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Kapitel 2 Was mal dringend gesagt werden muss!

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„Hey, Schnullerbacke“, maunzt es schräg über mir von einem dicken Ast herunter.

Wuff! Sneakers!

Ich sollte mich freuen, ihn zu sehen. Schließlich habe ich mir das eben gerade noch total gewünscht. Was mich allerdings in meiner Freude enorm beeinträchtigt, sodass sich mir sogar einige Nackenhaare aufstellen, ist dieses echt peinliche „Schnullerbacke“. Ich mag es nicht, wenn er mich so nennt. Erstens habe ich noch an keinem einzigen Tag meines – zugegeben noch recht jungen – Dackellebens einen Schnuller besessen und zweitens: Was soll eigentlich eine Schnullerbacke sein? Eine Backe in Form eines Schnullers oder umgekehrt?

Wie auch immer, eigentlich ist es mir komplett Blutwurst, denn ich bin schließlich KEINE Schnullerbacke!!!

„Kannst du dich kurz wegschleichen?“, fragt Sneakers mich jetzt.

„Nö!“, knurre ich.

Jawoll, ich knurre. Und ich hoffe, dem alten Zauselkater ist auch sehr wohl bewusst, warum ich so verstimmt bin.

WUFF-WUFF!

„Aber warum denn nicht? Fips und Bille sind doch gerade mit der Sirene beschäftigt. Wobei, hmmm … bestimmt hat die kleine Heulsuse einen Grund für das Geplärre.“


Nun könnte man meinen, Sneakers, der alte Haudegen, möge keine Kinder, weil er Wörter wie Sirene, Heulsuse, Geplärre in Zusammenhang mit ihnen verwendet. Aber so ist es nicht. Echt! Sneakers hat ein enorm großes Herz für Kinder. Schließlich ist er der Gründer und Chef des Kinderrettungs-Katzenteams. Doch seine Ausdrucksweise lässt sehr zu wünschen übrig, was daher kommt, dass er bis zu seinem zweiten Lebensjahr ein Straßenkater ohne Stammbaum und festen Wohnsitz und somit auch ohne jegliche Ausbildung war.

Nun lebt er zwar durch einen glücklichen Zufall schon eine halbe Ewigkeit bei seinem netten Frauchen im Obergeschoss, doch den sehr saloppen Tonfall, wuff, den hat er bis heute nicht abgelegt.

Zusammengefasst: Der Kater hat ’ne harte Schale, doch unter seinem struppigen Fell einen extrem weichen Kern!

„Jetzt komm schon!“, fordert Sneakers mich auf. „Ich muss was Wichtiges mit dir besprechen!“

Verflixter Kauknochen, wichtig klingt spannend und spannend klingt nach Schluss mit Langeweile. Und eigentlich habe ich jetzt lange genug geschmollt.

„Dort hinten im Gebüsch. Dann denken Bille und Fips, dass ich mein Geschäftchen verrichten muss“, sage ich und trippele los.

„Okay, Schnullerbacke, bis gleich!“

KNURRR! Ich bin keine S.C.H.N.U.L.L.E.R.B.A.C.K.E.!

Im Gebüsch duftet es stark nach Müller und Meyer, zwei meiner Hundekumpels, die ich regelmäßig hier im Park beim Gassigehen treffe. Sie scheinen eben gerade noch hier gewesen zu sein.

„Also, was gibt es zu berichten?“, fragt Sneakers.

Ich weiß nicht recht, worauf er hinauswill. Schließlich war er doch derjenige, der mich unbedingt unter zwei Kater- und zwei Dackelaugen sprechen wollte.

„Na ja, Müller und Meyer waren noch vor kurzem hier in diesem Gebüsch“, sage ich, weil mir einfach nichts Besseres einfällt.

Sneakers stöhnt genervt. „Das meine ich nicht. Ich will wissen, warum die Lütte so kreischt, Schnuller…“

Weiter kommt er nicht, denn ich krache ihm mitten ins Wort.

„Ich bin keine Schnullerbacke und ich möchte so auch nicht genannt werden! Nie wieder!“

Sneakers stiert mich mit zusammengekniffenen Augen an. Richtig böse sieht er aus. Oh ja, das kann der alte Kater wie kein anderer. Prompt wird mir etwas mulmig zumute, obwohl ich das mit der harten Schale und dem weichen Kern weiß und wir außerdem Freunde sind. Ziemlich beste Freunde sogar. Dennoch … wuff-uff, dieser Blick, eeecht gefährlich.

„Okay, Paule, wenn dir das so wichtig ist, dann sage ich es nie wieder“, schnurrt er versöhnlich.

Ich traue meinen Ohren kaum. Ist das sein Ernst? So einfach geht das? Ich sag nur: ‚Hey, ich will das nicht!‘ – Und er sagt so: ‚Hey, null Problemo, dann lass ich es!‘

„Aber jetzt erzähl mir bitte, warum Fips und Bille das kleine Mädchen trösten. Warum brammt sie so ohrenschädigend?“

Ach, so ist das. Er weiß also auch nichts Genaueres. Doch Sneakers ist besorgt, ich sehe es ihm an. Schnuppert er etwa einen neuen Fall fürs KRKT? Das wäre ja großartig! Dann gäbe es endlich keine Langweile mehr, stattdessen wieder das aufregende Leben als Kinderretter!

„Sie weint nach irgendeinem Schnuffi“, berichte ich Sneakers, was ich mitbekommen habe.

„Und?“ Der Kater starrt mich fragend an.

„Wie und?“

„Na, wer ist Schnuffi? Ihr Hund? Und warum weint sie? Weil er weggelaufen ist? Musste er ins Tierheim, weil der Vater plötzlich eine Hundehaarallergie hat? Oder ist Schnuffi vielleicht gar nicht ihr Hund, sondern der einer Nachbarin, mit dem sie aber immer Gassi gehen darf, doch jetzt will die Nachbarin das nicht mehr? Oder vielleicht ist sie sogar weggezogen?“

Heiliger Dosenöffner, Sneakers hat ja wilde Gedankengänge. Und das nur, weil ein kleines Mädchen nach irgendeinem Schnuffi heult.

„Ehrlicherweise weiß ich nicht, wer Schnuffi ist“, gebe ich leise zu. Ich komme mir wie ein Luschendackel vor, weil ich nicht im Entferntesten all das in Erwägung gezogen habe, als das Mädchen nach seinem Schnuffi geschnieft hat.

„Okidoki“, sagt Sneakers lässig. „Dann schlage ich vor, du schleichst dich jetzt zack-zack zurück zu Fips und Bille und spitzt die Lauscher. Ich werde versuchen, mich strategisch gut auf dem Baum darüber zu positionieren, um ebenfalls Näheres herauszufinden. Vier Ohren hören bekanntlich besser als zwei.“

Nicht der schlechteste Plan, finde ich, zwänge mich aus dem Gebüsch und trabe zurück zu Bille und Fips und dem immer noch schniefenden kleinen Mädchen.

Ich komme gerade rechtzeitig bei den dreien an, als Bille mit einfühlsamer, aber dennoch hörbar ungläubiger Stimme sagt: „Jela, bestimmt hast du ihn irgendwo verloren. Ich meine, wer hat denn einen Grund, dir deinen braun gescheckten Plüschhund mit rotem Halsband und einem kleinen Riss hinterm linken Schlappohr zu stehlen?“

Und Fips fügt noch hinzu: „Also, versteh das nicht falsch, bestimmt ist dein Schnuffi der schönste Plüschhund der Welt für dich. Nur … hm … eben für dich.“

Entschlossen stemmt die kleine Jela die Hände in die Seiten und streckt ihr rundes Kinn vor. Obwohl ihr Gesicht noch immer tränennass ist, klingt ihre Stimme nun ganz anders. Kein bisschen mehr nach Heulsuse, sondern mindestens nach Ninja-Kämpfern, die Fips immer so gerne imitiert, wenn er Bille ärgern will.

„Behauptest du etwa, ich würde lügen?! In Wirklichkeit habe ich Schnuffi irgendwo vergessen, und weil ich das nicht zugeben will, denke ich mir das mit dem Diebstahl aus?“

„Nein! Bestimmt nicht“, versichert Fips ihr.

„Das denken wir wirklich nicht“, sagt auch Bille.

Doch das Mädchen zieht geräuschvoll die Nase hoch und schimpft: „Ihr seid doof. Alle beide!“ Dann marschiert sie davon.

„Na super“, brummt Bille. „Da will man helfen und wird dafür noch angemeckert.“

Fips nickt. „Ganz schöne Zimtzicke, die Lütte. Ich schätze ja, ich habe genau ins Schwarze getroffen. Die hat ihren Schnuffi irgendwo vergessen, und weil sie sich deswegen so schämt, behauptet sie jetzt, dass ihr jemand den Plüschi geklaut hätte.“ Fips schüttelt ungläubig den Kopf. „Jetzt mal im Ernst, wer klaut denn schon ein Stofftier? Noch dazu eins, das schon ziemlich oll ist?!“

Bille ist ganz Fips’ Meinung und kurz darauf beschließen die beiden, zurück nach Hause zu gehen.

„Mama hat gesagt, dass sie heute noch backen will, und zwar unseren Lieblings-Schokikuchen. Vielleicht ist er ja schon fertig“, hofft Bille und leckt sich über die Lippen.

Fips reibt sich vorfreudig den Bauch. „Oh ja, auf so ein riesiges Schokokuchenstück könnte ich jetzt so riiichtig.“

Im Renngalopp sprinten wir nach Hause. Ich habe noch nicht einmal mehr die Gelegenheit, nachzuschauen, ob Sneakers in seinem Baum auch alles mitbekommen hat. Also, dass es sich nur um einen vergessenen Plüschhund und nicht um einen neuen Fall fürs KRKT handelt. Aber bestimmt sehe ich den Kater später im Garten.

Als wir den Park fast verlassen haben und unser Gartentor bereits in Sichtweite ist, treffen wir dann doch noch auf Müller und Meyer. Sie sind mit ihrem Frauchen unterwegs und das ist wie immer sehr redselig. Ruckzuck hat sie Bille und Fips in ein Gespräch verwickelt. Die beiden sind zwar megahungrig auf Schokokuchen, aber eben auch total höflich. Geduldig unterhalten sie sich mit ihr.

„Tagchen, Paule, hast du schon von dem Vorfall im Park gehört?“, fragt mich Meyer.

Wenn er mit „Vorfall“ die heulende Jela meint, dann kann ich getrost nicken.

„Ganz schön krass“, sagt Müller. „Nicht wahr?!“

Ich verziehe mein Dackelmaul zu einem schiefen Grinsen. „Auf jeden Fall ganz schön lautstark. Mir brennen jetzt noch die Ohren.“

Müller und Meyer glotzen mich sonderbar an – irgendwie … hm … vorwurfsvoll?

„Is’ was?“

„Das wollten wir dich gerade fragen. Ziemlich unsensibel von dir. Das hätte ich dir gar nicht zugetraut, Paule. Zumal du selbst noch sehr jung bist und den Schreck, den die kleine Jela bekommen hat, besser nachvollziehen können müsstest als Müller und ich, mit unseren zehn und elf Jahren auf dem Hundebuckel.“

HÄ? Was reden die denn da?

Und nur weil ich jung bin, bedeutet das doch nicht automatisch, dass ich ebenfalls flunkern würde, wenn ich meinen Lieblingsknochen verlegt hätte. Aber Meyer und Müller sind normalerweise voll in Ordnung und ich halte gerne ein Schwätzchen mit ihnen. Deshalb will ich die beiden jetzt auch nicht vor den Kopf stoßen und sage sehr einfühlsam: „Natürlich tut es mir leid, dass die kleine Jela ihren Schnuffi irgendwo vergessen hat und jetzt nicht mehr weiß, wo, aber …“

„Sie hat ihn nicht vergessen!“, fällt mir Meyer mit besorgter Hundemiene ins Wort. „Er wurde ihr gestohlen. Am helllichten Tag einfach aus den kleinen Händen gerissen!“

WUFF-WUFF – ich bin geschockt!

Paule und Sneakers

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