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Der Schwammerlrausch


Bericht von Joseph Kiener.

Ich konnte die beiden Buben von meiner Seite des Karpfenweihers aus gut sehen und hören. Ich lag am Ufer, dort wo ich immer lag. Die Stelle, wo ich alles überblicken konnte. Den Weg, die Felder, die Wiese vom Traublinger, den Überlauf, wo im Sommer die Kinder und die Mägde schwammen. Der Sailler sah mitgenommen aus und war zuerst sehr schweigsam. Die beiden warteten, bis die Geschwister Traublinger am Weiher vorüber waren. Irgendwann fing der Schwarz zu sprechen an:

»Der Traublinger sagt, dass du die ganze Zeit geschlafen hast.«

Benno Sailler schwieg und spuckte in das Weiherwasser.

»Der sagt auch, dass du das Viechfieber hast und dass wir uns alle von dir fern halten müssen, damit wir das nicht auch kriegen.«

Der Sailler zeigte keine Regung.

»Und dass die Kinder vom Viechfieber dumm werden können, hat er erzählt. Und dass die dann nicht mehr in die Schule kommen dürfen und daheim auf dem Hof eine Last sind und den Bauern Geld nur noch kosten. Nicht einmal mehr mitarbeiten können sie.«

Immer noch keine Reaktion vom Sailler.

»Hast du jetzt das Viechfieber oder nicht?«

Ich konnte sehen, dass der Saillerbub weinte. Seine Schultern hoben und senkten sich. Endlich sagte er etwas:

»Was weiß denn ich …«

Der Schwarz schien einerseits erleichtert zu sein, dass sein Freund überhaupt etwas sagte, wusste aber scheinbar nichts mit Bennos Gefühlsausbruch anzufangen. Ihm war sichtlich unwohl.

Dann, nach ein paar betretenen Momenten, beugte sich der Schwarzbub zum Weiher hinunter und spritzte seinem Freund eine Handvoll dreckiges Wasser ins Gesicht. Das brach endlich das Eis zwischen den beiden und Benno begann sich langsam wieder zu beruhigen. Aber es war deutlich zu sehen, dass er immer noch große Angst hatte und sich nicht wirklich traute, mit seinem Freund über alles zu sprechen.

»Ich habe jedenfalls keine Perchtln gesehen, oben auf dem Wachten, wenn du das meinst. Wie soll ich mich da angesteckt haben? Also weiß ich auch, dass ich kein Viechfieber habe. Und ich weiß auch, dass ich geschlafen habe. Fast eine Woche. Ungefähr. Zwischendrin bin ich immer wieder aufgewacht. Aber dann hat mir der Doktor einen Saft gegeben und ich bin wieder eingeschlafen. Ich war die ganze Zeit nicht ein einziges Mal auf dem Klo.«

»Du wirst halt ins Bett gepieselt haben. Wie die Oma vom Traublinger.« Der Schwarz schaute seinen Freund an. Er erwartete, dass dieser über den Witz lachen würde. Aber der war so gefangen von seinen Gedanken, dass er nicht darauf einging.

»Ich weiß nicht einmal mehr genau, wie ich überhaupt beim Doktor gelandet bin. Und zwischendrin, wenn ich wach geworden bin, war immer auch der Schandi da.«

»Geh, der Voigt. Von dem habe ich gehört, dass der der Elsi ganz gerne woanders hin pieseln würde.«

Der schmutzige Witz brachte bei Benno endlich die letzten Mauern zum Einstürzen und die beiden lachten ein bisschen.

»Von davor weiß ich nicht mehr viel. Ich war oben auf dem Wachten und habe meinem Vater die Brotzeit gebracht. Ich bin dann besonders langsam heimgegangen, weil ich wollte, dass der Alois die Stallarbeit zu Ende macht und ich erst daheim bin, wenn schon alles erledigt ist. Ich bin sogar extra einen Umweg gelaufen. Über den oberen Goaßweg. Bis zu der Stelle, wo man bis zum Grat sehen kann. Weißt du, wo ich meine? Wo die Höhlen in der Wachtenwand sind. Dann habe ich doch Angst gekriegt, dass ich so viel zu spät heimkomme, dass es einen Ärger gibt. Deshalb habe ich mich beeilt. Und dann bin ich beim Doktor wieder aufgewacht.«

Der Saillerbub stocherte mit einem Ast im Weiherufer. Aber alles in allem wirkte jetzt viel selbstbewusster und fuhr fort: »Ich weiß auch noch, dass ich eine seltsame Sache gesehen habe. Genau an der Stelle, wo die Wand auf die Wiese trifft. Schon von unten. Ganz rot. Ich bin dann hin und habe das angefasst und aufgehoben. Aber ich weiß nicht mehr, was das war. Ich habe noch immer so ein seidiges Gefühl in den Fingern, wenn ich über die Sachen, die ich angefasst habe, nachdenke. So glatt und fein.«

Der Sailler schien sich wirklich nicht genau zu erinnern. Aber ein Rest, ein Gefühlsfetzen schien noch da zu sein.

»Das hat sich vollkommen perfekt angefühlt. So perfekt wie nichts anderes. Ich habe so etwas noch nie angefasst. So gleichmäßig und glatt. Und das, was ich angefasst habe, war rot. Nur noch heller. Als würde das Rot von selber leuchten. Nicht so wie das Gewand vom Pfarrer oder das Brauereischild beim Wirt oder die Bilder in den Schulbüchern. Von selber rot. Von innen heraus. Verstehst du?«

Der Schwarz schüttelte den Kopf. Der Sailler erzählte weiter.

»Und dann weiß ich noch, dass ich gerannt bin. Weil plötzlich ein Teufel da war. Hinter mir her. Der hat geschrien und gespuckt. Und er hat ein rotes Licht in die Luft geschleudert und mich in der Teufelssprache verflucht. Und dann weiß ich erst wieder, wie ich beim Doktor aufgewacht bin.«

Beide Jungen schwiegen und saßen eine ganze Weile einfach nur da. Bis der Schwarz weiter fragte: »Und dass die dich nach München bringen?«

Jetzt wurde der Sailler bleich. Da war plötzlich so etwas wie Panik in seinem Gesicht. »Nach München? Ich habe doch nichts getan. Ich habe das nur angefasst und nichts genommen. Und dann ist der Teufel hinter mir her und ich bin beim Doktor aufgewacht. Die können einen doch nicht nach München bringen, wenn man nichts mit Absicht gemacht hat, oder? Nur weil ich nicht in den Stall wollte. Ich mache nächstes Mal hundert Stunden Stallarbeit. Freiwillig. Tausend Stunden. Nur nicht nach München.«

Die Anmerkung mit München hatte den Sailler komplett aus der Fassung gebracht. Er weinte und war auch vom Schwarz nicht mehr zu beruhigen.

Die beiden sind dann irgendwann später heimgegangen. Über die Äcker. Und ich bin zurück ins Dorf.

Am Abend saß ich beim Wirt und hörte den Dorfdeppen beim Besoffenwerden zu. Wen die alles vögeln wollten, wenn sie nicht daheim die Frau und die Kinder hätten und so weiter. Und wem alles mal ein paar aufs Maul gehörten und warum die anderen sich nur her trauen sollten, weil man es denen schon zeigen würde und dass die Knechte heute eh alles nur faule Hunde wären und heutzutage keiner mehr wüsste, was eigentlich Arbeit wäre. Und die Drecksunterpfaffinger, die Arschlöcher, die sollten sich nur umschauen, wer meinten die denn, dass die seien. Und die Scheißegenkofener mit ihrem Himmelskreuzeln. Das wäre doch nicht normal sowas. Das seien doch alles Narrische. Das Übliche halt. Ich saß wie immer alleine an meinem Tisch, aß eine Suppe und irgendeine Fleischspeise. Kalter Braten, glaube ich. Dazu kamen im Laufe des Abends drei Seidel Bier und einen Schnaps und noch ein bisschen was vom vierten Seidel. Ich vertrage nicht viel, also war ich schon ganz gut bedient.

Als schon fast niemand mehr in der Gaststube war, setzte sich die Elsi vom Wirt zu mir an den Tisch, um selbst ein Bier zu trinken. Aus Langeweile oder weil ich ihr imponieren wollte, erzählte ich ihr, was ich heute von den Buben am Weiher gehört hatte.

Die Elsi weiß alles in Oberpfaffing, Unterpfaffing und Rieding. Oder halt das Meiste. Sie ist eine der wenigen aus dem Dorf, die manchmal bis nach Rieding kommen. Mit dem Brauereifahrer sogar bis in die Stadt, heißt es. So weit kommt sonst eigentlich nur der Kramer. Ich hätte sie bestimmt nicht gefragt, wenn ich nicht schon die drei Halbe und den Schnaps intus gehabt hätte. Aber das mit dem Teufel hat mich dann doch beschäftigt. Eigentlich hatte es mir den ganzen Tag keine Ruhe gelassen. Weil der Sailler so aufgelöst gewesen ist. So fertig, wie er ausgesehen hat, habe ich mich bei der Beerdigung meines Bruders, meiner Eltern und der Großmutter gefühlt. Nach dem Unglück. Also richtig am Ende, gefühlsmäßig. Ich riss mich zusammen, schüttelte meinen Rausch ab, so gut es ging und erzählte ihr alles. Vom Benno Sailler, vom Schwarzhansi, vom Gendarm, vom Viechfieber und vom roten Teufel.

»Der Saillerbub hat geheult, wie ein kleines Kind. Vollkommen aufgelöst. Und der Schwarz hat nicht gewusst, wie er seinem Freund helfen kann.«

Elsi trank einen großen Schluck Bier. Sie wirkte nicht wirklich interessiert, aber ich schien ihr lieber zu sein, als die beiden übrig gebliebenen Besoffenen am anderen Tisch.

»Vielleicht hat der ja einen Fliegenpilz gegessen da oben. Ein Schwammerlrausch! Da sieht man auch alles Mögliche und am nächsten Tag hat man die Hälfte wieder vergessen. Wir haben die doch auch gefressen, in dem Alter. Und sind in der Sonne gelegen wie besoffen. Ich erinnere mich noch daran, wie ich immer ganz gefesselt davon gewesen bin, wie perfekt sich das Moos plötzlich an den Handflächen anfühlt.«

»Blödsinn, der Benno und einen Schwammerl fressen.«, sagte ich und dann: »Der Bub war so verängstigt. Nicht wie wenn einer Angst vor einer Watschn hat, weil er was angestellt hat oder dem Vater das Bier weggesoffen hat oder nicht zur Stallarbeit gekommen ist. So richtig Angst hat der gehabt.«

Elsi wirkte jetzt etwas interessierter und nüchterner. »Das mit dem Teufel ist schon komisch. Ich glaub nicht, dass der kleine Sailler die Vorstellungskraft hat, sich sowas auszudenken. Die Saillers waren noch nie die Hellsten, oder? Denk nur an die Geschichte, als der alte Sailler den Ochsen kastrieren wollte …« Elsi lachte. Ich nicht.

Ich fragte lieber etwas anderes: »Und die Sache mit dem Viechfieber …?«

Elsi war schnell auf Krawall aus. Wie immer wenn sie ein Seidel zuviel getrunken hatte. »Ach, die Leute. Die sollen sich nicht so anstellen. Nur weil ein Bub eine Woche beim Doktor gelegen hat, heißt das doch nicht gleich, dass er krank ist und alle gleich das Viechfieber bekommen und ihnen die Viecher verrecken. Oder die Mutter oder der Vater oder die Kinder. Haben eh genug davon, alle miteinander.«

Elsi trank ihr restliches Bier in einem Zug aus. »Ans echte Viechfieber kann sich doch eh keiner von uns erinnern. Als das gewütet hat, war mein Großvater noch ein Kind. Das Meiste sind eh nur Schauergeschichten. Als wir Kinder waren, haben die uns sogar noch ernsthaft erzählt, dass das Viechfieber von den Perchtln kommt.« Elsi versuchte die Stimme ihres Vaters nachzuahmen: »Über den Wachten kommen die Perchtln und bringen das Viechfieber.« Dann wieder in normal: »Aber das haben die nur erzählt, damit wir Kinder nicht auf den Wachten gehen. Damit wir ordentlich Angst haben. Lauter Lügengeschichten.«

Elsi rückte näher an mich heran. Sogar mit meinen drei Bier und dem Schnaps konnte ich riechen, dass sie mehr getrunken hatte als ich. Wenn man trotz der eigenen Fahne die Fahne von jemand anderem riecht, ist das nicht nur ein Zeichen für eine besonders feine Nase.

Elsi fuhr fort. Für die Stärke ihres Rausches lallte sie wenig. »Die Großmutter war wie besessen von den Perchtln. Stundenlang hat sie davon erzählt. Ganz klein und ledrig sollen die gewesen sein. Und mit ihren Hexensprüchen sollen sie die Rinder und Schweine verzaubert haben, hat sie erzählt. So dass die Viecher einfach nur noch gebrüllt haben und dann tot umgekippt sind. Und dass sich die Menschen bei den Perchtln oder bei den Viechern angesteckt haben und auch verreckt sind. Dass es sogar welche gegeben hat, die mit den Perchtln unzüchtig waren und Dämonenkinder bekommen haben. Und dass man die geopfert hat oder sich selber, oder so. Der ganze Blödsinn halt. Und wir Kinder haben uns eingeschissen vor Angst. Die Leute brauchen solche Ausreden.« Elsi sprach jetzt mit einer lustigen Stimme, die so klingen sollte, wie die Bauern im Dorf reden: »Oh, meine Kuh gibt weniger Milch. Das Viechfieber. Meine Frau ist so frigide. Das Viechfieber. Meine Kinder sind hässlich. Das Viechfieber. Mein Schwanz ist so klein. Das Viechfieber. Die Suppe schmeckt meinem Mann nicht. Das Viechfieber. Kommt in die Stube Kinder. Die Perchtln kommen euch sonst holen. Wenn ihr nicht fleißig seid in der Schule, verhexen euch die Perchtln. Ich bin schwanger. Nein, nicht vom Toni, ein Perchtl hat mich überfallen. Ich geh lieber zur Engelmacherin, damit es kein Dämon wird.« Elsi holte Luft und redete dann wieder mit normaler Stimme weiter: »Und wir scheißen uns alle immer noch in die Hosen vor Angst und rennen noch mehr in die Scheißkirche, als wir es eh schon tun. Sonntag, Maiandacht, Osternacht, Rosenkranz. Pfarrer, Jesus, Jungfrau Maria, Gnade und Gebenedeit. Alles frömmelnde Arschlöcher. Nur weil die selber nicht weiter wissen und die Leute im Zaum halten müssen, erzählen die denen so einen Mist. Und die Leute glauben alles. Und als würde die Kirche nicht reichen, rennen die Leute jetzt auch noch zum Heiligen Andreas und zu den Andreasfeuern.«

Elsi war vielleicht noch besoffener, als ich gedacht hatte. Sie redete weiter: »Oder glaubst du etwa, dass der Benno Sailler von einem Perchtl gepackt worden ist und deshalb das Viechfieber bekommen hat?« Ich schwieg. Ich wusste, dass man Elsi bei so einer Rede besser nicht unterbrach. »Oder dass er in Echt einen Teufel gesehen hat oben auf dem Wachten? Das wollen die doch nur, dass wir das glauben. Die steuern uns mit ihren Angstgeschichten und wir merken das nicht einmal. Der Bub hat wahrscheinlich seinem Vater das Bier heimlich weggesoffen, dann ein Schwammerl gefressen, ist gegen einen Baum gestolpert und hat eine Kuh für einen Teufel gehalten.«

Elsi war wie losgelassen. »Mich haben die als Zwölfjährige noch dazu gebracht, wieder ins Bett zu pieseln mit ihren Perchtlgeschichten. ›Nimm dich in Acht, dass dich kein Perchtl packt und dir einen Perchtlbastard macht. So wie du rumläufst, packt dich gleich der nächste Perchtl und du bringst uns das Viechfieber ins Dorf.‹ Und wenn ich heimlich versucht habe, mein Bettzeug zu waschen oder meinen Strohsack auszutauschen und ich dabei erwischt worden bin, bin ich verhauen worden und sie haben mir wieder mit noch mehr Perchtln gedroht. ›Wer ins Bett bieselt, wird von den Perchtln verhext.‹ Als ob man die Angst vor den Perchtln mit noch mehr Angst vor den Perchtln vertreiben kann. ›Scheiß dich nicht so ein vor den Perchtln, sonst holen dich die Perchtln.‹ Quasi.«

Elsi hatte sich in Rage geredet und ich war auch nicht nüchterner geworden. Ich zapfte mir selber noch ein Bier am verlassenen Tresen und brachte ihr einen Schnaps mit.

Der Schnaps machte Elsi ruhiger. Fast nüchtern und nachdenklich. »Weisst du, Kiener, ich wäre längst weg von hier, wenn der Vater mich nicht brauchen würde. Die Frömmelei und die Engherzigkeit und alles. Ich kann das nur aushalten, weil ich manchmal nach Rieding und in die Stadt und ganz woanders hin kann.« Sie lachte in sich hinein. »Das hier ist nichts mehr für mich, Kiener.«

»Aber wo willst du hin?«

»Ich wüsste schon was.«

»Für immer in die Stadt?«

»Ruckzuck wär ich weg. Meistens denk ich mir auch, dass ich das alte Arschloch auch einfach hier lassen könnte. Einfach so. Verrecken lassen oben in seiner Stube. Aber dann hat er wieder einen Anfall. Dann liegt er da im Bett und ihm ist so schlecht. Dann erbarmt er mich. Wenn ich ihn sehe, wie er weint und jammert und sich am Bettkasten festhält, weil er das Gefühl hat, dass alles in der Kammer schwankt und wackelt und er es nur aushalten kann, wenn ich die Fenster aufreiße, damit er den Horizont sehen kann, egal wie kalt es draußen ist. Dann tut er mir so leid, dass ich ihn einfach nicht alleine lassen kann. Und dann bleibe ich doch hier.«

Jetzt wirkte die Elsi wieder vollkommen nüchtern und nachdenklich. Und dann auf einmal ungehalten und grob.

»Jetzt schleich dich Kiener. Ich muss noch zusammenräumen.«

Später im Bett schämte ich mich ein bisschen für den Abend. Viechfieber. Roter Teufel. Perchtln. Scheißdreck. Warum kümmerte ich mich überhaupt um solche Kindereien?

In der Nacht musste ich drei Mal raus. Drehwurm, volle Blase und Kotzreiz im Hals. Jedes Mal versuchte ich, etwas hoch zu würgen, um den Drehwurm endlich loszuwerden. Kein einziges Mal konnte ich tatsächlich kotzen. Was für ein sensationeller Säufer ich doch war! Die Riedinger Brauerei konnte wirklich stolz auf mich sein. Ihr bester Kunde. Auf der Riedinger Dult sollte man mich ausstellen: ›Sehen Sie den Mann, der fast ohne mit der Wimper zu zucken dreieinhalb Bier und einen Schnaps trinken kann. Und das in nur vier Stunden. Für nur zwei Kreuzer sind Sie dabei!‹ Ich armseliger Hanswurst. Allein der Kirtertoni trank zwölf Halbe und mindestens zehn Schnaps an so einem Abend und der war noch nicht einmal der versoffenste von allen.

Trotzdem war meine Nacht um halb vier vorbei. Ich musste zu den Fischweihern. Die Schwarzbäuerin nahm meine Forellen und Karpfen mit zum Markt nach Rieding und wollte mit den geräucherten, den lebendigen und den ausgenommenen Fischen um halb fünf los. Damit sie um sechs auf dem Markt stehen konnte. Zum Glück waren die Forellen schon geräuchert und in Zeitungspapier verpackt. Nur noch das frische Fischzeug fehlte. Die kühle Luft und die vertrauten Gesten halfen mir beim Wachwerden: Netz ins Wasser, Fisch raus, Prügel auf den Fisch, aufschlitzen, Innereien raus, Katzen verscheuchen, Netz ins Wasser, lebenden Fisch ins Fass. Zweimal das Ganze. Bei den Forellen und den Karpfen.

Um halb fünf stand die Schwarzbäuerin am Weg und nahm meine Fische in Empfang. Finster und verschlafen sah ich den Hansi, den Schwarzbuben, auf dem Bock sitzen. Ich rollte die Fässer mit den ausgenommenen Fischen auf den Wagen und bat Hansi, mir bei den drei Tonnen mit den lebenden Forellen und Karpfen zu helfen. Das waren ganz schöne Trümmer und die Schwarzbäuerin stellte sich immer sehr dabei an. Man konnte dem Buben ansehen, dass ihm die Geschichte mit seinem Freund die ganze Nacht lang keine Ruhe gelassen hatte.

Die Schwarzbäuerin fuhr los, ich schaute an mir hinab, riss mir die Fischschürze herunter und lief dem Wagen hinterher.

Neubayern

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