Читать книгу Einführung in das bürgerliche Trauerspiel und das soziale Drama - Franziska Schößler - Страница 8
III. Methoden der Interpretation
ОглавлениеVon der Sozialgeschichte zur Kulturwissenschaft
Wie der Überblick über die zentralen Forschungsdebatten zeigt, wird im Kontext des bürgerlichen Trauerspiels und des sozialen Dramas vor allem ein Methodenstreit ausgetragen: Die Interpreten und Interpretinnen führen die Entstehung der Gattung entweder auf immanente ästhetische Prozesse zurück, behandeln die Werke mithin als autonome, von gesellschaftlichen Vorgängen abgelöste Produkte. Oder aber die Dramen werden als komplexe Aushandlungsorte gesellschaftlicher Interessen verstanden. Dieser letztere Ansatz, die sozialgeschichtliche Methode, die sich seit den 1970er Jahren als innovatives Verfahren der Analyse durchgesetzt hat, soll im Folgenden vorgestellt werden, ebenso die aktuellen ‘Versionen’ dieses Ansatzes; gemeint sind die kulturwissenschaftlichen Positionen, die seit Ende der 1990er Jahre intensiv diskutiert werden, an sozialgeschichtliche Tendenzen durchaus anschließen, allerdings von anderen Prämissen ausgehen: An die Stelle des homogenen Systems Gesellschaft und eines kontinuierlich sowie textunabhängig gedachten Geschichtsprozesses tritt ein plurales Feld von Texten, das das literarische Produkt als heterogene Landschaft umgibt und zu diesem in einem Verhältnis des Austausches steht. Die kulturwissenschaftlichen Positionen nehmen also gleichfalls eine Kontextualisierung des literarischen Produktes vor, allerdings ist sowohl das Text- wie das Gesellschafts- und Geschichtsmodell ein anderes (Huber/Lauer 2000). Als eine Variante dieser kulturwissenschaftlichen Positionen werden in einem dritten Abschnitt zentrale Konzepte der Gender Studies skizziert, die sich für die Analyse von bürgerlichen Trauerspielen und sozialen Dramen deshalb anbieten, weil diese Gattungen im Namen von Minoritäten entwickelt werden, und dazu gehört auch Weiblichkeit.