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Kapitel 3

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Nach der guten Unterhaltung mit Annika Vogel erhebt sich Katharina vom Küchenstuhl, um sich auf den Heimweg zu machen. Sie tauschen ihre Handynummern aus, um sich demnächst wieder einmal auf einen Kaffee zu verabreden. Zum Abschied sagt Annika:

„Mir hilft in solchen schwierigen Situationen das Wissen, dass es zum Leben dazugehört, dass sich immer wieder etwas verändern muss. So wie es im Stufen-Gedicht von Hermann Hesse auf den Punkt gebracht ist. Das kennst du, oder?“ Katharina nickt. „Es geht im Leben nicht langsam bergauf oder bergab, es ist eher so, als ob der Lebensweg für einige Zeit durch flache Ebenen führt, und dann kommt auf einmal eine Hürde, also eine Stufe. Das hat jedenfalls in meinem Leben immer gestimmt. Dazu passt auch der Spruch von Goethe: Und so lang du das nicht hast, dieses: Stirb und Werde! bist du nur ein trüber Gast auf der dunklen Erde.“

„Danke für deine Mut-machenden Worte, Annika, es geht mir schon ein bisschen besser. Nun jogge ich die letzten Meter, ich wohne ja nur zwei Straßen weiter. Bis bald, Annika!“

Mit dem Stirb-und-Werde von Goethe im Kopf läuft Katharina nach Hause. An der nächsten Straßenecke textet sie im Handy:

Hallo nochmal Tob! Meldest du dich bitte??? Ich warte… eine verzagte K.

In ihrer Wohnung angekommen wirft Katharina die Joggingklamotten in den Wäschekorb, steht noch einmal kurz unter die Dusche und schlüpft dann in Jeans und Sweatshirt. Was nun? Wie ein gefangener Tiger läuft sie im Wohnzimmer auf und ab, schaltet das Radio ein, räumt ein bisschen auf, läuft wieder hin und her und greift schließlich erneut zum Telefon.

„Hallo Jasmin?“

„Mensch Katharina, du schon wieder? Ach ja, du hast ja heute Zeit. Du, leider passt es momentan gar nicht. Lass uns heute Abend telefonieren, okay?“

Dann eben ein Anruf bei den Eltern. Das Telefon klingelt neun Mal, keiner zu Hause. Katharina raucht auf ihrem Balkönchen eine Zigarette, blickt in die Ferne und fühlt sich allein und verlassen. Ihre Gedanken kreisen um den nächtlichen Autounfall. Wie konnte das nur passieren? Regennasse Fahrbahn, Gegenverkehr. Vielleicht auch Müdigkeit, es war ja schon sehr spät. Frau Wacker… was wohl ihre letzten Gedanken waren? Anscheinend war sie sofort tot.

Das Handy piepst zwei Mal und blinkt dann. Die SMS von Tobias gibt ihr den Rest.

Hi Katha, leider hab ich voll Stress, Job und Sabine, meine neue Freundin, mit der ich noch einiges klären muss. Melde mich am WE, Tob

Aus tiefstem Inneren steigen Katharina Tränen auf, sie kann sie nicht zurückhalten, möchte es auch nicht. Sie weint um ihre Chefin, die nun urplötzlich nicht mehr da ist, die mitten aus dem Leben herausgerissen wurde. Obwohl der Tod ein Thema ist, mit dem sie sich schon häufiger intensiv auseinandergesetzt hat, ist sie zutiefst schockiert. So unvorhergesehen ist er einfach nur entsetzlich. Und sie weint auch ein bisschen um sich selbst. Dass Tobias Herrmann, ihr bester Freund, langjährig und sehr vertraut, mit dem sie seit der Zeit der gemeinsamen Ausbildung eine innige Freundschaft verbindet, dass er sie heute so hängen-lässt, enttäuscht sie zutiefst.

Katharina beschließt, eine Liste zu machen. Alles aufzuschreiben, was ihr jetzt einfällt. Was zu tun ist, was sie gern tun würde. Eine Erledigungsliste. Und eine Traurig-keitsliste. Denn manchmal hilft ihr das Aufschreiben, Gedanken zu sortieren.



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