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Vierter Auftritt

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Johanna zu den Vorigen. Sie ist im Harnisch, aber ohne Helm, und trägt einen Kranz in den Haaren.

KARL.

Du kommst als Priesterin geschmückt, Johanna,

Den Bund, den du gestiftet, einzuweihn?

BURGUND.

Wie schrecklich war die Jungfrau in der Schlacht,

Und wie umstrahlt mit Anmut sie der Friede!

– Hab ich mein Wort gelöst, Johanna? Bist du

Befriedigt und verdien ich deinen Beifall?

JOHANNA.

Dir selbst hast du die größte Gunst erzeigt.

Jetzt schimmerst du in segenvollem Licht,

Da du vorhin in blutrotdüsterm Schein

Ein Schreckensmond an diesem Himmel hingst.

Sich umschauend.

Viel edle Ritter find ich hier versammelt

Und alle Augen glänzen freudenhell,

Nur einem Traurigen hab ich begegnet,

Der sich verbergen muß, wo alles jauchzt.

BURGUND.

Und wer ist sich so schwerer Schuld bewußt,

Daß er an unsrer Huld verzweifeln müßte?

JOHANNA.

Darf er sich nahn? O sage, daß ers darf?

Mach dein Verdienst vollkommen. Eine Versöhnung

Ist keine, die das Herz nicht ganz befreit.

Ein Tropfe Haß, der in dem Freudenbecher

Zurückbleibt, macht den Segenstrank zum Gift.

– Kein Unrecht sei so blutig, daß Burgund

An diesem Freudentag es nicht vergebe!

BURGUND.

Ha, ich verstehe dich!

JOHANNA.

Und willst verzeihn?

Du willst es, Herzog? – Komm herein, Du Chatel!

Sie öffnet die Tür und führt Du Chatel herein, dieser bleibt in der Entfernung stehen.

Der Herzog ist mit seinen Feinden allen

Versöhnt, er ist es auch mit dir.

Du Chatel tritt einige Schritte näher und sucht in den Augen des Herzogs zu lesen.

BURGUND.

Was machst du

Aus mir, Johanna? Weißt du, was du foderst?

JOHANNA.

Ein gütger Herr tut seine Pforten auf

Für alle Gäste, keinen schließt er aus;

Frei wie das Firmament die Welt umspannt,

So muß die Gnade Freund und Feind umschließen.

Es schickt die Sonne ihre Strahlen gleich

Nach allen Räumen der Unendlichkeit,

Gleichmessend gießt der Himmel seinen Tau

Auf alle durstenden Gewächse aus.

Was irgend gut ist und von oben kommt,

Ist allgemein und ohne Vorbehalt,

Doch in den Falten wohnt die Finsternis!

BURGUND.

O sie kann mit mir schalten wie sie will,

Mein Herz ist weiches Wachs in ihrer Hand.

– Umarmt mich, Du Chatel! Ich vergeb Euch.

Geist meines Vaters, zürne nicht, wenn ich

Die Hand, die dich getötet, freundlich fasse.

Ihr Todesgötter, rechnet mirs nicht zu,

Daß ich mein schrecklich Rachgelübde breche.

Bei euch dort unten in der ewgen Nacht,

Da schlägt kein Herz mehr, da ist alles ewig,

Steht alles unbeweglich fest – doch anders

Ist es hier oben in der Sonne Licht.

Der Mensch ist, der lebendig fühlende,

Der leichte Raub des mächtgen Augenblicks.

KARL zur Johanna.

Was dank ich dir nicht alles, hohe Jungfrau!

Wie schön hast du dein Wort gelöst!

Wie schnell mein ganzes Schicksal umgewandelt!

Die Freunde hast du mir versöhnt, die Feinde

Mir in den Staub gestürzt, und meine Städte

Dem fremden Joch entrissen – Du allein

Vollbrachtest alles. – Sprich, wie lohn ich dir!

JOHANNA.

Sei immer menschlich, Herr, im Glück, wie dus

Im Unglück warst – und auf der Größe Gipfel

Vergiß nicht, was ein Freund wiegt in der Not,

Du hasts in der Erniedrigung erfahren.

Verweigre nicht Gerechtigkeit und Gnade

Dem letzten deines Volks, denn von der Herde

Berief dir Gott die Retterin – du wirst

Ganz Frankreich sammeln unter deinen Szepter,

Der Ahn- und Stammherr großer Fürsten sein,

Die nach dir kommen, werden heller leuchten,

Als die dir auf dem Thron vorangegangen.

Dein Stamm wird blühn, solang er sich die Liebe

Bewahrt im Herzen seines Volks,

Der Hochmut nur kann ihn zum Falle führen,

Und von den niedern Hütten, wo dir jetzt

Der Retter ausging, droht geheimnisvoll

Den schuldbefleckten Enkeln das Verderben!

BURGUND.

Erleuchtet Mädchen, das der Geist beseelt,

Wenn deine Augen in die Zukunft dringen,

So sprich mir auch von meinem Stamm! Wird er

Sich herrlich breiten wie er angefangen?

JOHANNA.

Burgund! Hoch bis zu Throneshöhe hast

Du deinen Stuhl gesetzt, und höher strebt

Das stolze Herz, es hebt bis in die Wolken

Den kühnen Bau. – Doch eine Hand von oben

Wird seinem Wachstum schleunig Halt gebieten.

Doch fürchte drum nicht deines Hauses Fall!

In einer Jungfrau lebt es glänzend fort,

Und zeptertragende Monarchen, Hirten

Der Völker werden ihrem Schoß entblühn.

Sie werden herrschen auf zwei großen Thronen,

Gesetze schreiben der bekannten Welt

Und einer neuen, welche Gottes Hand

Noch zudeckt hinter unbeschifften Meeren.

KARL.

O sprich, wenn es der Geist dir offenbaret,

Wird dieses Freundesbündnis, das wir jetzt

Erneut, auch noch die späten Enkelsöhne

Vereinigen?

JOHANNA nach einem Stillschweigen.

Ihr Könige und Herrscher!

Fürchtet die Zwietracht! Wecket nicht den Streit

Aus seiner Höhle, wo er schläft, denn einmal

Erwacht bezähmt er spät sich wieder! Enkel

Erzeugt er sich, ein eisernes Geschlecht,

Fortzündet an dem Brande sich der Brand.

– Verlangt nicht mehr zu wissen! Freuet euch

Der Gegenwart, laßt mich die Zukunft still

Bedecken!

SOREL.

Heilig Mädchen, du erforschest

Mein Herz, du weißt, ob es nach Größe eitel strebt,

Auch mir gib ein erfreuliches Orakel.

JOHANNA.

Mir zeigt der Geist nur große Weltgeschicke,

Dein Schicksal ruht in deiner eignen Brust!

DUNOIS.

Was aber wird dein eigen Schicksal sein,

Erhabnes Mädchen, das der Himmel liebt!

Dir blüht gewiß das schönste Glück der Erden,

Da du so fromm und heilig bist.

JOHANNA.

Das Glück

Wohnt droben in dem Schoß des ewgen Vaters.

KARL.

Dein Glück sei fortan deines Königs Sorge!

Denn deinen Namen will ich herrlich machen

In Frankreich, selig preisen sollen dich

Die spätesten Geschlechter – und gleich jetzt

Erfüll ich es. – Knie nieder!

Er zieht das Schwert und berührt sie mit demselben.

Und steh auf

Als eine Edle! Ich erhebe dich,

Dein König, aus dem Staube deiner dunkeln

Geburt – Im Grabe adl ich deine Väter –

Du sollst die Lilie im Wappen tragen,

Den Besten sollst du ebenbürtig sein

In Frankreich, nur das königliche Blut

Von Valois sei edler als das deine!

Der Größte meiner Großen fühle sich

Durch deine Hand geehrt, mein sei die Sorge,

Dich einem edeln Gatten zu vermählen.

DUNOIS tritt vor.

Mein Herz erkor sie, da sie niedrig war,

Die neue Ehre, die ihr Haupt umglänzt,

Erhöht nicht ihr Verdienst, noch meine Liebe.

Hier in dem Angesichte meines Königs

Und dieses heilgen Bischofs reich ich ihr

Die Hand als meiner fürstlichen Gemahlin,

Wenn sie mich würdig hält, sie zu empfangen.

KARL.

Unwiderstehlich Mädchen, du häufst Wunder

Auf Wunder! Ja, nun glaub ich, daß dir nichts

Unmöglich ist. Du hast dies stolze Herz

Bezwungen, das der Liebe Allgewalt

Hohn sprach bis jetzt.

LA HIRE tritt vor.

Johannas schönster Schmuck,

Kenn ich sie recht, ist ihr bescheidnes Herz.

Der Huldigung des Größten ist sie wert,

Doch nie wird sie den Wunsch so hoch erheben.

Sie strebt nicht schwindelnd irdscher Hoheit nach,

Die treue Neigung eines redlichen

Gemüts genügt ihr, und das stille Los,

Das ich mit dieser Hand ihr anerbiete.

KARL.

Auch du, La Hire? Zwei treffliche Bewerber

An Heldentugend gleich und Kriegesruhm!

– Willst du, die meine Feinde mir versöhnt,

Mein Reich vereinigt, mir die liebsten Freunde

Entzwein? Es kann sie einer nur besitzen,

Und jeden acht ich solches Preises wert.

So rede du, dein Herz muß hier entscheiden.

SOREL tritt näher.

Die edle Jungfrau seh ich überrascht

Und ihre Wangen färbt die züchtge Scham.

Man geb ihr Zeit, ihr Herz zu fragen, sich

Der Freundin zu vertrauen und das Siegel

Zu lösen von der fest verschloßnen Brust.

Jetzt ist der Augenblick gekommen, wo

Auch ich der strengen Jungfrau schwesterlich

Mich nahen, ihr den treu verschwiegnen Busen

Darbieten darf. – Man laß uns weiblich erst

Das Weibliche bedenken und erwarte,

Was wir beschließen werden.

KARL im Begriff zu gehen.

Also seis!

JOHANNA.

Nicht also, Sire! Was meine Wangen färbte,

War die Verwirrung nicht der blöden Scham.

Ich habe dieser edeln Frau nichts zu vertraun,

Des ich vor Männern mich zu schämen hätte.

Hoch ehrt mich dieser edeln Ritter Wahl,

Doch nicht verließ ich meine Schäfertrift,

Um weltlich eitle Hoheit zu erjagen,

Noch mir den Brautkranz in das Haar zu flechten,

Legt ich die ehrne Waffenrüstung an.

Berufen bin ich zu ganz anderm Werk,

Die reine Jungfrau nur kann es vollenden.

Ich bin die Kriegerin des höchsten Gottes,

Und keinem Manne kann ich Gattin sein.

ERZBISCHOF.

Dem Manne zur liebenden Gefährtin ist

Das Weib geboren – wenn sie der Natur

Gehorcht, dient sie am würdigsten dem Himmel!

Und hast du dem Befehle deines Gottes,

Der in das Feld dich rief, genuggetan,

So wirst du deine Waffen von dir legen,

Und wiederkehren zu dem sanfteren

Geschlecht, das du verleugnet hast, das nicht

Berufen ist zum blutgen Werk der Waffen.

JOHANNA.

Ehrwürdger Herr, ich weiß noch nicht zu sagen,

Was mir der Geist gebieten wird zu tun;

Doch wenn die Zeit kommt, wird mir seine Stimme

Nicht schweigen, und gehorchen werd ich ihr.

Jetzt aber heißt er mich mein Werk vollenden,

Die Stirne meines Herren ist noch nicht

Gekrönt, das heilge Öl hat seine Scheitel

Noch nicht benetzt, noch heißt mein Herr nicht König.

KARL.

Wir sind begriffen auf dem Weg nach Reims.

JOHANNA.

Laß uns nicht still stehn, denn geschäftig sind

Die Feinde rings, den Weg dir zu verschließen.

Doch mitten durch sie alle führ ich dich!

DUNOIS.

Wenn aber alles wird vollendet sein,

Wenn wir zu Reims nun siegend eingezogen,

Wirst du mir dann vergönnen, heilig Mädchen –

JOHANNA.

Will es der Himmel, daß ich sieggekrönt

Aus diesem Kampf des Todes wiederkehre,

So ist mein Werk vollendet – und die Hirtin

Hat kein Geschäft mehr in des Königs Hause.

KARL ihre Hand fassend.

Dich treibt des Geistes Stimme jetzt, es schweigt

Die Liebe in dem gotterfüllten Busen.

Sie wird nicht immer schweigen, glaube mir!

Die Waffen werden ruhn, es führt der Sieg

Den Frieden an der Hand, dann kehrt die Freude

In jeden Busen ein, und sanftere

Gefühle wachen auf in allen Herzen –

Sie werden auch in deiner Brust erwachen,

Und Tränen süßer Sehnsucht wirst du weinen,

Wie sie dein Auge nie vergoß – dies Herz,

Das jetzt der Himmel ganz erfüllt, wird sich

Zu einem irdschen Freunde liebend wenden –

Jetzt hast du rettend Tausende beglückt,

Und einen zu beglücken wirst du enden!

JOHANNA.

Dauphin! Bist du der göttlichen Erscheinung

Schon müde, daß du ihr Gefäß zerstören,

Die reine Jungfrau, die dir Gott gesendet,

Herab willst ziehn in den gemeinen Staub?

Ihr blinden Herzen! Ihr Kleingläubigen!

Des Himmels Herrlichkeit umleuchtet euch,

Vor eurem Aug enthüllt er seine Wunder,

Und ihr erblickt in mir nichts als ein Weib.

Darf sich ein Weib mit kriegerischem Erz

Umgeben, in die Männerschlacht sich mischen?

Weh mir, wenn ich das Rachschwert meines Gottes

In Händen führte, und im eiteln Herzen

Die Neigung trüge zu dem irdschen Mann!

Mir wäre besser, ich wär nie geboren!

Kein solches Wort mehr, sag ich euch, wenn ihr

Den Geist in mir nicht zürnend wollt entrüsten!

Der Männer Auge schon, das mich begehrt,

Ist mir ein Grauen und Entheiligung.

KARL.

Brecht ab. Es ist umsonst sie zu bewegen.

JOHANNA.

Befiehl, daß man die Kriegstrommete blase!

Mich preßt und ängstigt diese Waffenstille,

Es jagt mich auf aus dieser müßgen Ruh,

Und treibt mich fort, daß ich mein Werk erfülle,

Gebietrisch mahnend meinem Schicksal zu.

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