Читать книгу Die Piccolomini - Фридрих Шиллер, Friedrich von Schiller - Страница 6
Erster Aufzug
Vierter Auftritt
ОглавлениеMax Piccolomini. Octavio Piccolomini. Questenberg.
Max
Da ist er ja gleich selbst. Willkommen, Vater!
(Er umarmt ihn. Wie er sich umwendet, bermerkt er Questenbergen und tritt kalt zurück.)
Beschäftigt, wie ich seh? Ich will ihn nicht stören.
Octavio
Wie, Max? Sieh diesen Gast doch näher an.
Aufmerksamkeit verdient ein alter Freund;
Ehrfurcht gebührt dem Boten deines Kaisers.
Max. (trocken)
Von Questenberg! Willkommen, wenn was Gutes
Ins Hauptquartier Sie herführt.
Questenberg. (hat seine Hand gefaßt)
Ziehen Sie
Die Hand nicht weg, Graf Piccolomini,
Ich fasse sie nicht bloß von meinetwegen,
Und nichts Gemeines will ich damit sagen.
(Beider Hände fassend.)
Octavio – Max Piccolomini!
Heilbringend, vorbedeutungsvolle Namen!
Nie wird das Glück von Österreich sich wenden,
Solang zwei solche Sterne, segenreich
Und schützend, leuchten über seinen Heeren.
Max
Sie fallen aus der Rolle, Herr Minister,
Nicht Lobens wegen sind Sie hier, ich weiß,
Sie sind geschickt, zu tadeln und zu schelten —
Ich will voraus nichts haben vor den andern.
Octavio. (zu Max)
Er kommt vom Hofe, wo man mit dem Herzog
Nicht ganz so wohl zufrieden ist als hier.
Max
Was gibt's aufs neu denn an ihm auszustellen?
Daß er für sich allein beschließt, was er
Allein versteht? Wohl! daran tut er recht,
Und wird's dabei auch sein Verbleiben haben. -
Er ist nun einmal nicht gemacht, nach andern
Geschmeidig sich zu fügen und zu wenden,
Es geht ihm wider die Natur, er kann's nicht.
Geworden ist ihm eine Herrscherseele,
Und ist gestellt auf einen Herrscherplatz.
Wohl uns, daß es so ist! Es können sich
Nur wenige regieren, den Verstand
Verständig brauchen – Wohl dem Ganzen, findet
Sich einmal einer, der ein Mittelpunkt
Für viele Tausend wird, ein Halt; – sich hinstellt
Wie eine feste Säul', an die man sich
Mit Lust mag schließen und mit Zuversicht.
So einer ist der Wallenstein, und taugte
Dem Hof ein andrer besser – der Armee
Frommt nur ein solcher.
Questenberg
Der Arme! Jawohl!
Max
Und eine Lust ist's, wie er alles weckt
Und stärkt und neu belebt um sich herum,
Wie jede Kraft sich ausspricht, jede Gabe
Gleich deutlicher sich wird in seiner Nähe!
Jedwedem zieht er seine Kraft hervor,
Die eigentümliche, und zieht sie groß,
Läßt jeden ganz das bleiben, was er ist,
Er wacht nur drüber, daß er's immer sei
Am rechten Ort; so weiß er aller Menschen
Vermögen zu dem seinigen zu machen.
Questenberg
Wer spricht ihm ab, daß er die Menschen kenne,
Sie zu gebrauche wisse! Überm Herrscher
Vergißt er nur den Diener ganz und gar,
Als wär' mit seiner Würd' er schon geboren.
Max
Ist er's denn nicht? Mit jeder Kraft dazu
Ist er's, und mit der Kraft noch obendrein,
Buchstäblich zu vollstrecken die Natur,
Dem Herrschtalent den Herrschplatz zu erobern.
Questenberg
So kommt's zuletzt auf seine Großmut an,
Wieviel wir überall noch gelten sollen!
Max
Der seltne Mann will seltenes Vertrauen.
Gebt ihm den Raum, das Ziel wird er sich setzen.
Questenberg
Die Proben geben's.
Max
Ja! so sind sie! Schreckt
Sie alles gleich, was eine Tiefe hat;
Ist ihnen nirgends wohl, als wo's recht flach ist.
Octavio. (zu Questenberg)
Ergeben Sie sich nur in gutem, Freund!
Mit dem da werden Sie nicht fertig.
Max
Da rufen sie den Geist an in der Not,
Und grauet ihnen gleich, wenn er sich zeigt.
Das Ungemeine soll, das Höchste selbst
Geschehn wie das Alltägliche. Im Feld,
Da dringt die Gegenwart – Persönliches
Muß herrschen, eignes Auge sehn. Es braucht
Der Feldherr jedes Große der Natur,
So gönne man ihm auch, in ihren großen
Verhältnissen zu leben. Das Orakel
In seinem Innern, das lebendige —
Nicht tote Bücher, alte Ordnungen,
Nicht modrigte Papiere soll er fragen.
Octavio
Mein Sohn! Laß uns die alten, engen Ordnungen
Gering nicht achten! Köstlich unschätzbare
Gewichte sind's, die der bedrängte Mensch
An seiner Dränger raschen Willen band;
Denn immer war die Willkür fürchterlich —
Der Weg der Ordnung, ging' er auch durch Krümmmen,
Er ist kein Umweg. Grad aus geht des Blitzes,
Geht des Kanonballs fürchterlicher Pfad —
Schnell, auf dem nächsten Wege, langt er an,
Macht sich zermalmend Platz, um zu zermalmen.
Mein Sohn! Die Straße, die der Mensch befährt,
Worauf der Segen wandelt, diese folgt
Der Flüsse Lauf, der Täler freien Krümmen,
Umgeht das Weizenfeld, den Rebenhügel,
Des Eigentums gemeßne Grenzen ehrend —
So führt sie später, sicher doch zum Ziel.
Questenberg
Oh! hören Sie den Vater – hören Sie
Ihn, der ein Held ist und ein Mensch zugleich.
Octavio
Das Kind des Lagers spricht aus dir, mein Sohn.
Ein fünfzehnjähr'ger Krieg hat dich erzogen,
– Du hast den Frieden nie gesehn! Es gibt
Noch höhern Wert, mein Sohn, als kriegerischen;
Im Kriege selber ist das Letzte nicht der Krieg.
Die großen, schnellen Taten der Gewalt,
Des Augenblicks erstaunenswerte Wunder,
Die sind es nicht, die das Beglückende,
Das ruhig, mächtig Dauernde erzeugen.
In Hast und Eile bauet der Soldat
Von Leinwand seine leichte Stadt, da wird
Ein augenblicklich Brausen und Bewegen,
Der Markt belebt sich, Straßen, Flüsse sind
Bedeckt mit Fracht, es rührt sich das Gewerbe.
Doch eines Morgens plötzlich siehet man
Die Zelte fallen, weiter rückt die Horde,
Und ausgestorben, wie ein Kirchhof, bleibt
Der Acker, das zerstampfte Saatfeld liegen,
Und um des Jahres Ernte ist's getan.
Max
Oh! laß den Kaiser Friede machen, Vater!
Den blut'gen Lorbeer geb ich hin mit Freuden
Fürs erste Veilchen, das der März uns bringt,
Das duftige Pfand der neuverjüngten Erde.
Octavio
Wie wird dir? Was bewegt dich so auf einmal?
Max
Ich hab den Frieden nie gesehn? – Ich hab ihn
Gesehen, alter Vater , eben komm ich —
Jetzt eben davon her – er führte mich
Der Weg durch Länder, wo der Krieg nicht
hingekommen – oh! das Leben, Vater,
Hat Reize, die wir nie gekannt. – Wir haben
Des schönen Lebens öde Küste nur
Wie ein umirrend Räubervolk befahren,
Das, in sein dumpfig-enges Schiff gepreßt,
Im wüsten Meer mit wüsten Sitten haust,
Vom großen Land nichts als die Buchten kennt,
Wo es die Diebeslandung wagen darf.
Was in den innern Tälern Köstliches
Das Land verbirgt, oh! davon – davon ist
Auf unsrer wilden Fahrt uns nichts erschienen.
Ocatvio. (wird aufmerksam)
Und hätt' es diese Reise dir gezeigt?
Max
Es war die erste Muße meines Lebens.
Sag mir, was ist der Arbeit Ziel und Preis,
Der peinlichen, die mir die Jugend stahl,
Das Herz mir öde ließ und unerquickt
Den Geist, den keine Bildung noch geschmücket?
Denn dieses Lagers lärmendes Gewühl,
Der Pferde Wiehern, der Trompete Schmettern,
Des Dienstes immer gleichgestellte Uhr,
Die Waffenübung, das Kommandowort —
Dem Herzen gibt es nichts, dem lechzenden.
Die Seele fehlt dem nichtigen Geschäft —
Es gibt ein andres Glück und andre Freuden.
Octavio
Viel lerntest du auf diesem kurzen Weg, mein Sohn!
Max
O schöner Tag! wenn endlich der Soldat
Ins Leben heimkehrt, in die Menschlichkeit,
Zum frohen Zug die Fahnen sich entfalten,
Und heimwärts schlägt der sanfte Friedensmarsch.
Wenn alle Hüte sich und Helme schmücken
Mit grünen Maien, dem letzten Raub der Felder!
Der Städte Tore gehen auf, von selbst,
Nicht die Petarde braucht sie mehr zu sprengen;
Von Menschen sind die Wälle rings erfüllt,
Von friedlichen, die in die Lüfte grüßen —
Hell klingt von allen Türmen das Geläut,
Des blut'gen Tages frohe Vesper schlagend.
Aus Dörfern und aus Städten wimmelnd strömt
Ein jauchzend Volk, mit liebend emsiger
Zudringlichkeit des Heeres Fortzug hindernd —
Da schüttelt, froh des noch erlebten Tags,
Dem heimgekehrten Sohn der Greis die Hände.
Ein Fremdling tritt er in sein Eigentum,
Das längstverlaßne, ein; mit breiten Ästen
Deckt ihn der Baum bei seiner Wiederkehr,
Der sich zur Gerte bog, als er gegangen,
Und schamhaft tritt als Jungfrau ihm entgegen,
Die er einst an der Amme Brust verließ.
Oh! glücklich, wem dann auch sich eine Tür,
Sich zarte Arme sanft umschlingend öffnen —
Questenberg. (gerührt)
Oh! daß Sie von so ferner, ferner Zeit,
Und nicht von morgen, nicht von heute sprechen!
Max. (mit Heftigkeit sich zu ihm wendend)
Wer sonst ist schuld daran als ihr in Wien? —
Ich will's nur frei gestehen, Questenberg!
Als ich vorhin Sie stehen sah, es preßte
Der Unmut mir das Innerste zusammen —
Ihr seid es, die den Frieden hinder, ihr!
Der Krieger ist's, der ihn erzwingen muß.
Dem Fürsten macht ihr's Leben sauer, macht
Ihm alle Schritte schwer, ihr schwärzt ihn an —
Warum? Weil an Europas großem Besten
Ihm mehr liegt als an ein paar Hufen Landes,
Die Östreich mehr hat oder weniger —
Ihr macht ihn zum Empörer und, Gott weiß!
Zu was noch mehr, weil er die Sachsen schont,
Beim Feind Vertrauen zu erwecken sucht,
Das doch der einz'ge Weg zum Frieden ist;
Denn hört der Krieg im Kriege nicht schon auf,
Woher soll Friede kommen? – Geht nur, geht!
Wie ich das Gute liebe, haß ich euch —
Und hier gelob ich's an, verspritzen will ich
Für ihn, für diesen Wallenstein, mein Blut,
Das letzte meines Herzens, tropfenweis, eh' daß
Ihr über seinen Fall frohlocken sollt!
(Er geht ab.)