Читать книгу Gesammelte Dramen: Die Braut von Messina oder die feindlichen Brüder • Die Jungfrau von Orleans • Die Räuber • Die Ve... - Friedrich von Schiller, Friedrich Schiller - Страница 42
Sechster Auftritt
ОглавлениеTalbot auf Fastolf gestützt und von Soldaten begleitet. Gleich darauf Lionel.
TALBOT.
Hier unter diesen Bäumen setzt mich nieder,
Und ihr begebt euch in die Schlacht zurück,
Ich brauche keines Beistands, um zu sterben.
FASTOLF.
O unglückselig jammervoller Tag!
Lionel tritt auf.
Zu welchem Anblick kommt Ihr, Lionel!
Hier liegt der Feldherr auf den Tod verwundet.
LIONEL.
Das wolle Gott nicht! Edler Lord, steht auf!
Jetzt ists nicht Zeit, ermattet hinzusinken.
Weicht nicht dem Tod, gebietet der Natur
Mit Eurem mächtgen Willen, daß sie lebe!
TALBOT.
Umsonst! Der Tag des Schicksals ist gekommen,
Der unsern Thron in Frankreich stürzen soll.
Vergebens in verzweiflungsvollem Kampf
Wagt ich das Letzte noch, ihn abzuwenden.
Vom Stahl dahin geschmettert lieg ich hier,
Um nicht mehr aufzustehn. – Reims ist verloren,
So eilt, Paris zu retten!
LIONEL.
Paris hat sich vertragen mit dem Dauphin,
Soeben bringt ein Eilbot uns die Nachricht.
TALBOT reißt den Verband ab.
So strömet hin, ihr Bäche meines Bluts,
Denn überdrüssig bin ich dieser Sonne!
LIONEL.
Ich kann nicht bleiben. – Fastolf, bringt den Feldherrn
An einen sichern Ort, wir können uns
Nicht lange mehr auf diesem Posten halten.
Die Unsern fliehen schon von allen Seiten,
Unwiderstehlich dringt das Mädchen vor –
TALBOT.
Unsinn, du siegst und ich muß untergehn!
Mit der Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens.
Erhabene Vernunft, lichthelle Tochter
Des göttlichen Hauptes, weise Gründerin
Des Weltgebäudes, Führerin der Sterne,
Wer bist du denn, wenn du dem tollen Roß
Des Aberwitzes an den Schweif gebunden,
Ohnmächtig rufend, mit dem Trunkenen
Dich sehend in den Abgrund stürzen mußt!
Verflucht sei, wer sein Leben an das Große
Und Würdge wendet und bedachte Plane
Mit weisem Geist entwirft! Dem Narrenkönig
Gehört die Welt –
LIONEL.
Mylord! Ihr habt nur noch
Für wenig Augenblicke Leben – denkt
An Euren Schöpfer!
TALBOT.
Wären wir als Tapfre
Durch andre Tapfere besiegt, wir könnten
Uns trösten mit dem allgemeinen Schicksal,
Das immer wechselnd seine Kugel dreht –
Doch solchem groben Gaukelspiel erliegen!
War unser ernstes arbeitvolles Leben
Keines ernsthaftern Ausgangs wert?
LIONEL reicht ihm die Hand.
Mylord, fahrt wohl! Der Tränen schuldgen Zoll
Will ich Euch redlich nach der Schlacht entrichten,
Wenn ich alsdann noch übrig bin. Jetzt aber
Ruft das Geschick mich fort, das auf dem Schlachtfeld
Noch richtend sitzt und seine Lose schüttelt.
Auf Wiedersehn in einer andern Welt,
Kurz ist der Abschied für die lange Freundschaft.
Geht ab.
TALBOT.
Bald ists vorüber und der Erde geb ich,
Der ewgen Sonne die Atome wieder,
Die sich zu Schmerz und Lust in mir gefügt –
Und von dem mächtgen Talbot, der die Welt
Mit seinem Kriegsruhm füllte, bleibt nichts übrig,
Als eine Handvoll leichten Staubs. – So geht
Der Mensch zu Ende – und die einzige
Ausbeute, die wir aus dem Kampf des Lebens
Wegtragen, ist die Einsicht in das Nichts,
Und herzliche Verachtung alles dessen,
Was uns erhaben schien und wünschenswert –