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Das Stromnetz –
die Natur hat es vorgemacht

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Müssen wir uns eigentlich Gedanken darübermachen, wie der Strom in die Steckdose kommt? Dafür haben wir doch die Elektriker vor Ort, die Stadtwerke, die für die lokale Stromversorgung zuständig sind, die Regionalversorger, die Dörfer, Städte und das Umland mit Strom versorgen, die Netzbetreiber, die den Strom von den Kraftwerken zu den Verbrauchsschwerpunkten transportieren und schließlich die Kraftwerker, die dafür sorgen, dass die Generatoren zuverlässig Strom produzieren.

Es gibt das geflügelte Wort unter Kollegen der Elektrizitätswirtschaft: Kraftwerke kommen und gehen, aber das Hochspannungsnetz bleibt bestehen. Das ist wohl wahr, denn bei Hochspannungsnetzen sind Standzeiten von über fünf Jahrzehnten nicht selten, während die technische Lebensdauer von Kraftwerken je nach Typ mit bis zu drei Jahrzehnten definiert ist.

Freileitungen sind deshalb so beständig, weil sie mehr oder weniger in der Gegend herumstehen. Zwar bewegen sich die Leiterseile im Wind oder sie könnten etwa durch Eisregen zusätzlich belastet werden. Aber dafür sind sie ausgelegt. Trotzdem liegt auf den Leitungen das besondere Augenmerk ihrer Betreiber. Denn die Konstruktionen der Maste sind aus Stahl, die Leiterseile beweglich aufgehängt. Die Maste könnten rosten, die beweglichen Armaturen nutzen sich aufgrund von dynamischen Beanspruchungen ab. Deshalb werden die Gittermaste regelmäßig entrostet und mit Spezialfarbe konserviert und Armaturen bei Bedarf ausgetauscht.

Wie ist unser Stromversorgungsnetz aufgebaut, wie funktioniert es und warum ist meine Stromversorgung so sicher? Eigentlich ist das von geringerem Interesse, weil der Strom ja da ist, wenn er gebraucht wird. Doch wir sollten mehr über das Stromnetz wissen, da es im Schwarzbuch neben Pumpspeicherkraftwerken die zentrale Rolle spielt.

Das Stromversorgungsnetz, wie es unser Land überspannt, ist nicht zufällig so entstanden, sondern die Natur in Gestalt eines Spinnennetzes stand sicherlich Pate. Auf den Speichen einer radähnlichen Konstruktion webt die Spinne, in der Mitte enger und nach außen immer weiter werdend, die Hilfsspirale. Das Netz ist mit stärkeren Fäden, die sozusagen Spannseile sind, an Haltepunkten angeklebt. Ein Rahmenfaden fixiert die Speichen des Netzes zwischen den Spannseilen. Das Netz ist komplett. Das faszinierende an Spinnennetzen ist, das, egal an welcher Stelle man einen Faden durchtrennt, es funktionsfähig bleibt.

So auch das Stromversorgungsnetz. In Deutschland wurde im Laufe vieler Jahrzehnte ein enges Maschennetz aus Höchst(380/​220 kV), Hoch- (110 kV), Mittel- (15 – 50 kV) und Niederspannungsnetzen (220/​380 V) dem Bedarf entsprechend ausgebaut. Die verschiedenen Spannungsebenen sind nötig, um unvermeidliche Übertragungsverluste auf ein Mindestmaß zu reduzieren. An den Höchstspannungsnetzen sind die großen Kraftwerke angeschlossen. Das sind sozusagen die Stromautobahnen, die auch mit den Netzen unserer europäischen Strompartner verbunden sind. In Umspannwerken wird die Spannung herabgesetzt, für die Großindustrie zumeist auf 220/​110 kV, für die Bahn und für regionale Umspannwerke auf 110 k V. In den regionalen Umspannwerken wird die Hochspannung in Mittelspannung mit zumeist 20 kV herabgesetzt. Auf dieser Spannungsebene werden kleinere Industrien, Gewerbe, Büro- oder Logistikzentren direkt beliefert. Jetzt kommen wir wieder zum Bild des Spinnennetzes, das in der Mitte enger geknüpft ist. Das sind die Niederspannungsnetze, an denen alle Endverbraucher angeschlossen sind.

Es ist also unschwer zu erkennen, dass Stromversorgung praktisch vertikal von oben nach unten funktioniert. Danach sind auch die Netze und deren Belastungsfähigkeit ausgebaut. Bis 2000 konnte man das gestaffelte Netz und dessen Verfügbarkeit als ideal ansehen. Ein Feuerwehrmann würde sagen, aha, ich verstehe: Die Höchstspannungsleitungen sind die dicken A-Rohre (380/​220 kV), mit denen ich Löschwasser ansauge. Dann kommen mit geringerem Querschnitt die B-Rohre (110 kV) als Zubringer zu den Verteilern, an denen die im Querschnitt kleineren A-Rohre (bis 50 kV) der Löschtrupps angeschlossen sind. Außerdem gibt es die noch dünneren D-Rohre (380/​220V) mit dem Querschnitt von Gartenschläuchen.

Warum schweife ich so ins Detail ab? Die Väter des EEG haben den Ausbau von Solar- und Windenergie dem freien Spiel der unternehmerischen und finanziellen Kräfte überlassen. Behörden wurden angewiesen, Vorranggebiete für ihren Ausbau festzulegen und alles zu genehmigen, was beantragt wurde. Natürlich wurden Solar- und Windkraftwerke nicht an das Höchstspannungsnetz, sondern planlos und ohne Netzausbau mit wachsender Zahl und Kapazität an die Mittelspannungsnetze (C-Rohre) angeschlossen. Je mehr Wind und Sonne, umso stärker steigt der Druck in den Leitungen. Regional können einige Kapazitäten solche aus konventionellen Anlagen ersetzen. Aber insbesondere in Norddeutschland ist die Überschussproduktion von Tausenden Windkraftwerken nicht unterzubringen und gefährdet auf diese Weise die Netzstabilität und damit die sichere Stromversorgung. Biblisch gesprochen wird versucht, ein Kamel durch ein Nadelöhr zu treiben.

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