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Von UWE zu NetSat
ОглавлениеDas Erreichen dieses Ziels wurde von einer Forschungsgruppe um Professor Schilling, der seit 2003 den Lehrstuhl für Robotik und Telematik der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) leitet, in den letzten 17 Jahren Schritt für Schritt durch orbitale Testflüge vorbereitet. Der erste deutsche Pico-Satellit, mit der Bezeichnung UWE-1 (die Abkürzung steht für: Universität Würzburg Experimentalsatellit), wurde 2005 in den Orbit gebracht. UWE-1 ist ein 10 Zentimeter-Würfel, was einem 1Unit CubeSat entspricht. Seine Aufgabe war die Optimierung von Internet-Protokoll-Parametern für Raumfahrtanwendungen. Vielleicht ist an dieser Stelle ein kleiner Exkurs zum Prinzip des CubeSats notwendig. Sie stellen ein einheitliches Format kostengünstiger Kleinsatelliten dar, die ursprünglich von der Stanford-University und der California Polytechnic State University zunächst für Anwendungen im institutionellen Forschungsbereich geschaffen wurden. Daraus hat sich inzwischen ein Industriestandard entwickelt, um den herum Nachfolge- und Zusatzentwicklungen (wie beispielsweise die von Dispensern) gefolgt sind. Professor Schilling konnte als Consulting Professor an der Stanford University in den Jahren 2002-2006 eng mit Professor Bob Twigs, dem „Vater“ der CubeSats, bereits ganz zu Anfang dieser neuen Entwicklungen eng zusammenarbeiten. Der Grundbaustein eines CubeSat ist ein Würfel von 10 Zentimetern Kantenlänge und etwa einem Kilogramm Gewicht. Daraus können Einheiten abgeleitet werden, die aus einem Vielfachen dieser „Cubes“ bestehen. Cubesats in 2er,3er, 4er und 6er-Einheiten sind heute Standard. Aber auch 12er oder 24er-Einheiten sieht man immer häufiger. Es gibt neuerdings auch Ableitungen, die in der Größe nach unten gehen. Das sind dann 1/3 oder ¼-Cubesats (wie beispielsweise die jeweils 250 Gramm schweren SpaceBee Datenrelay-Satelliten. Auch Startdienstleister sind auf diesen Zug aufgesprungen und bieten günstige Konditionen für den Transport von CubeSats in den Orbit an, mit dem Erfolg, dass sich dieser Markt in den letzten Jahren fast explosiv entwickelt. Doch jetzt wieder zurück zu UWE-1.
Aus dem daraus entstandenen UWE-Programm, das CubeSats zur Ausbildung der Raumfahrt-Studierenden in Systemtechnik an der Universität Würzburg einsetzte, folgte 2009 die Mission UWE- 2 zur Bestimmung von Position und räumlicher Ausrichtung des Satelliten. UWE-3 hatte 2013 die Ziele, eine geeignete Lageregelung durchzuführen und gleichzeitig eine hohe Lebensdauer anzustreben. Dies trotz Verwendung ausschließlich kommerziell erhältlicher Bauteile. Das dabei eingesetzte Konzept der Kombination von Hardware-Redundanz und fortgeschrittener Software zur Fehlerfeststellung und –korrektur in Echtzeit, führte zu „Strahlenabschirmung durch Software“. Der Satellit UWE-3 zeigte die Leistungsfähigkeit dieses Ansatzes in einem über sechseinhalb Jahre dauernden, unterbrechungsfreien Betrieb auf einem polaren sonnensynchronen Erdorbit. UWE-4 wurde 2018 gestartet. Dieser Cubesat war erstmals mit einem elektrischen Antriebssystem für eine aktive Orbitkontrolle ausgerüstet. Damit wurden sowohl Manöver zum Anheben als auch zum Absenken der Umlaufbahn durchgeführt. Dies ist nicht nur während der Betriebszeit, sondern auch am Lebensende eines Satelliten eine wichtige Fähigkeit. Mit einem eigenen Antriebssystem kann die Einheit am technischen Lebensende auf einen Abstiegsorbit zum Verglühen in der Erdatmosphäre gebracht werden. Sie trägt damit nicht zur weiteren „Vermüllung“ des niedrigen Erdorbits bei. Besonders spannend wurde es im Juli 2020, als ein defekter Iridium-Satellit die Bahn von UWE-4 kreuzte. Dank der frühzeitigen Kollisionswarnung durch das US Combined Space Operations Center (CSpOC) konnte mit UWE-4 erstmals ein Kleinsatellit ein Ausweichmanöver fliegen und einen möglichen Zusammenstoß vermeiden. Aufgrund dieser früheren Vorhaben waren alle wesentlichen Technologien und die notwendige Expertise für einen Formationsflug von Kleinsatelliten am Standort Würzburg verfügbar und die wesentlichen Technologien im Orbit getestet. Zeit somit, zum nächsten Schritt überzugehen, der NetSat-Konstellation, ein Projekt, das vom European Research Council (ERC) mit 2,5 Millionen Euro unterstützt wurde.