Читать книгу Paulusstudien - Friedrich W. Horn - Страница 55

4. Gottesverehrung, Bilder und Ethik

Оглавление

Der Bezug des bisher Vorgetragenen zu dem Gesamtthema ‚Gott im Wort – Gott im Bild. Bilderlosigkeit als Bedingung des Monotheismus?‘ ist abschließend darzustellen. Ich halte zunächst nochmals fest, dass sowohl in Röm 1 als auch in den vorgestellten Texten des hellenistischen Judentums der Gegensatz ‚Verehrung vergänglicher Bilder von Menschen und Tieren – Verehrung des unvergänglichen Gottes‘ eingespannt ist in die aus jüdischer Sicht vorgetragene Polemik gegen die heidnische Religion und verbunden ist mit der Apologetik der eigenen Religion.1 Die grundsätzliche BilderlosigkeitBilderlosigkeit als Bedingung für die Reinheit der eigenen Religion ist hingegen bisher nicht angesprochen worden. Es mag von diesen Texten her so scheinen, als stelle das hellenistische Judentum oder auch das frühe Christentum eine bilderlose Religion dar. Der archäologische Befund und viele Hinweise in den Texten2 sprechen jedoch eindeutig gegen diese Annahme. Auch wird man überlegen müssen, ob es im Kontext des vorhandenen Bilderkultverbotes nicht Kompensationen gegeben hat, die bildhaften Elementen gleichzeitig einen Raum eröffneten.3

Anscheinend kann also auf die bildhaften Elemente in der Gottesverehrung nicht gut verzichtet werden. Das alttestamentliche Bilderverbot ist nicht expressis verbis im Neuen Testament aufgenommen und bekräftigt worden. Liegt es daran, dass die Menschwerdung Gottes in Jesus Christus per se alle bildlichen Darstellungen Gottes erübrigt hat?4 Ist die Christusikone das einzige legitime Bild innerhalb der christlichen Religion? Ein reduktionistisches Verfahren ist durch die bewusste, apologetische Abgrenzung von der paganen, vor allem von der ägyptischen Umwelt vorangetrieben worden. Es implizierte deutliche Vorbehalte gegen bildliche Darstellungen. Diese standen dem Anspruch, die überlegene und vernünftigere Religion zu sein, im Wege.

Man muss allerdings fragen, ob Paulus und die ihn prägende Tradition in ihrer Wahrnehmung der Fremdreligionen nicht einem groben Missverständnis aufgesessen sind oder ob sie in ihrer Polemik dieser Verzeichnung einfach Raum gegeben bzw. sich an eine diesbezügliche Tradition (siehe SapSal) angeschlossen haben. Innerhalb der ägyptischen Religion wollen Bilder die Gottheit repräsentieren.5 Paulus hingegen spricht von einem absichtlichen, törichten und schlechten Tausch, den die Menschen eingegangen sind, indem sie Bilder von Menschen und Tieren an die Stelle der Gottheit gesetzt haben.

Jedoch beobachtet Röm 1,18–32 wohl zutreffend und Philo, Ebr 109f.6 beschreibt es geradezu diagnostizierend, dass Bilder eine Macht ausüben und Menschen so sehr in ihren Bann ziehen können, dass die angesprochene Differenz – Bilder repräsentieren die Gottheit und wollen sie nicht ersetzen – hinfällig werden mag. Dies kommt darin zum Ausdruck, dass die religiöse Verehrung auf der Ebene des Geschöpflichen oder des Materiellen verbleibt und somit die höchsten geistigen Güter, Paulus spricht von der Ehre Gottes (Röm 1,23), von der Wahrheit Gottes (Röm 1,25) und von einer der Ordnung (φύσις) entsprechenden Ethik, verfehlt und nicht mehr an ihnen Orientierung sucht. Der Tausch (ἀλλάσσω, μεταλλάσσω) des Objekts der religiösen Verehrung, von dem Röm 1,22.25.26 sprechen, war von Seiten der hellenistischen Herrscher gewollt, denn er wurde ja mit einer Herrschaftsideologie verbunden und er wurde in rituellen Vollzügen geordnet. Mögen die Bilder – Vögel, Vierfüßler und kriechende Tiere – also ursprünglich Gottheiten repräsentiert haben, bei dem Bild eines sterblichen Menschen hingegen, dem Ehre erwiesen wird, ist in hellenistischer Zeit diese Repräsentanz für eine Gottheit allenfalls noch gebrochen gegeben, in späthellenistischer Zeit wird sie hinfällig. Der umgekehrte Tausch nämlich eines Menschen zur Vergöttlichung hin, den diese Herrscher nicht immer betrieben, dem sie aber nicht widerstanden haben, ist in der jüdisch-christlichen Literatur höchst kritisch reflektiert worden. Der grausame Tod göttlich verehrter Herrscher, etwa des Antiochus IV. Epiphanes oder des Herodes Agrippa I. wird in 2Makk 9,1–29 bzw. in Act 12,21–23 und Josephus, Ant 343–352 drastisch als Gottesgericht beschrieben. Insofern benennt Röm 1,23$Röm 1,23 mit ἀλλάσσω, μεταλλάσσω eine kritische Grenze für den Gebrauch der Bilder. Solche Bilder sind abzuweisen, die nicht auf die Ehre, Wahrheit und Ordnung Gottes hingeordnet sind, sondern ihrerseits andere Attribute an sich ziehen, an die dargestellten Geschöpfe binden und somit einen Tausch hinsichtlich der Verehrung einleiten.

Paulusstudien

Подняться наверх