Achtsamkeit. Da wir davon ausgehen, dass sich Symptome, die mit arbeitsbedingtem Stress einhergehen, sowohl körperlich als auch seelisch äußern können, wird im Mindful2Work-Training mit dem Körper und mit dem Geist (dem Kopf) und mit Spannung und Entspannung gearbeitet, um die Stresssymptome zu reduzieren. Die Synergie ist somit die zentrale Idee des Mindful2Work-Programms. Denn ein Training, das auf beiden Ebenen ansetzt und dabei drei wirksame Bestandteile kombiniert, verspricht deutlichere und länger anhaltende Effekte als jedes einzelne Element für sich. Auf der körperlichen Ebene wird die Muskelspannung verringert und Entspannung und Erholung gefördert. Die Übungen werden dabei ganz bewusst im Freien durchgeführt, da die positiven Effekte von aktiver Bewegung und Sport zunehmen, wenn das Training draußen stattfindet. (Währborg, Petersson, Grahn, 2014).
Stresssignale wahrnehmen
Auch wenn sich während der Bewegungsübungen der Herzschlag erhöht, ist es wichtig, die Übungen achtsam auszuführen und körperlichen Signalen die volle Aufmerksamkeit zu schenken. Wir bitten Sie daher, lediglich 70 Prozent Ihrer Kraft auf die Übungen zu verwenden statt 100 oder sogar mehr als hundert Prozent. Gerade Menschen mit einem Risiko für Burn-out gehen oft über ihre eigenen Grenzen und stellen hohe Ansprüche an sich selbst, sodass sie körperlich und seelisch ausbrennen. Daher ist es uns wichtig, weniger über das Denken und die Willensstärke (»Was will ich?«) zu arbeiten und mehr über das Fühlen (»Wie geht es mir wirklich?«; »Was brauche ich gerade?«). Denn wenn wir mehr fühlen, stellen wir den Kontakt zu unserem Körper wieder her. Die Weisheit des Körpers kann sich so entfalten. Die physischen Signale sagen uns, wie es uns geht, wo unsere Grenzen sind und was wir gerade brauchen. Gut auf den Körper zu hören und für ihn zu sorgen, verringert die Tendenz, über die eigenen Grenzen zu gehen.
Die Yoga-Übungen
Diese Einstellung gilt im Mindful2Work-Training auch für die Yoga-Übungen. Wir haben uns bewusst für eine Kombination aus Yin-Yoga und Hatha Restorative Yoga entschieden. Dabei handelt es sich um ruhige Formen des Yoga, bei denen man sitzend oder stehend längere Zeit in bestimmten Haltungen bleibt, die vor allem auf die Beweglichkeit des Körpers abzielen sowie auf Stressreduzierung und Entspannung, sodass die psychische und körperliche Erholung unterstützt wird (Clark, 2012; Hanson, 2011). Bei diesen Übungen geht es im Wesentlichen darum, (körperlich) zur Ruhe zu kommen, bewusst zu entspannen, das Loslassen zu üben und sich den Positionen hinzugeben. Auch wenn wir versuchen, uns in der jeweiligen Position so gut wie möglich zu entspannen, können die Übungen dennoch anstrengend sein, durch das intensive Stretching (körperliche Erfahrung) oder weil wir es nicht gewohnt sind, längere Zeit in einer Haltung zu verweilen (mentale Erfahrung). Die angegebenen Varianten sollen dafür sorgen, dass die Übungen für jeden gut durchführbar und körperlich nicht zu fordernd sind. Die Yin-Positionen werden so eher zu stärkenden Yoga-Haltungen. Hatha Restorative Yoga ist eine sanftere Form des Yoga, die für jeden geeignet ist, ungeachtet körperlicher Einschränkungen. Dieser sanfte Umgang mit dem Körper zieht sich durch das gesamte Yoga-Programm von Mindful2Work. Während der Yoga-Positionen üben wir, unsere körperlichen Grenzen zu spüren, darauf zu hören und sie zu respektieren. Denn es geht darum, (wieder) zu lernen, wo sich die Grenze befindet und wie wir zur Ruhe kommen, anstatt aufs Gaspedal zu treten und weiterzurasen.
Mit Stress umgehen
Indem wir bewusster fühlen, stellen wir den Kontakt zu unserem Körper wieder her.
In den ersten drei Einheiten wird die Basis gelegt: Sie lernen mit den Achtsamkeitsübungen, die Aufmerksamkeit auszurichten und aufrechtzuerhalten sowie Körper und Atem bewusst wahrzunehmen. In der zweiten Hälfte des Kurses wird darauf aufbauend der achtsame Umgang mit inneren und äußeren Vorgängen verfeinert. Dabei wird es um den Umgang mit Stress und schwierigen Situationen sowie um Selbstmitgefühl und Selbstfürsorge gehen. Sobald die Aufmerksamkeit im Hier und Jetzt verweilt und weniger in die Vergangenheit und die Zukunft abschweift, wird sich auch der Geist beruhigen. Die Meditation und der Prozess des Inquiry (einer vertiefenden Erforschung nach der Meditation, mit der die Kursleitung es den Teilnehmenden ermöglicht, selbst wahrzunehmen, wie der Geist auf bestimmte Erfahrungen reagiert) können zu Erkenntnissen darüber führen, inwieweit wir unseren Stress selbst verstärken. So üben wir zum Beispiel, Abstand zu inneren (Gedanken, Gefühlen, körperlichen Empfindungen, Handlungsimpulsen) und äußeren Ereignissen zu gewinnen und lernen so, dass wir selbst entscheiden können, wie wir auf unsere Erfahrungen reagieren. Und das wiederum gibt uns ein Gefühl der Freiheit. Wir erleben, dass Gedanken vorübergehen, dass sie keine unverrückbaren Fakten sind, sodass wir vielleicht weniger in den Strudel unserer (negativen) Gedanken hineingezogen werden. Und da unser Körper und unser Geist in Wechselwirkung stehen, ist es wahrscheinlich, dass die Arbeit auf beiden Ebenen einen synergetischen Effekt hat: Die Summe ist größer als jedes Element für sich genommen.
»Zuerst der sportliche Teil, zum Auflockern, körperlich wie geistig, sodass man das bisherige Muster verlässt. Ein gutes Gefühl. Und beim Yoga ist man auch wieder körperlich aktiv, aber auf eine andere Art. Und dann zum Schluss die Achtsamkeitsmeditationen. Ein wunderbarer Flow.«
Das Mindful2Work-Training gibt einen natürlichen Ablauf vor, man bewegt sich zunächst bewusst und aktiv in der Natur, um dann über die Yoga-Übungen und die Meditation im Sitzen allmählich zur Ruhe zu kommen – eine Bewegung, die im buchstäblichen Sinn von außen nach innen führt. Während der aktiven Bewegung in der Natur wirbeln die Blätter wortwörtlich noch um einen herum, in der Meditation, die drinnen stattfindet, legt sich der Staub allmählich, sodass Raum für Selbstbetrachtung, Reflexion und neue Erkenntnisse entsteht.
Mehr als 83 Prozent der Teilnehmenden äußern die Absicht, nach dem Mindful2Work-Training weiterhin mit mindestens zwei, aber oft auch mit allen drei Elementen weiterzuarbeiten.
AUS DEN FORSCHUNGSBERICHTEN