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Am Klima scheiden sich die Geister

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WWF Australien erfand die Earth Hour zur Klimarettung. Am 31. März 2007 zwischen 19.30 Uhr und 20.30 Uhr Ortszeit sollte durch symbolisches Ausschalten von unnötiger Beleuchtung auf Energieverschwendung hingewiesen werden. Auch wenn die Lichter weiter brannten, so ein australischer Zeitzeuge, Sydney Earth-Hour machte weltweit Furore. In Deutschland sind seither einige Städte immer wieder am Earth-Hour-Tag dabei. Ob die Abschaltaktionen geeignet sind, nachhaltiges Energiebewusstsein zu wecken?

Die Erderwärmung ist ein supranationales Thema. Deshalb die Weltklimakonferenzen. Aus aller Herren Länder kommen Heerscharen an Delegierten geflogen, anstatt Videokonferenzen zu organisieren. Tonnenweise wird das Klima durch den Klimatourismus zusätzlich belastet. Dann wird darum gestritten, um wie viel Grad die Erderwärmung noch steigen darf, und darum, wie viel Kohlendioxid - CO2 und andere Klimagase das Klima noch ertragen kann. Am Ende werden die kleinsten gemeinsamen Nenner protokolliert. Aus Vorgabenelefanten werden Maßnahmenmäuse.

Die nächste Konferenz ist 2015 in Paris. Wird es den deutschen Delegierten dann gelingen, die Weltengemeinschaft von unserer Klimarettungsphilosophie zu überzeugen? Haben wir außer politischen Prozentzahlen über weniger CO2 und noch weniger Energieverbrauch Konzeptionelles vorzuweisen?

Je nach Gefühl und Wellenschlag sind alle fossil gefeuerten Kraftwerke überflüssig, weil sie CO2 emittieren und das Klima beeinflussen. Oder sind sie das doch nicht, oder nur ein bisschen? Atomkraft ist übel, Kohle- und Gaskraftwerke sind die kleineren Übel, werden aber noch gebraucht, solange Wind und Sonne nicht rund um die Uhr mit gleichbleibender Intensität zur Verfügung stehen. Apropos Sonne und Wind – die Berliner Politik beschloss 2000, die Ära der Atomkraft zu beenden. Mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz - EEG läutete sie den Ausstieg ein, hatte dabei aber auch das Klima im Auge. Das war die Geburtsstunde der sogenannten Energiewende. Mit dem Wind des EEG im Rücken bildeten sich gut organisierte Gruppen, die Atomausstieg und Klimawandel richtig ernst nahmen. Sie bauten mit staatlicher Unterstützung und der Aussicht auf gesetzlich langfristig garantierte fantastische Strompreise Solar-, Wind- und Biogasanlagen. Und keiner sagte ihnen, dass es auch dafür Grenzen geben könnte.

Wir leben in Deutschland in einem immerwährenden Wahlkampf. Immer wieder wechseln die politischen Kräfteverhältnisse im Bund und in den Ländern. Stets werden die Karten der Macht neu gemischt. Jede Partei will ihr Programm durchboxen. Von Kontinuität und Augenmaß in der Politik kann oft keine Rede mehr sein. Oft bleiben von großen Plänen nur rudimentäre Reste als kleinste gemeinsame Nenner übrig. Sicherlich sind Kompromisse nötig. Um welchen Preis? Auch darüber wird gefeilscht. Innerhalb von eineinhalb Jahrzehnten haben Stromeinspeisungsgesetz – StrEG, Liberalisierung des Strommarkts und EEG Spuren hinterlassen. Sie ließen keinen Stein mehr auf dem anderen. Die Bürger hatten das Nachsehen. Natürlich sollten wir Respekt vor der Arbeit unserer Politiker haben. Aber an welchen Grundsätzen wollen sie beispielsweise die Energiewende erklären? Ist es ein Wunder, dass sich Politiker über mangelnde Akzeptanz ihrer Arbeit beklagen? Was tun sie zur Vertrauensbildung?

Im Fokus des Schwarzbuchs steht die deutsche Elektrizitätsversorgung. Es behandelt die Zerschlagung der Strommonopole zugunsten eines fragwürdigen Wettbewerbs. Dass damit die Energiewende in Deutschland einhergehen sollte, war zwar nicht geplant, aber in Teilen von Politik, Wirtschaft und Finanzwelt hochwillkommen. Mit dem EEG hebelte Rot-Grün im Jahre 2000 den an sich gewollten Wettbewerb auf dem Strommarkt aus. Seither unterliegen die Stromverbraucher in Haushalt, Handel, Gewerbe und Industrie dem Preisdiktat der Politik. Beispiel: Ein Drei-Personen-Haushalt hatte zwischen 2000 und 2012 einen Preisanstieg beim Strom von plus 85 Prozent.

Die EEG-Umlage als Preisbestandteil stieg seit 2012 um plus 47 Prozent. Insbesondere Privathaushalte und Mittelstand müssen die kostspielige Suppe aus der Küche der Politik auslöffeln. Sie zahlen in den EEG-Umlagetopf ein, der im Namen der Energiewende von den Öko-Investoren geleert wird. Und, wie kann es in unserer Republik anders sein, es gibt Ausnahmen. Insbesondere die stromintensive Industrie wird gegenüber Privathaushalten und Mittelstand weniger stark mit der EEG-Umlage belastet. Weniger Ausnahmen würden zu einer sinkenden EEG-Umlage, mehr Ausnahmen hingegen zu höheren Umlagen für den verbleibenden Rest führen. Die Karnickel sind also Privathaushalte und Mittelstand.

Oft wird gesagt, über die EEG-Ökostrom-Umlage werde der Ökostrom subventioniert. Subventionen wären aber direkte Zahlungen des Staats aus Steuermitteln an die Öko-Anlagen-Betreiber. Das darf er nicht aus Gründen der Wettbewerbsverzerrung. So griffen die Erfinder des EEG in die Trickkiste und zauberten die EEG-Umlage ans Tageslicht. Dass Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle – BAFA ist Schatzmeister und Hüter der EEG-Umlage. Das Amt sorgt dafür, dass der Beihilfetopf, aus dem Zahlungen an die Öko-Anlagenbetreiber erfolgen, stets gut gefüllt ist.

Die Energiewendepolitik, wie sie seit 2000 gehandhabt wird, ist in einer Sackgasse gelandet. Die voreilige Festlegung, Windenergie schwerpunktmäßig im Norden zu fördern, führte zu Wildwuchs und Kapazitätsüberschuss an installierter Windleistung. Dass die Windenergie an jedem Punkt der Bundesrepublik geerntet werden kann, allerdings mit höheren Masten und größeren Rotoren, ergab eine Studie des Bundesverbands Wind-Energie e. V. Da diese Windkraftwerke höhere Kosten verursachen, würden die Fördermittel nicht reichen.

Jetzt stehen wir im Grunde vor dem Scherbenhaufen aus Liberalisierung und Energiewende. Der staatlich gepuschte Ausbau der Windenergie insbesondere im Norden ohne den notwendigen Ausbau der Stromnetze bereitet nun Kopfschmerzen. Denn die Politik war von der falschen Annahme ausgegangen, der Umstieg auf regenerative Energien wäre mit der vorhandenen Netzinfrastruktur leicht zu bewerkstelligen. Jetzt stehen wir vor dem Problem, die gewaltigen Überkapazitäten im Norden zu verteilen. Das bestehende Netz ist völlig überlastet. Die Synchronisation von Erzeugung und Verbrauch wird zusehends schwieriger. In verbrauchsschwachen Zeiten, insbesondere nachts, verursachen Starkwindstromstöße Ungleichgewichte im Netz. Und mit jeder neu hinzugebauten Windenergieanlage muss mehr sichere Regelenergie vorgehalten werden. Weil Politik es nicht geschafft hat, erst Netze und Speicherkraftwerke bauen zu lassen, um dann die Regenerativen planvoll auszubauen, wird Überschussstrom praktisch an europäische Nachbarn verschenkt und führt dort zur Entwertung der Erzeugungskapazitäten.

Die Netzinfrastruktur lässt sich nicht von heute auf morgen ausbauen. Zu viele Unwägbarkeiten warten an den geplanten Trassen für Hochspannungsleitungen. Die Politik hat mit dem Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG) und dem Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG) eine höhere Rechtssicherheit für die Planungsträger geschaffen. Ob es aber zu einem beschleunigten Netzausbau kommen wird, ist angesichts der Klagemöglichkeiten fraglich. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund gebietet die Vernunft, die Pläne zur Nutzung der Windenergie zu überdenken und den weiteren Ausbau drastisch einzuschränken, besser noch, zu stoppen.

Die Liberalisierung des Strommarktes hat unser hochindustrialisiertes Land geschwächt. Die Monopolisten wurden gezwungen, ihre zumeist vertikal strukturierten Unternehmen buchhalterisch zu entflechten und sich für den Wettbewerb zu öffnen. Das hatte schwerwiegende Folgen, denn die ehemaligen Gebietsversorger nahmen ihre Verkaufserlöse und suchten neue Geschäftsfelder im Ausland. Milliarden wurden dort investiert. Mit diesem Geld und der fachlichen Kompetenz dieser Unternehmen und einem der großen Aufgabe entsprechenden großzügigen Zeitplan, wäre die Energiewende ganz sicher geräuschloser über die Bühne gegangen. Nach dem Stand der angehäuften Probleme zu urteilen, ist die Energiewende offensichtlich missglückt.

Kraftwerke und Netze und ihre Automatisierung waren bis zur Liberalisierung organisch gewachsen. Rechnergesteuerte Netzsteuerungssysteme unterstützten die sichere Stromversorgung. Was ist daraus geworden? Was hat die Politik daraus gemacht? Wir müssen um die sichere Stromversorgung fürchten. Von Preiswürdigkeit des Stroms kann keine Rede mehr sein. Der Staat hat regulierend eingegriffen, legt die Netzdurchleitungsgebühren fest und hat den Verdrängungswettbewerb auf dem Strommarkt zum Vorteil der regenerativen Energien organisiert.

Dann ist da noch der Wettlauf von kommunalen Politikern und Landbesitzern um die Zuweisung und Genehmigung von Standorten für Windmühlen. Dass diese Mühlen immer näher an Wohngebiete rücken, ist nicht nur ein optisches Ärgernis für deren Bewohner, sondern verursacht auch psychische Probleme. Hier muss die Politik die Schutzräume stärker ausweiten. Zu fragen ist, warum Naturschutzgebiete verschont werden und die Bürger nicht?

Die Politik hat den deutschen Bürgern einiges zugemutet. Sie hat es nicht vermocht, der Öffentlichkeit die komplexen Zusammenhänge der Liberalisierung und der Energiewende zu vermitteln, offensichtlich, weil sie das selber nicht verstanden hat. Wie sollten für sie auch komplexe Sachzusammenhänge sichtbar werden, wenn sie selbst das Unterholz der Nebensachen düngten und sich so den Blick aufs Wesentliche versperrten. Als Ergebnis ihres Handelns müssen jetzt auf unsere Kosten Milliarden in den Ausbau der Stromnetze investiert werden. Und es gibt genug Stimmen, die Blackouts prognostizieren, da die Netze die Überproduktion an Windenergieleistung nicht mehr aufnehmen können. Die Überkapazitäten gefährden in hohem Maße die Netzstabilität und die Stromversorgungssicherheit nicht nur in Deutschland, sondern auch bei unseren europäischen Nachbarn.

Energiewende

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