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ОглавлениеIII Der Feldzug
1.
Zahlreich waren die Götter in Ägypten, so zahlreich, dass keiner der Bewohner des Landes sie hätte aufzählen können. Und dennoch gab es Götter, die von allen verehrt wurden. Da war zuerst und vor allem Amun, der Gott der Götter, dessen Feste in Theben gefeiert wurden, hauptsächlich in Theben. Hier residierte seine mächtige Priesterschaft, ihre Wohnstätte war dem gewaltigen Tempel angeschlossen, insgesamt ein Prachtbau, nur wenig kleiner und weniger prächtig als der Palast des Pharao. Im Gegensatz zum Königspalast, den wenigstens die Kronbeamten von innen kannten, durfte der Tempel des Amun von niemandem betreten werden, außer von den Priestern. Und auch diese lernten nur die Randbezirke kennen, sein Innerstes, Allerheiligstes, war nur dem Höchsten Betreter erlaubt, dem Obersten Priester des Gottes. Seine Macht stand gerade nur der des Pharao nach und kein König, der seine Krone erhalten wollte, hätte es ernsthaft gewagt, Amun und sein Haus zu besteuern oder etwa seinen Priestern Befehle zu erteilen.
Neben diesem Gott und nur wenig unter ihm verehrten sie Aton, die Sonne am Himmel. Und wie leicht war es, sie zu verehren. Ging sie doch jeden Morgen als glutroter Feuerball am östlichen Horizont auf und bestimmte den Tageslauf der Menschen. Niemand ging freiwillig und unbeschattet in den Tag hinaus, wenn Aton zur Mittagszeit seine höchste Macht entfaltete. Das geistliche Zentrum Atons lag nicht in Theben, sondern in der uralten Stadt, On geheißen, am Nil, dort, wo der Strom sich in sein Delta aufzuteilen begann, am südlichen Ende des Dreiecks also, und dort feierten seine Priester, kahlgeschoren und weise, die Feste des Aton.
Waren Amun und Aton Götter des Tages und des Lebens, so beherrschte Osiris die Nacht, den Tod und den Westen. Einmal im Jahr begab sich Amun, der auf der Ostseite des Nils in seinem Tempel residierte, nach Westen über den Nil, um Osiris zu besuchen, ein Treffen zwischen Tag und Nacht, Tod und Leben, ein Ereignis, das einen der Höhepunkte des religiösen Jahres der Ägypter darstellte. Osiris war der Gott des Todes, ihm wurden zahlreiche Bauten am Westufer des Nils errichtet, Tempel des Gottes oder Grabmale der Edlen Thebens. Jeder Vornehme begann mit seinem Erwachsenenleben den Bau seines eigenen Totenhauses, in dem er dereinst, wenn er nach Westen ging, in den Tod, bestattet werden wollte. Hier in seiner Grabstätte, würden eines fernen Tages seine Taten gemessen und unterschieden zwischen seinen guten und seinen bösen Taten, sein weiteres Ergehen hing von dem Ergebnis dieses Wägens ab. Osiris war ein Gott, auf dessen Wohlwollen alle Ägypter hofften und dessen Feste keiner versäumte.
Und schließlich gab es den Gott, den der Strom verkörperte, der Nil, den Spender allen Lebens und, in Zeiten des Hungers, des Todes. Chapi, den starken Stier, nannten sie ihn und verehrten ihn und huldigten ihm, damit er jedes Jahr aufs Neue den Segen bringe, den Segen des Wassers und des Überflusses an Wasser. Denn wörtlich floss der Strom in jedem Jahr im Hochsommer über, er trug von seinem Ursprung her, im fernen Nubierland, ein Übermaß an Wasser, das sein Bett nicht bewältigen konnte, so dass er über die Ufer trat und das umliegende Land überschwemmte. Singend und tanzend begingen die Ägypter jedes Jahr im letzten Monat des Hochsommers das Fest des überschießenden Wassers, maßen täglich, stündlich, den Stand des Nils und jubelten, wenn er stieg, dämpften ihren Jubel, wenn er seinem Höhepunkt nahe war, warteten ängstlich, ob er weiter stieg oder ob er auf der fruchtbaren, erträglichen Höhe blieb. Denn wenn er zu hoch stieg, verwüstete er mit seinem überschwemmenden Wasser die umliegenden Dörfer und Städte, die sie gesichert hatten gegen eine gemäßigte, Segen bringende Flut, aber nicht sichern konnten gegen zu viel Wasser, weil gegen eine solche mächtige Flut an einen Schutz schlechterdings nicht ernsthaft zu denken war.
Das richtige Maß an Wasser daher, das war es, worum die Menschen beteten und weshalb sie Chapi, den Stier, verehrten, denn nach dem Hochwasser, wenn der Gott sich in sein Bett zurückgezogen hatte, ließ er alljährlich schwarzen, fruchtbaren Schlamm zurück und in diesen Schlamm begann ein Säen, Pflanzen unter Lobgesang und in der angemessenen Zeit nach dem Befruchten der Erde begann die Ernte, segensreiche Zeit und Zeit des Überflusses, der die Menschen wiederum feiern und singen machte.
Stieg er aber nicht, Chapi, der Starke Stier, der Strom, blieb er in seinen Ufern, brachte er kein Übermaß an Wasser, so war dies noch unerträglicher, als wenn er zu viel der Flut brachte. Kein fruchtspendendes Wasser in den bestellten Feldern, kein Tropfen in den kunstvoll angelegten Bewässerungskanälen, und daher auch keine Frucht, keine Ernte, sondern Hunger und Hungersnot und, wenn der Stier im zweiten Jahre ausblieb, wohl gar ein Massensterben wegen Hungers. In grauer Vorzeit sollte es vorgekommen sein, dass der Fluss angeblich sieben Jahre lang keine Überschwemmung zustande gebracht und nur deshalb das Land überhaupt überlebt hatte, weil da einer Vorsorge getroffen haben sollte.... Aber das war eine Geschichte aus einer weiten Vergangenheit, die sich im Dunklen verlor und an die sich niemand ernsthaft gerne erinnern ließ.
Und mit dem Stier stieg und fiel die Wohlfahrt und die Ruhe des Staates, eines Staates, das aus dem Norden und dem Süden, dem ehemaligen Nubierland, zusammengesetzt war und das von dem König beider Länder, dem Pharao, regiert wurde. Pharao war verantwortlich für die Wohlfahrt, Pharao war verantwortlich für das Ansteigen des Nils und Pharao verdankten sie das Hochwasser, den schwarzen Schlamm und den Segen der folgenden Ernte. Stieg der Nil nicht, so zürnten die Götter dem Land und ihrem Pharao und Pharao mochte sehen, wie er sie befriedete.
Für alles und jedes hatten sie Götter, die Ägypter, in allem verehrten sie Gottheiten, in den Schlangen der Wüste, in den Löwen aus dem Süden, Bastet, die Katzengöttin, trieb im Norden ihr Wesen und alle bestanden sie nebeneinander, verlangten nur, dass man sie verehre neben den anderen Göttern und waren huldvoll zu den Menschen, die ihnen huldigten.
Selbst neue Götter offenbarten sich den Menschen, aus dem hohen Norden, aus dem Land der Syrer, kam Baal, die Göttin der Fruchtbarkeit und fand ihre Anhänger unter den Bewohnern Ägyptens und niemand wurde scheel angesehen, weil er außer den schon vorher bekannten Göttern nun auch Baal opferte.
Friedlich lebte diese große Schar von Göttern am Himmel, im Wasser, der Erde und im Irgendwo, ohne dass ein Ägypter den anderen fragte, woran er glaubte. Sie hatten nicht einmal ein Wort für Religion oder Frömmigkeit.
Einig waren sie darin, dass die Regeln der Ma´at verbindlich seien, der Ma´at, die niemand zu beschreiben gewusst hätte, der Göttin, die unbeschrieben und ungeschrieben die Gesetze vorgab, nach denen man zu leben hatte, Regeln, die einfach die Summe aller Tugenden waren, die überhaupt menschenmöglich waren.
Und so hätte Moses, wenn man ihn gefragt hätte, keine Antwort zu geben gewusst, woran und an wen er eigentlich glaubte, aber geantwortet, er lebe nach den Regeln der Ma´at. Frömmigkeit äußerte sich damals unter den Menschen in den Festen der Götter, und wer die Götter liebte, besuchte ihre Feste, die Anhänger reisten weite Strecken, um zu dieser Art der Gottesverehrung zu kommen und Moses feierte die Feste der Götter mit den andere Ägyptern, er huldigte dem Pharao, dem Gott, der gleichzeitig außer Gott auch König und Mensch war und grübelte, ein typischer Ägypter, nicht weiter darüber nach.
Nur finsterer sah er in die Welt als der Durchschnitt der Ägypter, schon in jungen Jahren zogen sich schwarze, dichte Brauen über seinen schwarzen Augen zusammen, wenn er grübelte, und in diesen Tagen, den letzten der Herrschaft Sethos, grübelte er mehr als früher.
Am Hof solle er bleiben, hatte ihm Sethos befohlen, seine Studien abschließen, lernen, was alle Mitglieder des Hofes zu lernen hatten, und mochte auch Moses immer und immer wieder bei seiner ägyptischen Mutter, der Tochter des Pharao, Thermutis, vorsprechen und sie bitten, Sethos möge ihn doch wieder nach Norden schicken, nach Pitom, zu seinen Bauten, damit Moses sie beaufsichtigen konnte und berichten, Thermutis blieb fest in diesem einen Punkt. Nein, bedeutete sie ihrem Sohn, sie habe Pharao ein um das andere Mal gebeten, zornig sei er zuletzt geworden, ihr Vater, Pharao, und habe ihr verboten, erneut um die Sache zu bitten, die er ihr nun wiederholt abgeschlagen hatte. Thermutis wusste nicht, was ihren Sohn Moses, immerfort nach Norden trieb, sie wusste nur, er zog die Brauen zusammen und versank in brütenden Grübeleien, wenn sie ihm seinen Wunsch wieder abgeschlagen hatte. Thermutis hatte zwar erfahren, was Moses unter seinen Altersgenossen zu ertragen hatte, schätzte aber seine Leiden gering, war er doch schließlich als ihr Sohn und Enkel des Pharao sehr nahe am Thron und hatte für seine Zukunft alles Gute zu erhoffen. Was sie anging, Thermutis, die Tochter des Königs, wollte sie das Ihre zum Wohlergehen ihres Sohnes beitragen. Sie war sich sicher, ihren Einfluss auf Pharao auch zu behalten, wenn ihr Vater, Sethos, starb, verband sie doch mit ihrem Bruder Ramses ein ebenso inniges geschwisterliches Verhältnis, wie ihre Beziehung zu Chenar von Feindseligkeit geprägt war, Chenar hatte ihr den illegalen Sohn Moses nie verziehen. Thermutis und Moses hatten daher von Ramses das Beste, von Chenar nur Repressalien zu erwarten.
2.
Ein halbes Jahr lebte Moses in Theben, besuchte wieder die Schule des Acha und ließ sich von den Mitschülern, den jungen Edlen aus Theben, ob seiner Herkunft ärgern, er wurde achtzehn in diesen Tagen, er kannte zwar seinen Geburtstag nicht, Thermutis zählte ihm aber vor, wie oft die Fluten des Nil angestiegen waren, seit er geboren worden war, achtzehn Mal hatte der Strom Fruchtbarkeit gebracht. Seine Schulkameraden hatten nun, da er älter wurde, einen weiteren Grund, ihn zu ärgern: Während sie bartlos blieben, wuchs Moses ein schwarzer starker Bart, den er morgens und abends mit einem scharfen Messer entfernte, was aber nicht verhinderte, dass die Schatten auf Kinn und Oberlippe, die zurückblieben, von seinem starken Bartwuchs zeugten. Wiederholt gab dies den anderen Anlass, ihn auf seine Andersartigkeit hohnlachend anzusprechen und ihn als weiteres Zeichen seiner zweifelhaften Herkunft zu deuten. Mühsam hielt sich Moses nun zurück, verschloss sich aber immer mehr in sich selbst und unterhielt nicht einmal zu seinen ehemaligen Freunden auf der Schule Beziehungen mehr. Einsam, grüblerisch, die Brauen finster zusammengezogen, ging er durch seine Welt.
Die wurde eines Tages in ihren Grundfesten erschüttert. Sethos war zur Sonne geworden, er war nach Westen gegangen, Osiris hatte ihn aufgenommen, Sethos war gestorben, der Gott war tot.
Der Pharao ist tot, flüsterte die Menge auf der Straße, der Pharao ist tot, es lebe der Pharao. Und dreißig Tage lang herrschte in Theben eine Stille, die Menschen gingen auf Zehenspitzen, flüsterten nur noch miteinander, alle Feiern, alle fröhlichen Zusammenkünfte waren ausgesetzt. Und wie in Theben, so, wenn auch mit verminderter Stille, im ganzen Reich. Ägypten trauerte um seinen Gott, um die Sonne, der er war, um den Stier, der er war, dem sie das Licht verdankten und die Fülle und Überfülle des Wassers, dreißig Tage lang wurden die sterblichen Überreste vorbereitet für die lange Fahrt nach Westen, prächtig wurde der König einbalsamiert, gekleidet in seine reichsten Kleider, geschmückt mit seinem reichsten Schmuck, und dann durften ihn die Menschen besichtigen, drei Tage lang war ein Raum im Palast, in dem er aufgebahrt war, für die Menschen geöffnet, die ihn sehen wollten, die Abschied nehmen wollten von Gott, ihrem Herrscher, und drei Tage lang bildeten sich lange Schlangen von Menschen. Danach wurde er in feierlicher Prozession nach Westen gebracht, über den Strom, zu dem Grabmal, das er sich zehn Jahre hatte bauen lassen, und dort feierlich beigesetzt.
Die Prozession kehrte zurück, Pharao war zu seiner letzten Reise aufgebrochen, und mit der Rückkehr erhob sich, als sie den Strom nach Osten überquerte, ein unendlicher Jubel unter den Menschen in Theben.
„Pharao, es lebe Pharao, unser neuer König, Ramses, der Pharao, er lebe hoch“, sang es, jubelte es, schrie es, ein jeder rief es seinem Nachbarn zu, „Pharao Ramses ist unser König, Hoch, Ramses, der Pharao!“ Sie waren sicher, die Einwohner von Theben, dass ein neuer Gottkönig auch eine neue Zeit bringen werde, und eine neue Zeit konnte, musste besser sein als die alte, vergangene Zeit, die ja nicht eben schlecht gewesen war. So lautete ihr unverbrüchlicher naiver Glaube, und wiederum dreißig Tage lang feierten sie die Krönung ihres neuen Königs, in Theben zuerst, und dann im ganzen Reich, in das ein Echo der Festlichkeiten aus Theben drang, je näher, desto stärker, und sich mit zunehmender Entfernung vermindernd. Aber in alle Ecken drang die Hoffnung und der feste Glaube, nun werde sich alles ändern, und viel davon zum Guten.
3.
Für Moses änderte sich zunächst nicht viel und dennoch alles: der neue König erlaubte ihm, die Schule der Edlen zu verlassen, von Acha verabschiedete sich Moses lange und gerührt, er war ihm dankbar, Acha hatte ihn alles gelehrt, was er für das Leben eines ägyptischen Edlen wissen musste. Von den Zwängen des Lernens befreit, blieb Moses zunächst sich selbst überlassen, ein etwas über achtzehnjähriger junger Mann, der keine Aufgabe hatte, an der er seine Kräfte messen konnte. Desto mehr grübelte er über sich, seine Welt und seine Abkunft. Viel Zeit brachte er im Palast der Prinzessin zu, die er sein Leben lang bis vor Kurzem für seine Mutter gehalten hatte, Prinzessin Thermutis, die Schwester des Pharao, dem Thron sehr nahe. Thermutis residierte in einem prächtigen Gebäude in der Palastzone, direkt neben den königlichen Gemächern, und hier saß sie mit ihrem Sohn Moses in ihrem Arbeitszimmer, in dem sie zu schreiben pflegte, denn sie war gebildet, oder in dem sie Besucher empfing. Thermutis saß in einem bequemen Stuhl aus Ebenholz, in den wertvolle Intarsien aus Elfenbein eingearbeitet waren, neben ihrem Sekretär. Das Zimmer war überreichlich mit Blumen geschmückt, wie sie es liebte, mit Rosen vor allem, die sie in ihrem Garten züchtete, mit Lilien auch und der Duft dieser Blüten vermischte sich mit dem Duft der zahlreichen Lavendelblüten, die überall verstreut waren. Ihr zu Füßen saß Moses, sie waren in ihr Gespräch vertieft.
„Aber warum sollte denn diese Frau behaupten, sie sei meine Mutter?“ fragte gerade Moses die Prinzessin.
„Mein Sohn, das muss dir doch klar sein. Wenn du, ein vornehm erzogener Ägypter, ihr Sohn bist, wirst du dich einsetzen, erst für sie, dann für ihre Familie und dann für ihr Volk. Du weißt, Moses, wie du schon meinen Vater, den Pharao, erzürnt hast mit deinen ständigen Erinnerungen an die Hebräer und wie sehr sie unterdrückt seien. Siehst du, mit diesem Einsatz hat sie schon ihr Ziel erreicht.“
Moses sah nachdenklich zu Boden. Thermutis war die einzige, mit der er über seine Zweifel an seiner Herkunft sprechen konnte.
„Du bist also ganz sicher, dass du meine Mutter bist?“
Über ihm erklang ein silbernes Lachen. Thermutis spielte von oben mit seinem Haar, das ihm dicht wuchs und das er hier, im Palast, ohne Perücke offen trug.
„Natürlich bin ich mir sicher. Siehst du, Frauen sind immer sicher, ob sie Mutter sind oder nicht, schließlich gebären sie. Väter können sich da nie so sicher sein, ob sie Väter sind oder nicht. Diese Hebräerin nutzt nur die Tatsache aus, dass sie nach deiner Geburt fünf Jahre lang deine Amme und Pflegemutter war, dass sie dich fünf Jahre lang groß gezogen hat. Ich habe dir doch schon erklärt, warum ich sie brauchte. Hätte ich damals, als ich schwanger war, deinem Großvater Sethos gestanden, dass ich ein Kind bekomme, er hätte mich töten lassen. Sethos war sehr sittenstreng, wie du weißt, er hätte ein Kind, das seine Tochter außerhalb einer Ehe geboren hätte, nicht geduldet. Also musste ich dich heimlich gebären und dich am Nil verstecken, wo ich dich dann in dem Schilfkörbchen fand in dem Versteck, in das ich dich selbst gelegt habe. Nur ganz allmählich, als dein Großvater Zuneigung zu dir fasste, konnte ich ihm gestehen.“
„Und immer noch willst du mir nicht sagen, wer mein Vater war oder ist?“ Moses sah zu ihr auf, „du weißt, wie mich die Schulkameraden gehänselt haben wegen meiner zu hellen Haut und meines Bartwuchses. Irgendwie, haben sie immer gesagt, erinnere ich sie an einen Hebräer.“
Thermutis lächelte. „Nein, das will ich dir nicht sagen, selbst wenn ich es genau wüsste. Moses, du bist nun fast erwachsen, vor zwanzig Jahren war ich ein lebenslustiges Mädchen, ohne Aussicht auf eine Heirat, die nicht ausschließlich politisch bestimmt wäre. Und da habe ich mir meine Vergnügungen gesucht. Dass ich dann nicht verheiratet worden bin, lag ausschließlich an politischen Gründen. Schließlich bin ich die Tochter des Pharao, die heiratet nicht einfach so.“
„Und so hast du dir Männer gesucht, eben auch meinen Vater“, stellte Moses bitter fest.
„Aber Moses, du kennst das doch, wenn der Körper einem kribbelt, du hast doch sicher auch schon mit Mädchen gespielt.“
Moses schüttelte stumm den Kopf. Gedacht hatte er schon an Mädchen, und ihnen hinterher gesehen, wusste auch, wie er mit sich selbst spielen musste, um Entspannung zu suchen, aber er hatte sich nie getraut, Mädchen anzusprechen.
Thermutis schüttelte den Kopf. Sie sah ihren Sohn an, groß war er, stark, breitschultrig, mit schmalen Hüften, sie konnte sich vorstellen, dass so manche junge Frau gerne gesehen hätte, wenn er mit ihr angebändelt hätte, ein bisschen finster das Gesicht, aber das lag wohl an seiner grüblerischen Jugend.
„Bestimmt kann ich dir leicht ein Mädchen besorgen, wenn du willst“, bot sie versuchsweise an, aber Moses schüttelte heftig den Kopf.
„Nein, ich werde schon eine finden, die mir so gefällt, dass ich sie nehmen will, aber bisher will ich noch nicht.“
Thermutis war die einzige Person, mit der Moses so offen sprechen konnte und wollte. Im Verkehr mit anderen Menschen war er verschlossen, schweigsam bis an die Grenze der Unhöflichkeit und darüber hinaus. Wenn er sprach, dann schwer, langsam, stolpernd, die Worte brachen mehr aus ihm heraus, als dass er sie sprach. Er redete wenig, weil er wahrhaftig sein wollte und schmerzhaft die Schwäche von Sprache vor der Wahrheit empfand. Nie trafen Worte genau seine Empfindungen und versuchte er, seine Empfindungen auszusprechen, so klangen die Worte, die er benutzte, nicht wie das, was er empfand, sondern klischeehaft, abgeschmackt und lügnerisch. Und so wurde Moses in dieser Zeit immer mehr zum Einzelgänger, der über sich und die Welt grübelte, allein gelassen von allen außer seiner Mutter.
Immer wieder dachte er an die beiden Frauen, die behaupteten, seine Mütter zu sein und an den Mann, den er nicht kannte und den er wohl nie kennen lernen würde, der sein Vater war.
Er hatte als Verwandter des Pharao Pflichten am Hof, er musste an allen Festen teilnehmen, die der König veranstaltete und diese Feste waren immer den Göttern gewidmet. Amun besonders verlangte von Pharao und seinem Hof die Anwesenheit bei allen Anlässen, bei denen der Gott vor dem Volk repräsentiert werden wollte. Moses gab sich keine Rechenschaft darüber, ob er diesen Gott oder andere Götter verehrte. Die Begriffe Frömmigkeit oder Religiosität kamen in seiner Gedankenwelt oder der der anderen Ägypter nicht vor. Götter spielten immer dann ihre Rolle, wenn sie Bezug zum Leben der Menschen hatten, Chapi immer dann, wenn der Nil über die Ufer trat und Osiris, wenn Menschen starben.
4.
Moses stand vor dem Thron Pharaos und bewunderte den König. Ramses hatte sich in dem halben Jahr nach seiner Inthronisierung sehr verändert. Schon immer hatte er ein kantiges Gesicht gehabt, in dem die schwarzen energischen Augen auffielen, die Hakennase und ein ausgeprägtes Kinn, das auf Willensstärke schließen ließ. Jetzt, in vollem Ornat, den er zur Audienz angelegt hatte, wirkte er älter und strahlte eine Autorität aus, vor der Moses sich ohne weiteres zu beugen bereit war. Moses wusste, dass die Stellung des Königs bisher noch nicht gefestigt war. Hatte doch sein Bruder Chenar die Entscheidung seines Vaters Sethos, Ramses zu seinem Nachfolger zu bestimmen, keineswegs ohne Widerstand hingenommen. Zwar hatte er zu Lebzeiten des alten Pharao nicht zu opponieren gewagt, aber nach dessen Tod sehr schnell eine kleine Anhängerschaft gewonnen, die Ramses für nicht regierungsfähig, für zu jung und Chenar für den besseren König hielt.
Einen Pharao, den Gott, der direkt von der Sonne abstammte, zu stürzen, das durfte in der Geschichte Ägyptens nicht vorkommen, und so hatte Ramses die Gruppe der Opponenten schnell, energisch und hart zur Verantwortung gezogen. Sieben der führenden Aufrührer waren kurzerhand hingerichtet worden, seinen Bruder Chenar hatte Ramses nach Süden geschickt, um dort Bauten zu beaufsichtigen, die er in Auftrag gegeben hatte. Dennoch, immer noch gab es in Theben eine Opposition, die Ramses stürzen und seinen Bruder Chenar auf den Thron heben wollten.
Moses stand vor dem König mit unruhigem Herzen. Ramses hatte ihn gestern für heute zur Audienz befohlen, und obwohl Moses sich nicht vorstellen konnte, womit er den Unwillen des Königs hervorgerufen haben könnte, ganz sicher war man sich dessen nie.
„Moses, mein Neffe“, begann Ramses und Moses atmete auf, diese Anrede benutzte Pharao nur, wenn er ihm wohlwollte, „Wir haben deine Ungeduld wohl gemerkt und deinen Drang, Uns zu dienen", fuhr Pharao fort, „Wir haben aber bisher noch nicht die rechte Aufgabe für dich gefunden. Nach Norden schicken Wir dich nicht, obwohl Uns dein Wunsch bekannt ist. Wir glauben nicht, dass die Erfüllung dieses Wunsches für dich glücklich ist.
Stattdessen", Pharao hob die Stimme, Moses bewunderte im Stillen die Leichtigkeit, mit der Ramses sich inzwischen des königlichen Wir bediente und wie er seiner Rede Nachdruck zu verleihen wusste, „stattdessen haben Wir einen ehrenvollen Auftrag für dich. Unten im Süden, stromauf, wollen die Nubier wieder einmal einen Aufstand wagen. Unsere Spione haben berichtet, wie sie ihre Stämme versammeln und ihre Krieger ausheben. Wir wollen diesen Aufstand im Keim ersticken, sind aber zurzeit in Theben nicht entbehrlich. Wir haben daher beschlossen, dich an die Spitze einer Armee von dreitausend Kriegern und dreihundert Streitwagen zu stellen. Fahre mit dieser Streitmacht flussaufwärts bis an die Grenze des Südreiches, spüre die aufständischen Truppen auf und schlage sie. Bringe mir ihre Anführer, wenn du sie lebend fangen kannst, sonst töte sie.
In dieser Streitmacht sei du Unser Feldherr, sei wie Pharao, mit der vollen Befehlsgewalt, und Wir befehlen dir, schlage den Aufstand nieder und kehre siegreich nach Theben zurück!“
Moses verschlug es die Sprache und nur seine sorgfältige Erziehung verhinderte es, dass er mit offenem Mund vor Pharao stehen blieb. Der erste Auftrag, den er vom König erhielt und dann gleich als Feldherr an der Spitze einer solchen Armee! Ramses musste ihm allerhand zutrauen, mehr, als Moses sich selbst zutraute, das alles ging ihm durch den Kopf, während er sich vor dem König auf das Knie niederließ und die rituellen Worte sprach:
„Du befiehlst, o Pharao, und was du befiehlst, geschieht unweigerlich. Ich werde die Streitmacht nach Süden führen, die Aufständischen besiegen und siegreich mit ihren Anführern wiederkehren.“
Diese Neuerung hatte Ramses eingeführt. Jeder Befehl, den er erteilte, war zu wiederholen, damit nicht der geringste Zweifel aufkommen konnte, was Pharao befohlen hatte.
Die Audienz war beendet, Moses bewegte sich rückwärts, mit dem Gesicht zum König, zum Eingang zurück, als er die Stimme Pharaos hörte, diesmal leiser.
„Moses!“
Er sah auf und sah, wie Pharao ihm zuwinkte, noch zu bleiben, während er die Palastdiener hinaus winkte. Moses trat wieder näher, auf Ramses zu.
„Ja, mein König?“
„Moses“, Ramses Stimme hatte einen vertraulichen leisen Klang, „ich weiß ja, wie sehr es dich drängt, nach Norden zu gehen, zu den Hebräern, und an der Organisation der Bauwerke mitzuwirken. Moses, ich will im Norden die Stadt weiter bauen, die mein Vater begonnen hat, sie soll meinen Namen tragen, ich werde gewaltige Mengen von Arbeitern dort brauchen, von Materialien. Ich weiß, dass du unserer Familie verbunden bist und auch ich werde dich weiter schützen und stützen, wie mein Vater es getan hat. Aber bevor ich dich zum Meister der königlichen Bauten im Norden ernennen kann, musst du dir die Karriere verdienen. Und die schnellste Art, Karriere an meinem Hof zu machen, du weißt es, ist die über militärische Erfolge. Also komm wieder mit dem fremden Fürsten, der sich im Süden erhebt. Sei siegreich, und ich versichere dir, du wirst dir deine Stellung am Hofe aussuchen können, und sei es die eines Baumeisters.“
Moses strahlte.
„Ich danke dir, mein König, zum einen für die persönlichen Worte und für dein Versprechen. Ich werde siegreich heimkehren.“
Und Moses kam aus dem Audienzzimmer mit freudigem Gesicht, so dass die Palastbeamten, die diesen jungen Mann nur mit grüblerischer finsterer Miene kannten, sich fragten, was Pharao ihm wohl Gutes getan haben könnte.
5.
Das ägyptische Reich gliederte sich in das nördliche Unter – und das südliche Oberägypten auf. Während der Norden bis weit in das Nildelta und bis zum Meer hin befriedet und fest in der Herrschaft des Pharao war, herrschten in Oberägypten unklare Grenz- und Machtverhältnisse. In grauer Vorzeit hatten die Pharaonen die südlichen Länder erobert und sich die Fürsten der Regionen unterworfen und tributpflichtig gemacht. Die unbestrittene Herrschergewalt des Königs reichte bis Assuan, der Stadt, die an den ersten Katarakten des Nil lag und von der aus der Fluss ohne Probleme bis zu seiner nördlichen Mündung in das Meer befahren werden konnte.
In Assuan herrschte der Wesir des Südens, Hamur, der noch von dem Vater des Königs ernannt worden war, ein dicker, mächtiger Mann, der unermesslich reich geworden war bei der Verwaltung der ihm unterstellten Gebiete. Er hatte neben dem Titel Wesir des Pharao im Süden auch noch den Titel eines Einzigen Freundes des Königs, war angesehen bei Pharaos Hof und gefürchtet bei seinen Untergebenen. Er unterhielt eine Streitmacht, die zwar formal dem Pharao, in Wirklichkeit aber ihm allein unterstellt war, der Feldherr dieses Heeres, ein Soldat namens Horacht, war ihm treu ergeben.
So lange Hamur die Erträge des Südreiches in reichlichem Umfange an den Hof nach Theben sandte, ließen die Könige ihn frei gewähren und duldeten schweigend, dass er einen großen Teil für sich einbehielt.
Jenseits von Assuan und den Katarakten begann eine Zone unklarer Grenzverhältnisse. Weder der Wesir Pharaos noch auch dieser selbst hätten Zweifel zugelassen, dass auch die Provinzen südlich der Katarakte zum ägyptischen Großreich gehörten und der Befehlsgewalt des Wesirs im Süden unterstanden. Die Nubier, die diese Provinzen bewohnten, erhoben sich aber von Zeit zu Zeit, machten die ägyptischen Garnisonen, die in ihren Dörfern lagen, nieder und erklärten sich für frei von ägyptischer Vorherrschaft. Regelmäßig war eine ägyptische Strafexpedition aus Assuan die Folge, die den Süden schnell wieder befriedete.
Nun war vor einigen Jahren einer der Ihren Häuptling geworden, der es verstanden hatte, sich nicht nur seinen eigenen Stamm, sondern auch die benachbarten Nubiervölker zu unterwerfen und sie zu sammeln, um sich gegen die Ägypter, den Wesir und damit gegen Pharao zu erheben.
„Gebt mir einige Hundertschaften mit, ich werde ihnen ganz schnell den Garaus machen“, hatte Horacht geprahlt und tatsächlich hatte Hamur ihn mit einer Streitmacht ausgestattet, um die Nubier in einer Routinemaßnahme zu unterwerfen und sie zu bestrafen.
Horacht war im April ausgezogen, als der Nil den geringsten Wasserstand hatte. Mit dem Hochwasser im August war er zurückgekehrt, er und nur einige ganz wenige Überlebende des Kriegszuges, ausgehungert, halb verdurstet, waren sie nach einer vernichtenden Niederlage gegen die Nubier durch die Wüste geflohen, die Feinde hatten die Ufer des Nils besetzt und hätten sie gefangen, wären sie nur in die Nähe des Wassers gekommen.
„Sie werden angeführt von einem Häuptling, der einen Löwenkopf über seinen Kopf gestülpt hat, ein riesiger Kämpfer, kohlschwarz, mit mächtiger Stimme, der seine Krieger, Horden von ihnen standen uns gegenüber, anführte und mit seiner gewaltigen Stimme anfeuerte. Unsere Streitwagen haben sie erobert, massenhaft Waffen, und haben meine Kämpfer geschlagen und getötet. Wir sind die einzigen Überlebenden", hatte Horacht berichtet.
Hamur in seinem Palast hatte geschäumt vor Wut. „Wie kann so ein Wüstenbewohner aus dem Süden es wagen, meine Streitmacht zu besiegen“, hatte er gebrüllt und unverzüglich eine zweite Strafexpedition ausgerüstet, um die aufständischen Sklaven zu züchtigen, wie er befahl. Von der zweiten Expedition kam niemand zurück, Hamur erreichte lediglich die Nachricht, dass dieser unverschämte Nubierhäuptling es gewagt hatte, mit seinen Truppen nach Norden vorzustoßen, durch die westliche Wüste, Assuan zu umgehen und den Nil nördlich von Assuan zu besetzen, die Stadt von jedem Nachschub aus dem unteren Ägypten abschneidend. Nur mühsam war es Boten gelungen, durch die Reihen der Nubier nach Theben zu gelangen und Pharao zu berichten.
Dies alles erfuhr Moses, als er nach den Hintergründen seines Auftrages forschte und die Streitmacht zusammenstellte, mit der er nach Norden aufbrechen wollte.
„Hat denn jemand überhaupt den Namen dieses Häuptlings erfahren?“ fragte er einen der Boten, die unter Lebensgefahr aus Assuan nach Theben gekommen waren.
„Nein, den Namen hat niemand für so wichtig gehalten, nur ich habe ihn auswendig gelernt, für den Fall, dass man mich gefangen hätte, er ist unaussprechlich.“
„Sag ihn mir“, forderte Moses.
„Aber Herr“, fragte der Bote erstaunt, „warum willst du dich mit dem Namen eines Nubiersklaven belasten, der doch vollkommen nebensächlich ist?“
„Sieh mal“, Moses sprach vollkommen unbehindert und ohne Stottern in dieser Zeit als Feldherr, er hatte eine Aufgabe und war entschlossen, sie durchzuführen, „niemand hat bisher diesen Nubier ernst genommen, er hat aber immerhin zwei Heere des Pharao geschlagen, es ist an der Zeit, dass ihn jemand ernst nimmt, um ihn zu besiegen. Also, wie heißt er?“
„Ramupiram nennen sie ihn, das soll eine besondere Bedeutung in ihrer Sprache haben.“
„Gut, Bote, du wirst mir diesen Namen jeden Tag dreimal vortragen, bis ich ihn aussprechen kann und dann wollen wir sehen, ob wir diesen Ramu oder wie er heißt, nicht besiegen können.“
Tatsächlich konnte Moses den Namen am Ende des Tages nennen, ohne dass der Bote ihm half.
„Wir müssen nach Süden kommen, südlich von Assuan und südlich der Katarakte, ohne den Nil zu berühren“, sann Moses am nächsten Tag, als er die Unterführer des Heeres zusammengerufen hatte, um den Zug zu besprechen, „das heißt, dass wir von hier aus uns nach Westen in die Wüste wenden und einen Tagesmarsch vom Nil entfernt nach Süden ziehen. Hier ist eine Oase, die wir nach zwei Tagen erreichen können, hier eine zweite, ich nehme an, die könnten wir am fünften Tag erreichen. Danach kein Wasser mehr bis nördlich von Assuan.“
„Moses, das geht nicht.“ Hape war der älteste der Unterführer, den Pharao ihm besonders ans Herz gelegt hatte, mit sehr viel Kampferfahrung. Moses hatte von Anfang an darauf bestanden, dass sie sich mit Namen anredeten, nicht mit Titeln, die den Rangunterschied betont hätten.
„Warum nicht?“, fragte er zurück, nachdem die anderen vier Unterführer Hape unterstützt hatten.
„Wir können wohl nach zwei Tagen zur ersten Oase kommen“, erklärte Hape, „dort können wir uns mit Wasser versorgen, die zweite Oase hat nach meiner Erinnerung auch genug Wasser, um unsere Streitmacht für eine Woche mit Wasservorräten zu versorgen, aber südlich der zweiten Oase kann niemand marschieren, da kommen wir nicht durch.“
„Warum nicht?“
„Wegen der Schlangen. Diese Wüste im Süden ist vollkommen wild, kein Mensch ist da je durchgekommen, von den wenigen, die von der Oase in diese Richtung aufgebrochen sind, hat man nie wieder etwas gehört.“
„Ja“, sagte Moses nachdenklich, „ich habe davon sprechen hören. Tausende von Schlangen, die man auch nicht durch Stockschläge vertreiben kann, Schlangen aller Art, Sandvipern, Hornvipern, Puffottern, Nattern, Kobras und hunderte von anderen Arten, alle so giftig, dass ein Biss innerhalb von wenigen Minuten tötet. Und vor allem: unsichtbar im Wüstensand, sichtbar erst, wenn sie dich beißen.“
„Eben“, bestätigte Hape befriedigt, „und deshalb können wir da nicht durch.“
Die anderen murmelten zustimmend und waren beruhigt, als Moses nachdenklich finster zu Boden blickte und nickte.
„Und doch müssen wir da durch. Nakht“, sprach er den jüngsten der Unterführer an, „was würdest du tun, wenn du den Weg nehmen müsstest?“
Nakht war ein junger Mann, nur wenig älter als Moses, der sich aber schon in Kämpfen hervorgetan hatte, ein muskulöser Mensch, klein, zäh mit unverhältnismäßig großem Kopf. „Ich weiß nicht, Moses“, antwortete er zögernd, „wenn ich etwas tun müsste, was nicht durchzuführen ist, würde ich versuchen, meinen Plan zu ändern. Vielleicht könnten wir auf der anderen Seite, östlich des Stromes, marschieren?“
„Geht nicht, zu besiedelt, der Feind würde davon erfahren. Nein, wir müssen nach Westen. Also, Nakht, was nun?“
„Den Plan nochmal ändern?“, fragte der junge Mann unsicher.
„Eben“, Moses sah die anderen scharf an, „wir haben es mit Schlangen zu tun, wenn der Plan undurchführbar ist, müssen wir ihn aufgeben und etwas anderes suchen. Aber ist er wirklich undurchführbar? Hape, wer ist der größte Feind der Schlangen?“
„Der Mensch“, antwortete der Unterführer ohne Zögern.
„Aber wenn für den Menschen die Bekämpfung zu gefährlich ist, wer ist der nächste Feind?“
„Richtig, der Ibis, der Schlangenadler“, Nakht schlug sich an die Stirn, „wir können die Schlangenadler einsetzen, aber wir brauchen sehr viele“, wendete er sich an Moses.
„Genau, Schlangenadler fressen während der Brutzeit bis zu zweihundertvierzig Schlangen, danach ein bis zwei pro Tag, sie sind nicht immun gegen deren Giftbisse, haben aber eine Hornhaut an Krallen und Beinen, die die Giftzähne nicht durchdringen können. Deswegen werden wir in vierzehn Tagen losmarschieren und bis dahin alle dressierten Schlangenadler, die im Reich gefunden werden, hier zusammenrufen. Wir werden sie mitführen und in der Nacht, in der wir in der Oase lagern, auf die Schlangen loslassen. Wir können dabei einige verlieren, die gebissen werden, aber die anderen werden die Schlangen so dezimieren, dass wir durchkommen.“
6.
Tatsächlich brach Moses nach vierzehn Tagen auf mit einer Streitmacht von dreitausend Kämpfern, davon fünfhundert Bogenschützen und dreihundert Streitwagen, die bei den Feinden Ägyptens besonders gefürchtet waren, waren doch an ihren Rädern Messer montiert, die bei Beginn des Kampfes ausgeklappt und festgestellt werden konnten. Fuhr ein Streitwagen durch eine Ansammlung von Feinden, verursachte er furchtbare Wunden, die eigentlich nicht tödlich waren, weil sie in Höhe der Beine bis zu den Hüften zugefügt wurden, aber meistens deshalb zum Tode führten, weil sie nicht heilten. Ein stattlicher Zug war das, am Anfang Moses auf seinem edlen Reitpferd, das er aus Pharaos Ställen sich hatte aussuchen können, selbstbewusst zu Pferde sitzend, mit seinem Helmbusch als Kopfschmuck, der ihn als Feldherrn auswies und der prächtigen Kriegerrüstung aus gehärtetem Leder. Kein Zweifel war in seinem Gesicht zu lesen, pfeilgerade blickten seine Augen unter den dichten Brauen, klar und nicht grüblerisch sein Gesichtsausdruck, seine Stirn faltenfrei.
„Moses, ich vertraue dir“, hatte Pharao zum Abschied gesagt, aber es hätte dieser Worte nicht bedurft. Kaum hatte Moses in einer Unterredung unter vier Augen dem König seinen Plan geschildert, nicht nilaufwärts zu ziehen, sondern mit Schlangenadlern durch die Wüste und den Nubier und seine Streitmacht unvermutet von Westen anzugreifen, hatte Pharao sich von seinem Thron erhoben, hatte Moses umarmt und ihn strahlend angesehen.
„Ich wusste ja, dass ich den Richtigen für diese Aufgabe ausgesucht habe, Moses, ich finde diese Idee hervorragend. Ich werde umgehend Boten in alle Falknereien schicken und anordnen, dass alle Ibisse nach hier, nach Theben, gebracht werden. Soweit das möglich ist, werde ich diese Befehle geheim halten, wir beide werden mit meinen Falknern die geeigneten Vögel aussuchen, die dich dann begleiten werden. Und ich werde noch ein weiteres tun: An meinem Hof gibt es einen Heilkundigen, der seine Arzneien aus Schlangengift zuzubereiten pflegt, Bakhnen heißt er. Er ist ein großer Kenner von Schlangen, hält sie auch in seinem Haus, ich weiß nie, ob sie zahm sind oder warum sie ihm sonst nicht schaden. Dieser Bakhnen wird dich begleiten, er wird dir nützlich sein, wenn ihr in die Schlangenwüste kommt.“
Daher ritt nun gleich hinter Moses und seinen Unteranführern ein kleiner buckliger Mann, mindestens doppelt so alt wie Moses, auf einem Maultier, an dessen Seite Weidenkörbe hingen.
„Schlangen willst du mitnehmen?“ hatte Moses ihn entsetzt gefragt, als er nach dem Inhalt der Weidenkörbe gefragt hatte.
„Selbstverständlich, Moses, alle Arten von Vipern sind in den Körben“, hatte Bakhnen geantwortet, „was glaubst du, wer sie versorgen soll, wenn ich nicht da bin? Und vielleicht können sie mit ihrem Gift uns noch manchen Dienst erweisen, ich gewinne Gegengift aus ihren Zähnen, das ich nicht vorher herstellen kann, es verdirbt zu schnell.“
Moses hatte nachgegeben, warf aber ab und zu einen Blick zurück auf die Körbe, um sich zu vergewissern, dass sie geschlossen waren.
Nach Westen wandten sie sich, eine Tagesreise weit, geführt von einem ortskundigen Jäger, der die Wüste kannte und dem Moses vertraute, immer nach Westen, ohne dem Feind auch nur einen Meter näher zu kommen. Am Abend lagerten sie mitten in der Wüste, sie brauchten keine Vorkehrungen zu treffen, kein Feind war zu erwarten, kein wildes Tier, das sich annähern würde, nur sie selbst. Und so schlugen sie ihr Lager auf, brachen es früh am nächsten Morgen wieder ab und wandten sich nach Norden, immer weiter, bis sie am Ende des Tages eine Oase erreichten, in der eine Familie allein wohnte und ihr Dasein fristete. Die Menschen waren zuerst erschrocken, als sie eine so große Streitmacht auf ihre Heimat zukommen sahen, beruhigten sich aber bald, als Moses mit zwei Begleitern als Vorhut zu ihnen kam und ihnen erklärte, ihr Heer bräuchte nichts zu essen, nur viel Wasser, für sich selbst und ihre Tiere.
„Fürchtet euch nicht, wir werden euch nichts stehlen und auch nichts tun, wir brauchen nur viel Wasser, wir werden es euch reichlich lohnen. Morgen ziehen wir wieder ab.“
Beruhigt versprach der Familienvater, bei der Tränke zu helfen. Das Heer lagerte in einiger Entfernung, Reiterketten brachten das nötige Wasser, das in der Oase reichlich war, schnell zu den Menschen und Tieren, nur Moses und seine Unterführer schlugen ihr Lager bei den Gastgebern auf, die feuchte Luft und die leichte Kühlung genießend.
Der Sonnenaufgang des nächsten Tages sah das Heer schon wieder auf dem Marsch. Noch in der Dunkelheit waren Wasservorräte von der Oase zum Heer transportiert worden, jeder Mann hatte sich satt getrunken und einen Vorrat mitgenommen, für sich und für die Tiere, die sie mitführten.
„Wir nehmen nur so viel mit, wie wir in zwei Tagen verbrauchen, keinen Tropfen mehr“, befahl Moses.
„Und wenn der Jäger sich täuscht und wir länger als zwei Tage bis zur südlichen Oase brauchen?“, fragte kritisch ein Unterführer.
„Der Jäger täuscht sich nicht“, Moses Stimme war kalt und schneidend, „und wenn doch, werden wir Durst leiden.“
Stunde um Stunde zog das Heer durch die Wüste unter der brennenden Sonne, die Männer schlurften müde durch den weichen Wüstensand, nur angetrieben durch die eiserne Energie ihres Feldherrn und die Hoffnung auf die reiche Belohnung, die ihnen versprochen war, wenn sie diesen aufständischen Sklaven besiegten. Schwer trugen sie an ihrem Gepäck und an den Waffen, aber kein Ton des Widerspruches erhob sich, am Tag nicht und auch nicht, als sie gegen Abend auf Befehl ihrer Unterführer Halt machten und ihre Zelte errichteten, die gegen die nächtliche Kälte schützen sollten. Der zweite Tag verging ebenso langsam und eintönig, gegen Abend erhob sich ein unbestimmtes Gerücht unter den Kriegern, der Jäger habe den Weg verfehlt, längst müsste die Oase in Sicht sein. Nichts war zu sehen, keine Palme, kein Baum, kein Strauch, die darauf hindeuten könnten, dass sie sich auf dem richtigen Weg befanden.
„Bist du deiner Sache noch immer sicher?“, fragte Moses den Jäger, der neben ihm ritt, als die Sonne blutrot rechts von ihnen im Westen unterging und immer noch keine Spur von Wasser zu sehen oder zu fühlen war.
Der Jäger nickte stumm und ritt unbeirrbar nach Süden, immer geradeaus, von einem geheimnisvollen Ortssinn getrieben.
„Sollen wir hier vielleicht Rast machen und morgen die Oase suchen?“ Moses war jetzt ernsthaft besorgt, als tiefschwarz die Nacht hereinbrach, nur von den Sternen am Himmel unvollkommen und gespensterhaft erleuchtet.
„Moses, vertrau mir, in ungefähr einer halben Stunde werden wir das Wasser riechen können, in einer Stunde kannst du dein Heer tränken.“ Mehr brachte Moses nicht aus dem schweigsamen Mann heraus.
Tatsächlich beschleunigten die Tiere in der vorausgesagten Zeit von allein, lebhafter geworden, ihren Gang, und nach einer Stunde sahen sie in der Dunkelheit das Licht eines kleinen Feuers, auf das sie zu hielten. Moses befahl dem Heer, anzuhalten und Lager zu machen und ritt mit wenigen Begleitern weiter.
Sechs Männer lagerten dort, sie hatten direkt am Wasser der Oase dünne Äste angezündet. Aufmerksam sahen sie den ankommenden Kriegern entgegen.
„Pharaos Friede sei mit euch“, begrüßte sie Moses und sprang vom Pferd, „wir müssen an der Oase trinken, unsere Tiere und mein Heer, wir werden es euch reich lohnen, wenn ihr uns beim Transport des Wassers helft.“
„Gerne helfen wir euch“, antwortete der älteste der Männer, ein langer Mann mit kohlschwarzem Vollbart und finsterem Gesicht. Moses hätte ihm misstraut, wenn nicht das gesamte Heer in Rufnähe gewesen wäre. Selbst wenn die Männer Böses im Schilde führten, würden sie sich nicht mit seiner ganzen Streitmacht anlegen.
Wieder wurden Reiterketten gebildet, die das wertvolle Wasser zu den Männern transportierten, die ihre Tiere und sich versorgten. Moses schlief mit seinen Unterführern diesmal beim Heer, zwar lockte auch heute die Kühle der Oase, aber die dort lagernden Männer schreckten ihn ab.
„Nun kommt die Aufgabe der Vögel“, sagte Moses später am Abend zu seinen Unterführern, „lasst die Adler fliegen, dass sie morgen den ganzen Tag jagen können. Übermorgen brechen wir auf und hoffen, dass die Vögel dann viele von den Schlangen beseitigt haben.“
Den ganzen nächsten Tag ruhte das Heer, die Männer wuschen sich an dem Wasser, sie tranken beliebig viel, Moses ließ sie in Ruhe und hoffte, sie würden sich von dem anstrengenden Marsch bis hierher erholen.
7.
Bakhnen ging mit Moses voran, beide führten ihre Reittiere am Zügel. Aufmerksam beobachteten sie die vor ihnen liegende Wüste, den Boden, sie setzten ihre Schritte erst dann, wenn sie sicher waren, dass sie nicht auf eine Schlange traten. Seit einer Stunde waren sie jetzt unterwegs.
„Jetzt kommt der gefährlichste Weg, den wir gehen müssen“, hatte Moses die Männer am Morgen ermuntert. „Seht sehr genau hin, wohin ihr tretet, seht euch vor Schlangen vor. Aber geht nicht zu langsam, wir haben Wasser wieder für zwei Tage, dann kommen wir an den Nil und zum Heere des Nubiers, das ihr dann schlagen müsst. Ihr Anführer heißt Ramupiram, merkt euch den Namen, wer den Namen seines Feindes kennt, ist ihm überlegen. Und jetzt, voran!“ Und Moses war als erster losgegangen.
Bakhnen hatte die ganze Nacht vor dem Feuer gesessen, auf dem er in einem Kessel eine geheimnisvolle Substanz kochte.
„Wenn einer der Männer gebissen wird, soll er sich bei mir melden. Ich werde ihn dann mit diesem Gegengift zu retten versuchen“, hatte er Moses geantwortet, der ihn nach dem Inhalt des Kessels fragte.
Bisher hatten sie noch keine Schlange gesehen, keiner der Männer war gebissen worden. Aber da, vor ihnen, sahen sie eine Schar der Adler auf dem Boden, offensichtlich in ihr Mal vertieft und näherkommend sahen sie, dass die Adler Schlangen gefressen hatten und noch fraßen, massenhaft, aber eben nicht alle. Weit vor ihnen dehnte sich die Wüste, goldgelber Sand flimmerte in der Morgenhitze und dann huschte direkt vor Moses Füßen eine Sandviper davon, ringelte und verschwand im Boden. Moses hatte sie nicht gesehen, bevor sie sich bewegte. Laut klopfte er nun, vorgehend, auf den Boden, immer und immer wieder, langsam voranschreitend.
„Macht es mir nach“, rief er nach hinten, „schlagt auf den Boden, immer und immer wieder, zwei Tage lang, bis wir diese verfluchte Wüste hinter uns haben.“
Sen ganzes Heer bewegte sich langsam hinter ihm her, ein merkwürdiger Anblick, schwerbewaffnete Krieger, in Lederrüstungen, mit Gepäck auf den Schultern und Stöcken in den Händen, mit denen sie auf den Boden schlugen, fest und regelmäßig.
Schlangen flohen vor ihnen her, Hunderte, Tausende, und immer wieder flogen die Adler auf, kamen im Sturzflug auf den Boden zurück und hielten eine Schlange in den Krallen, die sich wand.
Zwei Tage bewegte sich auf diese Weise das Heer, sehr selten und nur kurz rasteten sie, nicht nur Moses, auch die Krieger drängten auf Fortsetzung des Marsches, alle wollten diesen unheimlichen Teil der Wüste möglichst bald hinter sich haben.
Von Zeit zu Zeit schrie einer der Krieger auf, schrill und angsterfüllt klangen die Schreie, Moses wusste, dass da einer seiner Männer gebissen worden war. Bakhnen blieb dann immer wieder zurück, ohne dass Moses ihn dazu hätte auffordern müssen, er versuchte, die Männer zu heilen.
Dennoch verlor Moses auf diesem Marsch mehr als vierzig Soldaten durch Schlangenbisse, trotz aller Vorsicht hatten sie nicht verhindern können, dass sie gebissen wurden und Bakhnen hatte sie nicht retten können.
8.
Gegen Ende des zweiten Tages, die Schlangen waren deutlich weniger geworden, ihre Aufmerksamkeit hatte sehr nachgelassen, sah Moses drei Männer auf sich zureiten, aus der Richtung kommend, in die sie ritten. Als sie näherkamen, erkannte Moses die Späher, die er ausgesandt hatte, um die Stellung der Feinde zu erkunden.
„Wenn wir jetzt genau in dieser Richtung weitermarschieren, kommen wir in drei Stunden an den Nil, und zwar an eine unbewachte Stelle. Ramupiram und seine Männer lagern ungefähr drei Stunden flussabwärts. Sie können uns weder hören noch sehen, wenn wir am Nil lagern, aber wir müssen sehr vorsichtig sein, dass wir nichts in den Strom werfen, damit nicht die Feinde sehen, dass hier oberhalb eine größere Armee lagert.“
„Gut“, Moses befahl seinem Heer, das gelagert hatte, so lange die Späher Bericht erstatteten, den Aufbruch. Er gebot äußerste Ruhe und Disziplin, niemand hatte mehr Geräusch zu machen, als unbedingt erforderlich.
„Wenn wir am Nil ankommen, lagern wir nicht direkt am Fluss, sondern eine Strecke entfernt in der Wüste. Die Männer können dann gruppenweise an den Nil kommen und trinken und ihre Tiere versorgen, aber wehe, irgendjemand wirft etwas in den Fluss, niemand darf abwärts wissen, dass wir hier sind, Ramupiram erwartet uns, wenn er überhaupt von uns weiß, von Norden her.“ Moses schärfte seinen Unterführern diese Vorsichtsmaßnahmen ein und kontrollierte selbst am Fluss das Verhalten der Männer, die ihren eigenen Durst und den ihrer Tiere löschten. Die ganze Nacht lagerten sie eine Viertelstunde vom Fluss entfernt.
Am nächsten Morgen schickte Moses seine Krieger abteilungsweise nach Norden, sie starteten in einem Abstand von Viertelstunden. Den Anführern befahl er, mit ihren Abteilungen einen Halbkreis um das Lager der Feinde zu bilden, so dass sie den Fluss hinter sich und die Ägypter vor sich hatten. Diese Bewegung war am Abend abgeschlossen. Moses überzeugte sich auf einem Rundritt davon, dass alle auf ihren Posten waren. Wenn in der Mitte des Halbkreises, so hatte er befohlen, ein großes Feuer aufleuchtete, sollten alle ägyptischen Krieger unter großem Geschrei auf das Lager Ramupirams zustürmen und alles töten, was sich ihnen entgegen stellte.
„Sie werden nicht in den Fluss flüchten“, hatte er seinen Unterführern gesagt, „sie wagen es nicht wegen der Krokodile und Nilpferde, vor allem aber, weil sie den Flussgott des Nachts fürchten.“
Als die Dunkelheit hereinbrach, befahl Moses, das Feuer, das sie in der Mitte des Halbkreises aufgeschichtet hatten, anzuzünden, und brach, als es loderte, gegen den Feind auf.
Ein donnerndes Gebrüll erhob sich und die Ägypter stürmten auf das Lager der Nubier zu, die vollkommen überrascht versuchten, sich zu sammeln.
Moses hörte eine gewaltige Stimme aus ihrem Lager, die Befehle brüllte und offenbar versuchte, Ordnung in die Reihen der Nubier zu bringen.
„Ramupiram, wo bist du?“, brüllte er in den Lärm, „hier ist Moses, der Ägypter, der dich besiegen wird.“ Immer weiter drang er in das Lager vor und sah nun am Feuer einen riesigen schwarzen Mann stehen und mit gebieterischer Stimme Befehle erteilen. Prächtig war er gekleidet, der Aufständische, in eine Rüstung, die aus Federn zu bestehen schien, Federn, wie Moses sie noch nie gesehen hatte, auf dem Kopf trug er den Löwenkopf, wie die Späher berichtet hatten. Er hatte sein langes Schwert in der rechten Hand erhoben und dirigierte seine Krieger damit in alle Richtungen. Bewundernd sah Moses die gewaltigen Muskeln, ließ sich aber nicht entmutigen, sondern sprang auf den Anführer los, sein Pferd achtlos laufen lassend.
„Ramupiram“, schrie er nochmals, „hier bin ich, komm her!“
Kraftvoll stießen die Gegner aufeinander, Ramupiram hatte sein mächtiges Schwert erhoben, aber Moses, fast ebenso groß wie der Feind, unterlief die Waffe und schlug von der Seite zu. Sein Schwert prallte an der Rüstung ab und federte unkontrolliert zurück. Blitzschnell ließ sich Moses zu Boden fallen und rollte beiseite, nicht einen Augenblick zu früh, sein Feind hatte gewaltig zugeschlagen, traf aber nur den Boden. Moses sprang auf und hieb Ramupiram das Schwert mit aller Kraft in den Nacken, so dass er fiel.
Die Nubier sahen, dass ihr Anführer am Boden und besiegt war, sie flohen vor den Ägyptern in alle Richtungen, manche stürzten sich verzweifelt in den Fluss, in dem die Krokodile reichlich Nahrung erhielten, andere flohen in die Wüste, von ägyptischen Kriegern verfolgt. Moses Sieg war vollkommen, von den Nubiern entkamen nur wenige.