Читать книгу Silicium- und Nanotechnologie für Lacksysteme - Frank Groß - Страница 5
Оглавление1Einführung in die Siliciumtechnologie
Damit die Siliciumchemie oder Silantechnologie in Lacken und Farben angewendet werden konnte, war eine intensive und lange Entwicklungszeit notwendig. Die Basis für das Verständnis der Möglichkeiten, die uns diese Technologien bieten, ist das Element Silicium. Es ist ein Halbmetall und besitzt als Mitglied der Kohlenstoffgruppe des Periodensystems ganz besondere Eigenschaften: Silicium dient in der Lackchemie als Brücke zwischen organischer und anorganischer Chemie. Eine überaus spannende wie umfassende Möglichkeit, unterschiedliche Bereiche der Chemie, wie beispielsweise Glas, Keramik, Organik und Nanotechnologie in einem einzigen Material mit multifunktionellen Eigenschaften zu vereinen.
Siliciumdioxid, SiO2, wird schon seit vielen Jahrhunderten in der Glaschemie und später auch bei Emaillierungsprozessen als Beschichtungsmaterial verwendet. Reine SiO2-Schichten werden heute entweder bei hohen Temperaturen über PVD (Physical Vapor Deposition) oder CVD (Chemical Vapor Deposition) abgeschieden, oder durch Aufschmelzen bei Temperaturen im Bereich > 850 °C erhalten.
Wassergläser, wie die wasserlöslichen Alkalisilikate auch genannt werden, sind bereits als Versiegelung von Beton- und Betonsteinen oder als Bindemittel für Silikatfarben bekannt. Durch Weiterentwicklungen entstehen neue Beschichtungsmaterialien, die als Nanoemaille bekannt sind.
Eine weitere Besonderheit des Siliciums besteht darin, dass es stabile kovalente Bindungen zu Kohlenstoff aufbauen kann. Es resultieren die sogenannten Silane. Die Basistechnologie, um diese Silane zu stabilisieren und mit ihnen zu arbeiten, nennt sich die Sol-Gel-Technologie .
Schon mit dem Buch „Sol-Gel Science: The Physics and Chemistry of Sol-Gel Processing“ von Brinker und Scherer [1] wurde bereits 1990 eine umfassende Literatur veröffentlicht, die zeigt, wie man reaktive Silane über den Sol-Gel-Prozess in Beschichtungslösungen überführt. Solche Beschichtungen sind normalerweise sehr spröde und werden beispielsweise auch heute noch als Kratzfestlacke verwendet. Die Sol-Gel-Technologie ist die Grundlage der Überführung von Silanen in reaktive, beschichtungsfähige Kondensate, die meistens auch in nanopartikulären Phasen vorliegen.
Dies führt zur Nanotechnologie , eine sogenannte Querschnittstechnologie. Eigentlich nur mit der Angabe eines Größenbereichs, können durch gezielten Einsatz dieser Technologie, völlig neue Eigenschaften in den Lacksystemen erreicht werden.
Eine anwendungstechnische Limitierung insbesondere für die Lackchemie ergab sich bis Anfang des 21. Jahrhunderts oft durch Unverträglichkeiten von Sol-Gel-Materialien und bekannten organisch-basierten Lacken. Wasser- und Alkoholgehalt, sehr große pH Werte und Temperaturempfindlichkeit waren lange dafür verantwortlich, dass die berechtigte Frage des Lackchemikers „kann ich das mal in meinen Lack einmischen…“ immer mit „Nein“ beantwortet werden musste.
Nun hat sich in der Klebstoffindustrie schon Ende des 20. Jahrhunderts parallel zur Sol-Gel-Technologie etwas entwickelt, was man silanmodifizierte oder silanterminierte Polymere nennt. Die Herstellung erfolgt größtenteils über die Addition von Isocyanosilan an Polyether. Die Härtung erfolgt über Luftsauerstoff und meistens einen Säurekatalysator[2].
Ebenso ist es möglich, bei organisch modifizierten Silanen durch beispielsweise einen Fällungsprozess gezielt anorganisch zu polymerisieren und erst in einem zweiten Schritt eine endgültige Härtung über eine organische Polymerisation zu erreichen [3].
Eine Kombination aus all diesen Möglichkeiten führt zu einer neuen Materialklasse. Man hat durch die richtige Anwendung der Siliciumtechnologie eine neue Rohstoffbasis, die ergänzend, aber auch für sich alleine, eine neue Perspektive für die Materialien der Zukunft eröffnet. Weg vom Erdöl und Nutzung erneuerbarer Ressourcen bei 100%igem Recycling mit meistens wesentlich besserer Haltbarkeit kombiniert. Um genau diese Kombinationsmöglichkeiten zu erreichen, ist es wichtig, erst einmal jeden einzelnen Baustein wirklich zu verstehen.
1.1Literatur
[1]C.J. Brinker, G.W. Scherer Sol-Gel Science: The Physics and Chemistry of Sol-Gel Processing, Academic Press Inc., 1990[2]l. Miszke, L. Zander „Neue silanterminierte Polyether-Polymere“ Adhäsion Kleben & Dichten 59, 7-8 (2015) 2[3]NANO-X GmbH WO 02/50191 A2 „Lösungsmittelarme Sol-Gel Systeme“, 27.06.200