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Einführung
ОглавлениеIn einer Zeit vielfältiger Bemühungen um die rechte Weise, den christlichen Glauben in der Welt von heute zu leben und zu bezeugen, kommt mir häufig das Wort von Eugen Roth in den Sinn: »Ein Mensch nimmt, guten Glaubens, an, er hab’ das Äußerste getan. Doch leider Gott’s versäumt er nun, auch noch das Innerste zu tun.« Die Konzentration auf »das Innerste«, die Mitte des christlichen Glaubens und Lebens, ermöglicht es, Orientierung zu finden und Prioritäten zu setzen, Wichtiges wichtig zu nehmen und weniger Wichtiges zurückzustellen.
Dieses »Innerste« finde ich in der Feier der Eucharistie, dem zentralen »Geheimnis des Glaubens«. Bei der Bemühung um Orientierung und Konzentration helfen mir »Geistliche Übungen«, Zeiten des Gebetes und der Besinnung auf das Wort Gottes in der Heiligen Schrift und auf die Führung des Geistes in meinem Leben. Dabei sind mir die Exerzitien des heiligen Ignatius von Loyola als eine typische Form solcher geistlichen Übungen besonders hilfreich geworden.
Ich möchte deshalb versuchen, die Feier der Eucharistie im Licht der geistlichen Übungen in den Blick zu nehmen, um sie tiefer zu verstehen. Und ich möchte den Weg der geistlichen Übungen aus der Erfahrung der Eucharistiefeier erhellen und deuten.
Für manche mag die Zusammenschau und Komposition von Eucharistie und Exerzitienweg überraschend sein. Daher sei einleitend und kurz auf das Zusammenspiel von dem im Ritus der Messe gefeierten und auf dem Exerzitienweg geistlich durchlebten Prozess hingewiesen. Zu Leben und Frömmigkeit von Ignatius gehörte zunächst ganz natürlich und der Tradition entsprechend die Feier der Messe an den Sonntagen. Es gibt kein Zeugnis dafür, dass sie in früher Zeit eine sehr große Rolle für ihn gespielt hat. Wohl aber nach seiner Umkehr. Er berichtet davon, dass er in einer Kirche »täglich das Hochamt, die Vesper und die Komplet, die dort jeweils gesungen wurden, hörte. Und er verspürte dabei großen Trost. Gewöhnlich las er bei der Messe die Leidensgeschichte. Und seine innere Ausgeglichenheit dauerte an« (Bericht des Pilgers Nr. 20). In späteren Aufzeichnungen in seinem Tagebuch berichtet er immer wieder von großen inneren Berührungen bei der Messe und wenn ihm nicht mehrmals Tränen kamen, war es für ihn eine »trockene Messe«. So gesehen ist es nicht verwunderlich, dass Ignatius, wenn er die Abendmahlszene betrachten lässt, schreibt: »Er setzte das heiligste Opfer der Eucharistie ein als größtes Zeichen seiner Liebe, indem er sagte: ‚Nehmt und esst!« (Exerzitienbuch Nr. 289). Er hat auch durch seine Mitbrüder zum oftmaligen Besuch der Messe und – was nicht üblich war – zur häufigen Kommunion und zur vorbereitenden Beichte eingeladen. Nicht verwunderlich, dass Ignatius auf nicht wenigen Bildern auch im Messgewand dargestellt wird.
Wie sehr er in die Messe sein Leben einbrachte, zeigt die Tatsache, dass er immer wieder schriftliche Unterlagen, die Überlegungen bezüglich einer zu treffenden Entscheidung enthielten, auf den Altartisch legte. Dadurch sollte sich ihm zeigen, ob sie dem gefeierten Geschehen standhielten oder sich unter dessen Einfluss gleichsam wandelten und in ein neues Licht gerückt wurden. Eine seiner größten Gnaden, so schreibt Ignatius, habe er mit 53 Jahren (!) während eines etwa dreiwöchigen intensiven Prozesses erfahren. Bei Messfeiern begann sich ihm schrittweise sein ureigenster geistlicher Weg immer deutlicher zu zeigen, der Weg der »ehrfürchtigen Liebe« (amor reverencial): »Endlich habe ich den Weg gefunden, der sich mir zeigen wollte. Und es schien mir, dass es nicht von mir, sondern vom Herrn sei.« Diesen Weg der ehrfürchtigen Liebe ist er dann von der Eucharistiefeier her abgeschritten über »alle Dinge«, d.h. den Kosmos, die ganze Schöpfung, die Menschen. – Kann die Feier der Eucharistie und der Exerzitienweg mehr schenken, als zur »Messe des Lebens« hinzuführen?