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Vorwort

»Wissen ist das beste Mittel gegen Furcht.«

Ralph Waldo Emerson

Unser Leben fühlt sich nicht mehr so sicher an wie gewohnt. Die Bedrohung durch Anschläge insbesondere dschihadistischer Terroristen ist den meisten von uns mittlerweile ständig im Bewusstsein. Für Terroristen ist dies ein erwünschtes Ziel. Sie wollen mit ihren Taten Angst und Schrecken verbreiten, und auch ein Gefühl der Hilflosigkeit: Die Schockwirkung eines Anschlags führt bei vielen Menschen zu dem Eindruck, der Bedrohung nichts entgegensetzen zu können.

Doch das ist falsch. Jeder Einzelne kann etwas gegen die Bedrohung durch den Terrorismus tun. Zunächst muss er die Natur der Bedrohung verstehen, um angemessen darauf reagieren zu können. Verstehen reduziert die Angst. Wer um seine Handlungsmöglichkeiten weiß, reduziert diese Angst noch weiter. Unsere Reaktion auf Terroranschläge entscheidet maßgeblich über deren Erfolg.

Es gibt zwei Ebenen der Bedrohung: die Bedrohung für Leib und Leben – und die Bedrohung durch die Manipulation der Psyche. Die erste wird überschätzt, die zweite unterschätzt. Wenn wir unsere Wahrnehmung verändern, können wir dem Terrorismus viel von seiner Bedrohlichkeit nehmen. Ich habe mich entschlossen, dieses Buch zu schreiben, um der Bedrohung durch den Terrorismus etwas entgegenzusetzen – und auf diese Weise die Gefühle von Angst, Schrecken und Hilflosigkeit zu verringern. Daher möchte ich mein umfassendes Wissen über den Terrorismus weitergeben.

Dieses Wissen habe ich in vielen Jahren des Studiums und vor allem in der Praxis erworben. Als Islamwissenschaftler spreche ich Arabisch und kenne den Kulturraum sehr gut, dem die Ideologie des Dschihadismus entspringt. Seit vielen Jahren bin ich immer wieder in der islamischen Welt unterwegs, früher zu Forschungszwecken, heute überwiegend beruflich, mitunter auch privat. Stets vermögen mich der Reichtum der Kulturen sowie die Herzlichkeit und Gastfreundschaft der Menschen dort aufs Neue zu beeindrucken. Umso bedrückender ist es zu sehen, wie dieser kulturellen Vielfalt durch die gegenwärtige Ausbreitung des Terrorismus die schrittweise Vernichtung droht. Die Terroristen wollen diese Kulturen vernichten und durch ihre eigene ersetzen. Als ehemaliger leitender Mitarbeiter einer Sicherheitsbehörde im Bereich der Bekämpfung des islamistischen Terrorismus sowie in meiner heutigen Tätigkeit als Sicherheitsberater mit dem Schwerpunkt Nahost und Nordafrika habe ich mich aus unterschiedlichen Perspektiven eingehend mit den Zielen, Strukturen und Vorgehensweisen der Terroristen beschäftigt und tue dies noch. Über die Einzelheiten dieser Tätigkeiten kann ich nicht berichten, aber meine daraus resultierenden Erfahrungen sind in dieses Buch eingeflossen.

Der Schwerpunkt dieses Buches liegt auf der Bedrohung durch dschihadistische Terroristen, allen voran durch die Dschihadisten des Islamischen Staates (IS) und der mit ihm in Verbindung stehenden Täter.1 Das liegt nicht in erster Linie an der Zahl der Opfer – einmal abgesehen davon, dass solche Zahlen ihre Tücken haben: Da es weltweit keine verbindliche Definition von Terrorismus gibt, weichen die vorliegenden Statistiken zur Zahl der Terroranschläge und -opfer häufig voneinander ab, schließlich hängt die Aussagekraft einer Statistik von der jeweiligen Terrorismus-Definition der betreffenden Quelle ab. Statistiken über Terrorismus sind daher nur eingeschränkt aussagekräftig. Dennoch sind sie wichtige Instrumente, um Entwicklungen und Trends zu analysieren. Die Zahl der Todesopfer infolge von dschihadistischen Anschlägen liegt im deutschsprachigen Raum gegenwärtig noch im einstelligen Bereich, während die Opferzahlen in unserem Nachbarland Frankreich inzwischen in die Hunderte gehen. Entscheidend ist aber die Wahrnehmung der Bedrohung durch den IS – die Frage, wie groß die Bedrohung in unseren Köpfen ist. Da liegt der IS ganz vorn.

Auch der Rechts- und Linksterrorismus werden in diesem Buch erwähnt, aber in vielen Fällen nur gestreift. Mitunter ziehe ich Beispiele aus diesen Bereichen heran, die bestimmte Sachverhalte besonders anschaulich illustrieren. Ebenso werden auch nicht terroristisch motivierte Gewalttaten am Rande erwähnt. In manchen Fällen sind die Grenzen zwischen einem terroristischen Akt und einem Amoklauf oder zwischen Terrorismus und Kriminalität fließend. Für jemand, der sich in einer solchen Gewaltsituation befindet, ist die Motivation des oder der Täter weder relevant noch unmittelbar zu erkennen. Es geht ihm allein darum, diese Situation möglichst unbeschadet zu überstehen. Die Hinweise in diesem Buch sollen dabei helfen. Denn wer sich auf die Möglichkeit eines Terroranschlags vorbereitet, der erhöht die eigene Resilienz oder Widerstandskraft. Wer weiß, was in einer solchen Extremsituation zu tun ist, kann besser mit dem Stress umgehen und erhöht dadurch die eigene Überlebenschance.

Selbstverständlich ist es das Beste, Terroranschläge von vornherein zu verhindern. Dazu kann jeder beitragen. Die schärfste Waffe dafür ist ein geschultes Wahrnehmungsvermögen. Eine wachsame Gesellschaft kann Terroristen die Vorbereitung eines Anschlags deutlich erschweren und ihn im Idealfall sogar verhindern. Dazu erhalten die Leser in den Kapiteln 4 und 5 dieses Buchs einige Methoden und Verhaltensprinzipien, die sich in der Praxis tausendfach bewährt haben. Dabei haben diese Methoden nichts Glamouröses. Sie sind einfach und von jedem jederzeit erlern- und anwendbar.

Der Terror der Dschihadisten richtet sich grundsätzlich gegen jeden Bürger in Deutschland und Europa. Jeder kann gegenwärtig zum Ziel werden. Besonders bedroht sind jedoch jene Menschen, die sich häufig an für Terroristen attraktiven Zielen aufhalten. Dazu zählen Bahnhöfe, Flughäfen und alle öffentlichen Plätze. Leser, die oft an solchen Orten sind, werden in diesem Buch zahlreiche Tipps finden, um ihre Bedrohung zu verringern.

Terroristen geht es darum, unsere Gesellschaft und unsere Kultur zu zerstören. Werte wie Freiheit, Toleranz und Gleichberechtigung sind ihnen ein Dorn im Auge. Alles Wissen und alle Hinweise in diesem Buch haben ein wesentliches Ziel: uns das Leben, unser Leben, wieder zu erleichtern. Denn nur wenn wir unsere Werte leben, entziehen wir uns dem zerstörerischen Sog des Terrorismus. Dazu kann jeder Einzelne seinen Teil beitragen.

Florian Peil

Berlin, im September 2016

Terrorismus - wie wir uns schützen können

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