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Kapitel 2 Schokokuchen strengstens verboten!

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„Haha! Ist deine Badehose so schwer, oder warum bist du so langsam?“

Unglaublicherweise hat Bille ihrem Bruder hier gerade ganz klar gezeigt, wo der Hammer hängt. Sprich: Im Wettschwimmen war sie deutlich schneller als er. Das hätte ich nicht gedacht! Entsprechend verdattert schaut Fips aus der Wäsche – oder besser gesagt aus der Badehose.

„Du … du hast irgendwie geschummelt!“, ruft er dann empört. Aber seine Schwester kichert nur.

„Geschummelt? Wie denn? Denkste, ich hab hier irgendwo ’ne Abkürzung genommen?“

Wenn ich kichern könnte, würde ich es jetzt ebenfalls tun, denn der Gedanke ist natürlich schon lustig. Wie soll man denn auf einem See eine Abkürzung nehmen? Da geht es doch nur geradeaus. Fips begründet seinen Verdacht aber nicht näher, sondern schnappt sich am Ufer nur wortlos sein Handtuch und trocknet sich ab. Uiuiui, da ist aber einer beleidigt!

Ich beschließe, Fips zu besänftigen. Schließlich ist heute ein schöner, sonniger Tag, und ich würde die Zeit am See lieber anders verbringen, als den beiden beim Streiten zuzuhören. Also flitze ich zu Fips, springe an ihm hoch und schlecke ihm die Hände ab. Erst guckt er mich böse an, aber schließlich entlocke ich ihm mit der Aktion doch ein Lächeln.

„Hey, Paule, ist ja gut! Ich weiß schon, was du mir sagen willst – Schluss mit dem Zoff! Okay, ist angekommen, die Botschaft. Und weißt du was? Ich habe sogar die perfekte Zutat für Frieden mit Bille dabei. Moment …“

Er geht vom Ufer zu der kleinen Baumgruppe, die an der Böschung zum See hin steht. Dort haben die Kinder eben ihre Sachen abgelegt. Kurzes Kramen in seinem Rucksack, dann zieht Fips eine Plastiktüte hervor. Neugierig komme ich näher. Was ist das?

„Tja, da guckst du, was? Willste mal riechen? Vielleicht errätst du, was drin ist.“

Grinsend schwenkt Fips den Beutel vor meiner Nase hin und her. Ich schnuppere daran – und mache einen Freudensprung! Es ist Schokoladenkuchen, völlig klar! Freu, freu, freu: Bestimmt geben mir die Kinder etwas davon ab! Bei meinem Züchter war Schokokuchen für uns Dackel total verboten. Wenn wir uns mal ein Stück geschnappt haben, gab es immer ein Donnerwetter. Dabei schmeckt er soooo gut! Geschimpft hat er dann – dass das Gift für uns Hunde ist und wir es nicht wagen sollen, jemals ein Stück davon zu klauen. Ist mir jetzt aber völlig egal. Denn erstens hat mein Züchter bei Fips und Bille nicht das Sagen, und zweitens wird mich so ein klitzekleines, winziges Stückchen Schokokuchen schon nicht umbringen, wuff!


Also mache ich Männchen, hüpfe auf zwei Beinen vor Fips auf und ab und jaule möglichst herzzerreißend. Fips lacht.

„Okay, schätze mal, du hast geschnallt, was in der Tüte ist. Schlauer Hund!“

Ja, ja, ich weiß, dass ich nicht auf den Kopf gefallen bin – aber das ist mir in diesem Moment völlig wurscht! Oder besser: Völlig schoko! Gib mir ein Stück von dem Kuchen, und zwar sofort!

Mittlerweile ist auch Bille aus dem See gestiegen und kommt zu Fips und mir gelaufen.

„Was macht ihr denn da für Kunststücke?“, will sie wissen. „Trainiert ihr für den Zirkus? Mach Männchen oder so was?“

Pöh! Als ob ich das trainieren müsste! So ein Quatsch! Auch Fips schüttelt den Kopf.

„Ne, liebes Schwesterlein, ich habe Paule nur eben gezeigt, dass ich von zu Hause ein bisschen Reiseproviant mitgenommen habe. Schau mal rein!“

Er hält ihr die Tüte hin, sie wirft einen Blick hinein. Typisch Zweibeiner! Kann auf einen Meter nicht riechen, dass Fips Schokokuchen eingepackt hat!

„Oh!“ Billes Augen werden groß. „Der Super-Schoki-Kuchen von Papa – wie genial!“ Sie langt in die Tüte, nimmt sich ein Stück von dem Kuchen heraus und beißt rein.

„Hmmmm, mampf, lecker!“

Hey! Und was ist mit mir? Vorwurfsvoll belle ich Bille an, die daraufhin in ein prustendes Lachen ausbricht und sich fast an dem Kuchen verschluckt.

„Ist ja gut, Paule! Du bekommst natürlich auch ein Stückchen ab.“

Sie bricht die obere Ecke von ihrem Kuchen ab und hält sie mir vor die Nase, ich springe hoch und schnappe sie aus ihrer Hand.

„Aber nicht zu viel davon! Das ist nicht gesund für Hunde“, mahnt Fips in einem blöden Oberlehrertonfall. Was soll das denn? Mich erst heißmachen und dann nicht abgeben wollen? Frechheit! Genau so sieht das meine liebste Bille auch:

„Hey, du kannst dem armen Paule doch nicht erst die Tüte zeigen und ihm dann nichts abgeben. Ich weiß, dass Schokolade nicht die optimale Hundenahrung ist, aber so ein Ministück wird ihm schon nicht schaden.“

Spricht’s und bricht mir noch eine Ecke ab, die ich gierig verschlinge. Fips seufzt und langt dann selbst in die Tüte, um kurz darauf genüsslich loszumampfen.

„Lecker! Also, Papa kann echt nicht kochen – aber als Bäcker ist er mega!“

Bille nickt und breitet ihr großes Handtuch im Schatten unter den Bäumen aus. Dann legt sie sich hin, und das sieht wirklich gemütlich aus. Sofort kuschle ich mich neben sie. Herrlich! Bille kichert.

„Paule, das kitzelt! Rück mal ein Stück!“

Nö, ich denke gar nicht dran! Es ist viel zu schön, so dicht an Billes warmer, weicher Haut zu liegen. Jetzt setzt sich auch Fips auf sein Handtuch.

„Manno, warum sind die Ferien bloß schon wieder vorbei? Endlich ist tolles Wetter, und wir müssen wieder lernen. Total blöd!“, ärgert er sich.

Seine Schwester zuckt mit den Schultern.

„Ja, die ersten Tage nach den Sommerferien sind irgendwie immer besonders doof. Wobei: Unseren Neuzugang Kaja finde ich echt nett.“

Auch wenn Bille und Fips Zwillinge sind, gehen sie nicht in dieselbe Klasse. Aus gutem Grund, hat Doro mal gesagt – aber welchem, das hat sie für sich behalten.

„Kaja. Komischer Name. Aber wenn sie nett ist.“

„Ja, ist sie. Vielleicht ein bisschen schüchtern. Aber sonst wirklich nett“, versichert Bille.

„Hm, hab ich die schon mal gesehen?“, überlegt Fips laut. „Ist das so ’ne Blasse, Dunkelhaarige? Ziemlich dünn?“

Bille nickt. „Genau. Das ist Kaja! Sie sieht irgendwie zerbrechlich aus.“

Zerbrechlich? Das ist ja eine lustige Beschreibung für ein Mädchen! Ich versuche, mir darunter etwas vorzustellen, aber irgendwie fällt mir nicht ein, wie Bille das meinen könnte. Vielleicht bin ich aber auch nur so einfallslos, weil ich schon ein bisschen müde bin. Es wäre vermutlich längst Zeit für mein Mittagsschläfchen. Ich kuschle mich noch enger an meine Bille.

„Und irgendwie ist sie auch traurig“, fährt Bille mit ihrer Schilderung der neuen Klassenkameradin fort. „Ich glaube, ihre Eltern haben sich gerade getrennt. Deswegen ist sie auch neu an unserer Schule. Ihre Mutter ist mit Kaja zu ihrem neuen Freund gezogen. Voll ätzend, oder? Erst trennen sich deine Eltern, und dann musst du auch noch die Schule wechseln.“

„Ja, richtig ätzend!“, gibt Fips ihr recht, und ich wedele im Liegen auch zustimmend mit dem Schwanz, obwohl ich von dem Thema überhaupt keine Ahnung habe. Als Dackelwelpe lebt man schließlich nicht besonders lange mit seinen Eltern zusammen. Und mit seinem Vater schon mal gar nicht. Allerdings fand auch ich den Tag, an dem feststand, dass mein oller Züchter für mich eine neue Familie suchen würde, maximal unerfreulich. Das war bestimmt mindestens so schlimm, wie eine neue Schule zu besuchen.

„Meine Freundin Ella hat heimlich einen Blick in Kajas Tagebuch geworfen. Das war ihr nämlich aus dem Rucksack gefallen, als wir unsere Sachen in die neuen Schließfächer bringen sollten.“

„Echt?“, hakt Fips nach und klingt dabei ziemlich empört. „So etwas macht man doch nicht!“

„Na ja, es war irgendwie aus Versehen. Sie wollte es nur aufheben und Kaja bringen, die das nicht bemerkt hatte. Und dabei ist es dann einfach so aufgeklappt, das Tagebuch.“

„Schon klar!“, schnaubt Fips. „Einfach so.“

Davon lässt sich Bille jedoch nicht irritieren, sondern erzählt weiter.

„Jedenfalls hat Kaja da ganz schlimme Sachen über ihren Stiefvater geschrieben. Dass der voll gemein zu ihr ist. Und der will auch überhaupt nicht, dass Kaja ihren echten Vater wiedersieht. Nur deswegen hat er dafür gesorgt, dass sie mit ihrer Mutter so weit wegzieht. Kaja muss jede Nacht deswegen weinen!“

Wuff! Oh nein! Das ist ja furchtbar! Das arme Mädchen! Ich spitze die Öhrchen, um genau mitzubekommen, was Bille noch erzählt. Das fällt mir mittlerweile allerdings ein wenig schwer, denn ich bin soooo müde! Egal. Ein Kind scheint in Not zu sein – ich muss weiter zuhören!

„Oh Mist! Das klingt ja gar nicht gut. Ich meine, natürlich guckt man nicht in fremde Tagebücher, aber vielleicht war es in dem Fall doch ganz gut“, murmelt Fips. „Das ist ja schlimm, wenn sich deine eigene Mutter in so einen Kerl verliebt. Schrecklich!“

„Ja, total schrecklich! Und dann gab es wohl einen richtigen Streit zwischen Kaja und Tom, so heißt der fiese Typ. Sie wollte nämlich ihre alten Schulfreundinnen in ihr neues Zuhause einladen. Weil sie so Heimweh hat. Und damit die alten Freundinnen sehen, wo sie jetzt wohnt, und sie in den nächsten Ferien vielleicht mal besuchen kommen. Aber dann kam dieser Tom und hat sie angeschrien und gesagt, dass das auf gar keinen Fall in die Tüte kommt, dass fremde Leute seine Wohnung betreten, und dann hat Kaja …“

Was Kaja hat, erfahre ich nicht mehr. Denn in diesem Moment fallen mir meine müden Dackelaugen zu.

Paule und Sneakers

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