Читать книгу Seewölfe - Piraten der Weltmeere 668 - Fred McMason - Страница 8

3.

Оглавление

Der große „Durchgeistigte“ hatte doch recht, wie die Arwenacks zu ihrer großen Verblüffung feststellten.

Da war Carberry aber schon auf den Beinen und unterzog sich erneut der geheimnisvollen Ritual-Wäsche, die er gerade erst gestern vollzogen hatte.

„Geht das denn schon wieder los?“ wetterte Mac Pellew, als der Profos sein Messer wetzte und sich eine Pütz Wasser an Deck hievte. „Du hast dich doch erst gestern rasiert, bis dein Gesicht so blank wie ein kahler Affenarsch war.“

„Gestern ist nicht heute“, sagte der Profos und überprüfte mit dem Handrücken seine Bartstoppeln unter dem Kinn. Es gab ein Geräusch, als streife ein Hai an der Bordwand entlang.

Die Seewölfe umstanden ihn, als zweifelten sie an seinem Verstand.

„Bring mir mal die Plünnen an Deck, Mac“, sagte Carberry.

Mac Pellew sah ihn schiefmäulig an und wußte nicht, ob er grinsen oder sich ärgern sollte.

„Was für Plünnen?“ fragte er aggressiv. „Und wer hat mich hier herumzukommandieren?“

„Meine indische Gala-Kleidung“, erwiderte der Profos sanft. „Und herumkommandieren will dich niemand, mein liebes Mackileinchen. Das war doch nur eine höfliche Bitte.“

Mister Seltenfroh, wie der Profos Mac Pellew mal genannt hatte, taute sofort auf und versuchte zu grinsen, was allerdings kläglich mißlang. Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, schien er in eine faule Zitrone gebissen zu haben.

„Ach so, eine Bitte war das. Na klar, ich hole dir alles, was du willst.“

„Du wirst heute geistig bei mir sein“, versprach der Profos. „Gestern habe ich Rum als Gesichtswasser genommen. Heute werde ich das edle Zeug benutzen, das du mir damals vor Cadiz geschenkt hast, das gute und teure Duftwässerchen.“

Jetzt strahlte Mac über das ganze Gesicht. Er hatte mal von einer Marketenderin ein Fläschchen „Duftwasser“ erstanden, das er in einem Anflug von Großmut dem Profos geschenkt hatte.

„Was – das willst du wirklich nehmen?“ staunte Mac.

„Aber klar doch, Mäckileinchen. Das ist genau das richtige Zeug, um hochherrschaftliche Kreise zu beeindrucken.“

„Etwa diese Hühnerjauche?“ fragte Luke Morgan entsetzt. „Da kippen ja selbst die Elefanten aus den Latschen, wenn sie den Duft in ihre Rüssel kriegen.“

„Du dreimal besengter Prielwurm!“ wetterte Mac. „Du weißt eben nicht, was einen Gentleman ziemt. Wenn du das Duftwasser noch mal als Hühnerjauche bezeichnest, steche ich dir die Pelle an. Du hast überhaupt keine Ahnung, du dreimal besengter …“

„Prielwurm“, fügte der Profos hinzu. „Aber das hast du dem Bauernlümmel schon gesagt. Der kapiert das sowieso nicht.“

„Ha, ein zehnmal besengter Prielwurm!“ tönte Mac, ehe er verschwand, um für Carberry das Gewünschte zu holen.

Er kicherte händereibend vor sich hin, als er Luke Morgans verstörtes Gesicht sah. Dem hatte er es jetzt aber mächtig gegeben, dem Prielwurm. Paßte überhaupt gut zu Luke, weil er ja so klein war.

Inzwischen kratzte sich der Profos in aller Ruhe die Bartstoppeln aus dem narbigen Gesicht. Er tat das so aufreizend gelassen, daß es wiederum den Kutscher ärgerte. Außerdem grinste der Profos selbstgefällig vor sich hin.

„Möchte wissen, warum du dauernd so dämlich grinst“, sagte der Kutscher anzüglich. „Und woher willst du überhaupt wissen, daß man dich abholt?“

„Das hast du schon mal so hartnäckig gefragt, und ich habe dir auch die Antwort gegeben. Ich weiß es eben, und damit basta! In spätestens einer Stunde erscheinen hier ein paar Elefanten, und auf einem von ihnen werde ich sitzen.“

„Dann hat Ischwar Singh dir das gestern schon gesagt.“

„Hat er nicht. Aber ich fühle es.“

Mit seiner selbstgefälligen Ruhe trieb der Profos den Kutscher fast zur Verzweiflung. Außerdem paßte dem Koch und Feldscher nicht, daß sich Carberry so überheblich und allwissend gab.

„Da hat man den Kerl sinnigerweise zu einer Gottheit getrimmt, und schon rastet er total aus und glaubt das alles auch noch. Nein, er ist sogar felsenfest davon überzeugt.“

„Derlei Anzüglichkeiten jucken mich soviel wie eine englische Eiche, an der sich eine Wildsau reibt“, erklärte der Profos grinsend.

Seine Rasur war fast beendet, und es roch ein wenig streng, weil er grüne Schmierseife zum Rasieren benutzt hatte, die er sich jetzt aus dem Gesicht wusch. Aber den Geruch hoffte er mit Hilfe seines Duftwässerchens neutralisieren oder überdecken zu können.

Mac reichte ihm das Fläschchen mit einer kleinen Verbeugung. Der alte Griesgram war sichtlich gerührt, daß der Profos sein „Parfüm“ benutzte.

Carberry öffnete das Fläschchen, roch an dem Inhalt und verdrehte entzückt die Augen. Das Zeug war der reinste Ladykiller, so empfand er das jedenfalls.

Ein paar Tropfen tat er in seine mächtige Pranke, grinste wieder so süffisant und verrieb das Wässerchen dann in seinem Gesicht.

In Carberrys Dunstkreis begann das große Naserümpfen.

Die Bordhündin Plymmie hob den Kopf, witterte kurz, stieß ein heiseres Knurren aus und verschwand mit eingezogenem Schwanz hinter dem Schott der Kombüse. Sie gab auch noch ein leises Jaulen von sich.

Arwenack, ebenfalls aus seinem Dösen erwacht, zog eine bedenkliche Schnute, begann zu keckern und hüpfte kreischend auf den Planken herum. Ein paarmal umkreiste er den Profos und zog ein Spektakel ab, bis er aufs Achterdeck verholte. Dort erreichte ihn der Duft nicht mehr.

Sir John äugte nur nach unten, aber da er nicht geruchsempfindlich war, interessierte ihn das auch nicht weiter. Er krakeelte erst los, als sich der Profos die Plünnen anzog.

Carberry stolzierte einmal in die Runde, damit auch jeder etwas von dem köstlichen Duft abkriegte. Die meisten zuckten zurück, wenn er sich näherte.

Das Zeug roch durchdringend, jeden anderen Duft überlagernder Jasmin aus dem Orient und so intensiv, daß man für das kleine Fläschchen etliche Jasminsträucher geopfert hatte.

„Er duftet wie eine alte Schwuchtel“, sagte Matt Davies erschüttert. „Mit diesem Mief wird er sich seine ganze Wiedergeburt verderben.“

Die Kerle wieherten vor Vergnügen.

Hasard hatte die Arme vor der Brust verschränkt und sah gelassen zu, wie der Profos wieder mal den Mittelpunkt markierte, um den sich alles drehte.

Er grinste zwar belustigt, wie Don Juan und ein paar andere auch, aber er ließ den Profos gewähren, denn der hatte wohl rein instinktiv genau das Richtige getan. Die Inder sahen das alles mit ganz anderen Augen als die Arwenacks. Hasard war nur gespannt, ob es wirklich stimmte, daß man ihn holen wollte.

Unterdessen zog der Profos weiterhin seine Schau ab, ohne sich um hämische oder bissige Kommentare zu kümmern. Vor den Augen der staunenden Seewölfe fand eine Verwandlung statt, die wiederum zu Heiterkeitsausbrüchen führte.

Carberry wickelte sehr geschickt einen vier Yards langen, schneeweißen Turban um seinen Schädel und steckte das Gebilde mit einer silberglänzenden Nadel zusammen. Erstaunlicherweise hielt es, während die anderen ihm fassungslos zusahen.

Danach legte er die weißen Beinkleider an und streifte sich eine purpurfarbene Jacke um seine gewaltigen Schultern, die ihm bis auf die Oberschenkel reichte. Zum Schluß waren die „Themsekähne“ an der Reihe – aus weichem Leder gefertigte Sandalen, die allerdings reichlich groß ausfielen.

Böse Arwenack-Zungen behaupteten, daß es in ganz Indien kein Leder mehr gäbe, seit diese Torfkähne für den Profos angefertigt worden waren. Auch das ließ den Carberry kalt. Er hatte nur ein verächtliches Schnauben für derlei Anschuldigungen übrig.

Da stand er nun an Deck, der Profos Edwin Carberry, ein Fremdkörper zwischen den anders gekleideten Arwenacks, und blickte zu der Stelle des Strandes, wo die Vorbereitungen für das große Fest getroffen wurden.

Sie fanden ihn schon imponierend, die Mannen, wäre da nur nicht dieser fürchterliche Geruch gewesen, der ihn umwehte und zehn Meilen gegen den warmen Wind seine Anwesenheit verriet.

Lediglich Mac Pellew fand diesen Duft „himmlisch“, wie er immer wieder versicherte.

„Diese Andeutung zarten Jasmins“, schwärmte er dem Profos vor. „Dieser betörende Duft einer sinnlichen Liebesnacht und dieses Odeur des geheimnisvollen Orients lassen die Frauen nur so auf dich fliegen. So ein Wässerchen von edler Kostbarkeit gibt’s nie wieder. Ich möchte nur wissen, wie das hergestellt wird, aber sicher ist das ein gut gehütetes Geheimnis.“

Der Profos fühlte sich geschmeichelt und überhörte auch geflissentlich die Bemerkung von Luke Morgan, der todernst behauptete, das Zeug werde aus faulen Eiern, Hühnermist und Jasmin hergestellt, und man würde das große Kotzen kriegen, wenn es einem nur in die Nase dränge.

Der Kutscher wedelte sich mit der rechten Hand frische Luft zu und ließ sich deutlich anmerken, was er von dem Wässerchen hielt.

Der sonst so ruhige und gelassene Mann regte sich innerlich fürchterlich über den Profos auf, obwohl eigentlich kein Grund dazu bestand. Vielleicht war es das himmlische Odeur, das ihn so aggressiv reagieren ließ. Oder Carberrys großkotziges Getue.

„Was ist, wenn dich keiner abholt?“ fragte er. „Dann stehst du da mit deinem rasierten Amboßkinn und dem betörenden Duft edler, orientalischer Ingredienzen, wie bestellt und nicht abgeholt.“

„Du scheinst dich zu ärgern, Kutscherlein. Oder bist du etwa neidisch? Man holt mich ab. Man sieht in mir die Verkörperung einer hohen Gottheit, und der erweist man seine Ehre.“

„Das ist doch alles Larifari“, sagte der Kutscher. „Du hast einen kleinen Bengel vor dem sicheren Tod gerettet. Das war eine große Tat, die Lob verdient, weil du dabei dein Leben aufs Spiel gesetzt hast. Zufällig war dieser Junge nun ein Prinz, und schon erhebt man großes Geschrei. Was, wenn es ein Paria der untersten Kaste gewesen wäre? Hätte man dich dann auch zum Gott hochstilisiert?“

„Weiß ich nicht“, sagte der Profos. „Aber es ist nun mal so, wie es ist, und du wirst das gefälligst hinnehmen müssen. Ob das Larifari ist oder nicht, entscheidet allein der Maharadscha, und der denkt eben etwas anders darüber als du.“

„Laß ihn, Kutscher“, sagte der Seewolf. „Finde dich damit ab. Du bist doch sonst so weltoffen und aufgeschlossen.“

„Na schön, Sir, dann finde ich mich eben damit ab. Aber ich mag diese Beweihräucherung nicht. Mir erscheint das alles wie ein kitschiges Theaterstück, in dem Ed eine fragwürdige Hauptrolle spielt.“

„Wir profitieren nur davon, daß er den Jungen gerettet hat. Es hat genug Schwierigkeiten gegeben, bis wir endlich Fuß fassen konnten. Aber das weißt du ja selbst.“

Ihr Gespräch wurde unterbrochen, und alle Köpfe wandten sich dem Kai zu, denn dort tat sich wieder etwas.

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 668

Подняться наверх