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3. Kapitel, in dem Frank frustriert eine Party verlässt

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Nervös wurde ich erst wieder am Samstag. Ich freute mich darauf, Alex wieder zu sehen, aber auch auf die Party. Torsten würde vermutlich jede Menge Leute kennen, weil er ja mit Andreas studierte, aber ich bezweifelte, dass da noch andere Sportstudenten herum laufen würden, was ich nicht so schlimm fand. Ich mag es, neue Leute zu treffen.

Ich musste Torsten echt bremsen, sonst wären wir schon zwei Stunden zu früh auf der Party erschienen. Ich persönlich erscheine ja lieber erst später auf Feiern, wenn schon alle da sind. Ich finde, es gibt nichts schlimmeres, als als einer der ersten herum zu stehen und darauf zu warten, dass die Party in Gang kommt.

Aber als wir um kurz vor 20.00 Uhr bei Andreas eintrafen, war schon die Hölle los. Andreas bewohnte eine kleine Einzimmerwohnung, so eine typische Studentenbutze, kombiniertes Wohn-Schlafzimmer, Wohnküche, kleiner Flur, kleines Bad, winziger Balkon, alles zusammen maximal 45 m2. Und die waren schon mit mindestens 30 Leuten zugestellt. Es war so laut, dass man kaum die Musik hören konnte, die aus den Lautsprechern lief. Es erinnerte mich entfernt an Hip-Hop, hätte aber auch alles andere sein können. Torsten wurde, noch bevor wir Andreas oder Alex entdecken konnten, von einer Frau in Beschlag gelegt, so dass ich etwas dumm mit einer Schüssel Salat und einer Kiste Bier im Eingang herum stand. Ich versuchte, mir einen Weg dahin zu bahnen, wo ich vermutete, dass die Küche lag und dabei gleichzeitig Alex in der Menge zu entdecken, was gar nicht so einfach war. Aber Andreas kam auf mich zu und nahm mir das Bier ab. „Hallo Frank. Wo hast du Torsten gelassen“, fragte er. „Hallo Andreas. Torsten ist irgendwo dahinten.“ Ich deutete hinter mich. „Und wo ist Alex?“ – „Vermutlich auf dem Balkon, eine rauchen.“ Oh ja. Das war eine gute Idee. Eine Zigarette könnte ich auch gut gebrauchen. Ich stellte den Salat in die Küche, nahm mir eine Flasche Bier und bahnte mir meinen Weg zum Balkon.

Alex war wirklich auf dem Balkon. Er lehnte am Geländer und hatte von hinten seine Arme um eine Frau gelegt, die direkt vor ihm stand. Sein Kopf ruhte auf der Schulter der Frau. Die Frau war atemberaubend schön, das sah sogar ich, klein, zierlich, mit langen blonden Haaren und relativ großen Brüsten. Das Ganze sah mir nicht nach einer freundschaftlichen Umarmung aus. Ich zuckte ein bisschen zusammen.

„Hallo Frank.“ Alex hatte mich gesehen. „Hallo Alex.“ – „Das ist Claudia“, stellte er mir die Frau vor und rieb seine Wange an ihrer Wange. Ich versuchte, Claudia anzulächeln, auch wenn es mir wehtat, die beiden so zusammen zu sehen. „Hallo Claudia“, ich gab ihr die Hand. Sie drückte meine Hand und grüßte mich auch. Dann sagte sie zu Alex: „Mir wird kalt. Ich gehe wieder rein.“ – „Ich rauche mir noch eine und komme dann nach“, meinte Alex und küsste sie auf die Wange. Claudia ging ins Wohnzimmer, Alex holte eine Packung Zigaretten aus seiner Hemdtasche und bot mir eine an, ich nahm eine Zigarette aus der Packung und ließ mir von ihm Feuer geben. „Danke. Seid ihr beide zusammen?“ fragte ich und deutete dabei mit dem Kopf auf Claudia, die jetzt im Wohnzimmer mit einer anderen Frau redete. „Claudia und ich?“ lachte Alex. „Nein, wir haben nur ein bisschen Spaß zusammen.“ – „Stehst du jetzt auf Frauen oder Männer?“ fragte ich ziemlich direkt. „Ich stehe auf Menschen“, meinte Alex und guckte mir direkt in die Augen. „Mensch, Frank. Müssen denn immer alle so in Schubladen denken? Wenn ich jemand mag, ist es doch egal, ob es ein Mann oder eine Frau ist. Und ganz ehrlich: Der Sex ist mit beiden gut“, zwinkerte er mir zu. Ich muss gestehen, dass ich das nicht wirklich verstehen konnte und das sagte ich Alex auch. „Hattest du noch nie was mit einer Frau?“ fragte er mich. „Außer Küssen beim Flaschendrehen nicht. Nein.“ – „Und hast du es nie mal versuchen wollen?“ – „Nein. Ich habe mich noch nie für Mädchen interessiert. Ich mein, ich mag Frauen, klar, aber die Vorstellung, mit denen ins Bett zu gehen, nein, das ist nichts für mich.“ Ich schüttelte mich so’n bisschen. Alex sah mir noch tiefer in die Augen. Aber dann drückte er sich vom Geländer weg, drückte seine Zigarette im Aschenbecher aus, kam auf mich zu, flüsterte mir ins Ohr: „Schade. Ich glaube, da entgeht dir was“ und ging ins Wohnzimmer zu Claudia.

Ich rauchte meine Zigarette zu Ende und dachte über Alex nach. Mochte er mich jetzt oder nicht? Und was sollte das mit den Frauen? Ich war verwirrt, ich glaube, ich kannte bisher noch niemand, der wirklich bi war. Ich kannte eine Menge Schwule, die erst mit Mädchen zusammen waren, dann aber, nachdem sie einmal akzeptiert hatten, dass sie schwul sind, nur noch mit Männern Sex hatten. Und ich kannte sogar Hetero-Männer, die es mal mit einem anderen Mann versucht hatten, aber dann doch wieder zu Frauen zurückkehrten. Aber einen Mann, der sich ganz offensichtlich zu beiden Geschlechtern gleich stark hingezogen fühlt, hatte ich bisher noch nicht getroffen. Ich konnte das nicht wirklich verstehen, weil ich selber noch nie sexuelles Interesse an einem Mädchen gehabt hatte. Alleine die Vorstellung, einem Mädchen zwischen die Beine zu fassen, fand ich so ein kleines bisschen eklig.

Ich beobachtete Alex und Claudia, die sich jetzt küssten. Das sah mir nach reichlichem Zungeneinsatz aus, was die beiden da trieben. Alex sah aus, als hätte er jede Menge Spaß dabei. Er hielt Claudia ganz fest und drückte sie an sich. Auch Claudia schien das Ganze zu genießen. Ich war traurig, verwirrt, sauer, wütend, irgendwie von allem ein bisschen. Alex hatte doch im Eiscafé mit mir geflirtet. Oder hatte ich das falsch verstanden? Und danach hatte er mich gleich angerufen, um mir zu erzählen, dass er den Job bekommen hatte. Nach der Einladung zu der Party hier hatte ich mir jede Menge Hoffnungen gemacht, dass wir vielleicht heute zusammen kommen würden. Und jetzt widmete er sich hingebungsvoll einer Frau.

Irgendwie hatte ich keine Lust mehr hier zu bleiben. Zum Glück hatte ich meine Jacke noch nicht ausgezogen, so dass ich sie jetzt nicht in einem Berg von Klamotten suchen musste. Ich suchte noch kurz nach Torsten, aber der stand im Türrahmen zur Küche und knutschte mit Andreas. Na prima. Da war ich heute wohl der einzige, der allein nach Hause ging. Ich ging Richtung Ausgang, doch im Flur wurde ich angesprochen: „Willst du schon gehen?“ Der das fragte war ein echtes Muskelpaket, eigentlich genau Torstens Typ und gar nicht meiner. Aber nette Augen hatte er. „Ja. Mir ist nicht so nach Party.“ Der Typ guckte mir tief in die Augen und kam einen Schritt auf mich zu: „Wonach ist dir denn dann?“ Die Art, wie er das sagte, ließ eigentlich keine Fragen offen, wie er das gemeint haben könnte. „Wohnst du weit von hier?“ fragte ich ihn. „Nein, gleich um die Ecke.“ – „Okay, dann lass uns zu dir gehen.“ – „Warte, ich hole nur eben meine Jacke.“

Und so ging ich mit Jörg nach Hause. Natürlich hatte ich auf dem Weg zu ihm noch seinen Namen erfahren und auch, dass er ein Freund von Andreas war. Aber das war auch schon so ziemlich die gesamte Konversation zwischen uns. Wir gingen in seine Wohnung und hatten Sex. Danach rauchten wir noch eine zusammen, ich zog mich an und ging nach Hause. Ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, es war nicht gut. Es war sogar verdammt gut. Ich fand schon immer Sex mit jemand, der mir absolut gar nichts bedeutet, gut. Dabei konnte ich mich immer voll auf mich selber konzentrieren, der andere war mir ja schließlich egal. Und entsprechend ging ich dann auch ab.

Aber ich wünschte mir auch, bei Alex zu sein. Auf dem Weg nach Hause dachte ich wieder daran, wie er Claudia geküsst hatte und wünschte mir, an ihrer Stelle gewesen zu sein. Das was ich sehen konnte, sah so aus, als könnte Alex ziemlich gut küssen. Ich stellte mir vor, er hätte mich an sich gedrückt. Und dann ging meine Phantasie mit mir durch und ich stellte mir vor, wie wir uns küssten und aneinander rieben und wie Alex wohl unter seinen Klamotten aussehen würde. Die Sachen, die er heute angehabt hatte, hätten auch in meinem Kleiderschrank hängen können, Flanellhemd, Jeans, Docker’s. Nur bei mir waren sie wahrscheinlich zwei Nummern größer. Und ganz strubbelige Haare hatte er gehabt, da wäre ich gerne mit meinen Fingern durch gewuselt.

Zuhause setzte ich mich mit einer Flasche Bier ins Wohnzimmer und sah mir noch ein paar Videos an. Ich konnte eh nicht schlafen. Aber so richtig mit bekommen habe ich auch nicht, was ich da sah. Das Bild von Alex und Claudia, die sich küssten, ging mir lange nicht aus dem Kopf.

F64.0

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