Читать книгу Die Rebellen von Morgen - Fabian Mers - Страница 6
ОглавлениеDie Klagende, die
die Freiheit lebt
Linas leiblicher Vater, Thomas Charlsen, war ein nichtsnutziger Bauer, der nach ihrer Geburt das Land verlassen hat und ihre Mutter, Amanda Charlsen war eine erfolglose und gewöhnliche Frau, die bei einem Autounfall gestorben ist.
Das war die Geschichte, die Familie Müller Lina erzählt haben. Jedes Mal wenn sie mehr hinterfragte und mehr über ihre leiblichen Eltern wissen wollte, wurde Johannes sehr zornig.
Sie sollte keine Fragen stellen. Wie ihr Bruder. Das war die oberste Regel. Ihre Eltern waren Versager und ihre Tante Katrin war so nett, ihre Nichte aufzunehmen. Punkt.
Lina konnte das einfach nicht glauben, sie wollte das einfach nicht glauben.
Doch ihr blieb nichts anderes übrig, als die traurige Geschichte einfach hinzunehmen. Denn hätte ihr Vater sie wirklich lieb gehabt, würde sie nicht bei ihrer furchtbaren Pflegefamilie aufwachsen und von ihrem Stiefbruder gehänselt werden. Oder ?
Was ist damals wirklich geschehen? ...
Es war ein kalter Frühlings Abend 2004.
Auch in Langenhorn waren die Temperaturen sehr niedrig. Manche Verschwörungstheoretiker hielten es für ein böses Omen, aber das war natürlich nur Quatsch.
Anfang Mai kamen zwei Männer in das Dorf.
Einer von ihnen war sehr merkwürdig gekleidet.
Er trug Camouflage-Kleidung mit einem Symbol auf dem Rücken, dass einem Phönix ähnelte. Um seinen Hals hing ein Fernglas. Vielleicht war er Jäger oder hatte sich einfach nur beim Campen verlaufen.
Der andere Mann fiel aber noch mehr in den Straßen von Langenhorn auf. Er hatte zwar eine gewöhnliche, Blaue Daunenjacke und eine schwarze Jeans getragen, doch das was er in seinen Händen hielt, war nicht besonders üblich.
Es war ein kleines Baby mit einer herzförmigen Halskette, die es im Schlaf ganz doll festhielt. Es war umwickelt mit einem großen, weißen Tuch und hatte eine pinke Pudelmütze auf dem Kopf.
Es herrschte Totenstille im Dorf. Alle Bewohner waren wie vom Erdboden verschluckt. Wahrscheinlich waren vielen von ihnen über das Wochenende nach Berlin gefahren wegen ...
„Keine Sorge, Sir. Es wird schon wieder alles gut werden.“ sagte der Mann, der einem Wildhüter ähnelte. „Gestern war zwar eine Schande für die Deutsche Geschichte, aber wir geben nicht so schnell auf. Nicht solange die Glut noch leuchte“, sprach er dem anderen Mann hoffnungsvoll zu.
„Danke, Mike, aber ich glaube nicht, dass es noch Hoffnung gibt. Alles was ich jetzt noch will, ist, dass es ihr gut geht. Ich kann nicht noch jemanden verlieren“, sprach der Mann, während er sehr traurig das Baby in seinem Arm anschaute.
Die Männer verließen den herrlich, grünen Park, den sie nach einem Viertel voller großer Häuser erreichten, und warfen noch einen Blick zurück. „Sehen sie, Sir, an so einem schönen Ort wird sie bestimmt glücklich sein.
„Wir kennen uns nun schon sehr lange, Mike.
Du musst mich nicht mehr Sir nennen.“ sagte der besorgte Mann.
„Ja, natürlich Thomas. Ich bin das von der Arbeit einfach gewohnt.“
Nach ein paar hundert Metern erreichten sie eine hell leuchtende Straße. Auf einem herkömmlichen Straßenschild stand: „Herzog-Andre-Straße“.
Überall waren dort Laternen am Rande des Bürgersteigs. Egal wo man hinblickte, es war ein Geschäft zu sehen. Ein Fitnessstudio, eine Tankstelle ein kleines Bistro, ... Sie durchquerten die lebhafte Straße langsam. Am Ende der Straße stand ein Getränkeautomat. Jeder Laden war geschlossen. Vermutlich waren die Ladenbesitzer auch alle wegen ... nach Berlin gefahren.
Überall hingen auf den Fassaden selbstgemachte Poster mit einem Phönix-Logo drauf.
„Die Flamme lodert!“ „Wir werden sie einäschern!“ „Bald erzählen wir uns Lagerfeuer-Geschichten.“
Egal wo man hinsah, an jeder erdenklichen Stelle hingen diese Poster.
Die beiden Männer wurden noch trauriger als vorher.
Sie kamen an einer Pizzeria vorbei. Auf dem Dach war ein rot-leuchtendes Schild: „Hast du Hunger? Dann bist du hier bei der richtigen Nummer!“
Doch auch dieses Geschäft hatte geschlossen.
„Wir müssen uns beeilen. Sie friert langsam.“
Die Nacht war sehr Kühl und so dunkel, dass man tausende von Sternen am Himmel sehen konnte. Auch schwarze Katzen sammelten sich unter dem Licht des Vollmondes. Ein weiteres schlechtes Omen für die Verschwörungstheoretiker. Nun erreichten die Männer ein Viertel, dass deutlich ärmer aussah, als das vor dem schönen Park. Hier war eine ganz andere Stimmung. Das einzige, was wirklich Licht spendete, war der klare Nachthimmel. Nirgendwo hingen Poster, obwohl sie sich in der Herzog-Andre-Straße nur so gehäuft haben. „Das ist sie, die Momsenstraße.“ sagte Thomas. „Hier leben sie also, die Müllers.“ „Ja, Hausnummer 4.“.
Die beiden Männer standen vor einem weißen Haus mit einem roten Ziegelsteindach. Durch das Fenster sah man einen Mann mit einem aufgeblähten Bierbauch in einem befleckten Tanktop auf dem Sofa schlafen. In seiner Hand hielt er eine leere Bierflasche.
Mike legte seine Hand auf die Schulter seines Freundes. „Es ist soweit“, sagte er.
„Ich ... ich ... kann das ... kann das einfach nicht.“ stotterte der Mann mit dem Baby auf dem Arm vor sich hin. „Sie hat etwas besseres verdient als das!“ fügte er weinerlich hinzu.
„Aber ich weiß ja, dass es sein muss. Wenn ihr etwas passiert, würde ich mir das nie verzeihen.
Ich habe schon genug angerichtet.“ ...
„Geben sie sich nicht die Schuld, für das was passiert ist. Keiner von uns hätte das kommen sehen können.“ unterbrach Mike seinen ehemaligen „Sir“.
Thomas sprach eine paar Worte zu dem Baby,
so als würde es jedes verstehen.
„Lina, das tut mir so leid, aber es muss sein. Nur hier weiß ich, dass er dich nicht findet. Vergiss niemals, du wirst für Mama und mich immer
Die Klagende, die die Freiheit lebt bleiben.
Wir sind immer hier drinnen.“ sagte er zu seiner Tochter, während er ihre Hand an sein Herz drückte.“ Er legte das Baby vor die Haustür.
Die Tränen aus seinen Augen liefen ihm langsam die Wange herunter.
„Ich werde auf sie aufpassen. Das verspreche ich ihnen.“ sagte Mike.
Nach dem Abschied verschwand Thomas und wurde nicht mehr gesehen.
Keiner weiß, was mit ihm passiert ist.
Und auch von Mike war keine Spur.
An einem dunklen Abend 2004 begann die Geschichte von Lina Charlsen.