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Von Gutenberg zu Guttenberg

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Artikel 37) von Frank Röder am 23. Januar 2012


Trotz des etwas satirischen Anklangs ist der Wahrheitsgehalt dieses Artikels ernüchternd hoch. Und obwohl es hier um ein ständiges Ärgernis geht, das wir fast ständig mit Wissensklau und Urheberrechtsbruch haben, ist Schmunzeln trotzdem erlaubt. Dieser Artikel bringt zwar keinen Cross-Skater sportlich unmittelbar weiter, aber vielleicht erhöht er ein wenig die kritische Aufmerksamkeit gegenüber unserer Informationsgesellschaft.

Vor rund 555 Jahren hat Johannes Gutenberg damit begonnen die ersten Bücher zu drucken und hat damit nicht nur persönlichen Ruhm und Berühmtheit erfahren. Er legte damit auch einen wichtigen Grundstein zur weltweiten Bildung und Alphabetisierung. Heute im Informationszeitalter, ist Wissen leicht und mitunter zu leicht zugänglich, wie uns Polit-Sternchen Karl-Theodor zu Guttenberg und Gleichgesinnte aktuell sehr deutlich vor Augen führen. Ruhm und Geld dagegen mit geistigen Plagiaten zu erreichen ist leichter denn je. Doch inzwischen ist es gar nicht mehr das klassische Abschreiben in Handarbeit, sondern die praktische Copy-and-paste-Funktion, die den geistigen Räubern die Arbeit erleichtert und das Hirn von großen Anstrengungen und geistigen Eigenleistungen fern hält. Um den Umfang des Beitrages zu begrenzen, geht es hier nur um Text- und Bild-Piraterie. Produktplagiate gibt es in der Cross-Skating Branche auch reichlich, spontan fallen mit gleich fünf ein: zwei Skates, eine Luftpumpe, ein Handschuh und ein Protektoren-Set. Vielleicht mehr dazu in einem späteren Beitrag.

Sehr beliebt und von den Urhebern sogar erwünscht, ist natürlich das Zitieren von Werbeslogans. Kostenlose Werbung wird auf diese Weise von sehr breiten Schichten der Bevölkerung, gewollt oder ungewollt, in fast allen Branchen gemacht und es gibt sicher keinen Menschen, der nicht gleich mehrere Werbeslogans zitieren kann. Sogar unfreiwillig, prägt man sie sich ein und man kann dann bereits von einer Art von Prägung, Konditionierung und sogar oft schon von Gehirnwäsche sprechen. Auch in der Cross-Skating Szene wird diese Art der Gehirnerweichung teilweise angestrebt. Man schaue nur nach den am häufigsten wiederholten Slogans und stelle fest, ob sie stimmen. Das ist nicht schwer. In der Regel sind es entweder Binsenweisheiten oder sogar recht haltlose Behauptungen. Doch sie werden immer wieder und wieder wörtlich zitiert, was zeigt, dass sich die “Reproduzenten” jener Textvorlagen mit dem Thema eigentlich nicht wirklich kritisch oder konstruktiv befasst haben. Werbeslogans verlieren eindeutig an Wirkung, wenn sie zu leichtfertig kopiert und verbreitet werden, sie prägen sich zwar ein, aber mehr bewirken sie kaum. Oder hat nur einer der Leser des Artikels das Produkt sofort gekauft, dessen Slogan ihm eben spontan eingefallen ist? Man zitiert solche Sprüchlein doch eher im Spott.

Doch es geht auch richtig dreist. Ich oute hier niemanden, als Person, aber gewisse Verhaltensweisen, denn ich möchte ebenso vermeiden, dass der Spieß umgedreht wird und es am Ende noch heißt, ich habe an anderer Stelle abgeschrieben, wie dies bereits versucht wurde. Ich erwähne daher hier einige Originaltexte von mir, die gern und oft zitiert wurden ohne auf die Quelle oder den Urheber zu verweisen und es gibt noch viele weitere:

1 “Beim … Skating auf Schotter und Waldwegen nutzt man diesen Rütteleffekt auf ideale Wiese. Das Knie lernt die minimalen Stöße des Geländes zu koordinieren und wird im orthopädischen Sinne stabiler. Die Muskulatur reagiert auf die Vibrationsarbeit mit stärkerer Durchblutung und höherem Kraftzuwachs als beim vibrationsfreien Training. Auch die Knochendichte und die Festigkeit des Bindegewebes profitieren nachweisbar vom Rütteltraining, das beim … Skating abseits asphaltierter Straßen automatisch enthalten ist.” – da wurde im Druckerzeugnis schon recht lang zitiert, ohne Anführungszeichen und Quellenangabe und auch noch verdammt wörtlich.

2 “Neue Hartmetallspitzen sind messerscharf. Hartmetallspitzen sollten bei Benutzung auf ausschließlich hartem Untergrund nach ca. 200 km nachgeschärft werden. Im Gelände halten die Spitzen oft doppelt so lange. Rechnen Sie mit einer Haltbarkeit von ca. 800-2000 km.” – dieser Hinweis stand auf dem “Beipackzettel” den ich als Sonderservice meinen Kunden mitgegeben habe, die Stockspitzen bei mir gekauft hatten. Einer der Kunden war offenbar der Buchautor.

3 “2 Wochen Skilaufen, 365 Tage im Jahr …en” (Wort entfernt, keine Schleichwerbung) – das war ursprünglich von mir sogar etwas satirisch gemeint, wurde aber kritiklos aufgegriffen.

4 “Wo man mit dem Tourenrad noch durchkommt machen … (Produktbezeichnung entfernt, keine Schleichwerbung) nicht schlapp” – sogar eine ältere Variante mit dem Moutainbike geistert noch umher.

Die ersten zwei Zitate wurden sogar in einem Druckerzeugnis in mehrtausendfacher Auflage verbreitet (plus zwei weitere längere Zitate, ohne Erwähnung der Quelle, noch nicht einmal im Anhang). In die von mir gelegte sprachliche Falle mit dem “Rütteleffekt” ist dann auch prompt jemand hereingetreten. Es gibt diesen Effekt zwar, aber er wurde vorher so nicht benannt. Gut, denn so ist auf diesem Weg ein Reproduzent eindeutig entlarvt worden. Da hat auch der akademische Grad dem Replizierer nichts geholfen, mit “copy’npaste”, deklassiert sich jeder Text-Kopierer zum Dilettanten.. Auch mancher andere Abschreiberling war leicht zu erkennen, weil Texte einschließlich Schreibfehlern übernommen wurden. Inzwischen sind diese Fehler im Original längst korrigiert, aber geistern als niemals gepflegte Kopien sicher noch lange im virtuellen Raum umher.

Auch ein/e Betreiber/in von diversen “Akademien”, die/der mit Zertifikaten handelt, war sogar einmal so dreist, zu behaupten, ich habe Inhalte aus Ihren Ausbildungen im Internet veröffentlicht. (Unter uns: So einen inhaltslosen “Tages-Trainerkurs” habe ich noch nie erlebt). Tja, wer erst 2007 begann im Internet zu recherchieren und zur Trainerausbildung auf Skates einer speziellen Marke selbst auffällig identische Unterlagen eines Nordic-Walking Verbandes verwendet, darf sich auch einbilden, dass Texte, aus meiner Feder, die seit 2005 im Internet stehen, einen paradoxen Zeitsprung absolviert haben. In unserer Branche scheint alles möglich zu sein. Später hat die gleiche Person kopierte Bilder von mir für eigene Produktwerbung verwendet – ein klares Eigentor, das die moralische Motivation deutlich offenlegt.

Aber wie der schreibende Kollege von Guttenberg zeigt: Wer schlau erscheinen will, gibt Fehler gar nicht oder nur teilweise oder nur sehr verzögert zu. Salamitaktik soll von der eigenen Rest-Kompetenz so lange wie möglich ein ausreichend großes Stück übrig lassen.

Vielen wollen heute schlau bis allwissend erscheinen. Letzteres ist natürlich niemand, doch das Internet macht heute eben scheinbar fast jede Information zugänglich. Zu viele dieser Informationen sind aber kaum oder schlecht belegt und eigentlich nur Texte. Trotzdem werden sie geklaut. Hauptsache man schreibt was – das ist faule Schüler-Mentalität. Bildung ist aber kein rein reproduzierendes Gewerbe, sondern auch eines das reflektiertes und kreatives Wissen abverlangt, um zu demonstrieren, dass man verstanden hat, was man wiedergibt und auch, dass man differenzieren kann und auch fremden wie eigenen Erkenntnissen ebenso kritisch, wie aufgeschlossen gegenüber steht. Die Krönung wären natürlich wirkliche Neuerungen in einem Fachgebiet, doch dazu braucht man nicht nur fundiertes Fachwissen, sondern am Ende auch noch Mut, weil man oft gegen eine vorherrschende Lehrmeinung “verstößt”. Gegen eine Meinung verstoßen, so etwas Absurdes! Außerdem benötigt man genügend Überzeugung, dass das Neue sich klar im Vorstellungsvermögen der Leser oder Zuhörer herausbildet. Und dazu brauchen wir eine klare und eigenständige Sprachregelung für den Cross-Skating Sport, sonst stehen wir am Ende so da, als wollten wir mit unserer sehr vielseitigen Sportart eine wesentlich einseitigere Sportart kopieren oder imitieren. Das hat der Cross-Skating Sport nicht verdient! Außerdem kann man mit Cross-Skates keine andere Sportart imitieren – umgekehrt aber auch nicht.

Originalität kann ich daher für dieses Magazin auf alle Fälle fest zusagen, hier gibt es nur Texte im Original oder klar gekennzeichnete Texte, die auf den Autor oder die Quelle hinweisen. Dies aber auch in beiderseitigem Einverständnis und nicht so wie es manche reinen Zitierseiten tun. Ja, das gibt es auch, korrekt zitieren (wenigstens das, aber in der Regel ungefragt), jedoch keinen einzigen “echten” Beitrag auf die eigene Seite schreiben. Ich bezweifle, dass solch ein verbaler Flickenteppich einen größeren Wert besitzt, da das legale Zitieren im Umfang doch sehr begrenzt ist.

Die Sprache prägt das Denken, das Denken prägt die Sprache! Das ist kein Paradox, sondern ein Kreislauf. Wenn mit einer neuen Sportart aus neues Denken aufkommen soll, muss auch die angewendete Sprache überdacht und bei gedanklichen wie auch praktischen Neuerungen, neu geprägt werden. Ohne neues Fachvokabular kein neues Fachgebiet – das klingt zwar zunächst etwas theoretisch, macht es aber den Praktikern leichter, sich qualifiziert zu unterhalten und sogar Einsteigern die feinen Unterschiede zu zu erklären, warum für einen neuen Sport auch neue “Schubladen” im Kopf geöffnet werden müssen.

Das “neue Vokabular” des Cross-Skating Sports, aber auch mancher dumme Spruch wird in seinen Grundzügen im Artikel 41 Babylon beim Cross-Skating im kommenden Februar erläutert.

Cross-Skating Magazin Jahrbuch 2012 - 1. Halbjahr

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