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Vorwort

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Das Jahr 2016 ist historisch dominiert durch die Erinnerung an Kaiser Franz Joseph aus Anlass seines 100. Todestages. Ausstellungen, Bücher, TV-Dokumentationen beleuchten das Leben des Monarchen, der durch seine lange Regierungszeit mehrere Generationen geprägt hat. Viel weniger gibt es zu Kaiser Karl, der Franz Joseph auf den Thron folgte. Dies liegt sicher vor allem an der kurzen Regierungszeit von 1916 bis 1918 – im Gegensatz zu Franz Josephs 68-jähriger Regentschaft. Franz Joseph konnte sich auch eines großen Propaganda-Apparates bedienen, der das Bild des alten, gütigen Kaisers über Jahrzehnte prägte. Kaiser Karl musste sich dagegen der Kriegspropaganda des Ersten Weltkrieges aussetzen, wobei die Feindpropaganda oft durch die »nützlichen Idioten« im eigenen Land übernommen wurde, insbesondere in der Hetze gegen Kaiserin Zita.

Kaiser Karl musste nach Amtsantritt erst viele Versäumnisse aus den vorangegangenen Jahren in den Griff bekommen. Die Personalpolitik Kaiser Franz Josephs war in den letzten Jahren seiner Regierung eher statisch gewesen. So musste Kaiser Karl eine ganze Reihe von Umbesetzungen, insbesondere auch beim Armeeoberkommando, vornehmen, um sicherzustellen, dass seine Politik dort befolgt würde.

Die Tatsache, dass Kaiser Karl seine Regentschaft nur in der Zeit des Ersten Weltkrieges ausübte, trug wesentlich zu seinem Bild in der Öffentlichkeit bei. Die Kriegswirren standen im Vordergrund der Berichterstattung, und das vom Kaiser gezeichnete Bild wurde natürlich maßgeblich dadurch beeinflusst.

Kaiser Karl wurde am 3. Oktober 2004 durch Papst Johannes Paul II. seliggesprochen. Der Prozess, der zu diesem Ereignis führte, zog sich, wie in diesen Fällen üblich, über Jahrzehnte hin, wobei das Leben des Kaisers von allen nur erdenklichen Seiten beleuchtet wurde. Neben den zeithistorischen Dokumenten gab es noch viele Zeugen, die den Kaiser gekannt hatten. Dabei wurde durch die beteiligten Historiker immer wieder seine religiöse Überzeugung, seine Standhaftigkeit, sein persönlicher Mut, aber vor allem auch seine Entschlossenheit betont, den grausamen Krieg, der so viel Leiden hervorgerufen hatte, zu beenden.

Bei den Untersuchungen wurde immer wieder betont, welch abgerundete Persönlichkeit Karl in den drei großen Bereichen seines Lebens bewies: als Vater und Familienmensch, als Soldat und als Politiker.

Man hat Kaiser Karl oft vorgeworfen, nicht mit einem fertigen politischen Konzept die Nachfolge von Kaiser Franz Joseph angetreten zu haben. Hier wird ein Vergleich mit Erzherzog-Thronfolger Franz Ferdinand gezogen, der seine politischen Konzepte für den Moment der Thronübernahme ausgearbeitet in der Schublade hatte. Oft wird dabei vergessen, dass Franz Ferdinand diese Konzepte mit einem großen Stab an Mitarbeitern in Friedenszeiten für Friedenszeiten ausgearbeitet hatte. Das Konzept eines Trialismus oder die Sonderstellung der slawischen Volksgruppen in der Donaumonarchie war als langfristiges Konzept unter normalen politischen Bedingungen geplant.

Kaiser Karl hatte diesen Luxus nicht. Er kam inmitten des Weltkrieges an die Macht und musste seine Konzepte der jeweiligen Kriegssituation anpassen. Er war also gezwungen, seine Grundprinzipien zur Leitschnur seiner Handlungen zu machen. Einen Masterplan gab es nicht. Hier galt mehr denn je Moltkes berühmtes Zitat: »Kein Plan überlebt die erste Feindberührung …«

Die Tatsache, dass Kaiser Karl an der Prager Universität durch zwei Jahre als Privathörer Jus studierte, bedingte sicher auch seine Überzeugung vom Prinzip der Rechtsstaatlichkeit. Und es waren nicht nur die Umstände des Krieges, die ihn zu einem beispiellosen Vorantreiben der Sozialgesetzgebung veranlassten. Seine Sorge um die Rechte von Kriegswitwen und Waisen, sein Bemühen um Ernährung und Bevorratung, aber auch um die Volksgesundheit allgemein führte zur Gründung des ersten Sozialministeriums.

Kaiser Karl hatte das Konzept der Reichsidee als übernationale Rechtsordnung zutiefst verinnerlicht. Dabei war ihm klar, dass dies ohne das Prinzip der Subsidiarität nicht funktionieren kann. Er war sich noch sehr der Schwierigkeiten bewusst, die 1905 zum Mährischen Ausgleich geführt hatten. Diese Lösung eines Konflikts zwischen Deutschen und Tschechen wäre ohne das Subsidiaritätsprinzip nicht denkbar gewesen.

Persönliche Werte wie Integrität und Loyalität spielten für den zutiefst religiösen Kaiser eine besondere Rolle. War er doch nicht zuletzt auch durch die illoyale Einstellung von Kronprinz Rudolf zu seinem Vater Franz Joseph, welche letztlich zu seinem Tod führte, in die Rolle des Kronprinzen und Kaisers gekommen.

Es gibt noch viele Betrachtungsmöglichkeiten über Kaiser Karl, und ich bin sicher, dass uns insbesondere das Gedenkjahr 2018 interessante historische Erkenntnisse bescheren wird. Ich bin Eva Demmerle sehr dankbar, dass sie sich jetzt zum zweiten Mal dieser faszinierenden Persönlichkeit widmet und ein Werk schafft, das Kaiser Karl nicht nur im Kontext eines verlorenen Weltkrieges zeigt, sondern sich seiner umfassenden Persönlichkeit nähert.

Kaiser Karl wurde 2004 seliggesprochen. Selige zeichnen sich vor allem durch ihre Vorbildwirkung aus. Dieses Buch erlaubt uns einmal mehr, die Prinzipientreue und den hervorragenden Charakter Kaiser Karls zu betrachten und möglicherweise auch Rückschlüsse für uns selber zu ziehen.

Wien, im August 2016

Karl von Habsburg

Kaiser Karl

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