Читать книгу Das Rabenorakel - Fortunato - Страница 45

Golo auf den Bäumen

Оглавление

Das Auge des Narren durchforschte die Nacht, während er, genüsslich Maden und Käfer knuspernd, die er aus der Rinde pulte, auf einer hoch über dem Nachtlager aufragenden Buche saß, die Zehen in einen Spalt im Ast gekrallt, der einst durch einen Blitz geschlagen worden sein musste, und sich den Rücken wonnevoll am Stamm schabte. Er liebte die Abendluft, die frisch und würzig aus dem harzigen Wald aufstieg. Die anderen klebten an der Erde – sie wussten ja nicht, was ihnen hier oben entging. Die Aussicht war so gut wie vom Falkenhorst aus, der Wind strich einem durch die fettigen Haare, kleine Fliegen blieben kleben, die beim Verspeisen wundervoll zwischen den Zähnen knackten. Manchmal verirrte sich ein leckeres Eichhörnchen in die Höhen der obersten Baumkronen, dann bereitete es Golo besonderen Spaß, es zu einer kleinen Verfolgungsjagd herauszufordern, die er allerdings jedes Mal verlor. Die Biester waren verdammt schnell und verdammt gut im Klettern, wie Golo neidlos anerkennen musste. Ja, die Natur bot so manche Vergnügung für einen Mann, der zu genießen verstand.

Doch in dieser Nacht war der Genuss ein wenig getrübt durch den Umstand, dass alle etwas angespannt waren und, vor allem, dass Meister Goldauge nicht wieder aufgetaucht war. Er hätte längst zurück sein sollen.

Also durchforschte Golos scharfer Blick den Nachthimmel auf der Suche nach dem eleganten Schatten des schwarzen Vogels. Weit über das bewaldete Land hinweg durchsuchte er die Finsternis, besser sehend und alles früher entdeckend als jeder andere, wenn man von Goldauge und Florine absah. Doch nichts war zu entdecken, kein noch so kleiner Flügelschlag, keine Schnabelspitze, weder in Richtung der Rabenburg noch in Richtung des Falkenhorsts. Nicht nach Faucas hin und auch nicht in Richtung der Schütteren Klause, in der sie Rast zu machen beabsichtigten.

Golo musste zurückdenken an den seltsamen Inselwald Zum Stillen Kauz und dessen seltsame Bewohner, den Heiligen Pardauz und seinen Gevatter Graubert. Einmal erst war er dort gewesen, auch damals mit Marius, Xenia, Goldauge und mit den Gauklern, die sich als Freunde entpuppt hatten und mit denen er eine Weile durch die Städte rings um den Rabenwald gezogen war. Ein denkwürdiger Abend war das gewesen. Ein Abend, an dem Marius verschwunden war.

Das Rabenorakel

Подняться наверх