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Kapitel 3 Das vergessene Paulchen

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So ein Nachmittag am See kann wirklich anstrengend sein. Ganz besonders, wenn man wie ich unermüdlich im Wasser herumplanscht. Okay, ein klitzekleines Nickerchen habe ich zwischendurch auch mal gemacht.

Jetzt habe ich auf jeden Fall Hunger. Grrr, ich könnte mindestens drei riesige Portionen meines Futters verdrücken.

Doch anstatt mir erst einmal den Napf randvoll zu machen, verziehen sich Bille und Fips in ihre Zimmer. Ich sitze in der Küche vorm Schrank, in dem sich mein Futter befindet, und bin wirklich … hungrig.

Verflixter Pansen, das können die doch nicht machen!

Zum Glück kommt in diesem Moment Doro in die Küche.

„Na, Paule, was sitzt du hier so mitten in der Küche herum?“, fragt sie mich, und anstatt selbst draufzukommen – der Dackel hat HUNGER!!! –, öffnet sie den Kühlschrank, nimmt die Milchtüte heraus und gießt sich ein Glas damit voll. Bevor ich auch nur „WUFF-WUFF“ machen kann, ist sie wieder zur Tür hinaus. Und ich sitze noch immer da, und der Hunger wird immer fieser, größer, unerträglicher …

So geht das nicht weiter. Dann muss ich es eben auf eigene Faust probieren. Irgendwie auf die Arbeitsplatte kommen, und wenn ich mich dann auf die Hinterpfoten stelle, dann müsste ich eigentlich an den Karton mit dem Hundefutter gelangen. Oder ich setze mich vor Billes Tür und jaule so lange, bis sie begreift, dass ich vor Kohldampf fast umkippe.

Ich trabe zu Billes Tür und muss einsehen, dass der Plan aussichtslos ist. Sie hat nämlich die Musik aufgedreht. Tür zu, Musik laut, und der arme Paule sitzt winselnd davor. Na super!

„Paule, hey, stimmt irgendetwas nicht mit dir? Du machst so einen unzufriedenen Eindruck?“, fragt Doro, die gerade aus ihrem Arbeitszimmer kommt. Das Glas in ihrer Hand ist leer. Anscheinend will sie es erneut auffüllen. Meine Chance, ihr klarzumachen, dass sie total richtigliegt: Ja, ich bin unzufrieden, weil keiner auf die Idee kommt, mich endlich mal zu füttern!

Ich bleibe dicht an ihrer Seite, und zusammen geht’s erneut in die Küche. Doro nimmt wieder die Milch aus dem Kühlschrank, schüttet ihr Glas voll, beugt sich zu mir herunter und tätschelt mir den Kopf.

„Später gehen wir noch Gassi“, verspricht sie mir. „Aber jetzt muss ich erst einmal ganz dringend den Plan für das Wohnzimmer der Sammers fertigbekommen. Die wollen nämlich schon nächste Woche die Möbel bestellen.“

Soso, die Sammers. Das Wohnzimmer dieser Leute ist also wichtiger als ich. Gut zu wissen. Danke dafür, Doro.


Ich schleppe mich in mein Körbchen. Inzwischen bin ich für Plan A, auf die Arbeitsplatte springen und so weiter, eh viel zu kraftlos. Ich schätze, wenn ich mich jetzt hinlege und einschlafe, dann ist es gut möglich, dass ich vor lauter Schwäche nie wieder aufwache.

Winsel …

Doch gerade als ich die Augen zuklappen will, höre ich einen Schlüssel, der sich im Schloss umdreht. Die Tür springt auf, und Torsten kommt hereingeschneit.

„Hallihallo, der Papa ist zu Hause!“

Normalerweise ruft Torsten das nicht. Wirklich nicht. Er schließt die Tür auf, stellt seine Aktentasche neben die Kommode und verschwindet im Schlafzimmer, wo er seinen Anzug gegen T-Shirt und Jeans tauscht. Dann geht er meistens in die Küche und guckt, was Doro für ihn vom Mittagessen übrig gelassen hat. Bei allem ist er ziemlich wortkarg, denn Torsten braucht immer einen Augenblick, um den Stress des Jobs abzulegen. Das behauptet zumindest Doro, und da sie Torsten von uns allen am längsten kennt, wird sie es schon wissen.

„Hallo, Familie, wo seid ihr denn alle?“, ruft er fröhlich.

Hm … wirklich sehr komisch.

Das findet Fips anscheinend auch, denn er guckt Torsten mit großen Augen an. „Ist irgendetwas passiert, Papa?“

Grinsend schüttelt Torsten den Kopf.

„Papa“, sagt Fips, „irgendwie kommst du mir aber komisch vor.“

Sag ich doch!

Torsten grinst noch breiter. „Ist Mama auch zu Hause?“

Fips nickt. „Sie ist im Arbeitszimmer.“

„Okay, dann würde ich sagen, ich zaubere uns ein leckeres Abendessen, und dann quatschen wir ’ne Runde.“

„Du zauberst uns was?“ Fips ist total baff, doch ich kann nur an Abendessen denken. Hoffentlich fällt dann endlich einem von denen auf, dass der arme Paule noch nichts bekommen hat! Jaul …

Torsten deutet auf die Papiertüte in seiner rechten Hand. „Ich habe eben noch bei Feinkost Friedrichs ein bisschen was eingekauft.“

„Ich hole Mama“, erklärt Fips. „Irgendetwas stimmt nicht mit dir.“

Torsten lacht. „Alles ist gut, Fips, du musst Mama nicht stören. Ich habe heute einfach mal Lust, meine Familie zu verwöhnen.“

„Okay“, sagt Fips noch misstrauischer.

Dann räumt er das Feld, während Torsten leise vor sich hin pfeifend in die Küche marschiert. Ich folge natürlich Torsten. Es ist zwar äußerst ungewöhnlich, dass er kocht, wo er doch eigentlich nur der Familienbäcker ist, aber mir ist das im Moment total egal. Was zählt, ist, dass Torsten kapiert, dass ich Hunger habe.

„Und du, Paule, was hast du heute den ganzen Tag gemacht? Bestimmt warst du mit Bille und Fips unterwegs, was?!“

Ich belle. Einmal kurz und dann: „Hör auf zu quaken und schütte mir was in meinen Napf!“

Natürlich versteht Torsten mich nicht. Schließlich spreche ich nicht die Menschensprache und er nicht meine. Doch – oh WUNDER – er hat es tatsächlich kapiert. Ich traue meinen feuchten Dackelaugen nicht, aber Torsten wendet sich dem Regal zu, schnappt sich mein Hundefutter und geht damit rüber zur Fressstation (so nennt Doro immer den Platz, wo Trink- und Fressnapf auf einer weißen Unterlage stehen). Er lässt eine große Portion in den Napf rieseln. Ich bin mir sicher, so gut hat mein Futter noch nie geduftet. Hmmm … mir läuft das Wasser im Mund zusammen. KÖSTLICH!!!

„Lass es dir schmecken, Paule“, fordert Torsten mich auf und schiebt mit einem albernen Lachen hinterher: „Sollst ja schließlich auch nicht leben wie ein Hund.“


„Torsten, du bist es ja wirklich“, höre ich Doro wie aus weiter Ferne sagen. „Dann habe ich mich doch nicht verhört. Was machst du denn schon hier?“

„Zur Feier des Tages werde ich für uns alle kochen, mein Schatz“, trällert Torsten vergnügt.

„Äh … was gibt es denn zu feiern?“

Aufgefressen! Wuff! Und zwar in Rekordzeit. SCHLECK, das war lecker. Zufrieden lecke ich mir das Maul und will mich in mein Körbchen verziehen. Mit vollem Magen macht sich ein kleines Schläfchen gleich viel, viel besser.

„Das mit dem neuen Job, Doro“, höre ich Torsten sagen, während ich mich schwerfällig aus der Küche schleppe, „ich habe heute die Zusage bekommen.“

Doro stößt einen spitzen Schrei aus, der mich kurz zusammenzucken lässt.

„WAS? Das ist ja super! Wow, Torsten, Liebling, ich freu mich so für dich. Endlich! Du hast so schwer dafür gearbeitet, und endlich hat es geklappt“, jubelt Doro.

Ich bleibe auf der Türschwelle stehen und wende mich zu den beiden um. Doro liegt in Torstens Armen, und – uuuhhh – sie küssen sich. Nö, das muss ich mir nicht länger angucken, beschließe ich. Auch wenn mich schon interessieren würde, was das mit diesem neuen Job zu bedeuten hat und warum die beiden deshalb so ausflippen.

„Es gibt nur einen klitzekleinen Haken“, sagt nun Torsten und klingt nicht mehr ganz so überüberglücklich. Eher ein bisschen vorsichtig.

„Und der wäre?“, will Doro wissen.

Torsten seufzt tief. Ich lebe nun schon eine ganze Weile mit meinen Menschen zusammen, und wenn sie so tief seufzen, wie Torsten das gerade gemacht hat, dann hat das meistens nichts Gutes zu bedeuten.

„Es ist nämlich so, dass die Firma zwar für Hamburg gesucht hat, doch nun hat es sich kurzfristig ergeben, dass die Leitung einer anderen Niederlassung neu besetzt werden soll, und diesen Job haben sie mir angeboten.“

„Soso“, murmelt Doro, und am Klang ihrer Stimme wird mir endgültig klar: Hier stimmt was nicht! Also verschiebe ich das mit dem Schläfchen und bleibe auf der Türschwelle sitzen. Als der Dackel im Haus muss ich schließlich immer wissen, was hier vor sich geht.

„Wo …?“

„München …“

„Oh nein“, keucht Doro.

Torsten fährt sich mit beiden Händen durchs Haar. „Ja, Doro, ich weiß, ich verlange viel von euch. Aber, Schatz, so eine Chance bekomme ich nie wieder. Ich verdiene dort fast das Doppelte. Und die Firma würde sich sogar um eine Wohnung für uns bemühen.“

Nun ist es Doro, die tief seufzt. „Klingt toll, Liebling, auf jeden Fall. Aber aus Hamburg wegziehen? Nach München? Die Kinder werden alles andere als begeistert sein, und für mich bedeutet das auch einen beruflichen Neustart. Hier habe ich inzwischen einen ziemlich guten Kundenstamm. In München fange ich bei null an.“

Wuff-wuff! Ähm … versteh ich das richtig? Meine Leute wollen von hier wegziehen? Ich weiß zwar nicht, wo dieses München liegt, aber so, wie Doro guckt, ziemlich weit weg von hier. Meinem Zuhause. Meinem Park. Von Müller und Meyer und vor allem: SNEAKERS und meiner KATZENBANDE!

Bei meinem Lieblingskauknochen, ich bin dagegen!

Außerdem habe ich heute schon mal was übers Wegziehen gehört. Genau, jetzt fällt es mir wieder ein. Vorhin am See hat Bille Fips von dieser Kaja erzählt. Dass sie neu in der Klasse ist und immer Ärger mit irgendeinem Tom hat. Mal scharf nachdenken … was war das bloß?

WUFF! Jetzt weiß ich es wieder. Genau! Kaja hat irgendwie Angst vor diesem Tom, und dieser Tom ist der neue Freund ihrer Mutter. Das Mädchen ist eindeutig in Not und braucht Hilfe. Und zwar von mir … ähm, uns!

Ich muss sofort zu Sneakers laufen und ihm von Kaja erzählen. Und Torstens Umzugsplänen. Dann rufen wir eine Katzenversammlung ein und planen, wie wir Kaja helfen können. Und wir überlegen auch noch, wie wir Bille, Fips und Paule helfen können. Ich bin mir sicher, die beiden wollen ebenso wenig wie ich von hier weg!

Wuff-wuff!!!

Paule und Sneakers

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