Читать книгу Schlafen - Die Nacht und das Andere - Esther Grünig-Schöni - Страница 4

Er taucht auf

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Es war Mitte Juli in einem kleinen Dorf, in dem sich jede und jeder kennt, jeder alles vom Nachbarn zu wissen glaubt. Ein Bach schlängelt sich an den Häusern vorbei, durch Wiesen voller wilder Blumen. Hier, ausgerechnet hier in Schlafen, dem ziemlich abgelegenen Bauerndorf, ereignete sich etwas, von dem die Menschen noch Jahre später ab und zu sprachen und woran viele oft denken mussten. Eigentlich war's nichts Weltbewegendes: keine ungestüme Naturgewalt, keine Sensation, kein politisch fragwürdiger Schachzug; und doch störte dieses Vorkommnis eine bürgerlich festgefahrene Idylle und das auf eine Weise, die nachwirkte. Etwas Geheimnisvolles wohnte dem Ganzen inne. Vielleicht war es sogar leicht unheimlich, denn es geschahen Dinge, die es hier noch nie zuvor gegeben hatte. Oder dachten sie das alle nur und war es schon einmal wie unbemerkt an ihnen vorbei gezogen?

Alles begann mit einem Mann, der vom Waldweg herkam. Er schritt aufs Dorf zu. Er war nicht mehr jung; einer mit einem lustigen schwarzen Béret auf dem dichten dunkelbraunen Haarschopf (dem ein Haarschnitt nichts geschadet hätte), ein Mann mit aufmerksamen Augen. Seine schlanke Gestalt passte nicht recht zu der leicht schleppenden Gangart; und immer wieder hielt er kurz ein, um sich zu orientieren, um einen Ausblick in sich aufzunehmen. ‚Ach, da ist es ja! ‘

Eine bauchige, abgewetzte Reisetasche aus Jeansstoff mit bunten Flicken darauf trug er bei sich. Dunkelblaue Jeans saßen straff an seinem Körper. Ein bequemer rostroter Pullover und eine abgeschabte braune Lederjacke hingen darüber. Seine Füße steckten sockenlos in ausgetretenen Lederschuhen von undefinierbarer Farbe. Schweiß perlte dem Wanderer über die Stirne. In der Ferne hinter den Baumwipfeln auf den Hügeln zuckten schnelle Blitze, gleißende Sekundenlichter. Dann klang es, als würde über den Wolken gekegelt. Es rollte und grollte. Er fuhr sich mehrmals mit dem Handrücken übers Gesicht, rieb die Hand an der Hose trocken.

Es - das Dorf lag vor ihm, friedlich und wie ohne Leben: Schlafen. Er hatte von ihm gehört, es gesehen, kannte es, obwohl es sich in der Senke zwischen Hügelzügen gut versteckte. Groß war es nicht; die meisten Häuser umstanden steinwurfweit eine mächtige, weiße Kirche. Still war's. Als er näher kam, war es jedoch aus mit der Ruhe. Eine Meute Hunde kam ihm entgegen, angeführt von einem Schäferhund Mischling wedelnd, hechelnd, mit aufgerissenen Schnauzen und triefenden Lefzen. Sie kläfften ihn an, beschnupperten ihn und seine Tasche mit kühlen Nasen, satzten um ihn herum und standen an ihm hoch. War das nun Abwehr und Verteidigung des Dorfes oder freudige Begrüßung? Der Mann lächelte nur, sprach hier und dort mit einem lustigen Wort auf sie ein und marschierte weiter, begleitet von dem Rudel Vierbeiner.

Kinder, großäugig, versteckten sich tuschelnd und kichernd hinter einer ausladenden Baumgruppe. Einige der Größeren drückten sich um die Ecken der Häuser und Ställe, verfolgten ihn mit neugierigen Blicken. Eine alte Frau stützte sich auf ihren Fenstersims mit Geranienkästen; der Großvater hielt sich an seinem mit Schnitzwerk verzierten Stock fest. Eine Gruppe von Frauen drehte sich nach dem Fremden um, musterte ihn vom Kopf bis zu den Füssen und fand, hinter vorgehaltener Hand, zu einem Urteil. Zwei Männer unterbrachen ihren Feierabendschwatz und starrten ihn an. Eine junge Frau lächelte ihm freundlich zu, stupste ihre Freundin an. "Wer ist denn das? Der ist nicht von hier." "Ein Wanderer. Irgendein Wanderer." "So sieht er nicht aus." ‚Ich bin ich. Einfach ich! ‘ dachte der Mann schmunzelnd, denn er mochte unbeantwortete Fragen zu seiner Person. Schon fielen die ersten Regentropfen, bildeten sofort Flecken auf dem Boden. Sie zischten leise drohend, wenn sie auf heißes Blech trafen. Sie netzten die Dächer und Straßen, kühlten die schweißige Haut. 'Ich lösch' dich, Feuer, lösch' dich, Wärme und dich, Durst! Ich deck' dich zu, Leidenschaft, mit meiner Nässe. Ich bin sanft, aber stark. Und wir sind viele...' flüsterten die Wassertropfen, wurden lauter und lauter im Rhythmus. Wind kam auf, bauschte Röcke, entführte Hüte, klappte Schirmdächer um, zerrte an Hemden und Vorhängen in noch offenen Fenstern. Die Bäume rauschten. Die Stille, noch eben auf allem lastend, war nur ein Atemholen vor dem Aufruhr gewesen.

Alles schien in Bewegung geraten, die Landschaft drohte im Lärm zu versinken. Die Flaggenstangen ließ der Wind gespenstisch singen, peitschte das Schild des stattlichen Gasthauses, den Goldlöwen an seinen Ketten hin und her und machte es schmerzhaft quietschen. Der Mann blieb stehen. Ein solches Gasthaus war oft der Nabel eines Ortes, und sein Name sagte viel über den Charakter der Gemeinde aus. Aber dieser hier? Was sagte er aus? Wie war dieser Name entstanden? Durch ein Ereignis? Eine Sage, in der ein goldener Löwe eine Rolle spielte? Durch einen Geistesblitz, eine Tradition, einen Traum? Oder war der Name einfach der Phantasie entsprungen? Überall war er auf Hirsche, Bären, Rössli und Löwen gestoßen, aber noch auf keinen goldenen. Wie dem auch sei - der "Goldene Löwe" kam ihm gelegen. Der Regen verstärkte sich. Der Fremde drückte auf die Eisenklinke der Holztür, die mit üppigen Schnitzereien versehen war, wie er sie auf dem Land oft gesehen hatte. Die Türe knarrte. Dahinter tat sich ein kahler Gang auf, von dem verschiedene Türen abgingen. Ganz am Ende stand ein Zigaretten-Automat. Es roch süßlich und nach Bratenfett. Auf einer der Türen stand "Gaststube". Die öffnete er und trat in einen rauchgeschwängerten Raum. Zum Zeitpunkt des Geschehens war es durchaus noch üblich, dass Rauch im Raum stand. Heute ist er selbst aus allen Balken verschwunden, denn in Gaststuben wird nicht mehr geraucht. "Guten Abend."

Susanne, die Wirtsfrau, hatte ihn kommen sehen. Von hinter dem Tresen aus hatte sie einen guten Überblick auf die Dorfstraße. Sie kannte jede und jeden; denn kaum je kam ein Fremder hier vorbei. Schlafen war kein Touristenort und es schlängelte sich keine Durchgangsstraße hindurch.

Fast unheimlich wirkte es, als er genau während eines Krachers aus den Wolken in die Schankstube eintrat. Wie ein unheilvolles Omen. Doch als sie nun zu ihm ging, ihn dabei gründlich betrachtete, sah sie freundliche Augen. Das ganze Gesicht wirkte freundlich und durch die lebhaften Katzenaugen jugendlich. Ein Bursche war er zwar nicht mehr. Einige feine Falten und zwei feste Furchen von den Nasenflügeln zu den Mundwinkeln waren nicht zu übersehen, ebenso wenig die ersten weißgrauen Haare im dichten Schopf. Irritierend, geradezu wie ein Widerspruch zu dieser offenen, vitalen Ausstrahlung wirkte sein müde schleppender Gang. Darin lag Resignation. Susanne gestand sich ein, dass er ein schöner Mann war und in ihr ein leises Flattern erzeugte. Verrückt. Er musste eine starke Persönlichkeit haben. Doch sie war auch kein Teenager mehr, der auf diese Weise reagierte. Es war verwirrend. Sie wischte das Flattern aus ihren Gedanken und Gefühlen. "Guten Abend, mein Herr. Was soll's sein?" "Ich möchte etwas essen."

Die anderen Gäste, die ihn seit seinem Eintreten gemustert hatten, wandten sich ihren Gesprächen und Spielen zu, stocherten auf ihren Tellern herum, rührten in ihren Tassen oder nahmen einen Schluck aus dem Bierglas. "Gern“, sagte Susanne freundlich. „Und zu trinken?" "Ein Mineralwasser." Sie legte dem Fremden lächelnd die Speisekarte hin und registrierte, dass er eine große Reisetasche bei sich hatte. Sein Béret lag darauf. Sie eilte in die Küche. Georg, ihr Mann, döste auf einem Stuhl vor sich hin. Er hatte in der Zeitung geblättert. Die lag nun auf dem Boden neben seinen Füssen. Ärgerlich schüttelte sie den Kopf. Natürlich war es im Moment ein wenig ruhig in der Gaststube. Trotzdem... "Wach auf!“ Sie stieß ihn an. „Die Zeitung war wohl nicht besonders interessant. Du kriegst gleich Arbeit. Ein Fremder sitzt da und will etwas essen! Außerdem könntest du mir helfen. Das Wetter scheucht alle herein. Es kommen immer mehr."

Georg blinzelte. Das war bestimmt ein Trick, um ihn auf Trab zu bringen und ihm wegen seiner kleinen Pause ein schlechtes Gewissen zu machen. Ach, seine Susanne! Sie erschien ihm oft zu wirbelig, zu arbeitsverrückt - viel zu aktiv. Ein Mensch, der kaum stillsitzen konnte, nicht einmal in der Freizeit. Sie verwirrte ihn in seiner Gutmütigkeit und seiner nun mal eingewachsenen Gemütlichkeit. Aber ansonsten hatte er eigentlich nichts zu klagen. Und bei der Arbeit im Gastgewerbe war daran auch nichts auszusetzen. Vielleicht brauchte er ihr antreibendes Temperament, um mit seinem Teil der Arbeit zurechtzukommen. "Hierher kommt kein Tourist!" brummte er. "Es sitzt einer in der Gaststube. Sieh selbst!"

"Gut, gut. Und der will auch noch essen?" "Warum nicht? Das hier ist doch ein Ort, wo gegessen wird. Wirst dich wohl bewegen müssen!" "Sei nicht so streng! Ich fang' ja gleich an!" Behäbig, beinahe provozierend langsam stand er auf, nahm die Zeitung auf, legte sie zusammen, strich sich umständlich seine Schürze glatt und guckte endlich durch die halboffene Tür in die Gaststube.

"Ein Wetter ist das heute!" Die Wirtin stellte ihrem geheimnisvollen Gast ein Glas hin, schenkte ihm schwungvoll ein, wie's keine Anfängerin fertig brächte. Inzwischen hatte das Gewitter den Ort erreicht, griff wie mit groben Fingern nach Häusern und Bäumen. Im Glas perlten die Luftbläschen an die Oberfläche, zerplatzten mit feinem Zischen.

"Bleiben Sie länger im Ort?" "Je nachdem..." Ein schelmisches Grinsen begleitete den kleinen Satz. "Viel los ist hier nicht", versuchte sie trotzdem weiter, das Gespräch am Laufen zu halten. "Wenn ich das suche? Genau das. Die Ruhe und Beschaulichkeit." "Hm. Dann könnte das genau richtig sein. Hierher kommt kaum einer... ich meine... einfach so! Leben Verwandte von Ihnen hier?" "Nein."

"Freunde? Oder suchen Sie nach Erinnerungen?" ‚Möglich, dass Erinnerungen existieren. Wir werden sehen‘, dachte er, antwortete jedoch nur mit mehrmaligem lächelndem Kopfschütteln. Er ließ sich nicht aushorchen. Susanne wurde immer neugieriger und versuchte nicht einmal mehr, dies zu verbergen.

Draußen vor den Fenstern tobte wie eine gespenstische Kulisse, das Unwetter. Erst jetzt fiel ihr auf - und das steigerte ihr Erstaunen und ihr Interesse - dass er einen kleinen goldenen Ring am Ohr trug. Das verstärkte diese Aura des Abenteuerlichen, die ihn umgab, die sie erregte. War er eine Art Pirat? Auch am Hals war Schmuck zu sehen: eine feine Goldkette. Den Anhänger, falls einer vorhanden war, verbarg der Pullover. Vielleicht war der Fremde ein Zigeuner? Sie rümpfte bei dem Gedanken leicht die Nase. So einer hätte nun gar nichts in dem Ort zu suchen gehabt. Hier mochten sie so etwas nicht. Hm, eigentlich sah er doch nicht so aus. Nun, wenn er nichts von sich preisgab, spekulierte sie eben. Er musterte inzwischen auch sie und schätzte sie ein. Sie schien in Ordnung. Leicht unzufrieden mit dem Leben hier, eigentlich offen für Neues, wurde aber vermutlich darin gebremst. Er spürte eine versteckte erotische Ausstrahlung, ein anderes Ich … wie eingeschlafen. 'Soll ich dich wecken?', dachte er, merkte, dass ihr unbehaglich wurde, und genoss es. "Wir haben keine Sehenswürdigkeiten." Hartnäckig war sie mit ihren forschenden grauen Augen. Im dunklen, ordentlich gekämmten Haar, hatte sich ein Strähnchen nicht bändigen lassen; ab und zu strich sie es energisch aus dem Gesicht, doch fiel es immer wieder zurück. "Auch keine Geheimnisse!", fuhr sie fort.

"Sind Sie sicher? Geheimnisse sind nicht leicht erkennbar. Sie sitzen tief. Und genauso tief muss gegraben werden. Die Oberfläche ist meist glatt und still. So leicht wird nichts preisgegeben. Da ist Durchhaltewille und Opfer gefragt." "Ich..." "Die Landschaft ist harmonisch und das Dorf selbst: Noch etwas natürlich Entstandenes und Gewachsenes. Es kommt mir vor wie von der Zeit vergessen." "Das haben Sie bereits gespürt?" "Das Leben ist kurz. Ich lebe intensiv und mit all meinen Sinnen. Sie schmunzeln? Richtig, ich habe etwas von mir verraten. Das, was ich will, gebe ich preis. Mehr nicht. Keiner überrumpelt mich." Ein bisschen verlegen kam sie wieder aufs Dorf zu sprechen. "Vieles steckt hier hinter dem Mond fest. Vielleicht der ganze Ort!" "Sind Sie nicht zu hart?" "Objektiv."

Seine Augen glitzerten. Sah sie Angriffslust, Herausforderung darin oder bloß Schalk? Machte es ihm einfach Spaß, andere zu verwirren? Böse konnte sie ihm nicht sein. Verrückt war, dass in all dem etwas wie Unschuld lag. Unschuld? Bei einem erfahrenen Mann? Das war ihre Einschätzung. Oder täuschte sie sich, war sie selbst auch ungewollt Teil eines Spiels - seines Spiels? War das seine Macht? Ein auserlesenes Essen bestellte er, ein Dîner mit Vorspeise, Hauptgang, Käse und Dessert, als Abschluss des Ganzen einen Kaffee. Sie bewunderte seinen Geschmack. Er speiste wie ein Fürst, nicht wie ein wilder Freibeuter - und sah doch eher wie ein Vagabund aus. Er hatte Stil, benahm sich wie ein Herr aus noblen Kreisen, sprach gewählt, geistreich und wirkte trotzdem ein wenig verwahrlost. Was für ein Mensch war in ihre Stube getreten? Wie war er? Wer war er? Nichts passte! Und alles passte! Ihm schien ihr Rätseln Vergnügen zu bereiten. Doch ein Spiel? Sie wusste nicht, wie recht sie hatte: Es machte ihm Spaß. Zu ihrem korpulenten Mann sagte sie: "Er muss etwas Besseres sein." "Vergiss die anderen Gäste nicht", brummte er. "Nein, nein! Aber..." Sie ärgerte sich. Ihr Mann versuchte offenbar nicht mal, sie zu verstehen. "Ein verwunschener Prinz etwa?" stichelte er. "Seine Kleider..." "Georg, mach dich nicht über mich lustig! Das sind Äußerlichkeiten, vielleicht sogar Tarnung, ein Versteckspiel. Er scheint gerne zu spielen. Seine Umgangsformen.... Was hat denn die Kleidung heute noch zu sagen? Das solltest selbst du wissen!" Seine phantasielose Ignoranz machte sie einen Moment lang wütend. Wie anders war doch der Mann am Tisch.

Einige der Gäste beobachteten ihn aus den Augenwinkeln, taten so, als ob sie aus dem Fenster schauten. Nur selten starrte ihn einer offen an. Da saß also ein recht seltsamer Fremder am Holztisch mit der rotkarierten Tischdecke und den Blumen darauf – künstliche - denn echte gingen von heute auf morgen ein im Qualm. An der Wand über ihm hing eine Vereinsfahne, Jahrzehnte alt bereits und etwas vergilbt. Daneben ein gläserner Schaukasten mit Trophäen und Auszeichnungen - Kelche und Becher. Die ortsansässige Schützengesellschaft stellte stolz aus. Eine Staubschicht lag wie ein grauer Schlafmantel darüber. Daneben glänzte eine große Fotografie, ein Gemeinschaftsbild des steif grinsenden Gesangvereins. Alles Zeichen gutbürgerlicher Biederkeit, die hier zur Schau gestellt wurden, weil das üblich und schon immer so gewesen war.

Auch die Dörfler glaubten, an der Art des Fremdlings einen vornehmen Herrn in unpassender Kleidung - einer Verkleidung? - zu erkennen. Selbst Seppi, der trottelige Säufer des Ortes, hier aufgewachsen und geduldet, kam mit seinem dauernd vernebelten Hirn zum gleichen Ergebnis. Er trompetete es wie ein vorlautes Kind in den Saal: "Das... das ist ein Millionär! Bestimmt! Ein Pro...Pro...mi, ach, einer, den jeder kennt, ei...ein Berühmter eben! Vielleicht vom Fernsehen oder..." "Ausgerechnet hier bei uns?" wunderte sich einer seiner Kumpane. "Wa...rum...Warum nicht? He? Du! Wi...wir sind auch jemand! Hier hat...hat er Ruhe! Ja!" Dabei starrte er den Mann mit großen Augen an. "Ruhe! Ja!"

Seppi saß dreckig und zerlumpt da, in seinen ausgelatschten Schuhen, mit seinen verfilzten Haaren und der schweren, ihn immer umwabernden Alkoholwolke. Sein Bart überwucherte beinahe das ganze aufgedunsene Gesicht. Das Weiß der Augen war bei ihm gelb, die noch vorhandenen Stummelzähne ebenso. Die langen Fingernägel trugen Trauer, die Nase leuchtete wie ein Stoppsignal. "Vielleicht hast du recht", murmelte einer. "Der sieht beinah' wie Seppi aus!", grunzte ein zweiter Kumpan. "Quatsch!", knurrte der andere. "Und wenn schon!" Seppi wiederholte, noch immer starrend: "Hier ist ruhig!" Die Umsetzenden klopften ihm auf die Schultern, ließen ihm seinen kleinen trotzigen Willen. "Ja, ja! Ist ja gut!" Der Fremde lachte. Da kicherte Seppi wie ein Irrer und tastete nach seinem Glas.

Schlafen - Die Nacht und das Andere

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