Читать книгу Der Kaperschiffer vor hundert Jahren - Фредерик Марриет - Страница 5

Drittes Kapitel.

Оглавление

Wir werden an Bord des Rache eingesendet und mit grosser Grausamkeit behandelt — später durch einen Kaper wieder genommen und an den Franzosen gerächt. — Ich komme nach dem Hospital in Port Royal, wo ich die französische Dame wieder treffe. — Ihre wilde Freude über meinen Zustand. — Sie wird von einem meiner Kameraden gezüchtigt.

Als ich wieder zur Besinnung kam, lag ich vollkommen nackt auf dem Boden und litt schwere Schmerzen. Mein rechter Arm war zerbrochen, und durch den Sturz meine Schulter sehr beschädigt; auch hatte ich während des Gefechts drei Säbelhiebe erhalten, und in Folge davon so viel Blut verloren, dass ich nicht Kraft genug besass, um mich aufzurichten oder irgend etwas für mich zu thun. Aechzend lag ich auf dem Ballast des Schiffs und machte mir von Zeit zu Zeit Gedanken über die Erlebnisse des Kampfs, über den Tod unseres wackern Führers, über den Verlust unseres Schiffs, über das traurige Geschick so vieler meiner Kameraden, und über unsere Gefangenschaft. Nach einiger Zeit kam in Folge Befehls von Seiten des französischen Kommandeurs der Wundarzt herunter, um nach meinen Verletzungen zu sehen. Er behandelte mich mit der grössten Grausamkeit, und als er mein zerbrochenes Glied umherzerrte, konnte ich mich des Schmerzrufes nicht erwehren. Er zwang mich jedoch durch Schläge und Flüche zum Schweigen, indem er zugleich den artigen Wunsch beifügte, wenn ich doch lieber meinen schurkischen Hals gebrochen hätte, als dass er da bemüht werden müsse, zu mir herunter zu kommen und mich zu verbinden. Indess erfüllte er doch diese Pflicht aus Furcht vor seinem Kapitän, von dem er wohl wusste, dass er nicht säumen würde, die Runde zu machen, um nachzusehen, ob seine Befehle vollzogen seien; ehe er mich aber verliess, versetzte er mir noch zum Andenken einen Stoss in die Rippen. Bald nachher trennten sich die Schiffe. Vier von uns, die am schwersten verwundet waren, wurden in der Rache gelassen, welche einen Offizier und zwanzig Franzosen zur Bemannung erhielt. Sie hatten die Weisung, die Prise nach Port-au-Paix zu bringen. Unsere übrigen Leute kamen an Bord des französischen Kapers, welcher mit denselben weiter segelte, um ein gewinnreicheres Abenteuer aufzusuchen.

Etwa eine Stunde, nachdem unser Schiff unter Segel gebracht worden war, blickte der Offizier, der das Kommando führte, durch die Lucke hinunter, und als er meinen kläglichen nackten Zustand bemerkte, warf er mir ein paar Hosen zu, welche seinen Leuten zu schlecht gewesen waren; desgleichen fand ich im Schiffsraum ein zerlumptes gestreiftes Hemd. Aus diesen zwei Kleidungsstücken nebst einem Stückchen alten Taus, welches ich als Schlinge für meinen zerbrochenen Arm um den Hals trag, bestand meine ganze Garderobe. Abends half ich mir nach dem Deck hinauf, um mich in der Luft ein wenig zu erholen. Der Seewind kühlte meinen fiebrischen Leib und stellte mich einigermassen her.

In diesem Zustand verblieben wir mehrere Tage — gequält von Schmerz, vielleicht aber noch mehr durch die Unverschämtheit und Prahlsucht der Franzosen, die ihres Triumphirens und Selbstlobens kein Ende wussten. Unter denen, welche der Prise zugetheilt waren, befanden sich Zwei, von denen der Eine meine Uhr, der Andere meinen Ring hatte; der Erstere pflegte mir seine Beute grinsend vorzuhalten und mich zu fragen, ob Monsieur zu wissen wünsche, wie viel Uhr es sei, während der Andere mit dem Ringe Parade machte und mir bedeutete, sein Liebchen werde ihn ganz besonders schätzen, wenn sie erfahre, dass er einem besiegten Engländer abgenommen worden sei. So ging es jeden Tag, und ich musste ihre Stichelreden hinnehmen, ohne dass ich ein Wort der Erwiederung wagen durfte.

Am eilften Tage nach unserer Niederlage, als wir bereits in der Nähe von Port-au-Paix standen und noch vor Einbruch der Nacht Anker werfen zu können glaubten, bemerkten wir eine grosse Hast und Verwirrung auf dem Deck. Die Franzosen zogen augenscheinlich alles nur thunliche Tuch auf, und als wir sie bald nachher ihre Sternkanonen abfeuern hörten, wurde uns klar, dass unser Schiff einen Verfolger gefunden hatte. Entzückt über die Aussicht einer baldigen Erlösung brachen wir in ein dreimaliges Hurrah aus. Die Franzosen drohten uns zwar von dem Deck aus mit einem Kugelgrusse; aber wir wussten wohl, dass sie dies nicht wagen durften, weil die Rache im Gefecht so verkrüppelt worden war, dass sie unmöglich so viele Segel aufbringen konnten, um ein Entkommen möglich zu machen. Da ausserdem ihre Bemannung an Bord viel zu schwach war, um im Falle des Eingeholtwerdens Widerstand leisten zu können, so kehrten wir uns nicht an ihr Drohen, sondern fuhren in unserem Jubel fort. Endlich hörten wir Kanonen abfeuern und die Kugeln über dem Schiff hinzischen, während zugleich ein Paar in unseren Rumpf einschlugen. Bald nachher traf uns eine volle Lage, und die Franzosen strichen jetzt die Flagge. Wir gewannen dadurch die Befriedigung, dass alle diese Prahlhanse in den Raum hinunter getrieben wurden, um unsere Plätze einzunehmen. Jetzt kam an sie die Reihe, niedergeschlagen und kleinmüthig zu sein, während wir uns dem Uebermaasse unserer Freude hingaben. Der Stiel wurde sofort umgedreht und wir nahmen uns die Freiheit, unsre Kleider und unsre sonstigen Habseligkeiten, die sie auf dem Leib oder in ihren Taschen trugen, wieder an uns zu bringen. Ich muss gestehen, dass wir ihnen keine Schonung widerfahren liessen.

„Wie viel Uhr ist’s, Monsieur?“ sagte ich zu dem Kerl, der meine Uhr hatte.

„Zu Euern Diensten, Sir,“ versetzte er, indem er de- und wehmüthig das fragliche Instrument herauszog und es mir einhändigte.

„Danke schön,“ entgegnete ich, die Uhr in Empfang nehmend und ihn mit einem Fusstritt vor den Magen begrüssend, so dass er einknickte und sich im Halbkreis drehte. Ich versetzte ihm sodann einen andern Tritt auf sein Hintertheil, um ihn wieder zu strecken.

„Der Ring, Monsieur, der Eurem Liebchen so werth sein wird?“

„Hier ist er,“ erwiederte der Mensch mit kriechender Geberde.

„Danke, Sir,“ versetzte ich, ihn mit demselben Doppelstoss bekomplimentirend, mit welchem ich seinen Kameraden beehrt hatte. „Sagt Eurem Liebchen, ich schicke ihr dies,“ rief ich, „das heisst wenn Ihr je wieder zu der Mamsell zurückkommt.“

„Hör, Bruder,“ rief Einer unserer Leute, „ich möchte dich um die Jacke bemühen, die du mir letzthin abgeborgt hast. Zum Entgelt dafür magst du in diese paar eiserne Strumpfbänder schlüpfen (er hielt ihm dabei die Fussschellen hin), die du um meinetwillen tragen musst. Ich denke, sie werden dir gut passen.“

„Monsieur,“ rief ein Anderer, „meine Perücke da passt nicht zu deiner Hautfarbe; du musst also wohl so gut sein, sie mir zurückzugeben. ’s wäre Schade, wenn ein Gesicht, wie das deinige, durch solche Locken entstellt würde. Und weil du doch eben daran bist, so werde ichs dir Dank wissen, wenn du dich ganz und gar auskleidest. Ich denke deine Gewandung wird mir passen, denn sie ist ohnehin viel zu hell für einen Gefangenen.“

„Durch Eure Menschenfreundlichkeit blieb ich kürzlich nackt liegen,“ sagte ich zu einem Andern, der gut und schmuck herausgeputzt war. „Ihr werdet so gut sein, Euch bis auf die Haut abzustreifen, oder wenn ich hinter Euch komme, soll Euch nicht einmal die Haut übrig bleiben.“

Und ich begann mit meinem Messer seine Ohren zu bearbeiten, als ob ich im Begriff sei, meinen Worten Kraft zu geben.

Dieser Zug fiel für mich doppelt glücklich aus, denn ich fand in seinem Gurt ungefähr zwanzig Dublonen. Er hätte sich sein Geld gar gerne gerettet, und hielt damit zäh an sich; aber nachdem ich ihm mein Messer einen halben Zoll tief in die Seite gesteckt hatte, überantwortete er mir die Prise. Sobald wir die Franzosen ausgeplündert und alle ihre Kleider an uns gebracht hatten, begannen wir sie mit Fusstritten zu bearbeiten, ein Geschäft, welches wir eine halbe Stunde lang mit so eifriger Wirksamkeit verfolgten, dass sie alle zu Hauf stöhnend auf dem Ballast liegen blieben. Dann verfügten wir uns nach dem Deck hinauf.

Der Kaper, welcher uns wieder genommen hatte, war der Held von New Providence. Die Franzosen wurden herausgenommen und einige unserer Landsleute auf die Rache gesetzt, um uns nach Port Royal zu bringen; denn da wir verwundet waren und nicht Lust hattten uns der Mannschaft des Helden anzuschliessen, so durften wir an Bord bleiben. Zu Port Royal angelangt, wurde uns gestattet, uns in dem königlichen Hospital ausheilen zu lassen. Als ich nach dem mir zugewiesenen Saale die Treppe hinaufging, traf ich auf die französische Dame, deren Gatten ich getödtet hatte, und die ihren noch immer kranken Sohn in dem Hospital verpflegte. Trotz meines sehr veränderten Aussehens erkannte sie mich augenblicklich wieder, und wie sie meine Blässe und Abgezehrtheit, wie auch den Arm in der Schlinge bemerkte, fiel sie auf die Knie nieder, um mit lauter Stimme Gott zu danken, dass er einen Theil des Elendes, welches wir über sie gebracht, unsern eigenen Häuptern zugewendet habe. Sie war höchlich entzückt, als sie vernahm, wie Viele der Unsrigen in dem mörderischen Kampfe erschlagen wurden, und freute sich sogar über den Tod des armen Kapitän Weatherall, was ich für sehr unchristlich hielt, da derselbe sich aufs Wohlwollendste und Rücksichtsvollste gegen sie benommen hatte.

Es fügte sich, dass ich nicht nur in denselben Saal, sondern auch neben ihren Sohn zu liegen kam; denn ich musste das Bett suchen, da mir die freudige Aufregung über die Wiedereroberung unseres Schiffs und die Anstrengung, welche mich die Zerarbeitung der Franzosen gekostet hatte, schlecht bekommen waren. In Folge davon erlag ich einem Fieber, das mir bitter zusetzte; die Frauensperson aber freute sich über meinen Schmerz und verhöhnte mein Stöhnen, bis ihr endlich der Wundarzt bedeutete, sie habe es als grosse Gunst zu betrachten, dass ihr Sohn, statt in’s Gefängniss, nach dem Hospital gebracht worden sei; wenn sie sich daher nicht schicklicher benehmen wolle, so werde er Befehl ertheilen, dass sie in Zukunft nicht mehr zugelassen werde. Ueberhaupt solle sie sich fürderhin nicht mehr unterstehen, leidende Mitmenschen in dieser Weise zu quälen, und bei der ersten Beschwerde von meiner Seite werde er Sorge dafür tragen, dass ihr Sohn nach dem Gefängniss gebracht werde, um daselbst seine Kur zu vollenden. Dies brachte sie zur Besinnung. Sie bat um Verzeihung und versprach keinen Anstoss mehr zu geben, hielt aber nur für ein paar Tage Wort; denn als der Wundarzt bei Gelegenheit des Verbandes einen Knochensplitter aus meiner Wunde nehmen musste und ich vor Schmerzen laut hinausschrie, lachte sie hellauf. Diese Rohheit brachte einen meiner Kameraden in hohem Grade auf. Da er sich aber nicht an ihr selbst vergreifen wollte, sondern wohl wusste, wie er sie noch schlimmer verwunden konnte, so zerklopfte er mit der Faust den Kopf ihres im Bett liegenden Sohnes dermassen, dass die kaum verharrschte Wunde wieder aufging.

„Da gibts einen Schmerz, über den du auch lachen kannst, du verteufelte Französin,“ rief er.

Und wohl hatte er Recht, denn der arme junge Mensch musste die Ungezogenheit seiner Mutter mit dem Leben büssen.

Der Wundarzt war sehr zornig über den Uebelthäter, erklärte jedoch der Französin, als sie schluchzend an der Seite ihres Sohnes kniete, sie habe durch ihren eigenen Unverstand und ihre Grausamkeit sich und ihm dieses Loos zugezogen. Ob sie dies einsah, oder ob sie eine Wiederholung fürchtete, weiss ich nicht; so viel aber ist gewiss, dass sie mich nicht mehr quälte. Ja, ich glaube sogar, dass sie im Gegentheil bitterlich litt, als sie bemerkte, dass es mit mir rasch der Besserung zuging, während die ihres Sohnes gar nicht vorwärts rücken wollte. Endlich waren meine Beschädigungen geheilt und ich verliess den Spital mit der Hoffnung, sie nie wieder zu sehen.

Der Kaperschiffer vor hundert Jahren

Подняться наверх