Читать книгу Gesammelte Dramen: Die Braut von Messina oder die feindlichen Brüder • Die Jungfrau von Orleans • Die Räuber • Die Ve... - Friedrich von Schiller, Friedrich Schiller - Страница 27
Zweiter Auftritt
ОглавлениеKönigin Isabeau von einem Pagen begleitet zu den Vorigen.
ISABEAU.
Was muß ich hören, Feldherrn! Haltet ein!
Was für ein hirnverrückender Planet
Verwirrt euch also die gesunden Sinne?
Jetzt, da euch Eintracht nur erhalten kann,
Wollt ihr in Haß euch trennen und euch selbst
Befehdend euren Untergang bereiten?
– Ich bitt Euch, edler Herzog. Ruft den raschen
Befehl zurück. – Und Ihr, ruhmvoller Talbot,
Besänftiget den aufgebrachten Freund!
Kommt, Lionel, helft mir die stolzen Geister
Zufriedensprechen und Versöhnung stiften.
LIONEL.
Ich nicht, Mylady. Mir ist alles gleich.
Ich denke so: was nicht zusammen kann
Bestehen, tut am besten sich zu lösen.
ISABEAU.
Wie? Wirkt der Hölle Gaukelkunst, die uns
Im Treffen so verderblich war, auch hier
Noch fort uns sinnverwirrend zu betören?
Wer fing den Zank an? Redet! – Edler Lord!
Zu Talbot.
Seid Ihrs, der seines Vorteils so vergaß,
Den werten Bundsgenossen zu verletzen?
Was wollt Ihr schaffen ohne diesen Arm?
Er baute Eurem König seinen Thron,
Er hält ihn noch und stürzt ihn, wenn er will,
Sein Heer verstärkt Euch und noch mehr sein Name.
Ganz England, strömt' es alle seine Bürger
Auf unsre Küsten aus, vermöchte nicht
Dies Reich zu zwingen, wenn es einig ist,
Nur Frankreich konnte Frankreich überwinden.
TALBOT.
Wir wissen den getreuen Freund zu ehren.
Dem falschen wehren ist der Klugheit Pflicht.
BURGUND.
Wer treulos sich des Dankes will entschlagen,
Dem fehlt des Lügners freche Stirne nicht.
ISABEAU.
Wie, edler Herzog? Könntet Ihr so sehr
Der Scham absagen und der Fürstenehre,
In jene Hand, die Euren Vater mordete,
Die Eurige zu legen? Wärt Ihr rasend
Genug, an eine redliche Versöhnung
Zu glauben mit dem Dauphin, den Ihr selbst
An des Verderbens Rand geschleudert habt?
So nah dem Falle wolltet Ihr ihn halten,
Und Euer Werk wahnsinnig selbst zerstören?
Hier stehen Eure Freunde. Euer Heil
Ruht in dem festen Bunde nur mit England.
BURGUND.
Fern ist mein Sinn vom Frieden mit dem Dauphin,
Doch die Verachtung und den Übermut
Des stolzen Englands kann ich nicht ertragen.
ISABEAU.
Kommt! Haltet ihm ein rasches Wort zugut.
Schwer ist der Kummer, der den Feldherrn drückt,
Und ungerecht, Ihr wißt es, macht das Unglück.
Kommt! Kommt! Umarmt euch, laßt mich diesen Riß
Schnell heilend schließen, eh er ewig wird.
TALBOT.
Was dünket Euch, Burgund? Ein edles Herz
Bekennt sich gern von der Vernunft besiegt.
Die Königin hat ein kluges Wort geredet,
Laßt diesen Händedruck die Wunde heilen,
Die meine Zunge übereilend schlug.
BURGUND.
Madame sprach ein verständig Wort, und mein
Gerechter Zorn weicht der Notwendigkeit.
ISABEAU.
Wohl! So besiegelt den erneuten Bund
Mit einem brüderlichen Kuß und mögen
Die Winde das Gesprochene verwehen.
Burgund und Talbot umarmen sich.
LIONEL betrachtet die Gruppe, für sich.
Glück zu dem Frieden, den die Furie stiftet!
ISABEAU.
Wir haben eine Schlacht verloren, Feldherrn,
Das Glück war uns zuwider, darum aber
Entsink euch nicht der edle Mut. Der Dauphin
Verzweifelt an des Himmels Schutz und ruft
Des Satans Kunst zu Hülfe, doch er habe
Umsonst sich der Verdammnis übergeben,
Und seine Hölle selbst errett ihn nicht.
Ein sieghaft Mädchen führt des Feindes Heer,
Ich will das eure führen, ich will euch
Statt einer Jungfrau und Prophetin sein.
LIONEL.
Madame, geht nach Paris zurück. Wir wollen
Mit guten Waffen, nicht mit Weibern siegen.
TALBOT.
Geht! Geht! Seit Ihr im Lager seid, geht alles
Zurück, kein Segen ist mehr in unsern Waffen.
BURGUND.
Geht! Eure Gegenwart schafft hier nichts Gutes,
Der Krieger nimmt ein Ärgernis an Euch.
ISABEAU sieht einen um den andern erstaunt an.
Ihr auch, Burgund? Ihr nehmet wider mich
Partei mit diesen undankbaren Lords?
BURGUND.
Geht! Der Soldat verliert den guten Mut,
Wenn er für Eure Sache glaubt zu fechten.
ISABEAU.
Ich hab kaum Frieden zwischen euch gestiftet,
So macht ihr schon ein Bündnis wider mich?
TALBOT.
Geht, geht mit Gott, Madame. Wir fürchten uns
Vor keinem Teufel mehr, sobald Ihr wegseid.
ISABEAU.
Bin ich nicht eure treue Bundsgenossin?
Ist eure Sache nicht die meinige?
TALBOT.
Doch Eure nicht die unsrige. Wir sind
In einem ehrlich guten Streit begriffen.
BURGUND.
Ich räche eines Vaters blutgen Mord,
Die fromme Sohnspflicht heiligt meine Waffen.
TALBOT.
Doch gradheraus! Was Ihr am Dauphin tut,
Ist weder menschlich gut, noch göttlich recht.
ISABEAU.
Fluch soll ihn treffen bis ins zehnte Glied!
Er hat gefrevelt an dem Haupt der Mutter.
BURGUND.
Er rächte einen Vater und Gemahl.
ISABEAU.
Er warf sich auf zum Richter meiner Sitten!
LIONEL.
Das war unehrerbietig von dem Sohn!
ISABEAU.
In die Verbannung hat er mich geschickt.
TALBOT.
Die öffentliche Stimme zu vollziehn.
ISABEAU.
Fluch treffe mich, wenn ich ihm je vergebe!
Und eh er herrscht in seines Vaters Reich –
TALBOT.
Eh opfert Ihr die Ehre seiner Mutter!
ISABEAU.
Ihr wißt nicht, schwache Seelen,
Was ein beleidigt Mutterherz vermag.
Ich liebe, wer mir Gutes tut, und hasse,
Wer mich verletzt, und ists der eigne Sohn,
Den ich geboren, desto hassenswerter.
Dem ich das Dasein gab, will ich es rauben,
Wenn er mit ruchlos frechem Übermut
Den eignen Schoß verletzt, der ihn getragen.
Ihr die ihr Krieg führt gegen meinen Sohn,
Ihr habt nicht Recht, noch Grund ihn zu berauben.
Was hat der Dauphin Schweres gegen euch
Verschuldet? Welche Pflichten brach er euch?
Euch treibt die Ehrsucht, der gemeine Neid
Ich darf ihn hassen, ich hab ihn geboren.
TALBOT.
Wohl, an der Rache fühlt er seine Mutter!
ISABEAU.
Armselge Gleisner, wie veracht ich euch,
Die ihr euch selbst so wie die Welt belügt!
Ihr Engelländer streckt die Räuberhände
Nach diesem Frankreich aus, wo ihr nicht Recht
Noch gültgen Anspruch habt auf so viel Erde,
Als eines Pferdes Huf bedeckt. – Und dieser Herzog,
Der sich den Guten schelten läßt, verkauft
Sein Vaterland, das Erbreich seiner Ahnen
Dem Reichsfeind und dem fremden Herrn. – Gleichwohl
Ist euch das dritte Wort Gerechtigkeit.
– Die Heuchelei veracht ich. Wie ich bin,
So sehe mich das Aug der Welt.
BURGUND.
Wahr ists!
Den Ruhm habt Ihr mit starkem Geist behauptet.
ISABEAU.
Ich habe Leidenschaften, warmes Blut
Wie eine andre, und ich kam als Königin
In dieses Land, zu leben, nicht zu scheinen.
Sollt ich der Freud absterben, weil der Fluch
Des Schicksals meine lebensfrohe Jugend
Zu dem wahnsinngen Gatten hat gesellt?
Mehr als das Leben lieb ich meine Freiheit,
Und wer mich hier verwundet – Doch warum
Mit euch mich streiten über meine Rechte?
Schwer fließt das dicke Blut in euren Adern,
Ihr kennt nicht das Vergnügen, nur die Wut!
Und dieser Herzog, der sein Lebenlang
Geschwankt hat zwischen Bös und Gut, kann nicht
Von Herzen hassen noch von Herzen lieben.
– Ich geh nach Melun. Gebt mir diesen da,
Auf Lionel zeigend.
Der mir gefällt, zur Kurzweil und Gesellschaft,
Und dann macht, was ihr wollt! Ich frage nichts
Nach den Burgundern noch den Engelländern.
Sie winkt ihrem Pagen und will gehen.
LIONEL.
Verlaßt Euch drauf. Die schönsten Frankenknaben,
Die wir erbeuten, schicken wir nach Melun.
ISABEAU zurückkommend.
Wohl taugt ihr, mir dem Schwerte dreinzuschlagen,
Der Franke nur weiß Zierliches zu sagen.
Sie geht ab.