Читать книгу Auf alten Kriegspfaden und -steigen durch die Dolomiten - Eugen E. Hüsler - Страница 12

1 Monte Tudaio (2140 m) Eine spannende Gipfelüberschreitung

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TALORT

Vigo di Cadore (951 m), Dorf im Centro Cadore

AUSGANGSPUNKT

Chalet Pino Solitario (878 m); Parkplatz

ANFAHRT

Von Auronzo di Cadore (845 m) talabwärts bis zu den Tre Ponti (740 m), dann spitzwinklig links und auf der Straße Nr. 619 zum Weiler Piniè (807 m). Hier links steil bergan zum Chalet Pino Solitario. Busverbindung nach Vigo di Cadore

WEGVERLAUF

Chalet Pino Solitario – Val di Ciariè – »Sentiero dei Mede« – Monte Tudaio – Kriegsstraße – Chalet Pino Solitario

GEHZEITEN

Gesamt 6.15 Std.; Aufstieg 4 Std., Abstieg 2.15 Std.

CHARAKTER/SCHWIERIGKEIT

Der Aufstieg verläuft durch das wildromantische Val di Ciariè und über die felsige Südflanke des Monte Tudaio, ist anstrengend, auf kürzeren Abschnitten gesichert und im Sommer extrem schweißtreibend (ausreichend Getränke mitnehmen!); der Abstieg folgt den vielen Kehren einer ehemaligen Kriegsstraße. Sie ist im unteren Teil sehr steil und grobschotterig.

HÜTTEN/EINKEHR

Keine Einkehr am Weg!

KARTE

Tabacco 1:25 000, Blatt 016 »Dolomiti del Centro Cadore«

TOURIST-INFO

Consorzio Tre Cime Dolomiti, Via Corte 18, I-32041 Auronzo di Cadore;

Tel. +39/04 35/996 03,

info@auronzomisurina.it,

www.auronzomisurina.it


An Meine Völker!

Der König von Italien hat Mir den Krieg erklärt.

Ein Treubruch, dessengleichen die Geschichte nicht kennt, ist von dem Königreich Italien an seinen beiden Verbündeten begangen worden.

Nach einem Bündnis von mehr als dreißigjähriger Dauer, während dessen es seinen Territorialbesitz mehren und sich zu ungeahnter Blüte entfalten konnte, hat Uns Italien in der Stunde der Gefahr verlassen und ist mit fliegenden Fahnen in das Lager Unserer Feinde übergegangen.

Wir haben Italien nicht bedroht, sein Ansehen nicht geschmälert, seine Ehre und seine Interessen nicht angetastet; Wir haben Unseren Bündnispflichten stets getreu entsprochen und ihm Unseren Schirm gewährt, als es ins Feld zog. […] Aber Italiens Begehrlichkeit, das den Moment nützen zu sollen glaubte, war nicht zu stillen. Und so muß sich das Schicksal vollziehen. […]

Der neue heimtückische Feind im Süden ist kein neuer Gegner.

Die großen Erinnerungen an Novara, Mortara, Custozza und Lissa, die den Stolz Meiner Jugend bilden, und der Geist Radetzkys, Erzherzog Albrechts und Tegetthoffs, der in Meiner Land- und Seemacht fortlebt, bürgen Mir dafür, daß Wir auch gegen Süden hin die Grenze der Monarchie erfolgreich verteidigen werden.

Ich grüße Meine kampfbewährten, siegerprobten Truppen, Ich vertraue auf sie und ihre Führer! Ich vertraue auf Meine Völker, deren beispiellosem Opfermut Mein innigster väterlicher Dank gebührt.

Den Allmächtigen bitte Ich, daß er Unsere Fahnen segne und Unsere gerechte Sache in seine gnädige Obhut nehme.

Franz Joseph m. p.

(Extra-Ausgabe der »Wiener Zeitung« vom 23. Mai 1915)

Ein Blick auf die Landkarte reicht, um die strategische Lage des Monte Tudaio (2140 m) im Rücken der Alpenfront zu erkennen: hoch über dem Zusammenfluss von Ansiei und Piave, im Blick die Sextener Dolomiten, ein Abschnitt des Karnischen Haupt- und Grenzkamms. Da erstaunt es kaum, dass dieser nordwestliche Eckpfeiler der Karnischen Alpen eine Festung erhielt. Sie gehörte zu einer ganzen Kette ähnlicher Anlagen, die von der italienischen Heeresleitung im Hinterland der Grenze zu Österreich noch vor dem Kriegseintritt angelegt wurde als Sicherung im Falle eines Fronteinbruchs. Auch die Westseite des Piavetals war befestigt (Col Vidal); die mächtige Festung am Monte Rite (siehe Tour 2) sollte das Boitetal kontrollieren.

Gipfelfestung Auf dem Monte Tudaio befand sich eine Geschützstellung mit vier Armstrong-Kanonen vom Typ 149A, die eine Reichweite von mehr als zehn Kilometern hatten. Versorgt wurde die Gipfelbesatzung über eine kunstvoll trassierte Zufahrt und zwei Materialseilbahnen; eine dritte Teleferica verband die Gipfelbastion mit der Waldsenke von Pramosei. Zu den Festungsanlagen gehörte neben der großen Kaserne und Munitionslagern auch ein Observatorium. Das ist längst zerstört; ersatzweise informieren heute einige Panoramatafeln über die prächtige und ganz friedliche Rundschau.

Sentiero dei MedeDie Festungsstraße ist gut erhalten, also durchaus auch eine Option für den Aufstieg. Erfahrenen Berggängern bietet der »Sentiero dei Mede« einen interessanteren, landschaftlich ungemein reizvollen Zugang. Man »schleicht« sich dabei sozusagen von hinten an über die enorm steile, zum Val di Ciariè abbrechende Südflanke des Bergstocks. Einige Passagen sind gesichert, Ausdauer ist unerlässlich (bei 1250 Höhenmetern), im Hochsommer auch ein sehr früher Aufbruch dringend angeraten.


Leichte Klettersteigpassage am »Sentiero dei Mede«

AufstiegGleich hinter der Bar Piniè (878 m) weist ein Schildchen die Richtung: »Sentiero dei Mede, ore 4«. Ein Ziehweg, der bald zum schmalen, aber deutlich erkennbaren Pfad wird, führt taleinwärts. Nach etwa einer halben Stunde leitet die Spur über das breite Geröllbett des Giao de Ciariè, nochmals gut 30 Minuten später verlässt man den Graben nach links und steigt – zuletzt steil und steinig – hinauf zur Mündung einer gewaltigen Schuttreiße. Sie wird gequert, dann geht’s erneut steil bergan. Die grünerdige Rinne mündet auf ein System von teilweise recht schmalen Horizontalbändern, denen man nach links bis zum Rand einer wilden Klamm folgt. Dann heißt es erneut: hinauf! Die Spur leitet in einen steinigen Graben (Sicherungen), dann auf einen schmalen Latschenrücken, an den ein mäßig steiler Wandaufschwung anschließt. Er ist mit Drahtseilen bestens gesichert. Der Antennenstachel am Gipfel ist nun bereits recht nahe; ein letzter Anstieg über einen Krummholzhang leitet hinauf zur Umfassungsmauer der Gipfelfestung. Bei der großen Kaserne betritt man die ausgedehnte, in Teilen noch recht gut erhaltene Anlage; 20 Meter höher gibt’s das große Panorama (4 Std.). Der erste Blick geht dabei meistens ins Val d’Ansiei und hinauf zu den Drei Zinnen. Die hießen übrigens früher bei den Einheimischen in Auronzo nicht Tre Cime di Lavaredo, sondern ganz schlicht, einfach und zutreffend »Monte Bello« …


Für den Feind nicht einsehbar – der Kasernenbau an der Südseite des Gipfels

Links-RechtsDurch einen Tunnel verlässt man die Festung wieder; dann geht es mit viel Aussicht in Serpentinen an der Westflanke des Tudaio bergab. Am Col del Muto (1960 m) führt die Kriegsstraße am Eingang eines Stollens vorbei. Er leitet durch den Berg zu vier Artilleriestellungen, die einen Schusswinkel von Auronzo bis Santo Stefano im Visier hatten. Auronzo und die südöstlichen Sextener Dolomiten bleiben auch beim weiteren Abstieg noch eine Weile im Blickfeld, auch der Koloss im Westen, der alle anderen Berge hier überragt: der Antelao (3264 m). Der Fahrweg mündet schließlich in den Geröllgraben des untersten Val di Ciariè. Hier kann man noch einen kleinen Abstecher zu den während des Faschismus angelegten Stellungen unternehmen (Hinweistafel). Bei der Bar Piniè endet die spannende Überschreitung eines schwer befestigten Gipfels, der nie in militärische Operationen verwickelt war (6.15 Std.).

Auf alten Kriegspfaden und -steigen durch die Dolomiten

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