Читать книгу Runter vom Sofa! - Friedrich Hainbuch - Страница 8
Was macht „Bewegung“ mit unserem Körper?
ОглавлениеAls körperliche Aktivität wird eigentlich immer jede Körperbewegung bezeichnet, die mit einer Muskelkontraktion verbunden ist und bei der der Energieverbrauch höher als im Ruhezustand ist. Diese breitgefasste Sicht auf körperliche Aktivitäten bezieht sich auf zahlreiche Formen, sei es körperliche Betätigung in der Freizeit einschließlich der meisten Bewegungs- und Sportarten, berufliche körperliche Aktivität, Bewegung im häuslichen Umfeld und/oder im Bereich des Straßenverkehrs.
Unser genetisches, evolutionäres Erbe sieht so aus: Unsere steinzeitlichen Vorfahren mussten gewaltige Strecken zu Fuß gehen, um zu jagen und zu sammeln. Deshalb sind alle biologischen Systeme im menschlichen Körper auf die Beanspruchung durch Bewegung ausgerichtet. Dementsprechend haben Menschen, die diesem evolutionären Erbe folgen und sich regelmäßig und ausreichend bewegen, auch eine höhere Lebenserwartung. Das heißt, körperliche Aktivität, Gesundheit und Lebensqualität stehen in einem engen Zusammenhang. Unser Körper benötigt daher regelmäßige körperliche Aktivität, um optimal zu funktionieren und gesund zu bleiben. Es gibt erdrückende Erkenntnisse darüber, dass eine sitzende Lebensweise ein Risikofaktor für die Entstehung zahlreicher chronischer Krankheiten ist, einschließlich Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die in der westlichen Welt zu den Haupttodesursachen zählen.
Nicht weniger wichtig als diese allgemeine Erkenntnis für die Zukunft allerdings ist doch: Eine aktive Lebensweise bringt zudem viele andere soziale und psychologische Vorteile mit sich. Menschen mit überwiegend sitzender Lebensweise, die ihre körperliche Betätigung erhöhen, berichten über eine Stärkung des körperlichen und geistigen Wohlbefindens und eine Zunahme der Lebensqualität.
Verschreiben Sie sich selbst mehr Bewegung – sie wirkt sich immer positiv auf Ihr Wohlbefinden aus. Egal, wie alt Sie sind: Für einen Anfang ist es nie zu spät! Jeder Schritt zählt!
Körperliche Aktivität ist das einzige „Medikament“, das völlig kostenlos, aber nicht folgenlos ist, das nicht auf Rezept verschrieben wird, sondern das Sie sich selbst verordnen können. Und es hilft, garantiert. übrigens: Ganz gleich, wie alt Sie sind, beginnen Sie jetzt. Es hat enorme positive Auswirkungen, auch wenn Sie erst im hohen Alter damit beginnen. Das ist in wissenschaftlichen Studien belegt. Für einen Anfang ist es nie zu spät!
Die Lebensabläufe im Körper sind teilweise komplexe, hochkomplizierte, ineinander verzahnte und sich gegenseitig bedingende Prozesse, die Sie allesamt mit dem Beginn einer körperlichen Aktivität ankurbeln und zum Besseren wenden können. Und zwar sofort.
Unmittelbar nach der Aufnahme körperlicher Aktivität starten im Körper mehrere biologische Prozesse: Schon mit den ersten Schritten beginnen wir Kalorien zu verbrennen. Der Stoffwechsel wird angekurbelt und verändert sich: Nährstoffe werden besser verarbeitet, die Energiebilanz ändert sich. Der Körper stellt von Zucker- auf Fettverbrennung um.
Durch körperliche Aktivität nehmen Sie langfristig ab. Erstens verbrauchen Sie durch mehr Bewegung mehr Energie. Zweitens bauen Sie Muskelmasse auf und Fettpolster ab. Und mehr Muskeln lassen drittens den Grundumsatz steigen, da Muskulatur auch in Ruhe mehr Energie verbraucht als Fettpölsterchen. Wichtig: Achten Sie gleichzeitig darauf, nicht mehr Kalorien zu essen, als Sie verbrennen, besonders, wenn Sie abnehmen wollen. Es liegt auf der Hand: Wer sich mehr bewegt und dadurch mehr Kalorien verbrennt, kann entweder dem wachsenden Appetit nachgeben und seine Nahrungszufuhr anpassen – dann bleibt das Gewicht in etwa gleich. Oder man bewegt sich mehr, nimmt aber die gleiche Menge an Kalorien zu sich: Man nimmt ab.
Regelmäßige Aktivitäten senken den Blutzuckerspiegel. Sind die Muskeln im Einsatz, benötigen sie Energie in Form von Glukose, also Zucker, oder freien Fettsäuren. Der Körper stellt diese Energieträger bereit. Das Hormon Insulin schleust die Glukose in die Muskelzellen. Auf diese Weise kann Bewegung vor Diabetes schützen. Wer bereits daran erkrankt ist, profitiert ebenfalls: Durch die Zuckerkrankheit werden die Körperzellen weniger empfindlich auf Insulin, es bildet sich eine Insulinresistenz. Die begonnene Bewegung macht die Zellen wieder empfänglicher für das Insulin. Und die Glukose gelangt aus dem Blut in die Zellen.
Wichtig: Diabetiker sollten sich vorab vom Arzt beraten lassen, welches Bewegungspensum für sie geeignet ist und was sie dabei beachten sollten.
Durch körperliches Training beeinflussen Sie Ihre Blutfettwerte günstig. Die Zahl der Triglyzeride sinkt, ebenso wie das „schlechte“ LDL-Cholesterin. Im Gegensatz dazu steigt das „gute“ HDL-Cholesterin an. Hohe LDL- und Triglyzeridkonzentrationen im Blut gelten als Risiko für eine Arterienverkalkung. HDL-Cholesterin schützt dagegen Ihre Gefäße.
Insbesondere auch kleine, ausdauernde, kontinuierliche Aktivitäten bringen Herz und Gefäße auf Trab. Mit der Zeit vergrößert sich der Herzmuskel und befördert pro Schlag mehr Blut in den Kreislauf. Dadurch muss das Herz weniger arbeiten und kann langsamer schlagen. Das Risiko für gefährliche Herzkrankheiten nimmt ab. Gleichzeitig sinkt die Gefahr von Ablagerungen und Gerinnseln. Die Gefäße bleiben dadurch elastischer und dehnbarer.
Schon nach wenigen Wochen ist das Herz deutlich gestärkt, der Herzmuskel besser durchblutet. Die roten Blutkörperchen haben zugenommen, der Ruhepuls ist gesunken. Zu hoher Blutdruck und Blutzucker haben sich normalisiert: Bewegung beugt Herz-Kreislauf-Erkrankungen vor und senkt das Rückfallrisiko nach einem Infarkt. Auch das Immunsystem hat auf das Training reagiert: Die Zahl der Abwehrzellen ist gestiegen, Infekte werden vom Körper besser abgewehrt, wir erkälten uns weniger.
Kontinuierliche Bewegung lässt auf Dauer den Blutdruck sinken. Unter anderem werden die Gefäßwände elastischer und erweitern sich. Auch der trainierte Herzmuskel spielt dabei eine Rolle. Der Effekt macht sich vor allem bei Menschen bemerkbar, die einen erhöhten Blutdruck haben.
Aber mit Bedacht: Sie sollten stets vorab mit dem Arzt klären, wie viel Bewegung und welche Art der körperlichen Aktivität sinnvoll sind und Ihnen guttut, damit sie nicht schaden.
Wenn Sie sich mehr bewegen, bildet der Körper langsam, aber sicher mehr Muskeln. Diese umgeben auch die Gelenke, beispielsweise das Knie. Da Muskeln das Gelenk stabilisieren und entlasten, beugt Bewegung Gelenkbeschwerden vor. Außerdem stärkt Sport die Sehnen und Bänder, die ebenfalls stützend auf das Skelettsystem wirken. In den Muskeln beginnt der Ausbau des Zubringersystems, der Kapillaren. Das sind feine Blutgefäße, die Nährstoffe direkt in die Muskelfaserzellen transportieren: Die Muskelzellen beginnen zu wachsen. In jeder Zelle steckt ein kleines Kraftwerk, die sogenannten Mitochondrien. Sie verarbeiten zugeführte Nährstoffe und produzieren dabei Energie, die Ihre Bewegungsbilanz verbessert.
Körperliche Aktivität bewirkt also, dass Sie mehr Muskelmasse aufbauen. Insbesondere dann, wenn Sie sie mit Regelmäßigkeit ausführen oder die Intensität steigern. Auf diese Weise werden Sie und Ihr Muskelsystem belastungs- und leistungsfähiger und verbessern die funktionellen Fähigkeiten. Ihre Kräfte bleiben erhalten und das Gleichgewicht zur Durchführung alltäglicher Aktivitäten wird gesteigert. Im englischen Sprachraum gibt es dafür den Begriff „Activities for daily living“ (ADL). Bei erheblich älteren Menschen besteht durch Bewegung ein geringeres Sturzrisiko, und es werden chronische Erkrankungen im Zusammenhang mit dem Älterwerden entweder verzögert oder auch ganz vermieden.
Gehen Sie nach draußen und lassen Sie sich mal den Wind um die Nase wehen: Die frische Luft macht Ihren Kopf frei und sorgt für neue Ideen!
Auch das Gehirn profitiert von Ihrer begonnenen Aktivität. Durchblutung und Sauerstoffversorgung werden verbessert, das Nervenwachstum angeregt: Neue Nervenbahnen entstehen, Gedächtnisleistung, Konzentrationsfähigkeit und Kreativität steigen.
Beim Training auf dem Fahrradergometer mit 100 Watt (im Vergleich mit 25 Watt zum Beispiel) ist das Durchblutungsverhalten des Gehirns im Frontallappen und Temporallappen mehr als doppelt so hoch, in den anderen Gehirnarealen auch noch wesentlich höher, wie man schon vor einigen Jahren im Institut für Kreislaufforschung und Sportmedizin an der Deutschen Sporthochschule in Köln festgestellt hat. Ein Grund mehr, dass Sie Ihr Gehirn mit Sauerstoff mal richtig durchpusten. Es wirkt Wunder und Sie werden sich wundern, was da alles noch in Ihrem Kopf vor sich hin schlummerte und auch plötzlich in Bewegung kommt!
Regelmäßige Bewegung verhindert, dass die Knochen instabiler werden. Ja, die Knochenmasse nimmt zu und verdichtet sich – ein Schutz vor Osteoporose.
Bei Osteoporose (Knochenschwund, eine Knochenstoffwechselstörung) ist zur Therapie Bewegung unbedingt empfehlenswert, da körperliche Aktivität den Verlauf dieser Störung positiv beeinflussen kann und eine bedeutende Rolle für den Aufbau und Erhalt der Knochenqualität und -masse spielt. Der Grund: Während Sie sich bewegen, üben Muskelzug und Schwerkraft mechanische Reize auf den Knochen aus, das heißt, am Knochen erfolgt sozusagen ein Zerren und Ziehen. Der Knochen reagiert auf diese Reize: Der Knochenstoffwechsel wird angeregt, es bilden sich neue Knochenzellen. Daher haben bewegungsaktive Menschen seltener Osteoporose.
Aus Laborversuchen wissen Forscher, dass Bewegung das Immunsystem stärkt, indem es die Aktivität bestimmter Immunzellen verändert. Dieser Effekt macht sich vor allem bemerkbar, wenn Sie sich mit mittlerer Intensität bewegen. Überfordern Sie Ihren Körper vor lauter Begeisterung gleich, schwächt dies Ihre Abwehrkräfte und Sie schaden sich somit selbst.
Es wird Sie kaum überraschen: Bei körperlicher Aktivität benötigt Ihr Körper mehr Sauerstoff, die Lunge muss intensiver arbeiten. Auf Dauer passt sich das Atemorgan an: Über die Bronchien gelangt der Sauerstoff konzentrierter, in größerer Menge und effektiver ins Blut, die Lungenmuskulatur wird kräftiger und kann wesentlich ökonomischer arbeiten.
Wer sich regelmäßig bewegt, bringt die Verdauung in Schwung, beugt somit Verstopfungen vor und trägt zur Regulierung der Darmtätigkeit bei.
Außerdem tragen Sie ein geringeres Risiko für bestimmte Krebserkrankungen, wie zum Beispiel Darm-, Prostata- und Brustkrebs.
EXTRATIPP:
Sie sitzen doch gern am Computer? Dann machen Sie ihn zu Ihrem Gehilfen: Geben Sie mal in eine Suchmaschine „, Ich-beweg-mich‘-Community“ ein. Auf dieser Online-Plattform können Sie sich mit Gleichgesinnten austauschen und Expertenrat einholen. Ein Fitnesstest verrät Ihnen, wie es um Ihre Kraft, Ausdauer und Beweglichkeit bestellt ist. Die Anmeldung und sämtliche Angebote der Community sind selbstverständlich kostenlos.
Mehr Bewegung geht ganz nebenbei: Stellen Sie sich einfach mal auf die Fußspitzen, nehmen Sie statt des Aufzugs die Treppe oder sprechen Sie persönlich mit Ihren Kollegen, anstatt am Schreibtisch sitzen zu bleiben und ihnen eine Mail zu schreiben.
Fangen Sie „klein“ an: Bewegung bedarf keines zusätzlichen Zeitaufwandes, stellen Sie sich beim Zähneputzen einfach einmal auf die Zehen, dann auf die Fersen – auf diese Art und Weise werfen Sie Ihre Venenpumpe an. Oder: Gehen Sie abwechselnd auf dem linken, dann auf dem rechten Bein in den Ein-Bein-Stand vor dem Badspiegel, das schult Ihre beiden Gehirnhälften.
Wenn Sie den Tag schon so begonnen haben, ein weiterer Tipp: Nutzen Sie so oft es möglich ist nicht den Aufzug, sondern das Treppenhaus. Besorgen Sie sich einen Schrittzähler, stellen Sie diesen nach der Gebrauchsanweisung individuell auf Ihre Schrittlänge ein und versuchen Sie, die erreichte Schrittzahl täglich langsam zu steigern, zunächst „nur“ mit alltäglichen Bewegungen für Ihre üblichen Besorgungen: Zu Fuß zum Briefkasten, zum benachbarten Bäcker/Metzger, Wechsel zu einzelnen Büro- und Hoteletagen und so weiter.
Und noch ein Tipp: Statt dem Kollegen oder der Kollegin eine Mail im eigenen Büro zu schicken, erheben Sie sich vom Bürostuhl und überbringen Sie Ihre Nachricht mündlich. Es wirkt: Sie haben Augen-und-Ohrenkontakt und können aus den Reaktionen schon einschätzen, wie Ihre Nachricht ankommt. Wenn Sie sich so verhalten, sind Sie gleichzeitig sowohl bewegt als auch viel kommunikativer.
Wenn Sie diese kleinen Veränderungen institutionalisiert haben, dann gehen Sie einen Schritt weiter: Gehen Sie auf die Suche und probieren Sie verschiedene gesunde körperliche Betätigungen aus – zum Beispiel Wandern, Radfahren, auch Tanzen (trainiert Muskeln, Gleichgewicht, beide Hirnhälften, steigert die Sauerstoffzufuhr und trainiert das Herz und die Gefäße) oder Gartenarbeit (Bewegung, körperliche Anstrengung an der frischen Luft und Sie ernten schöne Nebeneffekte: duftende Blumen, Obst, Gemüse).
Sie können sich nun schon mit diesen teilweise einfachen „Mitteln“ etwas Gutes tun. Geht es Ihnen aber nicht so gut oder sind Sie krank, werden Sie fast immer gefragt: „Was fehlt dir?“ Und dann erzählen Sie, welche Symptome Sie quälen oder welche Erkrankung Sie plagt. Damit ist jedoch die Frage nicht beantwortet. Symptome und Krankheiten sind keine Dinge, die einem fehlen, es sind keine Mängel, sondern lediglich die Folgen eines Mangels. Was aber verbirgt sich hinter diesem Mangel? Was ist es, was Ihnen als Erkranktem tatsächlich fehlt? Könnten Sie sich mit dem Gedanken anfreunden, dass Ihr physisches und psychisches Gleichgewicht aus den Fugen geraten ist und Sie sich nun in einem Zustand des Ungleichgewichtes eben durch diese Mängel befinden? Was bedeutet das nun? Und wie können Sie diesen Mangel beheben?
Das wollen wir uns im nächsten Abschnitt etwas näher anschauen.