Читать книгу It's Market Day - Fabio Haebel - Страница 13
ОглавлениеAuf geht’s! Ich will davon kosten, daran riechen, etwas trinken, viel schmecken und natürlich einkaufen. Die Rue d’Aligre führt einen direkt auf den Place d’Aligre, wo die 170 Jahre alte Markthalle „Beauvau“ liegt. In der Halle ist es angenehm kühl. Nicht der Konsument soll hier zu optimalen Bedingungen existieren können, sondern die Delikatessen, die in den Vitrinen ihre Reize zur Schau stellen.
Meine Nase zieht mich zu einer Wildschlachterei, an deren Seite ein Grill steht, in dem sich ein Spanferkel dreht. Spanferkel heißt auf Französisch „cochon de lait“, was wortwörtlich übersetzt Milchschwein bedeutet. Ich frage den Metzger, ob ich ein Stück davon bekommen könne. Er guckt mich an, zieht den rechten Mundwinkel Richtung rechtes Ohr und erinnert damit kurz an das Klischee, dass Franzosen mit Gesichtsausdrücken mehr sagen können als mit ganzen Sätzen. Ich soll also in zwei Stunden wiederkommen. – O.k., mache ich. Dann also erst einmal um die Ecke, ein halbes Dutzend Austern, Größe N° 2, mit einem Glas Sancerre für 12,40 Euro. In Paris bin ich ganz offensichtlich nicht. Ich bin am Marché d’Aligre.
Mein Einkaufskorb wird schwerer. Darin liegen inzwischen Weintrauben aus der Gascogne, ein Schinken von einem Wildschwein aus den Pyrenäen, Brombeeren von der Loire, ein dickes Stück Saucisson, französische Rohwurst, und ein Geschenk, über das ich mich besonders freue: Wäre ich Franzose, würde ich nicht Fabio, sondern Fabien heißen. In der Markthalle gibt es einen Stand namens „Chez Fabien“. Als ich nach der Spezialität des Hauses frage, bekomme ich ein Stück Ententerrine gereicht, angereichert mit Pistazien.
Zurück bei der Wildschlachterei wandert nun auch für mich eine Scheibe des Milchschweinchens in ein Stück Pergament. Ganz ohne Brot. Ich bräuchte sehr viel Zeit, um das Knuspern der Haut zu beschreiben, muss mich aber beeilen, weil ich nun mit Amanda verabredet bin, die hier in der Nähe lebt und mir ihre Lieblingsorte auf dem Markt zeigen will.
Als ich vor der Halle auf sie warte, fällt mir auf, dass jemand an einem Straßenschild ein Herz über das i in Aligre geklebt hat. Ich warte also mit einem Lächeln und beobachte, wie sich der Markt zur Mittagszeit füllt.
Anzugträger holen sich halbe Hähnchen mit Pommes parisienne. Das sind Kartoffeln, die unter dem Hähnchengrill liegen und sich von dem Fett beträufeln lassen, das von dem über ihnen rotierenden Geflügel auf sie hinabtropft. Ein Rentnerpärchen flaniert Hand in Hand an mir vorbei und diskutiert die heutigen Preise, ein Verkäufer trommelt an seinem Blumenstand einen ziemlich guten Beat auf einem umgedrehten Eimer, und an einem Gemüsestand auf der gegenüberliegenden Seite hat sich ein Händler einen Ast frischer Minze hinters Ohr geklemmt. Das sieht aus wie ein Lorbeerkranz – der Gemüsehändler als Kaiser seines Reichs.