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Wie ich zum Inspirierten Schreiben kam

Indem ich es meiner Freundin gleichtun wollte, habe ich die Macht des Inspirierten Schreibens als Mittel der persönlichen Entwicklung entdeckt. Oft sage ich scherzhaft: »Ich habe im Leben nichts erfunden, ich bin vielmehr die Kopier-Königin!« Tatsache ist, dass ich viel von Vorbildern lerne. Wenn jemand etwas macht, das zu funktionieren scheint und mir zusagt, dann teste ich diese Methode und passe sie an meine Bedürfnisse an. Als ich sah, dass meine Freundin mitten in der Nacht interessante Botschaften empfing, sagte ich mir, dass ich das doch auch hinkriegen müsste. Und so habe ich es ihr einfach nachgemacht!

Ich habe immer an den Überfluss für alle geglaubt. Natürlich bin ich mir bewusst, dass manche Personen talentierter als andere sind und dass das auf alle Bereiche zutrifft. So könnte man das Inspirierte Schreiben mit Gesang oder Klavierspiel vergleichen. Ausnahmslos jeder von uns kann singen oder Klavier spielen lernen. Aber um Sänger zu werden, muss man seine Stimme trainieren, Koloraturen üben – so wie ein Sportler, der in seiner Disziplin Erfolg haben will. Um Pianist zu werden, muss man Tonleitern üben und an seiner Technik feilen, bevor man die Finger frei über die Tastatur gleiten lassen kann. Und obwohl jeder Mensch singen oder Klavier spielen lernen kann, versteht es sich, dass bestimmte Menschen ein angeborenes musikalisches Talent haben. Folglich sind sie auch begabter als die anderen. Das Gleiche gilt beim Schreiben.

Auch wenn ich immer gesagt habe, Anne-Marie sei die Céline Dion des Inspirierten Schreibens, habe ich mich doch von ihrem außergewöhnlichen Talent nicht abschrecken lassen. Ganz im Gegenteil: Sie hat mich, ohne es zu wissen, dazu getrieben, mein Talent zu entwickeln. Ich habe mich mit geschlossenen Augen ins Abenteuer gestürzt, genau wie ich es mit Anfang zwanzig gemacht habe, als ich anfing, Gesangsunterricht zu nehmen. Eine professionelle Sängerin wollte ich aber nie werden. Das Inspirierte Schreiben hat sich mir dagegen als eine kreative Kunstform quasi aufgedrängt, und ich empfinde es als genauso erfüllend und befreiend wie das Singen aus vollem Hals.

Meine Motivation, die Kommunikation mit dem Unsichtbaren zu entwickeln, wurde stärker. Deshalb schrieb ich bald jeden Tag, ohne aber überprüfen zu können, ob das Geschriebene sehr, etwas oder gar nicht inspiriert war. Um ehrlich zu sein: In Wahrheit war ich der Ansicht, dass dieses ganze Geschwätz, das ich zu Papier brachte, sich mit drei Worten zusammenfassen ließ: »So ein Schwachsinn!« Waren es die Ausgeburten meiner Fantasie, meiner Konditionierung, meiner Ängste, oder kam all das komplett oder zum Teil von meinem großen Selbst? Ich wusste es nicht. Also schrieb ich, ohne mich infrage zu stellen. Fast jeden Morgen, mehr als drei Jahre lang, absolvierte ich dieselbe fröhliche Routine: Ich setzte mich still hin, um zu meditieren, und nahm dann den Stift zur Hand, um eine Frage zu richten an das, was ich das »Universum« nenne. Dann schrieb ich alles auf, was kam, ohne zu urteilen oder zu filtern, auch wenn mir das Geschriebene total verrückt vorkam.

Weil ich ein Dickschädel bin und weil mir die Übung als solche guttat, habe ich nicht aufgegeben. Manchmal sagte ich mir, dass das ja nur ein Ventil sei, um die parasitären Gedanken loszuwerden, die meine Gedankenwelt vermüllen – oder eine Möglichkeit, um die Emotionen freizusetzen, die in meinem Unterbewussten festsitzen und die ich verdrängte, um nicht leiden zu müssen. Vielleicht erzählte ich mir manchmal auch nur Geschichten, um mir eine Freude zu machen. Vielleicht, vielleicht …

Nach drei Jahren fast täglichen Schreibens brachte ich die Energie auf, eines der alten Hefte aufzuschlagen, um noch einmal einige zufällig ausgewählte Texte zu lesen. Wie groß war meine Überraschung, als ich feststellte, wie sehr das Geschriebene mich ansprach und mir durchaus weise vorkam! Manche Botschaften sagten berufliche oder persönliche Schöpfungen voraus, die dann tatsächlich eingetreten waren, andere zeigten mir einen erweiterten Blick auf eine Situation an, für die ich im Anschluss tatsächlich eine Lösung gefunden habe. Und wieder andere halfen mir, einen beim Schreiben aufgewühlten Geisteszustand besser zu verstehen. Leider sind mir diese ersten Hefte bei einem meiner zahlreichen Umzüge abhanden gekommen, aber ich erinnere mich noch sehr genau an das Gefühl, als ich erkannte, dass sich ein Großteil der Informationen, die ich im inspirierten Zustand empfangen hatte, als absolut stimmig erwiesen hatten!

Aber unser aller Ego ist ein zähes, widersetzliches Persönchen, das sich hinter vielen Masken versteckt. Menschen auf dem Weg der Erleuchtung wissen ganz genau, dass dieser Widerstand, vor allem gegen Selbsterkenntnis und eigene Größe, die Quelle all unserer Leiden ist. Auch wenn man sich dieser neuen Erkenntnis öffnet, geht der Widerstand weiter. Das geliebte Ego trachtet danach, den Status quo aufrechtzuerhalten. Nicht aus Grausamkeit, sondern um uns vor dem »Unbekannten« zu schützen und den Veränderungen, die sich daraus ergeben könnten. Deshalb habe ich mich der Verbindung mit meinem großen Selbst noch einige Wochen widersetzt. Bis es zu einem emotionalen Schock kam, der mich brutal zu dem Teil in mir zurückführte, der weiß und der nur versucht, mir den schnellsten Weg zur vollständigen Selbstverwirklichung aufzuzeigen.

An jenem Morgen im Frühjahr 2010 erwachte ich gegen vier Uhr früh voller Panik aus einem aufwühlenden Traum. Im Traum hatte ich eine heftige Diskussion meiner Fernsehproduzenten mit der Führung des Senders Canal Vie beobachtet. Auf Canal Vie lief meine Dokumentarreihe Si c’était vrai (auf Deutsch: Und wenn es stimmt), in der es darum geht, was ein Medium macht. Der Streit drehte sich um die Vertragsverlängerung für eine zweite Staffel. Ich konnte die Aufregung und die Enttäuschung der Produzenten genau spüren, als sie erfuhren, dass der Vertrag nicht verlängert werden würde, da die Finanzierung nicht geregelt war.

Die Realitätsnähe dieses Traums wühlte mich auf, aber ich musste bis neun Uhr warten, bevor ich meine Produzentin anrufen konnte, die mir meine Befürchtungen nur bestätigte. Die Entscheidung war spät am Abend gefallen.

»Vor dir kann man nichts verbergen, France! Ich wollte dich heute Morgen anrufen, um es dir persönlich zu sagen …«

Den Rest ihrer Worte habe ich nicht mehr gehört. Ich hatte nur noch einen Gedanken: »In der Tat, vor mir kann man nicht mehr viel verbergen!« Mein großes Selbst kümmert sich darum, mich zu warnen, um die Schläge abzumildern, nehme ich an! Dieser direkte Draht zwischen dem großen »Ich« und dem kleinen »Ich« funktioniert immer besser, wenn man sich der feinstofflichen Kommunikation öffnet. Unser Geist findet tausend Wege, um sich bemerkbar zu machen, auch über Träume.

Zu dieser Zeit wurde mir klar, dass ich schon immer eine Art siebten Sinn gehabt habe. Als ich noch als Investigativjournalistin für den Sender TVA tätig war, sagte der Moderator Jean-Luc Mongrain oft zu mir, ich hätte »eine goldene Nase«. Er wollte damit wohl sagen, dass mir das Glück hold war, da ich (fast) jedes Mal, wenn ich eine Reportage in Arbeit hatte, um einen Gauner zu überführen, diesen auf frischer Tat ertappte! Das war natürlich nur eine Redensart von ihm, aber ich hatte wirklich ein außergewöhnliches Gespür für Timing, sodass ich beinahe immer im richtigen Moment am richtigen Ort war. Damals nannte ich das »meinen guten Stern«. Heute weiß ich, dass dieser »gute Stern« eine feste Bezeichnung hat: Es handelt sich um die weibliche Intuition. In meinem Fall würde ich eher von einem feinen Gespür sprechen, das sich meist in dem Eindruck äußert, etwas mit jeder Faser meines Körpers zu »wissen«.

So, wie ich es verstehe, gibt es zwischen den beiden einen Unterschied. Die Intuition ist in der Tat der Begriff, mit dem die Sprache der Seele bezeichnet wird, die verschiedene Empfindungen umfasst. Wenn man von weiblicher Intuition spricht, dann deshalb, weil die Fähigkeit zu empfinden oder von seiner Umgebung, anderen Menschen oder Ereignissen berührt zu werden, automatisch mit der weiblichen Seite in uns in Zusammenhang gebracht wird. Es reicht deshalb, dem femininen Prinzip gegenüber offen zu sein und sich mit ihm zu verbinden, um zu »erfassen«, wie das Unsichtbare über den Körper zu uns spricht.

Wahrnehmungen sind mit der Sprache des Geistes verknüpft. Sie äußern sich in Form von Eingebungen, von Ideen, die sich einem in dem Moment als Wahrheit aufdrängen. Wir alle kommen mit der mehr oder weniger ausgeprägten Fähigkeit zur Welt, Dinge zu empfinden oder wahrzunehmen. Ein Mensch kann sich zu Beginn seines Lebens als eher empfindsam denn als wahrnehmungsfähig erweisen, ein anderer nimmt dafür mehr wahr und empfindet weniger. Im Lauf der Zeit bietet das Leben uns eine Fülle von Gelegenheiten, um die jeweils andere Fähigkeit zu entwickeln. Je bewusster wir uns dieser Tatsache sind, desto schärfer werden unsere feinstofflichen Sinne und desto mehr gleichen das männliche und das weibliche Prinzip sich an. Das trägt in hohem Maße zu unserer spirituellen Entwicklung bei. Ich pflege auch oft zu sagen, dass der Ausgleich zwischen unserer weiblichen und unserer männlichen Seite einer der Schlüssel ist, um Zutritt zur Neuen Welt zu erhalten.

Übrigens ist es das Inspirierte Schreiben, das mir 2015 bestätigt hat, dass ich »weder Frau noch Mann« war, als ich damit begann, dieses Konzept bewusst in meinen Körper aufzunehmen! Als ich die Überraschung erst einmal verdaut hatte, kapierte ich, dass ich mich ohne Wenn und Aber sowohl von meinen Wahrnehmungen als auch von meiner Intuition leiten lassen konnte, um Entscheidungen zu treffen. Nur mein konditionierter Denkapparat durfte nicht die Kontrolle übernehmen.

Inspiriertes Schreiben. Selbsterkenntnis, inneres Wachstum und harmonische (Neu-)Orientierung

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